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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 4 Antworten
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Am_Rande Offline




Beiträge: 196

01.07.2014 12:34
Heute - 01.07.2014 - 19.07 Uhr - D-Radio Kultur - Geldreform? Antworten

Sehr verehrte Mitforisten,

ich habe heute morgen in einer Programmvorschau mitbekommen, dass es heute eine Sendung mit dem Titel:

"Geldflut überschwemmt Sparerland - Kann unsere Marktwirtschaft ohne Zinsen funktionieren?"

geben wird.

Mal schauen, ob auch marktwirtschaftliche Alternativen à la Mises, Hayek oder Rothbard angesprochen werden,
oder ob mal wieder nur das sogenannte "Vollgeld" als Alternative dargestellt wird...

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

01.07.2014 16:53
#2 RE: Heute - 01.07.2014 - 19.07 Uhr - D-Radio Kultur - Geldreform? Antworten

Zitat
ich habe heute morgen in einer Programmvorschau mitbekommen, dass es heute eine Sendung mit dem Titel:

"Geldflut überschwemmt Sparerland - Kann unsere Marktwirtschaft ohne Zinsen funktionieren?"

geben wird.

Mal schauen, ob auch marktwirtschaftliche Alternativen à la Mises, Hayek oder Rothbard angesprochen werden,



Das dürfte dann wohl ein ziemlicher Veriss werden - und zwar zurecht.

Zuerst zu Mises und Rothbard: Der Goldstandard ist eine Schnappsidee. Egal ob mit Teilreserve- oder Vollreservesystem. Mit Teilreservesystem ist er prozyklisch (und in der Kritik des Teilreservesystems haben die Anhänger des sogenannten Vollgeldes vollkommen recht). Mit Vollreservesystem ist er nicht ganz so prozyklisch, aber tendenziell stark Deflationär. Ob das jetzt so viel besser ist, als ein Teilreservesystem-Goldstandard sei mal dahingestellt. Es ist auf jeden Fall nicht gut.

Hayek wäre schon interessanter. Ihm schwebte eine wirklich marktwirtschaftliche Lösung vor. Der Goldstandard ist nämlich keine marktwirtschaftliche Lösung.

Ein Aspekt wird nämlich immer wieder vergessen: Welche Währung akzeptiert der Staat und von ihm angeordnete öffentlich-rechtliche Einrichtungen für Steuern, Abgaben, Gebühren und Geldstrafen? Wenn er eine Währung heraus pickt, dann ist das Ergebnis zwangsläufig keine reine Marktentscheidung mehr. Und im Falle eines Goldstandards endet es im Desaster. Warum?

Ein einfaches Beispiel: Nehmen wir an der Staat verlangt von jedem Bürger Abgaben in Höhe von 10 Talern im Monat (ich nehme absichtlich eine fiktive Währung, es geht nicht um die konkreten Zahlen, sondern das Verhältnsi der Zahlen untereinander, 10€ brächte Kommentare ein, dass die Abgaben pro Kopf ja viel höher sind...). Privaten steht es im Rahmen der Vertragsfreiheit frei andere Währungen zu benutzen, aber gesetzlich festgelegte Schulden wie Schmerzensgeld, Schadensersatz und Schulden an die öffentliche Hand sind in Taler zu leisten. Private können in die Annahme anderer Währungen und Güter einwilligen.

Es sind aber pro Kopf nur 5 Taler im Umlauf. Die Umlaufgeschwindigkeit zwischen privaten Wirtschaftsteilnehmern tut erst einmal nichts zur Sache, private liquide Netto-Rücklagen an Geld (nicht Investitionsauagaben und nicht Anlegen von Geld, sondern gehortetes Bargeld + Sparguthaben bei Banken - Kreditvergabe der Banken) werden ignoriert, ebenso wie Außenhandel. Der Staat möchte aber einen Überschuss erwirtschaften. Kann jeder seine Schulden an den Staat bezahlen? Nein. Der Staat verlangt mehr aus der Wirtschaft, als in ihr zirkuliert und er bereit ist vor dem letzten Stichtag zur Begleichung der Steuerschulden an Geld wieder in sie zurückzugeben.

Zwangsläufig treibt dies viele private Wirtschaftsleilnehmer in die Krise.

Was muss getan werden, um dies zu vermeiden? Nun, erstens muss der Staat mindestens so viel ausgeben, wie er einnimmt. Er dürfte nicht Geld zurücklegen (solange es keine privaten Rücklagen gibt, die aufgebraucht werden, aber private Rücklegen ignorieren wir ja erst einmal noch; oder neues Geld von anderer Seite geschaffen wird, was wir auch noch ignorieren). Wie kann er das erreichen? Entweder erhöht er seine Ausgaben entsprechend oder er reduziert seine Einnahmen (senkt Steuern und Abgaben). Was von beidem er macht ist nicht realwirtschaftlich egal, denn die Resourcenverteilung zwischen Staat und Privatwirtschaft ist nicht unbedeutend - und bekanntlich ist der Staat, ist jeder Zentralplaner der eine ganze Wirtschaft planen will nicht der beste Resourcenverwalter und Investor. Aber bezüglich des fiskalischen Problems, mehr Geld der Währung, die der Staat unter Gewalt- und Starfandrohung von jedem verlangt und daher jeder braucht, aus der Wirtschaft zu ziehen als zurückzugeben, sind beide Lösungen erst einmal gleichwertig. Dieses fiskalische Problem besteht nicht nur auf dem Papier, die Währung kann von Privaten nicht beliebig substituiert werden, da der Staat reale Konsequenzen androht - unter Verwendung seines Gewaltmonopols - wenn jemand seine Steuern nicht in der staatlichen Währung bezahlt. Dies kann von Pfändung (und Versteigerung gegen staatliche Währung) bis zu Haftstrafen (wenn absichtlich die Steuer- und Abgabenfplicht missachtet wurde) reichen. Das Problem entfällt auch nicht, wenn keine Kopfsteuer erhoben wird, sondern bleibt in abgewandelter Form auch bestehen, wenn lediglich das Erbringen von Wirtschaftsleistung mit einem bestimmten Prozentsatz besteuert wird oder das Halten von Vermögen. Auch in diesem Fall sind die Konsequenzen des fiskalischen Problems real: Wirtschaftsleistung - Produktion oder Dienstleistungen - wird unterbunden, obwohl die Produktionskapazitäten vorhanden wären, weil die staatlich priviligierte Währung fehlt oder Sachvermögen (auch Produktionskapazitäten), die besteuert werden, werden nicht aufgebaut, obwohl es von den Resourcen her möglich wäre.

Aber ist das alles? Reicht es aus, wenn der Staat soviel wieder ausgibt, wie er einnimmt? Solange wir private Rücklagen ignorieren, grundsätzlich ja, außer wir wollen eine Inflation haben - aus welchen Gründen auch immer. In dem Fall muss mehr Geld in den privaten Wirtschaftskreislauf einfließen, als abfließen. Dies wäre möglich, in dem der Staat mehr Geld ausgibt als einnimmt (mit neu geschaffenem Geld!).

Nun legen Menschen und Unternehmen aber eventuell auch gerne Rücklagen an, eventuell mehr als für Investitionen verliehen wird. Solange dies nicht in einer vom Staat priviligierten Währung geschieht, ist diese Netto-Rücklage in Ordnung. Selbst wenn eine deflationäre Währung nahezu vollständig aus dem Umlauf verschwende, so wäre sie doch substituierbar gegen ein Tauschmittel, das aktuell keine (nennenswerte) deflationäre Tendenz aufweist und daher als Tauschmittel geeignet wäre. Handelt es sich jedoch um eine von wenigen Währungen oder gar der einzigen Währung, die der Staat akzeptiert, so ergibt sich das gleiche Problem, wie wenn der Staat mehr Geld aus dem Umlauf nimmt, als er wieder zurückführt. Diese Netto-Rücklagen müssen also ebenfalls durch neu geschaffenes Geld ausgeglichen werden (oder man muss hohe Geldvermögen, also hohe Rücklagen, besteuern und die Einnahmen wieder in den Kreislauf zurückführen). Dies kann geschehen, in dem der Staat neues Geld schafft und in Umlauf bringt.

Jetzt wurden private Rücklagen berücksichtigt, jetzt sollten auch andere Gelderzeugungsmethoden berücksichtigt werden, als nur Geldschöpfung durch den Staat. Zum einen könnte der Staat einer Zentralbank erlauben neues Geld zu schaffen und gegen entsprechend niedrige Zinsen zu vergeben oder den Geschäftsbanken erlauben die Geldmenge ebenfalls durch Kreditvergabe zu erhöhen. Der Nachteil ist hier, das private Kreditvergabe schnell Proyklisch wird und wird mit Kreditvergabe der Geschäftsbanken neues Geld geschaffen, ist auch die Geldmenge prozyklisch. Fast das gleiche gilt für die Kreditaufnahme durch Private bei der (de-facto oder auch de-jure) staatlichen Zentralbank.

Alternativ kann bei einem Warenstandard, wie einem Edelmetallstandard, auch neues Geld durch neue Herstellung/Förderung des als Standard verwendete Gutes entstehen. Klingt erst einmal nach einem Vorteil des Goldstandards. Wo ist nun das Problem mit dem Goldstandard?

Die geförderte Menge entspricht nicht unbedingt dem, was benötigt wird. Die geförderte Menge ist auch nicht nur eine Funktion der Nachfrage nach staatlich priviligierter Währung, sondern auch der Förderkosten (dem Angebot), die nicht unbedingt der Entwicklung in anderen technischen Bereichen entsprechen. Die Goldmenge wächst daher auch nicht genau wie der Rest der Wirtschaft. In einem Goldstandard kann der Staat nicht unbedingt so viel Geld emmitieren, wie er müsste, um die Netto-Rücklagen der privaten Wirtschaftsteilnehmer auszugleichen, da er hierzu Rückgriffe auf Gold bräuchte. Einnahmen und Ausgaben des Staates im gleichen Maße zu senken oder zu erhöhen bringt dabei nichts. auch bei relativ als Prozentsatz der Einkommen oder Vermögen festgesetzten Steuern so gut wie nichts. Auch um eine (niedrige, aber positive) angestrebte, möglichst konstante Inflation zu erreichen, reicht das Wachstum der Goldmenge nicht aus, es wächst hierzu erst rech nicht exponential genug, um exponentialles Wirtschaftswachstum auszugleichen und die angestrebte Inflation zu ermöglich. Eine solche ist aber nötig, sowohl um den privaten Wirtschaftsteilnehmern Planungssicherheit zu ermöglichen, als auch um die erhöhten Wünsche nach Rücklagen in einer Deflation zu vermeiden, die das Problem noch verschärfen und für die berühmte Deflationsfalle verantwortlich sind. Mises Einwand bezüglich der Irreführung der Wirtschaftsteilnehmer durch neue Geldproduktion stimmt nur, wenn die Wirtschaftsteilnehmer nicht mit dieser Inflation gerechnet haben.

Zitat
oder ob mal wieder nur das sogenannte "Vollgeld" als Alternative dargestellt wird...



Es hätte wenigstens den Vorteil die prozyklische Geldschöpfung der Geschäftsbanken einzuschränken, ohne die Nachteile eines Goldstandars. Es entspricht eigentlich nur einer andere formalen Umsetzung der Vollreserve nach Irving Fisher.

Allerdings stehen hinter der konkreten Variante mit dem Namen Vollgeld teilweise dubiose, zur Esoterik neigende gestallten. Schade eigentlich.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Am_Rande Offline




Beiträge: 196

02.07.2014 15:07
#3 RE: Heute - 01.07.2014 - 19.07 Uhr - D-Radio Kultur - Geldreform? Antworten

@ Techniknörgler

@ alle

Sehr verehrter Techniknörgler,

ich kann Sie beruhigen / ich muss Sie enttäuschen: die Namen Mises, Hayek oder Rothbard o. ä. sind nicht gefallen.

"Einen Ausstieg aus dem Euro verlangen die einen, eine Rückkehr zur 1971 abgeschafften Goldbindung der Währung wollen andere." - das ist alles, was zu marktwirtschaftlichen Alternativen gesagt wurde.

Ansonsten war alles dabei: Marx, das Zinsverbot im Islam, etc. - und natürlich: das Vollgeld.

Insgesamt war der Beitrag so wie alles, was man vom ÖRR in Deutschland erwarten darf: links, etatistisch und wirr:

"Der derzeitige Banken-Sozialismus..." gegenüber: "unsere Geld-Marktwirtschaft..."

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

02.07.2014 18:15
#4 RE: Heute - 01.07.2014 - 19.07 Uhr - D-Radio Kultur - Geldreform? Antworten

Zitat
das ist alles, was zu marktwirtschaftlichen Alternativen gesagt wurde.



Wie ich schon schrieb: Der Goldstandard ist nicht marktwirtschaftlich.

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“Being right too soon is socially unacceptable.”
― Robert A. Heinlein

Techniknörgler Offline



Beiträge: 2.738

02.07.2014 18:35
#5 RE: Heute - 01.07.2014 - 19.07 Uhr - D-Radio Kultur - Geldreform? Antworten

Zitat
ich kann Sie beruhigen



Wieso beruhigen? Ich habe kein Problem damit, wenn Mises Position dargestellt wird. Vorrausgesetzt es wird auch die Kritik daran genannt.

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― Robert A. Heinlein

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