mein Name ist Pyreina, Daska Pyreina. Ich bin elf Jahre alt und meine Heimat ist im Norden von Grönland. Beim Polarkreis, da wo die Eisbären gerade wegen dem Klimawandel immer weniger Eis haben und immer mehr schwimmen müssen und nicht mehr jagen können. Seit der letzten Eisschmelze, die auch unsere kleinen Iglus verschmolzen hat, lebe ich mit meiner Familie in Neustadt. Mein Papa hat die Aufenthaltsgenehmigung schon bestellt, aber er sagt, man kann noch gar nichts sagen, wegen dem Klima gegenüber Fremden. In meiner Schule merke ich nichts davon, ich finde die Schule cool. Oder sagt man, ich finde es echt heiß hier? Alles ist so fremd!
In meiner Heimat habe ich gelernt, bei der Robbenjagd stundenlang vor einem Eisloch zu hocken und zu warten. Bis die Robbe kommt. Und dann heißt es: Jetzt oder nie. Und hier in der Schule? Alle rasen ständig hin und her: Die Lehrer wetzen in der Pause ins Lehrerzimmer, wo sie die ganze Pause hindurch weiter wuseln. Die Schüler, die drinnen sind, sollen nach draußen, und die im Hof sind, wollen nach drinnen. Nur nicht die Neuntklässler, die dürfen drin bleiben, dafür streifen sie dann durch die Aula. Ich bin mir sicher: Von den Menschen hier könnte keiner eine Robbe fangen. Außer vielleicht der Hausmeister. Er steht in jeder Pause sicher wie ein Eisberg an seinem Platz und verteilt die Schulspeisung. Das gefällt mir!
Zuhause habe ich praktische Kleidung. Wenn es sehr kalt ist, trage ich sehr dicke Kleidung, wenn es weniger kalt ist, weniger dicke. Hier tragen alle immer irgendwas, egal wie das Wetter ist, oder sogar gerade immer andersrum: Wenn es heiß ist, haben manche Schüler Mützen auf, wenn es hingegen kalt ist, gehen sie ohne Anorak in die Pause. Die Lehrer sind an ihrer Garderobe nicht als solche zu erkennen. Manche tragen lustige T-Shirts, manche Pullis, manche haben ein Jackett. Dazu dann aber eher eine Jeans, und die hat manchmal Löcher. Einmal kam sogar einer in Turnschuhen und Lederhose. So, als würde mein Papa Badelatschen zu seinem Jagdpelz tragen. Das finde ich lustig!
Meine Omama sagt, ich soll fleißig lernen. Aber es gibt ja nur Bücher, Beamer und Papier. Da wo ich her komme, lerne ich, in ein Seil einen Knoten zu machen. Hier darf ich in Deutsch aufschreiben, wie man einen Knoten bindet. Zuhause lerne ich, am Bellen unserer Hunde zu erkennen, wie viele noch mit den Männern und den Schlitten draußen sind, hier muss ich ausrechnen, wie viele Hunde einen Schlitten ziehen müssen, wenn ein erlegtes Rentier, das so und so schwer ist, transportiert werden soll. Aber wer transportiert schon ein ganzes Rentier!
Am schönsten waren zuhause immer die Feste. Zuerst haben alle zusammen gejagt, dann haben alle gemeinsam die Beute verarbeitet, und dann wurde miteinander gefeiert. Auch die Kinder waren dabei. Nun, hier ist das anders. Es wird miteinander gelehrt und gelernt, Projekte werden zusammen durchgeführt, Wandertage, Lerngänge und Ausflüge schaffen Gemeinschafts-Erlebnisse. Doch miteinander gefeiert wird eigentlich ganz arg selten. Dabei war das zuhause immer so schön. Und es gäbe so viele Anlässe: Da wird eine neue Baustelle eröffnet, dort wird eine beendet. Hier gibt es eine neue Bücherei, am anderen Ende glänzen neue Computerräume. In den Gängen prangen schöne Bilder, grüne Pflanzen, neue Sitzgelegenheiten, damit das Wuseln aufhört, Internet gibt es inzwischen wieder im ganzen Haus, und selbst die Lichter gehen in den Fluren automatisch an und wieder aus.
Ja, schön habt es Ihr es hier in Eurer oberbayrischen Heimat Oberbayern. Wenn Ihr doch bloß wüsstet, wie schön Ihr es hier habt!
Das war mein Beitrag zum Jahresbericht. Ich hoffe, in ein paar Jahren nach dem Quali eine Ausbildung machen zu können, hier in Neustadt in der Nordsee. Das wird cool. Oder heiß?
Zitat von Daska im Beitrag #1In meiner Heimat habe ich gelernt, bei der Robbenjagd stundenlang vor einem Eisloch zu hocken und zu warten. Bis die Robbe kommt. Und dann heißt es: Jetzt oder nie.
Robbenjagd geht ja gar nicht. Das ist ja ziemlich Autobahn. Des weiteren ist mir aufgefallen, dass jegliche Erwähnung von Minderheiten wie GLBTetcuswpp oder Moslems fehlen, was auf latente oder offene Homo- und Islamophobie schliessen lässt. Wir raten hier dringend zu psychosozialer Betreuung und Einschaltung des Jugendamts, da hier die Eltern offensichtlich versagt haben. Diese Haltung können wir nicht tolerieren, denn wir nehmen die gesellschaftliche Verpflichtung zu Toleranz sehr ernst und werden allen Anfängen wehren.
Da muss ein Missverständnis vorliegen: Ich weiß gar nicht, ob in meinem Land, in dem weniger Menschen leben als die Allianz-Arena fasst, überhaupt Autobahnen existieren!
Zitat jegliche Erwähnung von Minderheiten wie GLBTetcuswpp oder Moslems fehlen
Und noch ein Missverständnis: Die Minderheit in Grönland, das sind WIR! 97% der Grönlända sind evangelisch , über 2% glauben gar nichts , den Rest stellen wir. Und nur Gerüchten zufolge hat es mal am Flughafen zwei Mitarbeiter moslemischen Glaubens gegeben, doch weitere Details entziehen sich meiner Kenntnis.
Und was speziell
Zitat GLBT
betrifft: Es gibt wohl keine Kleidung auf der ganzen Welt, die unisexier ist denn unsere dicken Pelze, die alle relevanten Unterschiede zuverlässig und political correct verbergen.
Im Übrigen bitte ich, alle substantiierten Beschwerden zu richten an: Greenland Embassy Rauchstrasse 1 D-10787 Berlin Germany
Dort wird man Ihnen gerne erklären, dass wir bereits leben, was Sie sich uns zu erklären angeschickt haben:
mein Name ist Pyreina, Daska Pyreina. Ich bin elf Jahre alt und meine Heimat ist im Norden von Grönland.
Mhm. Irgend was geht gerade an mir vorbei: Ist das ein Brieg, den Sie mit elf geschrieben haben, ein fiktiver Brief, wie sie ihn mit elf geschrieben hätten oder eine komplette Kunstfigur?
mein Name ist Pyreina, Daska Pyreina. Ich bin elf Jahre alt und meine Heimat ist im Norden von Grönland.
Mhm. Irgend was geht gerade an mir vorbei: Ist das ein Brieg, den Sie mit elf geschrieben haben, ein fiktiver Brief, wie sie ihn mit elf geschrieben hätten oder eine komplette Kunstfigur?
Eine komplette Kunstfigur. Ich hatte mir eingebildet, der einleitende Abschnitt qualifizierte den Beitrag ausreichend als fiktiven Text. Er wurde für einen anderen Anlass als Dies und Jenes geschrieben, bildet aber verdichtend etwas ab, was meines Erachtens der Realität entspricht. Die Antwort auf Ihren Vorredner spielt natürlich mit der Fiktion, wobei auch dort die eindeutigen Fakten stimmen sollten.
Danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, nachzufragen!
mein Name ist Pyreina, Daska Pyreina. Ich bin elf Jahre alt und meine Heimat ist im Norden von Grönland.
Mhm. Irgend was geht gerade an mir vorbei: Ist das ein Brieg, den Sie mit elf geschrieben haben, ein fiktiver Brief, wie sie ihn mit elf geschrieben hätten oder eine komplette Kunstfigur?
Eine komplette Kunstfigur. Ich hatte mir eingebildet, der einleitende Abschnitt qualifizierte den Beitrag ausreichend als fiktiven Text.
Eigentlich schon. Ich hätte auch nicht nachgefragt und es für selbstverständlich gehalten, hätte die Kunstfigur nicht den gleichen Namen, wie ihr Pseudonym, unter dem Sie "normal", als Sie selber, schreiben.
Ich habe selber eine Kunstfigur: "advocatus diaboli". Welchen Zweck Sie hat erkennt man am Namen. Ich habe allerdings immer nur Überbringer der Botschaft gespielt, wenn der -advocatus mal seine Stimme erhob und ihn lediglich zitiert.
Zitat von Daska im Beitrag #6Eine komplette Kunstfigur.
Zitat "Mich interessieren Geschichten von Eskimos nicht – was sollen wir damit?" (Marcel R.-R.)
Lesen vielleicht?
Zitat "(Beim CONTESSA, das „Gastmahl", die Tafl'Runde der ElementarGeister 'a la „Holetschkagasse" - sehr interessant: man kann doch tatsächlich nichts neues erfinden." (Arno Schmidt, Abend mit Goldrand, Zettel 179)
Liebe/r/s/xx Daska - vielleicht interessiert es Sie, daß nicht alle Aspekte Ihrer Kunstfigur à la Papalagi oder Lukanga Mukara rein fiktiv sind: Der Inuit Abraham Ulrikab, der mit mit seiner & einer weiteren Familie 1880 von Carl Hagenbeck für eine der ersten damaligen "Völkerschauen" angeworben wurde, hat ein Tagebuch über seine Eindrücke aus Europa geführt. Die Geschichte ist tragisch, weil alle 8 "Exoten" im folgenden Winter an den Pocken gestorben sind. Eine 2-stündige Fassung des Tagebuchs in Englisch gibt es hier zum Nachhören. Es handelte sich um, tja, "Schüler?", "Zöglinge?" der Herrnhuter Mission (die neben den Dänen die einzigen Missionsstationen auf Grönland betrieben). Die Herrnhuter Mission war auch der - jetzt wieder ganz fiktional - Vorwand für das erste Buch von Jean Paul, ein Bündel von (ausgesprochen harmlosen) Satiren, die 1783 als Grönländische Prozesse erschienen. (Danach kam dann erstmal 10 Jahre bis zur "unsichtbaren Loge" nichts.)
Interessanterweise ist es dieses Jahr genau 100 Jahre her, daß der 1. grönländische Roman erschien (viele gibt es nicht, aber ein paar eben doch): Mathias StorchsSinnattugaq (Der Traum) - ein Zukunftsroman (wenn das Wort "Roman" hier mal verwendet werden darf: 64 S.): die Rahmenhandlung besteht daraus, daß der Erzähler im Traum um gut 200 Jahre ins Jahr 2105 versetzt wird & einen Bericht über die kommenden Verhältnisse - ganz im Stil der Zeit idealistisch-sozialistisch, in seiner Heimat wie in Europa, erstattet. Ob die da in der Bibliothek eine dänische Übersetzung von Bellamys Looking Backward besaßen, laß ich mal unabgemacht...
mein Name ist Pyreina, Daska Pyreina. Ich bin elf Jahre alt und meine Heimat ist im Norden von Grönland.
Mhm. Irgend was geht gerade an mir vorbei: Ist das ein Brieg, den Sie mit elf geschrieben haben, ein fiktiver Brief, wie sie ihn mit elf geschrieben hätten oder eine komplette Kunstfigur?
Eine komplette Kunstfigur. Ich hatte mir eingebildet, der einleitende Abschnitt qualifizierte den Beitrag ausreichend als fiktiven Text. Er wurde für einen anderen Anlass als Dies und Jenes geschrieben, bildet aber verdichtend etwas ab, was meines Erachtens der Realität entspricht. Die Antwort auf Ihren Vorredner spielt natürlich mit der Fiktion, wobei auch dort die eindeutigen Fakten stimmen sollten.
Danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, nachzufragen!
Daska
Ich hatte auch schon zweimal angesetzt zu fragen ... aber nun kann ich meine Lobhudelei loswerden: Exzellent geschrieben, liebe(r) Daska.
Herzlichen Dank an jeden der Geantworteten, jede einzelne Meldung trägt ihre persönliche Note UND regt zum Weiterdenken an! Die versammelten Grönland-Geschichten sollte ich vielleicht mal recherchieren. Anscheinend stimmt das: "Es gibt nichts Neues unter der Sonne." (Die Bibel, Kohelet 1,9, hellenistisches Judentum. Wer das Zitat im Kontext der Lutherbibel lesen will, muss den Prediger suchen, tja). Schaumamal, ob sich das InuitkInd mal wieder rührt, ... Bis dann Daska
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