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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 2 Antworten
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Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

28.05.2015 18:44
Tanith Lee, 1947 - 2015 Antworten

Nein, das ist überhaupt kein gutes Jahr für Leser, die britische Fantasy jenseits von Tolkien & J. K. Rowling schätzen.

http://www.tor.com/2015/05/26/tanith-lee-in-remembrance/
http://www.theguardian.com/books/2015/ma...ee-dies-aged-67
http://io9.com/tanith-lee-was-an-indispe...thor-1707086691



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Frank Böhmert Offline




Beiträge: 927

29.05.2015 09:40
#2 RE: Tanith Lee, 1947 - 2015 Antworten

Hach ja, diese glutvolle, schöne Autorin!

Leider bin ich mit ihren Geschichten in den 1980ern nie warmgeworden. Welches Buch würden Sie jemandem, der eher kurze Einzelromane schätzt als Storys oder Romanzyklen, denn für den erneuten Einstiegsversuch empfehlen, lieber Ulrich Elkmann?

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

01.06.2015 13:28
#3 RE: Tanith Lee, 1947 - 2015 Antworten

Tanith Lee hat ja eine der umfangreichsten Bibliographien in einem Genre, in dem nicht wenige Autoren mächtige Titelkataloge vorzuweisen haben (tempi passati, dazu mehr in #4): 70 Romane und gut 330 Erzählungen, viel davon gesammelt in 21 Storybänden; Kinderbücher & Broschüren mitgerechnet 102 Titel.

Ich bin ja mehr auf Kurztexte geeicht & vertrete gern die These, daß die ideale Länge eines phantastischen Texts entweder 15 Seiten (die blitzartige Präsentation einer Grundsituation) oder aber der Kurzroman zwischen 60-100 Seiten ist: das reicht, um die Implikationen der Situationen aufscheinen zu lassen & den einen Erzählstrang, über den das vermittelt wird, zu einem runden Abschluß zu führen. Bei längeren Texten übernimmt entweder der Thriller-Aspekt (kriegen sie sich? kriegen sie ihn? Entert Han Solo den Todesstern?) oder der Bildungsroman. Oder aber der pikareske Roman; Episoden, mehr oder weniger stringent auseinander abgeleitet, und der dramatische Bogen sollte irgendwann auch zu Ende geknüpft sein: aber ob das 120 Seiten braucht oder 500, spielt keine Rolle. Das namhafteste Beispiel für Pikaro-Romane in der SF sind die von Jack Vance: auch da kommt es ganz auf den leuchtenden exotischen Hintergrund & die Erzählstimme an. Tanith Lees Romane haben in der Regel diese pikareske Struktur: insofern macht es nichts, ob sie 50 Seiten umfassen oder einem der Romanzyklen angehören: da kann man einsteigen oder aufhören, wo man will. (Ausnahme ist ihr Fantasy-Roman-Dabüt "The Birthgrave"; die Fortsetzungen "Vazkor, Son of Vazkor" & "Quest for the White Witch" versuchen da noch, die übliche Heroic Fantasy-Trilogiestruktur einzuhalten: das hängt aber durch & hat bei Rezensenten, die eigentlich von ihrer bengalisch leuchtenden Atmosphäre ganz angetan waren, zu Sodbrennen geführt.)

Als kurze Romantexte, eigenständig & knapp, in 2-3 Tagen Lesezeit zu bewältigen, wären eine Reihe von Titeln zu nennen, die sie zwischen 1975 & 1985 bei ihrem damaligen Hausverlag DAW Books publiziert hat: The Winter Players (1975, zuerst in England explizit als Jugendroman), Volkhavaar (1977), Sabella (1980; der spielt auf dem Mars, auch wenn der, angesichts dieser dummen Raumsonden, jetzt einen andern Stern umkreist; das ist wie bei Leigh Bracketts späten Eric John Stark-Titeln; aber "Vampire auf dem Mars" & das im Erzählton einer aufmüpfigen Göre: warum hat das noch keiner als "Buffy"-Vorläufer verbucht?); Kill the Dead (1980); Lycanthia. or The Children of Wolves (1981). Von den späten Einzeltiteln habe ich ein gewisses Fiable für Reigning Cats and Dogs (1995; der Titel ist völlig untergegangen, vielleicht zu Recht; aber das Bild eines Steampunk-London, in dem die altägyptischen Götter wiedergekehrt sind, das hat was ; auch wenns nicht von fern an Tim Powers' The Anubis Gates herankommt). Von der Atmosphäre her noch zu nennen: die vier Romane des "Secret Books of Venus"-Zyklus, die in einem ziemlich dekadent angefressenen Phantasie-Venedig spielen & jeweils um eins der Elemente der klassischen Alchemie zentriert sind.

Da ich selbst (s.o.) eher auf die Kurzstrecke fixiert bin: der beste Erzähl-Digest (ganze Bandbreite & gediegene Ausstattung) dürfte Dreams of Dark and Light sein (1986; bei Arkham House erschienen, als man dort unter der Herausgeberschaft von James Turner mal auf die Lovecraft-Fixierung verzichtet hat & die Addresse für hervorragende Kurzgeschichtensammlungen im Bereich SF wurde (James Tiptree jr. & Michael Bishop haben sie zu der Zeit auch dort verlegt)); dann The Gorgon (1983) & Tamastara, or The Indian Nights (1984): die Erzählung "Bright Burning Tiger" darin ist ein ganz erstaunliches Probstück, wo im Rahmen einer Kurzerzählung eine bekannte Vorlage völlig dekonstruiert & neu zusammengesetzt wird, auf eine Weise, daß man sich sagt: "anders konnte das überhaupt nicht stimmen"; sonst kenne ich da nur Neil Gaimans "Snow, Glass, Apples", in dem der sich ein bekanntes Märchen vornimmt (was für Leute sind das, die in Särgen liegen, nach Jahren wieder hervorkommen & "Lippen rot wie Blut haben"? ); hier ist der Urtext William Blakes "Tiger, Tiger, burning bright / in the forests of the night..."

2009 hat es bei Wildside Press 2 Bände "selected stories" gegeben: "Tempting the Gods" & "Hunting the Shadows": die sind beide (wenn man die Holzfassung vorzieht) prompt als PoD lieferbar, aber von durchwachsenem Inhalt. Wie's der Zufall will, war die letzte Erzählung, die ich vor ihrem Tod von ihr gelesen habe, im ersten Band die Story "Death Loves Me" ...



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