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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 21 Antworten
und wurde 1.701 mal aufgerufen
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dirk Offline



Beiträge: 1.538

21.09.2015 14:27
Rechtsgrundlage Antworten

Zitat
Wer aus Bürgerkriegsgebieten geflohen ist, erhält mit hoher Wahrscheinlichkeit Asyl.


FAZ

Weiss jemand ob das stimmt und wenn ja auf welcher Rechtsgrundlage das Asyl erteilt wird? Meines Wissens besteht nur bei politischer Verfolgung Anrecht auf Asyl. Buergerkriegsfluechtlinge sind ausreisepflichtig, gleichzeitig besteht aber ein Abschiebeverbot weil im Heimatland gefahr drohe. Unter "Asyl erhalten" verstehe ich jedoch etwas anderes.

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

21.09.2015 22:14
#2 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #1
Weiss jemand ob das stimmt und wenn ja auf welcher Rechtsgrundlage das Asyl erteilt wird? Meines Wissens besteht nur bei politischer Verfolgung Anrecht auf Asyl. Buergerkriegsfluechtlinge sind ausreisepflichtig, gleichzeitig besteht aber ein Abschiebeverbot weil im Heimatland gefahr drohe. Unter "Asyl erhalten" verstehe ich jedoch etwas anderes.
Mir scheint Wikipedia da ganz hilfreich zu sein:
https://de.wikipedia.org/wiki/Asyl#Asyl_in_Deutschland
https://de.wikipedia.org/wiki/Asylrecht_%28Deutschland%29

Ein interessantes Zitat:

Zitat von Wikipedia
Die meisten Asylsuchenden werden nicht nach Art 16a GG anerkannt, sondern als Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention, z. B. wenn sie über ein sogenanntes sicheres Drittland eingereist sind.


Man hat die Verfahren nach Genfer Flüchtlingskonvention, konkretisiert durch EU-Richtlinien, einfach mit den Asylverfahren nach Art. 16 GG zusammen gelegt. "Asyl" kommt am Ende bei beiden heraus, aber jeweils aus einer anderen originären Rechtsquelle. Das stiftet natürlich allgemein Verwirrung, die von interessierten Greisen genutzt werden kann.

Zum Beispiel ist der Flüchtlings-Begriff erheblich weiter gesteckt als der des Asylberechtigten - also dürfen wir uns nicht wundern, warum alle nur noch von "Flüchtlingen" sprechen. Dahinter steckt eindeutig der Wille, immer mehr Menschen aufzunehmen.
Außerdem hat sich in den Köpfen vieler festgesetzt (bzw. wird von den üblichen Verdächtigen dort hineingehämmert), dass die Aufnahme von (Bürger-)Kriegsflüchtlingen im Grundgesetz verlangt wird und daher z.B. auch nicht durch Quoten geregelt werden kann.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

dirk Offline



Beiträge: 1.538

21.09.2015 23:39
#3 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Danke für die Antwort, die mir aber nicht weiter hilft.

Die Sache ist etwas kompliziert, denn das Asylverfahrensgesetz (und seine Definition der Flüchtlingseigenschaft) sind nicht anwendbar (meiner Meinung nach). (In sofern ist es wohl auch falsch von Asylverfahren zu sprechen ). Denn schauen wir uns die Flüchtlingsdefintion an:
(§3 AsylVfG):

Zitat


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,

a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.


Diese Kriterien passen mE nicht auf Bürgerkriegsflüchtlinge.


Eine passendere Rechtsnorm findet sich stattdessen im Aufenthaltsgesetz ($ 24 (1) AufenthG)

Zitat

(1) Einem Ausländer, dem auf Grund eines Beschlusses des Rates der Europäischen Union gemäß der Richtlinie 2001/55/EG vorübergehender Schutz gewährt wird und der seine Bereitschaft erklärt hat, im Bundesgebiet aufgenommen zu werden, wird für die nach den Artikeln 4 und 6 der Richtlinie bemessene Dauer des vorübergehenden Schutzes eine Aufenthaltserlaubnis erteilt.



Auch hier ([url="http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2001:212:0012:0023:DE:PDF"Richtlinie 2001/55/EG[/url] ]) keine "Flüchtlingseigenschaft" sondern nur ein Schutzgrund (strenggenommen erhalten die Bürgerkriegsflüchtlinge damit weder Asyl noch sind sie Flüchtlinge im Sinne des Gesetzes). Und vor allem: Es betrifft nur einen "Massenzustrom" (wird durch den Rat festgestellt) an "Vertriebenen" und es scheint mir wenig plausibel, dass die Kriterien bei einem Massenzustrom deutlich geringer sind als bei einem "gewöhnlichen Zustrom"

Wobei ich jetzt gelernt habe, dass ich mit der Behauptung, gewisse Flüchtlinge ausreisepflichtig seien und gleichzeitig bestehe Abschiebeverbot, falsch lag. Denn nach §25 AufenthG (3) gilt

Zitat
Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt.

Nebenbei:Fantastisches Deutsch: Einem Ausländer soll(!) die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden; schön dass das Gesetz dazu übergeht Wünsche zu äussern und nicht Sachverhalte zu klären! Oder beansprucht hier der Gesetzgeber göttliche Autorität, dessen Wünschen man sich stets fügt?

dirk Offline



Beiträge: 1.538

22.09.2015 00:32
#4 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Man kan es vielleicht einfacher so ausdrücken: Wir wissen, dass bei syrischen Flüchtlingen kein Asyl im Sinne des GG (politische Verfolgung) genehmigt wird. Wenn es jetzt irgendeinen anderes - bürgerkriegsbezogenes - Kriterium gibt, das einen asylähnlichen Anspruch gewährleistet, dann muss dieses Kriterium davon abhängen, dass der Flüchtling illegal eingereist ist. Ansonsten muss es auch gelten bevor (!) die Einreise stattgefunden hat.
Sprich es wären alle Syrer berechtigt; sie müssten nur ne Mail nach Deutschland schicken um den Anspruch abzuholen. Das aber kann man ausschließen (diese Lücke wäre längst gefunden).

Also was auch immer das Kriterium ist, es hängt daran dass vorher eine illegale Einreise stattgefunden hat. Und da scheinen mir §60 AufenthG (Abschiebeverbot) plus § 25 (Abschiebeverbot -> Aufenthaltsgenehmigung) genau das zu erfüllen. Etwas paradox; denn gleichzeitig kann ein solches Kriterium kein "humanes" sein.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

22.09.2015 00:40
#5 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Oder so: Einerseits moralisierend Schecks ausstellen ("Jeder der aus diesen oder jenen Gründen verfolgt ist, hat das Recht...."), aber zur Antragsstellung/Einlösung muss man persönlich vorbei, was die Sache am Einreisegesetz scheitern lässt. So rettet der Gutmensch seinen Arsch.

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

22.09.2015 01:23
#6 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #3
Diese Kriterien passen mE nicht auf Bürgerkriegsflüchtlinge.
Ich kann da nur spekulieren, aber vermutlich werden sie passend gemacht. In einem Bürgerkrieg kämpfen mindestens zwei Seiten gegeneinander, und beide würden dann sagen, sie würden von der anderen verfolgt. Dann kommt eben keiner hierher, weil ihm die Bomben um die Ohren fliegen, sondern weil er zu einer der Seiten gehört. Und diese Seiten werden eben entlang der genannten Kriterien definiert. Et voilà.

Aber falls deine Frage darauf hinaus läuft, wieviel von der gegenwärtigen Aufnahmepraxis rechtlich zwingend oder politisch gewollt ist, dann scheint mir auch so viel für die Annahme zu sprechen, dass letzteres der Fall ist.

--
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verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

Nola Offline



Beiträge: 1.719

22.09.2015 09:15
#7 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #6
Zitat von dirk im Beitrag #3
Diese Kriterien passen mE nicht auf Bürgerkriegsflüchtlinge.
Ich kann da nur spekulieren, aber vermutlich werden sie passend gemacht. In einem Bürgerkrieg kämpfen mindestens zwei Seiten gegeneinander, und beide würden dann sagen, sie würden von der anderen verfolgt. Dann kommt eben keiner hierher, weil ihm die Bomben um die Ohren fliegen, sondern weil er zu einer der Seiten gehört. Und diese Seiten werden eben entlang der genannten Kriterien definiert. Et voilà.

Aber falls deine Frage darauf hinaus läuft, wieviel von der gegenwärtigen Aufnahmepraxis rechtlich zwingend oder politisch gewollt ist, dann scheint mir auch so viel für die Annahme zu sprechen, dass letzteres der Fall ist.



Ja, und weiter ? Was, wenn denn letzteres stimmt, welche Schlüsse ziehen Sie daraus? Was bezweckt Politik damit?

♥lich Nola

---------------------------

Status quo, nicht wahr, ist der lateinische Ausdruck für den Schlamassel, in dem wir stecken.
Zettel im August 2008

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

22.09.2015 12:08
#8 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von Nola im Beitrag #7
Ja, und weiter ? Was, wenn denn letzteres stimmt, welche Schlüsse ziehen Sie daraus? Was bezweckt Politik damit?
Nichts weiter. Da wird nichts bezweckt. Es wird schlichtweg nicht nachgedacht.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

22.09.2015 12:21
#9 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von Werwohlf im Beitrag #6

Aber falls deine Frage darauf hinaus läuft, wieviel von der gegenwärtigen Aufnahmepraxis rechtlich zwingend oder politisch gewollt ist, dann scheint mir auch so viel für die Annahme zu sprechen, dass letzteres der Fall ist.



Es geht mir erstmal bur darum die Rechtslage zu erfassen, weil da soviel durcheinander geht. Ich denke ich weiss jetzt auch einigermassen Bescheid (abgesehen von Auslgegungsfragen). Es isty im Wikipedia Artikel ueber subsidiaeren Schutz gut erkleaert. Und zwar war es in der Tat so (bis 2013) wie ich geschrieben habe, dass a) Buergerkriegsfluechtlinge keine Fluechtlinge im Sinne des Gesetzes sind b) erstmal keine Aufenthaltsberechtigung haben aber c) ein Abschiebeverbot besteht und dann nach Paragraph 24 (Abschiebeverbot -> Aufenthaltsgenehmigung) die Aufenthaltsgenehmigung erteilt wurde. Ein Paradoxer aber zielfuehrender Weg (man muss erst illegal eingereist sein, damit eine Abschiebung in Betracht kommt und dann ueber das Abschiebeverbot eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt wird)

Seit August 2013 ist das anders. Da wird das ganze ueber Paragraph 4 Asylverfahrensgesetz geregelt

Zitat
Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:.. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.




Damit duerfte die Sache geklaert sein: Selbst der Gesetzgeber wirft alles (Asyl, Fluechtling, subsidiaerer Schutz ) in einen Topf/ein Verfahren.

Am Ende noch ein Bonbon das meinen Respekt vor dem Gesetzgeber weiter fallen laesst. Wie ist Dublin umgesetzt? Antwort: § 27a AsylverfG:

Zitat
Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.



Hmm. Der Asylantrag ist unzulaessig wenn e.g. die Einreise ueber einen Drittstaat erolgt. Aber die Asyl/Schutzansprueche sind an die Person gekoppelt "Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn..." und damit unabhaengig von der Einreise. Also kann es sein, dass ein Auslaender Asylanspruch hat, aber sein Antrag ungueltig ist. Sogar ziemlich haeufig. Alle Syrer - auch die in Syrien - sind schutzberechtigt, aber deren Antraege ungueltig.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

15.01.2016 21:40
#10 RE: Rechtsgrundlage Antworten

For the record:

Staatsrechtle Isensee:

Es gab einen Rausch der Moral. Der ist jetzt ausgenüchtert. Auf den Rausch der Moral folgt der juristische Kater.[...] Ich bin erstaunt, dass bei einer so wichtigen Entscheidung wie der Aufnahme von Flüchtlingen auch nach vier Monaten nicht nach der Rechtsgrundlage gefragt wird.[...] Wo ist das Parlament geblieben?[....] Hier, wo es um die wirklich großen Fragen geht, die die Zukunft des Landes irreversibel bestimmen, die Zusammensetzung der Bevölkerung und deren Zusammenhalt, bleibt der Bundestag außen vor

dari Offline




Beiträge: 189

19.01.2016 16:59
#11 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #3
Nebenbei:Fantastisches Deutsch: Einem Ausländer soll(!) die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden; schön dass das Gesetz dazu übergeht Wünsche zu äussern und nicht Sachverhalte zu klären! Oder beansprucht hier der Gesetzgeber göttliche Autorität, dessen Wünschen man sich stets fügt?


Lieber dirk,

Au contraire, viel ist aus meinem Jurastudium ja nicht hängen geblieben, aber doch zumindest dieses:

Bei dem Wörtchens "soll" in Gesetzen handelt es sich um eine normale juristische Formulierungstechnik, dem Stilmittel des sog. "gebundenen Ermessens".

Im Verwaltungsrecht unterschiedet man nämlich zwischen Ermessensentscheidungen und gebundenen Entscheidungen.

Erstere erkennt man am Wort "kann" zwischen Tatbestand und Rechtsfolge, z.B. in § 48 VwVfG:

Zitat
Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann (...) zurückgenommen werden.


D.h. die Behörde kann tätig werden, wenn der Tatbestand (hier also ein rechtswidriger VA) vorliegt. Muss es aber nicht.

Anders ist dies bei gebundenen Entscheidungen, die man am Wort "ist" erkennt, z.B. in § 49a VwVfG:

Zitat
Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.


Hier besteht kein Ermessen, d.h. die Behörde muss im Sinne der Rechtsfolge tätig werden (schriftlicher Verwaltungsakt), wenn der Tatbestand vorlegt (zu erstattende Leistung).

Dazwischen liegt nun das gebundene Ermessen (also das besagte "soll"). Es bedeutet schlicht und einfach: Im Regelfall steht der Behörde kein Ermessen zu. Sie muss entsprechend der Norm tätig werden - Einzige Ausnahme: Es liegt ein atypischer Sonderfall vor und sie kann diesen (gerichtsfest) begründen.

Sorry, dass ich jetzt hier ein juristisches Kolloquium eröffne, aber soviel musste doch zur Ehrenrettung meiner gesetzschreibenden und -lesenden Zunft gesagt werden.

Gruß

dari

dirk Offline



Beiträge: 1.538

20.01.2016 13:29
#12 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von dari im Beitrag #11
Zitat von dirk im Beitrag #3
Nebenbei:Fantastisches Deutsch: Einem Ausländer soll(!) die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden; schön dass das Gesetz dazu übergeht Wünsche zu äussern und nicht Sachverhalte zu klären! Oder beansprucht hier der Gesetzgeber göttliche Autorität, dessen Wünschen man sich stets fügt?


...
Sorry, dass ich jetzt hier ein juristisches Kolloquium eröffne, aber soviel musste doch zur Ehrenrettung meiner gesetzschreibenden und -lesenden Zunft gesagt werden.





Vielen Dank fuer die Klaerung. Ich hatte offenbar etwas emotional reagiert.

otto ( gelöscht )
Beiträge:

20.01.2016 16:47
#13 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Eine sehr gute Darstellung obiger Problematik findet sich unter:

Prof. Schachtschneider, Staatsrechtler, Dr. jur
http://www.wissensmanufaktur.net/asylrecht
http://www.wissensmanufaktur.net/verfass...ge-einwanderung

Es gibt hier zwei Punkte, welche ich für wesentlich bedenklicher halte, als die Klärung der oben genannte Problematik.

Das ist erstens die Problematik der Rechtsbeugung, § 339 StGB.

Unter Rechtsbeugung versteht man im deutschen Recht die vorsätzlich falsche Anwendung des Rechts durch Richter, Amtsträger oder Schiedsrichter bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei.(Wikipedia)

Strafgesetzbuch § 339 StGB Rechtsbeugung
Ein Richter, ein anderer Amtsträger oder ein Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache zugunsten oder zum Nachteil einer Partei einer Beugung des Rechts schuldig macht, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren bestraft.

Es handelt sich bei der Rechtsbeugung um ein Verbrechen.

Amtsträger sind vom einfachen Polizisten über vorgesetzte Dienststellen bis zum zuständigen Minister und der Kanzlerin eine ganz erhebliche Personenzahl.
Rechtssachen sind alle Entscheidungen in dieser Zuwanderungsfrage, auch und insbesondere die Geldentscheidungen (Zahlerpartei und Nehmerpartei).

Ob und warum es diesbezüglich keine Verfahren gibt, entzieht sich meiner Kenntnis. Staatsanwälte sind an Weisungen der Justizminister gebunden....

Für ungleich wichtiger und vor allem staatsgefährdender halte ich zweitens jedoch den Totalausfall unseres Parlaments.

Das Eine ist das absichtliche Versagen unseres Parlaments, in einer solch wichtigen staatsändernden und staatsgefährdenden Frage diese Problematik nicht an sich zu ziehen.
Da geht mein Vorwurf insbesonder an Herrn Lammert, Bundestagspräsident und damit Inhaber des zweithöchsten Staatsamtes und damit zur Erhaltung unserer Demoktatie von Amts wegen verpflichtet.

Das wichtigste und grundlegendste Recht des Parlaments ist das Haushaltsrecht, auf ihm basiert letzlich alles. Es ist die Grundlage jeder administrativen Steuerung.
Jetzt haben wir den Fall, dass eine Bundeskanzlerin in Alleinentscheidung über dreistellige Milliardenbeträge Verfügungen trifft, ohne dass das Parlament einbezogen wird. Dabei ist nicht nur der Bundeshaushalt betroffen, es sind auch die Haushalte der Länderparlamente und der Kommunen, Kreistage, Krankenkassen usw. sehr stark belastet. Föderalismus ade.
Zum Vergleich, die Bundeshaushalte der letzten Jahre lagen bei etwas mehr als 300 Milliarden €.
Egal, auf welche Weise ein Parlament (übrigens zum wiederholten Mal) entmachtet wird, es handelt sich in jedem Fall um einen (Teil-) Putsch (=Staatsstreich) in einer parlamentarischen Demokratie, in welcher verfassungsgemäß das Parlament der eigentliche Inhaber der Macht ist, deren fundamentale Grundlage wiederum das Haushaltsrecht ist.

Ich habe große Zweifel, dass dieser Problematik das nötige Gewicht beigemessen wird.


Grüße

Otto

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.430

20.01.2016 20:35
#14 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Naja, Schachtschneider. Von dem habe ich auch schon beliebig großen Unsinn gelesen.
Das Parlament WURDE nicht entmachtet (passiv), sondern MACHT nix (aktiv). Das Ergebnis ist zwar das gleiche, aber die Ursache eine andere.

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

otto ( gelöscht )
Beiträge:

30.01.2016 13:54
#15 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Unser Bundesjustizminister maasregelt Fabio und Konsorten.

http://deutsche-wirtschafts-nachrichten....-brandstiftern/

Er ist Jurist und auch sonst määsigem Verstand.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

30.01.2016 16:10
#16 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von otto im Beitrag #15
Unser Bundesjustizminister maasregelt Fabio und Konsorten.

http://deutsche-wirtschafts-nachrichten....-brandstiftern/

Er ist Jurist und auch sonst määsigem Verstand.


Hat jemand Zugang zum original Artikel und ihn gelesen? Hat Maas weitere "Argumente" als nur dieses hier:

Zitat von Heiko Maas zitiert von FAZ
Niemand könne ernstlich bestreiten, dass die Flüchtlingspolitik des Bundes demokratisch legitimiert sei. Seit Ende 2013 habe der Bundestag mehr als vierzig Debatten über dieses Thema geführt



Wäre schon ein starkes Stück, wenn der Bundesjustiz(!)minister ehemaligen Verfassungsrichtern, die sich Gedanken über die Rechtsstaatlichkeit machen, geistige Brandstiftung vorwirft, und nicht mehr zu bieten hat als, dass der Bundestag Debatten (!, keine Beschlüsse) geführt habe.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

30.01.2016 23:51
#17 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #16

Hat jemand Zugang zum original Artikel und ihn gelesen? Hat Maas weitere "Argumente" als nur dieses hier:



Der Beitrag von Maas steht jetzt online.

Wie erwartet geht Maas nicht darauf ein, dass die Bundesregierung keine Kontrolle ausübt, wer ins Land kommt(ja sich so weigert es zu versuchen), was laut di Fabio vom Grundgesetz vorausgesetzt werde.

Neben den Debatten im Bundestag führt Maas als weiterebn Grund das Selsbteintrittsrecht der Staaten in Dublin II ein. Nun ist Dublin II direkt kein deutsches Gesetz, also kann nichts was in Dublin II steht die Regierung ermächtigen irgendetwas zu tun. Aber ignorieren wir das mal und schauen uns das Selbsteintrittsrecht in Dublin II an (Artikel 3, Absatz 2)

Zitat von Dublin II

Abweichend von Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat
im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen.



Nun haben wir aber ein Problem, denn nach §27a Asylgesetz gilt

Zitat von §27a Asylgesetz
Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.



Man muss sich das laut Maas also so vorstellen: Der Asylbewerber stellt einen Antrag bei den deutschen Behörden. Dieser ist laut 27a AsylG ungültig. Dann sagt die Behörde "Lass uns doch mal den ungültigen Antrag prüfen", woraufhin dann die Zuständigkeit auf Deutschland übergeht (denn die Exekutive ist laut Maas der deutsche Staat, Legislative braucht es da nicht). Dann reist der Antrag in der Zeit zurück und passiert §27a AsylG.

adder Offline




Beiträge: 1.073

31.01.2016 08:47
#18 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #17
Zitat von dirk im Beitrag #16

Hat jemand Zugang zum original Artikel und ihn gelesen? Hat Maas weitere "Argumente" als nur dieses hier:



Der Beitrag von Maas steht jetzt online.

Wie erwartet geht Maas nicht darauf ein, dass die Bundesregierung keine Kontrolle ausübt, wer ins Land kommt(ja sich so weigert es zu versuchen), was laut di Fabio vom Grundgesetz vorausgesetzt werde.

Neben den Debatten im Bundestag führt Maas als weiterebn Grund das Selsbteintrittsrecht der Staaten in Dublin II ein. Nun ist Dublin II direkt kein deutsches Gesetz, also kann nichts was in Dublin II steht die Regierung ermächtigen irgendetwas zu tun. Aber ignorieren wir das mal und schauen uns das Selbsteintrittsrecht in Dublin II an (Artikel 3, Absatz 2)

Zitat von Dublin II

Abweichend von Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der betreffende Mitgliedstaat wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat
im Sinne dieser Verordnung und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen.


Nun haben wir aber ein Problem, denn nach §27a Asylgesetz gilt

Zitat von §27a Asylgesetz
Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.



Man muss sich das laut Maas also so vorstellen: Der Asylbewerber stellt einen Antrag bei den deutschen Behörden. Dieser ist laut 27a AsylG ungültig. Dann sagt die Behörde "Lass uns doch mal den ungültigen Antrag prüfen", woraufhin dann die Zuständigkeit auf Deutschland übergeht (denn die Exekutive ist laut Maas der deutsche Staat, Legislative braucht es da nicht). Dann reist der Antrag in der Zeit zurück und passiert §27a AsylG.




Eigentlich kein Problem, denn die Prüfung des Asylantrages kann ja in der grauen Theorie auch ergeben, dass der Asylantrag unzulässig ist und daher kein Asyl gewährt werden muss. Dublin II ist dabei nicht das Problem, denn es ermächtigt nur, tatsächlich eine Prüfung vorzunehmen, obwohl der Staat nach Dublin II nicht zuständig ist. Dublin II ändert nicht das AsylG.
D.h. theoretisch muss Deutschland jeden bei deutschen Behörden gestellten Asylantrag prüfen - denn die Unzulässigkeit des Antrages wird ja erst im Prüfungsverfahren festgestellt. Danach kann eine Rückweisung aufgrund Unzulässigkeit (mit Abschiebung in Heimat), aufgrund Unzuständigkeit (mit Abschiebung in anderen EU-Staat) erfolgen, eine Annahme (nach heutiger Gesetzeslage eher unwahrscheinlich - dennoch ist das der wohl zweithäufigste Fall) oder eine Rückweisung des Asylantrages bei gleichzeitiger Feststellung von subsidärem Schutz (der häufigste Fall). Je nach vorliegendem Antrag passiert das zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Asylverfahren. Gestartet werden muss es dennoch, alleine schon um die Zulässigkeit zu prüfen.
Oder sehe ich das falsch? Ich vergleiche das mit der Validierung eines Antrages durch meine zuständige Bundesoberbehörde: die prüfen auch erst einmal, ob der Antrag vollständig ist, ob ich überhaupt berechtigt bin, diesen zu stellen und vor allem, ob die Grundlagen stimmen (AMG oder Direktive, national oder EU, etc.), bevor sie den Antrag dann fachlich in der Fachabteilung bewerten. Wir bekommen am Ende dieser Validierung auch immer eine Aussage - entweder "Verfahren wird gestartet", "Nachbesserungen erforderlich" oder eben "Antrag wird zurückgewiesen". In jedem Fall kostet das auch Gebühren, da der Antrag ja geprüft wird.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

31.01.2016 12:44
#19 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von adder im Beitrag #18

Eigentlich kein Problem, denn die Prüfung des Asylantrages kann ja in der grauen Theorie auch ergeben, dass der Asylantrag unzulässig ist und daher kein Asyl gewährt werden muss.


So wie ich das sehe, muss erst einmal, bevor irgendetwas anderes mit dem Antrag geschieht, geprüft werden, ob er zulässig ist. Dann kann natürlich nicht mit dem vorgelegten aber unzulässigen Antrag die Dublin Klausel aktivieren. Zumal letztere nicht Bestandteil eines deutschen Gesetzes ist. (Letztlich sagt sie ja nur, dass Laut Vereinbarung der Europäischen Staaten ein Einzelstaat eine Zuständigkeit übernehmen kann, aber wie und ob er das macht, muss der Einzelstaat natürlich selbst regeln. ).

Aber sei es drum, unser Herr Minister sagt ja auch, dass der Gebrauch dieser Regelung im November beendet wurde. Demnach wären im Dezember nur noch Asylantrage von Personen genehmigt worden, die sich nach Deutschland gebeamt haben. Mit anderen Worten: Der Minister lügt.

Zitat
Danach kann eine Rückweisung aufgrund Unzulässigkeit (mit Abschiebung in Heimat), aufgrund Unzuständigkeit (mit Abschiebung in anderen EU-Staat) erfolgen, eine Annahme (nach heutiger Gesetzeslage eher unwahrscheinlich - dennoch ist das der wohl zweithäufigste Fall) oder eine Rückweisung des Asylantrages bei gleichzeitiger Feststellung von subsidärem Schutz (der häufigste Fall).



Auch das ist meines Wissens leider nicht korrekt. Die meisten erhalten einen Asylstatus nach der Flüchtlingseigenschaft, nicht aufgrund des subsidiären Schutzes. Nach der verlinkten Statistik weniger als 1%.

Das ist wesentlich (und vermutlich der nächste Rechtsbruch, wobei hier größerer Interpretationsspielraum ist), denn bei Asylberechtigten im Sinne des GG oder der Flüchtlingseigenschaft gibt es (§26 AufenthG)erst eine dreijährige Aufenthaltsgenehmigung, dann wird geprüft ob die Voraussetzungen weiterhin vorliegen und in diesem Falle dann sogar eine Niederlassungserlaubnis gegeben. Bei Schutzsuchenden gibt es die Niederlassungserlaubnis nicht.

Das wird ebenfalls nicht diskutiert. Noch nicht einmal nachdem Merkel behauptet hat, die meisten Flüchtlinge müssten nach drei Jahren wieder zurück. Eben nicht, oder nur wenn bis dahin die Voraussetzungen erloschen sind. Also ebenfalls eine Irreführung der Öffentlichkeit.

adder Offline




Beiträge: 1.073

01.02.2016 07:22
#20 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #19
Das wird ebenfalls nicht diskutiert. Noch nicht einmal nachdem Merkel behauptet hat, die meisten Flüchtlinge müssten nach drei Jahren wieder zurück. Eben nicht, oder nur wenn bis dahin die Voraussetzungen erloschen sind. Also ebenfalls eine Irreführung der Öffentlichkeit.





Danke. Man lernt halt nie aus - und Recht ist nur im Arzneimittelbereich mein Gebiet... (als Nicht-Jurist so gut es geht... - wobei ich sogar glaube, dass ich mittlerweile deutlich besser im Spezialgebiet AMG bin als mancher Jurist).

dirk Offline



Beiträge: 1.538

01.02.2016 10:17
#21 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Zitat von adder im Beitrag #20

Danke. Man lernt halt nie aus - und Recht ist nur im Arzneimittelbereich mein Gebiet... (als Nicht-Jurist so gut es geht... - wobei ich sogar glaube, dass ich mittlerweile deutlich besser im Spezialgebiet AMG bin als mancher Jurist).


Als Disclaimer: Ich bin kein Jurist. Aber solange der Wortsinn des Gesetzes nicht ins Abstruse verdreht wird, gehe ich davon aus richtig zu liegen. E.g. die Unterscheidung zwischen "Fluechtlingen" und subsidiaer Schutzberechtigten bei der Niederlassungserlaubnis nach drei Jahren ist ja explizit.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

01.02.2016 23:55
#22 RE: Rechtsgrundlage Antworten

Hier ist übrigens ein Beispiel für den grausamen Zustand der deutschen Medien. Es ist mE ein gutes Beispeil, weil es nicht an irgendeiner Interpretion hängt und selbst bei gutwilliger Auslegung das Zeugnis katastrophal ist.

Die Welt berichtet unter der Überschrift "Warum die meisten Flüchtlinge Merkels Appell nicht folgen werden" darüber, dass die meisten Flüchtlinge eben nicht wieder in ihre Heimat zurückkehren. Und führt aus "Was das Gesetz und die Betroffenen selbst sagen." Soweit so gut, nur in KEINEM Wort ist erwähnt, dass nach §26 AufenthG Asylberechtigte und Flüchtlinge nach drei Jahren Anspruch auf Niederlassungsfreiheit haben.

Zitat von §26 AufenthG
Einem Ausländer, der seit drei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, es sei denn, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat nach § 73 Absatz 2a des Asylgesetzes mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen.



Man schreibt also schon einen Artikel über die Gesetzeslage, man ist sogar der Meinung, dass Flüchtlinge eher nicht zurückkehren und TROTZDEM schafft man es die EINDEUTIGE Gesetzesvorgabe zu ignorieren, die besagt, dass nach Ablauf von drei Jahren eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung zu erfolgen hat.

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