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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 6 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Noricus Offline



Beiträge: 2.362

04.04.2016 20:47
Aus der Schwalbenperspektive (7): Der Reiz der Ungerechtigkeit Antworten

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, aber bisweilen einen ungerechtfertigten Elfmeter. Gedanken zum Reiz des Fußballs.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

05.04.2016 09:20
#2 RE: Aus der Schwalbenperspektive (7): Der Reiz der Ungerechtigkeit Antworten

Ich habe auch schon oftmals darüber nachgedacht, was Fußball so viel attraktiver zu machen scheint, als ein Sportart für die ich schon immer ein sehr großes Faible hatte, Basketball. Sie ist deutlich schneller, mit höherer "Spektakulärdichte" und es gibt kaum Leerlauf.

Aber es ist genau, wie Sie sagen lieber Noricus: Im Basketball wird es niemals geschehen, dass die deutlich unterlegene Mannschaft gewinnt. Ich habe das immer als statistisches Problem begriffen. Während Basketball und auch Handball zum Beispiel durch viele Tore entschieden wird, wird eine Fußballpartie sehr oft nur durch ein Tor entschieden.

Es verhält sich hier also wie bei einer physikalischen Messung:
Die Messpunkte sind die erzielten Tore. Der Mittelwert der Tore ist der Ausdruck der Spielstärke. Die Standardabweichung der Messwerte/Tore gibt Auskunft darüber, wie wahrscheinlich über ein bestimmtes Zeitintervall eine Abweichung vom Mittelwert zu beobachten ist. Bei sehr wenig geschossenen Toren über sehr lange Zeiträume wird damit die Wahrscheinlichkeit recht groß, auch über längere Zeiträume Abweichungen vom Mittelwert zu beobachten.

Wenn man also die möglichen Ergebnisse eines Spieles als eine Normalverteilung annimmt, ist beim Fußball die Wahrscheinlichkeit in einem Spiel recht hoch, dass man in den Aussenbereichen der Verteilung landet, während im Basketball schon zur Halbzeit die Messpunkte/Tore, gegen den statistischen Mittelwert konvergieren dürften.

Für mich war/ist diese recht hohe Wahrscheinlichkeit beim Fußball, dass ein Spielergebnis vom erwarteten Mittelwert abweicht, eine wesentliche Ursache für den besonderen Reiz dieses Spieles.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

05.04.2016 11:50
#3 RE: Aus der Schwalbenperspektive (7): Der Reiz der Ungerechtigkeit Antworten

Zitat von Noricus im Blog
Mehr Gerechtigkeit führt zu weniger Reiz. Das gilt natürlich nur im Fußball. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt und diese Hypothese auf andere Bereiche des menschlichen Zusammenlebens ausdehnen möchte.




Das Schelmische ist doch vollkommen klar und liegt auf der Hand: Es ist so .

Es scheint am engen Verwandtschaftsverhältnis der Begriffe GERECHTIGKEIT und BERECHENBARKEIT bzw.deren Negationen zu liegen, dass zum Beispiel Fußball und alle möglichen anderen, ähnlich wichtigen (falls es so was gibt) Ereignisse, die das pralle Leben so mit sich bringt, interessant sind - indem kein Automatismus, mit dem zu rechnen ist, wenn alles MIT RECHTEN DINGEN zugeht, vorliegt.

Nur die vollständig berechenbare Welt ist gerecht und so sieht man auch an diesem Beispiel, dass Lotterie ( 1/12 ) und Gerechtigkeit einiges miteinnder zu tun haben, respektive dass die Unkalkulierbarkeit von Gerechtigkeit es ist, die vor allfälliger Langeweile bewahrt.

Die rechtsprechende Gewalt, also zum Beispiel den Schiri oder auch die rot berobten Damen und Herren in Karlsruhe, zu "versachlichen" ist glücklicherweise undurchführbar, so dass der Ärger, also das, was Sie ganz richtig "Reiz" nennen, erhalten bleibt. Und klar, die über jeden Zweifel erhabenen perfekten (na ja, annähernd) Superjungs von Bayern München, also die BERECHTIGTEN ewigen Gewinner, sind die eigentlichen Spielverderber und Langeweiler.

Es lebe das Unzulängliche - und vor allen Dingen: Der Zufall ! - na ja,vielleicht nitt immmer, aber jedenfalls besser als Fiat iustitia, et pereat mundus.

lich
Dennis

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

05.04.2016 12:43
#4 RE: Aus der Schwalbenperspektive (7): Der Reiz der Ungerechtigkeit Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #2
Ich habe das immer als statistisches Problem begriffen. Während Basketball und auch Handball zum Beispiel durch viele Tore entschieden wird, wird eine Fußballpartie sehr oft nur durch ein Tor entschieden.


Klar, wenn man nur 5 Kugeln ins Galtonbrett reinschmeißt, sieht man nicht so viel wie wenn man 1.000 reinschmeißt, demzufolge ist Fußball "ungerechter", also interessanter. Insofern hat die Überlegung was für sich. Indessen: Wenn das 21. "Tor" (oder Ähnliches) nach 20 entscheidet (datt is doch auch nur eins ), statt das dritte nach zwei, auch wiederum nicht - Statistik auf ein Einzelding runterkochen? Das geht eigentlich nur ins Küche.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #2
Wenn man also die möglichen Ergebnisse eines Spieles als eine Normalverteilung annimmt, ist beim Fußball die Wahrscheinlichkeit in einem Spiel recht hoch, dass man in den Aussenbereichen der Verteilung landet, während im Basketball schon zur Halbzeit die Messpunkte/Tore, gegen den statistischen Mittelwert konvergieren dürften.


Geht datt denn, lieber n_s_n? Sind Induktion und Deduktion nicht durcheinander geschüttelt, an dieser Stelle? In Mathe ist alles deduktiv, somit auch das Gaußsche Zeugs und was es sonst noch so gibt. Wenn es sich also empfiehlt "die MÖGLICHEN Ergebnisse eines Spiels als Normalverteilung anzunehmen" kommt man doch mit der TATSÄCHLICHKEIT von Verteilungen in die Bredouille .

Aber wie dem auch sei, interessanterweise isses der Fall, dass bei den Sportwetten*, z.B. auch bei den großen Netzanbietern*, außer Sackhüpfen so gut wie alles im Angebot ist, namentlich auch Tennis (Noricus) ud Basketball (n_s_n), wo gerechterweise (=langweiligerweise) doch eh immer einfach nur "der/die Bessere/Überlegene" gewinnt. Indem der Buchmacher mit Tennis- und Basketballwetten genauso Kohle macht wie mit Fußballwetten, muss bei dieser Besser-/Schlechter-Theorie, die ja was Prioristisches an sich hat, doch irgendwo der Haken sein, oder?

Irgendwie riecht das alles nach Petitio principii, scheint mir. Der "Bessere" gewinnt diese Eigenschaft doch ex post und nicht ex ante. Klar, die Konkurrenten sollten - gemäß bisheriger Erfahrung - leistungsmäßig einigermaßen nah beieinander liegen, womit ich die in meinem anderen Beitrag im Thread angekratzte "Gerechtigkeit" wieder n bissl rehabilitiere, schließlich sagt mein ordoliberales Gemüt ja auch, dass mit Kartellgesetzen krassen Ungleichheiten VOR der Veranstaltung vorzubeugen ist.

Unerachtet dessen bleibt aber "Spiel" Spiel - gut so.

lich
Dennis

*) Disclaimer: Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass dergleichen evtl. illegal sein kann und rate dringend von der Teilnahme ab. - nur falls ein Staatsanwalt oder sowas hier mitliest.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 1.994

05.04.2016 13:09
#5 RE: Aus der Schwalbenperspektive (7): Der Reiz der Ungerechtigkeit Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #4
muss bei dieser Besser-/Schlechter-Theorie, die ja was Prioristisches an sich hat, doch irgendwo der Haken sein, oder?
Für Quoten bei Sportwetten sind meines Wissens die eingehenden Wetten maßgeblich. Das hat mit einer (theoretischen) Erwartung des Spielausgangs zunächst einmal nichts zu tun, wenn auch bei genügend vielen Wetten das ganze wohl wieder gegen den Erwartungswert konvergieren sollte.

Beim Fußball bekämen Sie dabei wohl für Oberliga gegen 1. BL immer auch eine Aussenseiterquote von 1:20 oder sowas. Wenn im Basketball Oberliga gegen 1. BL spielt, würde ich vermuten, dass da keiner Wetten mag. Ich zumindest nicht. Da würd ich dann sogar lieber Lotto spielen.

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #4
Geht datt denn, lieber n_s_n?
Die Normalverteilung war nur eine beispielhafte Annahme meinerseits, irgendwie nimmt man ja immer erstmal, ohne nachzudenken, eine Normalverteilung an. Kann natürlich auch eine ganz andere sein. Ich wollte nur im Bild sprechen, dass man sich bei Aussenseiter Siegen eben in den Aussenbereichen einer Verteilung befindet und es bei einzelnen (wenigen) Messungen eben wahrscheinlicher ist dort zu landen, als beim Mittelwert vieler Messungen.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

05.04.2016 21:40
#6 RE: Aus der Schwalbenperspektive (7): Der Reiz der Ungerechtigkeit Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #4
Der "Bessere" gewinnt diese Eigenschaft doch ex post und nicht ex ante.


Richtig, lieber Dennis. Und genau das macht den Reiz der berechenbaren Sportarten aus. Kerber war ex ante (Papierform) schwächer als Williams, aber ex post bzw. in actu stärker. Darin liegt das Überraschungsmoment, das die Sache spannend macht.

Mit dem letzten Absatz

Zitat von Noricus in ZR
Mehr Gerechtigkeit führt zu weniger Reiz. Das gilt natürlich nur im Fußball. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt und diese Hypothese auf andere Bereiche des menschlichen Zusammenlebens ausdehnen möchte.


habe ich den Ball natürlich durchaus mit Absicht auf die Ehrentribüne gedroschen. Aber dass er so brillant zurückgespielt wurde wie in Ihren beiden Beiträgen, lieber Dennis, war ein unberechenbares , äußerst angenehmes Erlebnis.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

07.04.2016 16:21
#7 RE: Aus der Schwalbenperspektive (7): Der Reiz der Ungerechtigkeit Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #2
Im Basketball wird es niemals geschehen, dass die deutlich unterlegene Mannschaft gewinnt.

Und das hat nicht nur mit "Ungerechtigkeit" im Fußball zu tun. Sondern auch damit, daß es im Fußball neben der reinen Technik noch andere spielentscheidende Faktoren gibt: Die Moral und der Zusammenhalt der Mannschaft und ihr kämpferischer Einsatz.
Das macht ein Spiel doch viel interessanter als die reine Exekution überlegener Balltechnik.

Es muß nicht immer an "Ungerechtigkeit" im Sinne von Glücksschüssen oder merkwürdigen Schiedsrichterentscheidungen liegen, wenn der Underdog gegen das Superteam gewinnt. Sondern es besteht immer die Chance, daß ein einsatzfreudiges und gut kooperierendes Team gegen eine unkoordinierte Ansammlung von Diven gewinnt. Das empfinden die Zuschauer dann auch durchaus als "gerecht".

Gute Fußballpartien zeichnen sich ja vor allem auch durch Dynamik aus: Ein Team gewinnt die Überhand, setzt Akzente, verliert dann aber vielleicht den Faden, die Gegenseite berappelt sich wieder ...
Da kann die Dominanz in der Partei mehrfach deutlich spürbar wechseln - ohne daß man das bei den Torerfolgen ablesen könnte.
Ich kenne eigentlich keinen anderen Mannschaftssport, in dem dieses Element so stark ist. Das ist wohl auch der Grund für die weltweite Popularität.

 Sprung  



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