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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 9 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
R.A. Offline



Beiträge: 8.171

08.04.2016 15:53
Volksmißstimmung Antworten

Volksabstimmungen können eine prima Sache sein. Wenn man sie nicht vermurkst.

Mark Mallokent Offline




Beiträge: 44

08.04.2016 16:32
#2 RE: Volksmißstimmung Antworten

Mir scheint da eine Tendenz im Gange, Volksabstimmungen sozusagen als "Notbremse" zu gebrauchen (oder auch zu mißbrauchen). Wenn eine Regierung merkt, sie kommt nicht weiter, lässt sie volksabstimmen, und hat dann eine vortreffliche Entschuldigung, ihre frühere Politik zu revidieren. Das, was etwa Herr Cameron macht, geht doch sehr in diese Richtung.

Am liberalen Wesen soll die Welt genesen.

Florian Offline



Beiträge: 3.179

08.04.2016 16:36
#3 RE: Volksmißstimmung Antworten

Zitat

Und drittens muß eine Abstimmung natürlich auf der Ebene stattfinden, auf der auch entschieden wird. Da es hier um einen europäischen Vertrag ging, kann eigentlich nur eine europaweite Volksabstimmung legitim sein. Notfalls (wie in der Schweiz) mit einer Mischung aus reiner Stimmenmehrheit und Mehrheit von Staaten, um dem föderalen Prinzip Rechnung zu tragen.
Aber es kann wirklich nicht sein, daß ein einzelner EU-Staat (und nur der!) über die komplette EU-Außenpolitik entscheidet. Auch eine deutsche Außenpolitik wäre unmöglich, wenn jeder Landkreis ein Vetorecht hätte ...



Hier muss man 2 Dinge unterscheiden:

a) Welche Ebene/Gebietskörperschaft entscheidet.
b) Wie wird die Entscheidung auf dieser Ebene organsiert.

Zu a): Es ist wohl so, dass dieser Vertrag von allen EU-Mitglieder ratifiziert werden muss. Das kann man falsch finden. Aber so ist es nun einmal bislang geregelt.

Aber wenn man es grundsätzlich so organisiert, dass die einzelnen EU-Mitglieder einstimmig über zustimmen müssen, dann hat man immer eine Situation, dass ein einzelnes Mitglied den kompletten Vertrag stoppen kann.
Hier sitzt der Fehler (wenn man es denn als Fehler sieht).

Wie die Entscheidung in einem Staat dann organisiert ist, ist allerdings dann eine rein nationale Frage. Zum Teil braucht es wahrscheinlich die Zustimmung von einer Parlamentskammer. In anderen müssen beide Kammern zustimmen. In wieder anderen ist das ein Regierungsbeschluss. Und in noch mal anderen ein Beschluss des Staatsoberhaupts. Oder eben vielleicht auch ein Beschluss per Volksabstimmung.
Das sind alles interne Abläufe in einem Staat, die Außenstehenden zu recht nichts angehen.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

08.04.2016 16:49
#4 RE: Volksmißstimmung Antworten

Zitat von Mark Mallokent im Beitrag #2
Mir scheint da eine Tendenz im Gange, Volksabstimmungen sozusagen als "Notbremse" zu gebrauchen (oder auch zu mißbrauchen).

Richtig. Und genau das macht sie natürlich anfällig.

Direkte Demokratie muß m. E. durchgängig organisiert sein. Das sorgt nicht nur dafür, daß die einzelnen Abstimmungen sachgerechter behandelt werden. Sondern auch dafür, daß die Leute sich auch schlau machen, eben weil sie sich mitverantwortlich fühlen und nicht nur als Stimmvieh.

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

08.04.2016 16:54
#5 RE: Volksmißstimmung Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #3
Zu a): Es ist wohl so, dass dieser Vertrag von allen EU-Mitglieder ratifiziert werden muss. Das kann man falsch finden. Aber so ist es nun einmal bislang geregelt.

Ja - aber die Betonung liegt hier auf "ratifiziert werden muß".

Soll heißen: Meines Wissens wird inhaltlich in den EU-Gremien abgestimmt. In der Regel mit qualifizierter Mehrheit im Ministerrat und meist auch im Parlament.
Und wenn das durch ist, dann sind die Mitgliedsstaaten per EU-Vertrag auch verpflichtet, das Abstimmungsergebnis bei sich in nationales Recht umzusetzen. Z. B. also auch die Ratifizierung vorzunehmen, wenn es ein internationaler Vertrag ist.

Eine Einstimmigkeitspflicht (d.h. ein Vetorecht für jeden Mitgliedsstaat) gibt es nur noch für bestimmte Themen - zu denen m. W. der Ukraine-Vertrag nicht gehört.

Zitat
Wie die Entscheidung in einem Staat dann organisiert ist, ist allerdings dann eine rein nationale Frage.


Richtig. Aber dann muß dieser Staat natürlich auch mit seinen Rahmengesetzen dafür sorgen, daß er vertragstreu bleibt.

D.h. wenn meine Vermutung stimmt, daß es bereits eine formal korrekte Entscheidung gab, dann hätte es eigentlich überhaupt keine Volksabstimmung mehr geben dürfen, die die Niederlande gegebenenfalls zum Vertragsbruch zwingt.

patzer Offline



Beiträge: 359

08.04.2016 17:35
#6 RE: Volksmißstimmung Antworten

Eine kleine Klarstellung vielleicht.Die Niederländer haben 2005 mit sehr deutlicher Mehrheit die europäische Verfassung abgelehnt(wie auch die Franzosen)Hat ihnen nichts genutzt,kam als Vertrag von Lissabon fast
inhaltsgleich über sie.Nun gibt es seit 2015 die Möglichkeit für die Bürger bereits verabschiedete Gesetze nochmals nachträglich von den 2 Kammern des Staatsrats überprüfen zu lassen.Die Hürden sind in punkto Zeitfenster und Bürgerbeteiligung sehr hoch.Genau dies ist nun geschehen.Mit bekanntem Ergebnis.Die Aufregung herrscht jetzt nur, weil die Regierung und auch europäische Institutionen noch ein ganz klein wenig davor zurückschrecken
dem theoretischem Souverän,Steuerzahler und letztlich Packesel all zu deutlich mit Anlauf in das Gesicht zu spucken.Wird aber nach einer kurzen Schamfrist geschehen.

Erling Plaethe Offline




Beiträge: 4.660

09.04.2016 11:54
#7 RE: Volksmißstimmung Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #5

D.h. wenn meine Vermutung stimmt, daß es bereits eine formal korrekte Entscheidung gab, dann hätte es eigentlich überhaupt keine Volksabstimmung mehr geben dürfen, die die Niederlande gegebenenfalls zum Vertragsbruch zwingt.


Genau. Äquivalent zur Volksabstimmung zu Stuttgart 21.

Viele Grüße, Erling Plaethe

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

10.04.2016 13:47
#8 RE: Volksmißstimmung Antworten

Zitat von Erling Plaethe im Beitrag #7
Zitat von R.A. im Beitrag #5

D.h. wenn meine Vermutung stimmt, daß es bereits eine formal korrekte Entscheidung gab, dann hätte es eigentlich überhaupt keine Volksabstimmung mehr geben dürfen, die die Niederlande gegebenenfalls zum Vertragsbruch zwingt.


Genau. Äquivalent zur Volksabstimmung zu Stuttgart 21.


Sehe ich eigentlich nicht so, jedenfalls nicht ganz so. Ratifizierung heißt: Das Essen steht fix und fertig auf dem Tisch. Das Kochen war regelgerecht, alles ging überhaupt mit RECHTEN Dingen zu, die Köche haben sich nichts zu Schulden kommen lassen, sich womöglich alle nur erdenkliche Mühe gegeben - und dennoch: Den Ratifikanten steht es frei, das Zeugs nicht zu essen. Das ist die Regel. Ob die gut ist, respektive ob der hier zur Anwendung kommende altertümliche bilaterale Souveränitätsbegriff europäisch eine angemessene Regel ist, wäre eine andere Frage. Eine Nicht-Ratifizierung ist jedenfalls deswegen kein Bruch des fertiggestellten und unterschriebenen Vertrages, sondern die Verweigerung des letzten Bausteines für die Inkraftsetzung. Dass man das darf, ist der Sinn der Sache.

Bei Stgt21 war es so, dass dort die Volksabstimmung nicht von Anfang an eingeplant war. Sie wurde im Verlauf des Prozesses "politisch" dazugekleistert. Das allerdings ist politisch (ohne Anführungszeichen) eigentlich ein No go, eigentlich das Ende von Politik überhaupt (während des Spiels mal so eben die Regeln ändern ist nicht nur beim Fußball der Tod der Veranstaltung). Dass Ratifizierungen auch in einer Art Volksgesetzgebung stattfinden dürfen, ist indessen unstrittig. Im niederländischen Verfahren in dieser Sache wurde die Ratifizierung allerdings parlamentarisch durchgeführt (wie z.B. auch im Deutschen Bundestag, der natürlich auch "nein" hätte sagen können, hat er aber nicht) und mit königlicher (immerhin, so was Schönes haben wir nitt ) Ausfertigung zum Gesetz – und anschließend kam dann dieses komische konsultative Ding oben drauf. Datt is allerdings - rein niederländisch – schon ein schräges Ding. Insofern ist der S21 Vergleich stimmig, m.E. jedoch nicht im Sinne von "gegen Ratifizierung per Volksgesetzgebung überhaupt", soweit es das Ratifizierungsverfahren (leider/nicht leider/noch/wie auch immer) gibt.

Es kommt also auf die Konsistenz an, das sehe ich genau so wie R.A. (unlogische Regeln müssen scheitern) und namentlich darauf, dass diese während des Spiels nicht "freiwillig" sind, sondern nur davor (die Fußballmetapher ist philosophisch übrigens häufig nützlich ). Unlogisch in EU-Land ist insbesondere das Hin- und Hergezerre zwischen Staatenbund und Bundesstaat; 'n bissle von diesem und 'n bissle von jenem; etwa so wie 'n bissle Schwangerschaft. Man kann natürlich einwenden: In der Politik gibt's eh keine Logik ; da ist natürlich was dran.

Dass EU-mäßig, in diesem bürokratischen Riesenformat jedenfalls von konsistenten Regeln immer weniger die Rede sein kann und ständig die nationale Karte in die Spielkarten gemogelt wird (eigentlich wollen wir gar nicht und wenn doch, dann nur mit Gewinngarantie) zeigt, dass die Veranstaltung ziemlich im Dreck steckt. Viele sagen, da gehört sie auch hin. Ich plädiere indessen ganz stark für rausziehen, was natürlich die schwierigere Aufgabe ist. Mit Updates geht's wahrscheinlich nicht mehr. Es braucht wohl schon ein Reset.

lich
Dennis

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

11.04.2016 11:12
#9 RE: Volksmißstimmung Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #8
Eine Nicht-Ratifizierung ist jedenfalls deswegen kein Bruch des fertiggestellten und unterschriebenen Vertrages, sondern die Verweigerung des letzten Bausteines für die Inkraftsetzung. Dass man das darf, ist der Sinn der Sache.

Das ist richtig für das Aushandeln eines normalen Vertrags zwischen Staaten. Der gilt erst nach Ratifikation durch alle Parteien.

Hier haben wir aber eine spezielle Situation: Die Niederlande haben sich nämlich völkerrechtlich verpflichtet, als EU-Mitglied die Entscheidungen der EU-Gremien anzuerkennen. Diese EU-Entscheidungen sind gefallen, mit Zustimmung der Niederlande (womit man nicht einmal über Einstimmigkeit vs. Mehrheit streiten muß).

Die Ratifizierung ist jetzt also nur noch Formsache, eine Verweigerung wäre ein Verstoß gegen den EU-Vertrag.

Zitat
Im niederländischen Verfahren in dieser Sache wurde die Ratifizierung allerdings parlamentarisch durchgeführt (...) und mit königlicher (...) Ausfertigung zum Gesetz – und anschließend kam dann dieses komische konsultative Ding oben drauf. Datt is allerdings - rein niederländisch – schon ein schräges Ding.


Exakt.
Das hat alles nichts mit Demokratie oder der pösen EU zu tun, sondern mit einer völlig vermurksten Volksabstimmungsgesetzgebung.
Man kann Volksabstimmungen machen (m. E. sollte man) oder man kann es lassen.
Aber WENN man sie macht, dann muß das auch vernünftig in das normale Verfahren eingepaßt sein.

Es stünde den Niederlanden frei, vor jeder Abstimmung im Ministerrat ein Plazet per Volksabstimmung einzuholen (und entsprechend negativ abzustimmen, wenn die Abstimmung entsprechend ausgeht). Aber wenn sie die demokratisch gewählte Regierung ermächtigen, in der EU für die Niederlande abzustimmen, dann muß das natürlich auch hinterher gelten.

patzer Offline



Beiträge: 359

12.04.2016 17:35
#10 RE: Volksmißstimmung Antworten
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