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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 24 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Noricus Offline



Beiträge: 2.362

26.07.2016 20:08
Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Vor einiger Zeit wurde in diesem Blog angekündigt, dass sich dieses Medium in Hinkunft „verstärkt mit dem Großen, Ganzen und Grundsätzlichen […] beschäftigen“ würde.

Freilich hat sich Zettels Raum schon immer mit dem Elementaren und Essenziellen auseinandergesetzt, dies aber nicht ausdrücklich so bezeichnet. Um die geschätzte Leserschaft fürderhin zu warnen, dass da ein Artikel dräut, der vorderhand nichts mit dem aktuellen Geschehen zu tun hat, aber häufig doch mehr oder minder indirekt auf die Zeitläufte Bezug nimmt, wird hiermit die Serie „Grundsätzliches“ ins Leben gerufen.

Den Anfang bildet eine echte Nullnummer, denn es geht ums Nichts und die Lust daran.

Simon Offline



Beiträge: 334

26.07.2016 23:14
#2 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #1
Vor einiger Zeit wurde in diesem Blog angekündigt, dass sich dieses Medium in Hinkunft „verstärkt mit dem Großen, Ganzen und Grundsätzlichen […] beschäftigen“ würde.

Freilich hat sich Zettels Raum schon immer mit dem Elementaren und Essenziellen auseinandergesetzt, dies aber nicht ausdrücklich so bezeichnet. Um die geschätzte Leserschaft fürderhin zu warnen, dass da ein Artikel dräut, der vorderhand nichts mit dem aktuellen Geschehen zu tun hat, aber häufig doch mehr oder minder indirekt auf die Zeitläufte Bezug nimmt, wird hiermit die Serie „Grundsätzliches“ ins Leben gerufen.

Den Anfang bildet eine echte Nullnummer, denn es geht ums Nichts und die Lust daran.



Schön gesagt. Wie auch alles andere im Thread.
"Grundsätzliches" soll es sein.
Wie steht es um diesen (abschließenden) Teil? Ist das nicht pure Behauptung - in einer logisch unerlaubten - Frage/Antwort-Form diabolisch verpackt?

Zitat:
"Ist dieser bewusst gewählte Weg ins Nichts ein integrierender Bestandteil unserer Tradition?

Man möchte es meinen.
Denn auch der Gründer der Religion, die unserer Kultur ihren Stempel aufgedrückt hat, ging diesen Weg mit einer unbeirrbaren Konsequenz. Aber Jesus nahm, wenn wir der Überlieferung folgen, dies alles auf sich, um uns vor dem Nichts zu bewahren. Darin liegt der entscheidende Unterschied zu den Herren Carlos und Giovanni sowie zum Doktor Faust. Denn Christi Weg ins Nichts ist nicht von Eigensucht und Verstocktheit gesäumt, sondern ein unübertrefflicher Akt der Liebe zur Menschheit: Ein Gott, der die lasterhaften Sünder nicht bestraft, sondern sich - im Gegenteil - opfert, damit diese das ewige Leben haben: Was ist das nur für ein unvergleichlicher Humanismus!"

Fragend,
Simon

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.543

27.07.2016 00:18
#3 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

"Heidegger... wasn't that the old fool who tried to tell us that Nothing was extremely busy annihilating?" Richard Dawkins

Sehr schön - nicht zuletzt wg. der englischen Versikel & da sich unsereins unverhofft in der Position (-1) als Präambulator wiederfindet.

http://zettelsraum.blogspot.de/2016/07/e...-morgentur.html

Zitat von ZR, 13. VII.
Feuilletonisten der alten Schiene vom 18. Jahrhundert bis zum Eingang des 20. nahmen sich einmal in ihrer Karriere die Freiheit heraus, einen kleinen Aufsatz Über nichts, On Nothing, Du rien zu liefern (der älteste Versuch scheint von Henry Fielding zu stammen)



Der Fielding'sche Versuch erschien zum ersten Mal 1743, zumindest zwischen 2 Buchdeckel gepresst, im 1. der drei Bände seiner "Miscellanies" ("Printed for the Author", 253-78) (man hat das Gefühl, daß jeder 2. Autor der damaligen Zeit in England angefallene Opuscula unter diesem Titel als literarische olla potrida gebündelt hat, nicht zuletzt Swift & Pope).

"As it is extremely hard to define Nothing in positive terms, I shall therefore do it in negative. Nothing, then, is not Something. And here I must object to a third error concerning it, which is, that it is in no place — which is an indirect way of depriving it of its existence; whereas, indeed, it possesses the greatest and noblest place upon this earth, viz., the human brain. But, indeed, this mistake has been sufficiently refuted by many very wise men, who, having spent their whole lives in the contemplation and pursuit of Nothing, have at last gravely concluded that there is Nothing in this world.

"Farther, as Nothing is not Something, so everything which is not Something is Nothing; and wherever Something is not, Nothing is—a very large allowance in its favour, as must appear to persons well skilled in human affairs.
...
"Nothing is as well the object of our passions as our senses. Thus, there are many who love Nothing, some who hate Nothing, and some who fear Nothing, etc. Some have imagined that Knowledge, with the adjective human placed before it, is another word for Nothing. And one of the wisest men in the world declared that he knew Nothing. But, without carrying it so far, this, I believe, may be allowed, that it is at least possible for a man to know Nothing. And whoever hath read over many works of our ingenious moderns, with proper attention and emolument, will, I believe, confess that, if he understands them right, he understands Nothing….

"Nothing contains so much dignity as Nothing. Ask an infamous, worthless nobleman (if any such be) in what his dignity consists. It may not, perhaps, be consistent with his dignity to give you an answer; but suppose he should be willing to condescend so far, what could he in effect say? Should he say he had it from his ancestors, I apprehend a lawyer would oblige him to prove that the virtues to which this dignity was annexed descended to him. If he claims it is inherent in the title, might he not be told that a title originally implied dignity, as it implied the presence of those virtues to which dignity is inseparably annexed—but that no implication will fly in the face of downright positive proof to the contrary? In short, to examine no farther, since his endeavour to derive it from any other fountain would be equally impotent, his dignity arises from Nothing, and in reality is Nothing."


Die Schlußvolte dieses Unterfangens, rhetorische Löckchen auf einer definitorisch als glatzial festgelegten Arena zu drehen, überantworte ich lieber eben diesem Nichts, sonst finden wir uns statt in den abstrakten Höhen Mallarmé'scher Operationen unversehends im Sumpf tagespolitischer Befindlichkeiten wieder.

"The virtuous, wise, and learned may then be unconcerned at all the changes of ministries and of government; since they may be well satisfied that, while ministers of State are rogues themselves, and have inferior knavish tools* to bribe and reward, true virtue, wisdom, learning, wit, and integrity will most certainly bring their possessors—Nothing."

(Im Text steht übrigens in allen hurtig angeblätterten Versionen - Misc. 1743, Works Complete in 1 vol, 1840, Complete Works in 16 vols, 1903, letzter Bd. - "tools" & nicht etwa "fools".)



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

27.07.2016 14:02
#4 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat

Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär's, daß nichts entstünde.

Lesern dieses Blogs braucht man nicht zu sagen, dass dieses Zitat aus Johann Wolfgang von Goethes Faust - dem "Schicksalsbuch der Deutschen" (Meister Petz, Faust, Mephisto, Beelzebub, Zettels Raum vom 11.03.2016) stammt.

Bis auf den letzten Vers hätte es auch ein Gedanke von Joseph Schumpeter sein können (nur hat der ja in Prosa geschrieben). "Drum besser wär's, daß nichts entstünde" ergibt sich ja keineswegs zwingend aus dem Vorhergehenden. Warum soll, daß nichts entstünde, besser sein als "Schöpferische Zerstörung"?

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

27.07.2016 19:21
#5 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Simon im Beitrag #2

Wie steht es um diesen (abschließenden) Teil? Ist das nicht pure Behauptung - in einer logisch unerlaubten - Frage/Antwort-Form diabolisch verpackt?

Zitat:
"Ist dieser bewusst gewählte Weg ins Nichts ein integrierender Bestandteil unserer Tradition?

Man möchte es meinen.
Denn auch der Gründer der Religion, die unserer Kultur ihren Stempel aufgedrückt hat, ging diesen Weg mit einer unbeirrbaren Konsequenz. Aber Jesus nahm, wenn wir der Überlieferung folgen, dies alles auf sich, um uns vor dem Nichts zu bewahren. Darin liegt der entscheidende Unterschied zu den Herren Carlos und Giovanni sowie zum Doktor Faust. Denn Christi Weg ins Nichts ist nicht von Eigensucht und Verstocktheit gesäumt, sondern ein unübertrefflicher Akt der Liebe zur Menschheit: Ein Gott, der die lasterhaften Sünder nicht bestraft, sondern sich - im Gegenteil - opfert, damit diese das ewige Leben haben: Was ist das nur für ein unvergleichlicher Humanismus!"


Lieber Simon,

ja, es ist eine Behauptung, sagen wir mal wohlwollend: eine These, die in der Frageform daherkommt, da sich der Verfasser durchaus von einer gegenteiligen Ansicht überzeugen ließe. Zum Widerspruch sei hiermit eingeladen.

Beste Grüße

Noricus

Fragend,
Simon
[/quote]

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

27.07.2016 19:29
#6 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #3
"Heidegger... wasn't that the old fool who tried to tell us that Nothing was extremely busy annihilating?" Richard Dawkins

Sehr schön - nicht zuletzt wg. der englischen Versikel & da sich unsereins unverhofft in der Position (-1) als Präambulator wiederfindet.

http://zettelsraum.blogspot.de/2016/07/e...-morgentur.html

Zitat von ZR, 13. VII.
Feuilletonisten der alten Schiene vom 18. Jahrhundert bis zum Eingang des 20. nahmen sich einmal in ihrer Karriere die Freiheit heraus, einen kleinen Aufsatz Über nichts, On Nothing, Du rien zu liefern (der älteste Versuch scheint von Henry Fielding zu stammen)



Lieber Ulrich,

die betreffende Passage in Deinem Beitrag ist mir nicht entgangen. Ich hätte es nur vermessen gefunden, mein opus parvum mit Fielding zu vergleichen.

Beste Grüße

Noricus

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

27.07.2016 23:21
#7 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zu: Grundsätzliches ( 0 ) : Über das Nichts – und die Lust daran (Noricus)

Fein, Noricus, das ist noch grundsätzlicher als „die Lust am Bösen“. Ist der Komparativ aber möglich? Grundsätzlich, grundsätzlicher, am grundsätzlichsten? Nein, da steht also schon das erste Nicht(s) als Grenze für die Lust am Nichts.

Hat vielleicht der Selbstmörder Lust am Nichts? Die meisten werden es tun, um damit anzuzeigen oder sich dafür zu rächen, dass ihnen etwas fehlte; die damit einen islamischen Himmel gewinnen wollen, wollen erst recht kein Nichts; ganz wenige lebenssatte `Philosophen` wollen wohl tatsächlich einfach Schluss machen, Ruhe haben, ausgelöscht sein, bevor der Zipperlein zu viele werden. Ob wir das aber gerade Lust am Nichts nennen wollen?

Friedrich Nietzsche kam nicht auf diesen Gedanken, sondern auf zwei andere: 1) Wenn es Ewigkeit gibt, wiederholt sich alles und das immer wieder, sodass alles Raumzeitliche sinnlos erscheint. Denn es wird nie ein Nichts kommen, immer nur wieder das Alles, was schon mal da war.
Und 2) Der Gottesgedanke ist tot und ich, der Mensch, bin der Gott auf Erden, ich bin Dionysos und ich bin der Gekreuzigte, ich bin der Antichrist und ich bin Christus, die bisherige Interpretation durch die Kirchen war misslungen, ich habe das neue Evangelium des höheren Menschen zu verkünden. - Man beruhigte sich über diese zwei Gedanken mit dem Urteil, Nietzsche sei zuletzt psychisch krank, wahnsinnig geworden.

Einen wirklichen Gebrauch einer Lust am Nichts finde ich bei dem ob seines Schreibstils sehr schwer lesbaren Philosophen Ferdinand Ulrich. In seinem Buch „Homo Abyssus“ will er, meine ich, Folgendes als möglichen Weg nach der Erkenntniskritik Kants zeigen:
Wir können nichts über den Grund der Existenz des Kosmos wissen. Falls das deshalb so ist, weil ein Schöpfergott der Grund ist, müssten wir schließen: Der Kosmos ist nicht Gott, so wenig der Mensch Gott ist. Der Unterschied ist so groß, Gott, wenn er Gott ist, muss notwendig so sehr der ganz Andere sein, dass wir definieren können: Demgegenüber ist die Welt ein Nichts, bin ich ein Nichts. Daher sei gerade die Unerkennbarkeit des Schöpfers der Hinweis auf den einzigen Weg, eine Antwort zu finden: und zwar nicht auf dem Erkenntnisweg, sondern auf dem Weg der Entscheidung des Willens: Falls es ein Gott ist, der den Kosmos um des Menschen willen wollte, ist die Welt ein Geschenk seiner Liebe an uns. Herausfinden kann ich das nur durch das Experiment. Wie man auf einen Liebesantrag antwortet, weiß jeder. Wer will sich darauf einlassen?
Soweit dieser Herr Ulrich mit seiner kühnen via negationis. Ob es erlaubt ist, den Unterschied zwischen Gott und Welt/Mensch so krass zu sagen: Wir sind ein Nichts – welchem Gott freilich sein Alles geben wollte und es wegen der Freiheit nur als Liebesgeschenk versteckt mitteilen kann, nur über den Willen und nicht über die sichere Erkenntnis? Andere haben doch so hübsche Analogien als Brücken gebaut? Ulrich ist hier sehr religionskritisch und ein verdammt guter Theologe.

Jedenfalls haben Sie, lieber Noricus, hier das Beispiel eines sehr schöpferischen Gebrauchs einer hochphilosophischen Lust am Nichts. Das Wörtlein Lust gehört ja doch zum Bereich des Wollens, Willens, und das Wörtlein Nichts zu dem der Erkenntnis. Sie sehen, dass dieser Mann beide Kräfte gebraucht, den Vorzug hat aber doch wohl der Wille bei ihm.
Grüße, Ludwig Weimer

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.543

27.07.2016 23:41
#8 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

"I am now trying an experiment very frequent among modern authors; which is, to write upon nothing; when the subject is utterly exhausted, to let the pen still move on; by some called the ghost of wit delighting to walk after the death of its body." - Jonathan Swift, A Tale of a Tub: "The Conclusion" (1704).

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #3
Der Fielding'sche Versuch erschien zum ersten Mal 1743, zumindest zwischen 2 Buchdeckel gepresst


Auch vorher nicht; bei diesen Miszellaneen handelt es sich, soweit auszumachen, um Originale, soweit seine Bio-Grafen wie Wilbur Cross oder Martin C. Battestin das ausmachen können; Fielding hatte seit ca.1738-39 als Journalist gewerkt, das aber, wie im tintenklecksenden Säkulum üblich, komplett anonym, hauptsächlich als politischer Kannegießer; mit schweren Breitseiten gegen das letzte Kabinett Walpole. Eigentlich war er ja Dramatiker (16 Plays 1730-37); mit dem üblichen Ergebnis, daß er a) bettelarm war & b) seine Versuche, in profitmaximiernde Unternehmungen einzusteigen, dazu führten, daß er '37 4 Monate lang im "bailiff's workhouse" einsaß (das "debtors' prison", der Schuldturm, hatte die hübsche Nebenwirkung, daß man seine gerichtlich festgestellten Schulden durch Arbeit abdienen sollte; aber nicht arbeiten konnte; das "Arbeitshaus" ließ einem Freigang). Mit den parodistischen Romanen ab "Shamela", 41, war die Phase vorbei.

In Prosa scheint das der erste Versuch; in Versen wird das früher 1 Thema; genremäßig wird das unter "mock enconium" einsortiert, dem satirischen Lob eines Gegenstands, der dergleichen just nicht verdient, u.a. des Erasmus laus stultaticus/Lob der Torheit; als Anregung für Fielding tippen alle auf Rochesters Poem "Upon Nothing" v. 1680; 1585 gab es bereits "The Prayse of Nothing" von einem "E. D.", hinter dem wahlweise Edward Daunce oder Edward Dyer vermutet wird (spielt eine gewisse Rolle id literarischen Anregungsgeschichte, weil Shakespeares Much Ado About Nothing damit Pirouetten dreht; wobei dieses spezielle Nicht-Nix durch das Wortspiel mit "no Thing" - womit in dem Phall eben-jenes Ding gemeint war - einen permanenten Dreh ins Obszöne kriegt. Das Pack wurde schon damals auf RTL-Niveau unterhalten.) Lateinisch kurz davor Jean Passerats (1534-1602) "de nihilo":

Ecce autem partes dum sese versat in omnes
invenit mea Musa NIHIL, ne despice munus.
nam NIHIL est gemmis, NIHIL est pretiosius auro.

...conspectu lucis NIHIL est iucundius almae,
vere NIHIL, NIHIL irriguo formosius horto,
floridius pratis, Zephyri clementius aura;
in bello sanctum NIHIL est, Martisque tumultu:
justum in pace NIHIL, NIHIL est in foedere tutum.
felix cui NIHIL est, (fuerat haec vota Tibullo)
non timet insidias: fures, incendia temnit:
sollicitas sequitur nullo sub iudice lites.


Später im Ottocento wird das dann aufgegriffen, von Sterne (latürnich), als Auskoppelung aus der ersten Lieferung des Tristram Shandy, 1761: "Yorick's meditations: upon various interesting and important subjects. Viz. Upon nothing. Upon something. Upon the thing" (Ebent). http://ota.ox.ac.uk/text/5129.html

"If we may give credit to ſome of the moſt profound philoſophers, the whole univerſe was made out of nothing. Nothing is, according to them, the ſource of all being, and in nothing all being muſt end. The greateſt of all philoſophers has declared himſelf for a vacuum, and a vacuum is certainly a down-right nothing. The more I meditate upon nothing, the more I am convinced of its importance. This ſame nothing has been of great ſervice to many an author, I could mention one that has lately filled two whole volumes with nothing; the books vaſtly dear; but what does it contain? why juſt nothing, and that proves the author's abilities, any blockhead could write if he had ſomething to ſay for himſelf; but he that can write upon nothing muſt ſurely be a ſuperlative genius." (Nicht daff ich wieder mit dem typographifchen Lang-S Mift baue)

Und von Hugo Arnot (1749-1786: ?? - nein, ich auch noch nie), 1777 in "An Essay upon Nothing", der in den 4 Jahren darauf mindestens 5x nachgedruckt worden ist; die erste Ausgabe mit 77 Seiten & danach mit 101 - und von dem die Wikipedia weiß: "He wrote many papers on local politics, opposing local taxation and road tolls ... He is said to have held up for ten years the erection of the city's [= Edinburgh] South Bridge." [/]*

Und was lernt uns das? Der Wutbürger Baumarke S21 ist eine schottische Erfindung.

*(Stimme aus dem Off: "bitte ignorieren. Bei dem hat dieser Modus keinen Ausknopf.")



Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande. - Voltaire

Simon Offline



Beiträge: 334

28.07.2016 14:51
#9 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #7


Einen wirklichen Gebrauch einer Lust am Nichts finde ich bei dem ob seines Schreibstils sehr schwer lesbaren Philosophen Ferdinand Ulrich. In seinem Buch „Homo Abyssus“ will er, meine ich, Folgendes als möglichen Weg nach der Erkenntniskritik Kants zeigen:
Wir können nichts über den Grund der Existenz des Kosmos wissen. Falls das deshalb so ist, weil ein Schöpfergott der Grund ist, müssten wir schließen: Der Kosmos ist nicht Gott, so wenig der Mensch Gott ist. Der Unterschied ist so groß, Gott, wenn er Gott ist, muss notwendig so sehr der ganz Andere sein, dass wir definieren können: Demgegenüber ist die Welt ein Nichts, bin ich ein Nichts. Daher sei gerade die Unerkennbarkeit des Schöpfers der Hinweis auf den einzigen Weg, eine Antwort zu finden: und zwar nicht auf dem Erkenntnisweg, sondern auf dem Weg der Entscheidung des Willens: Falls es ein Gott ist, der den Kosmos um des Menschen willen wollte, ist die Welt ein Geschenk seiner Liebe an uns. Herausfinden kann ich das nur durch das Experiment. Wie man auf einen Liebesantrag antwortet, weiß jeder. Wer will sich darauf einlassen?
Soweit dieser Herr Ulrich mit seiner kühnen via negationis. Ob es erlaubt ist, den Unterschied zwischen Gott und Welt/Mensch so krass zu sagen: Wir sind ein Nichts – welchem Gott freilich sein Alles geben wollte und es wegen der Freiheit nur als Liebesgeschenk versteckt mitteilen kann, nur über den Willen und nicht über die sichere Erkenntnis? Andere haben doch so hübsche Analogien als Brücken gebaut? Ulrich ist hier sehr religionskritisch und ein verdammt guter Theologe.

Jedenfalls haben Sie, lieber Noricus, hier das Beispiel eines sehr schöpferischen Gebrauchs einer hochphilosophischen Lust am Nichts. Das Wörtlein Lust gehört ja doch zum Bereich des Wollens, Willens, und das Wörtlein Nichts zu dem der Erkenntnis. Sie sehen, dass dieser Mann beide Kräfte gebraucht, den Vorzug hat aber doch wohl der Wille bei ihm.
Grüße, Ludwig Weimer



Bischof Oster von Passau schätzt Ferdinand Ulrich sehr. In den Jahren 1999-2006 gab er Schriften von ihm heraus und promovierte über ihn. Oster lernte Ulrich als junger Mann in Regensburg kennen und ist seitdem mit ihm freundschaftlich verbunden. Laut eines Berichts des Bistums Passau vom 24.08.2015 übergab Ulrich ihm seinen gesamten wissenschaftlichen Nachlass, und Oster richtet in Passau ein Archiv dafür ein.

Bischof Stefan Oster über Ulrich:

Zitat
„Von ihm habe ich zum Beispiel gelernt, dass es in unserem Leben darauf ankommt, jede Wirklichkeit als Gabe zu verstehen und zu empfangen und vor allem, dass wirkliche Liebe – zu Gott und den Menschen – in der Tiefe bedingungslos ist.“  
 



Mit vielen Grüßen!
Simon

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

28.07.2016 19:44
#10 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #7
ganz wenige lebenssatte `Philosophen` wollen wohl tatsächlich einfach Schluss machen, Ruhe haben, ausgelöscht sein, bevor der Zipperlein zu viele werden. Ob wir das aber gerade Lust am Nichts nennen wollen?


Nein, dies ist - von Seneca bis Jean Améry - eher eine Unlust an der Unlust bzw. der Wille, Herr über das eigene Schicksal zu sein.

Die Lust am Nichts sehe ich eher bei den zwei im Text genannten Archetypen unserer Kultur: Faust und Don Giovanni. Beiden muss klar sein (Faust von seiner ersten Begegnung mit Mephisto an, Don Giovanni spätestens beim Besuch des steinernen Gastes), dass ihr Weg ins Nichts führt. Doch gehen sie ihn letztlich unbeirrt.

Ist der Eros ohne den Thanatos, der kleine ohne den großen Tod undenkbar?

Beste Grüße

Noricus

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

28.07.2016 22:13
#11 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

In einer strengen Verbindung zum Begriff Nichts würde ich mich dem hohen Thema Eros und Tod erst einmal schlichter nähern, sagen wir mittels des lebensweisheitlich-aufdeckenden Satzes:
"Wenn ich dich liebe, was geht das dich an?!"
Das gemachte Bild wird angebetet, und dies offenbart, dass es sich nicht um echte Liebe handelt, sondern um Selbstliebe, virtuelle Liebe vor den Zeiten des Internet. Es ist eine Lust an einem Nichts-mit-Liebe-zu-tun-Habendem.

Ich korrigiere ergänzend noch meine Äußerungen zu Nietzsche:
Zum Nihilismus, wie ihn Nietzsche sah, zwei Zitate.

„Ein Philosoph erholt sich anders und mit anderem: er erholt sich z. b. im Nihilismus. Der Glaube, dass es gar keine Wahrheit gibt, der Nihilisten-Glaube, ist ein großes Gliederstrecken für einen, der als Kriegsmann der Erkenntnis unablässig mit lauter hässlichen Wahrheiten im Kampfe liegt. Denn die Wahrheit ist hässlich.“

„1. Der Nihilismus steht vor der Tür: woher kommt uns dieser unheimlichste aller Gäste? – Ausgangspunkt: es ist ein Irrtum, auf >soziale Notstände< oder >physiologische Entartungen< oder gar auf Korruption hinzuweisen als Ursache des Nihilismus. Es ist die honetteste, mitfühlendste Zeit. Not, seelische, leibliche, intellektuelle Not ist an sich durchaus nicht vermögend, Nihilismus (d.h. die radikale Ablehnung von Wert, Sinn, Wünschbarkeit) hervorzubringen. Diese Nöte erlauben immer noch ganz andere verschiedene Ausdeutungen, Sondern: in einer ganz bestimmten Ausdeutung, in der christlich-moralischen, steckt der Nihilismus.
2. Der Untergang des Christentums – an einer Moral (die unablösbar ist - ), welche sich gegen den christlichen Gott wendet (der Sinn der Wahrhaftigkeit, durch das Christentum hoch entwickelt, bekommt Ekel vor der Falschheit und Verlogenheit aller christlichen Welt- und Geschichtsdeutung. (…)“
Nietzsche meint also die Skepsis gegenüber einer falschen, spießigen, weltflüchtig-miesepetrigen angeblich christlichen Moral.
(Beide Zitate aus dem Nachlass der Achtzigerjahre; Schlechta S. 675 und 881)

Gruß, Ludwig Weimer

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

29.07.2016 11:48
#12 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Scheint mir wesentlich ein logisch-syntaktisches Problem zu sein, lieber Noricus.

Man hat das generell bei Allmengen, mit dem Inbegriff von ausnahmslos "allem". Man kennt die Russell Menge und deren logische Unmöglichkeit, die gelöst wird, indem ein anderes logisches Ding dazu gepackt wird, genannt Klasse (oder sonst wie, eigentlich egal).

Indem DAS SEIN das Sein ALLEN partikulären Seins ist, haben wir an dieser Stelle ein ebensolches Kuddelmuddel. Eine Allmenge, die keinen anderen vernünftig zu denkenden Inbegriff neben sich duldet - Zyankali für die Logik.

Mit der hilflosen "Lösung" DAS NICHTS wird die Zyankalidosis bedauerlicherweise nicht gemildert, sondern erhöht. Ein Begriff, der seinen inhärenten Widerspruch selbst herausschreit.

Allmengen gehen einfach nicht. Die (mindestens) Bipolarität unseren Weltverständnisses (z.B. Ich und das Zeugs da draußen, meinetwegen auch Gott und die Welt) scheint zwingende Syntax unserer Logik zu sein.

Die Sehnsucht nach dem Nichts, lustvoll obendrein? Hmmmm…….es ist doch so: Indem man es z.B. für eine gute Idee erachtet, gewisse Elemente des Seins zu vernichten (meinetwegen mal so en passant die gesamte Menschheit umbringen) hat man mit dem sogenannten Nichts (mit bestimmten Artikel) noch lange NIX zu schaffen - von einem so lächerlichen Ereignis wie den eigenen Tod mal ganz zu schweigen. Einen Furz wie das eigene Leben mit dem Sein überhaupt assoziieren? Mehr Selbstüberschätzung geht wohl nicht.

Irgendwie wird das nix, mit dem NIX. Es bleibt stets ETWAS zurück. Und zwar üblicherweise ne ganze Menge davon (eigentlich sogar alles, man kennt ja die Erhaltungssätze - ätsch....sagt an der Stelle der Physiker zum Nihilisten ). Wenn man sich im Übrigen mal die Galaxien so anguckt, isses eigentlich ziemlich wurscht, an was für einem Vernichtungs-Schmierentheater auf Erden sich der eine oder andere womöglich delektiert. Alles Petitessen.


lich
Dennis

Simon Offline



Beiträge: 334

29.07.2016 17:57
#13 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #10


"Ist der Eros ohne den Thanatos, der kleine ohne den großen Tod undenkbar?"




Was immer mit dieser Frage gemeint und in der Gelehrtenwelt schon durchbuchstabiert worden sein mag - in der Liturgie der Katholischen Kirche, 18. Sonntag im Jahreskreis, findet sich der Psalm 90 als Antwortpsalm. Der Textauszug lautet:

Zitat
Aus Ps 90

Herr, du lässt die Menschen zurückkehren zum Staub und sprichst: „Kommt wieder, ihr Menschen!“ Denn tausend Jahre sind für dich wie der Tag, der gestern vergangen ist, wie eine Wache in der Nacht. Von Jahr zu Jahr säst du die Menschen aus; sie gleichen dem sprossenden Gras. Am Morgen grünt es und blüht, am Abend wird es geschnitten und welkt. Unsere Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz. Herr, wende dich uns doch endlich zu! Hab Mitleid mit deinen Knechten! Sättige uns am Morgen mit deiner Huld! Dann wollen wir jubeln und uns freuen all unsre Tage. Es komme über uns die Güte des Herrn, unsres Gottes! Lass das Werk unsrer Hände gedeihen, ja, lass gedeihen das Werk unsrer Hände!





Jedermann kann selbst beurteilen, dass darin der "große Tod" des Menschen, der unausweichliche Gang in die Vergänglichkeit, ins "Nichts" bedacht und als selbstverständlich vorausgesetzt ist. Gleichzeitig aber wird (beinahe)ebenso selbstverständlich der "kleine, (der "große"?) Tod" als Eros einer ganz anderen Dimension bedacht: der LIEBE gleich und nur von ihr her denkbar. Doch inniger als alle Liebe zwischen Tristan und Isolde ..., stärker als alle Liebe nur gedacht und vorgestellt werden kann, spricht dieser (Eros): "Kommt wieder, ihr Menschen!" - Ich mag euch. - Umsonst habe ich euch (aus dem Nichts) hervorgebracht. Ganz uneigennützig, umsonst liebe ich euch. Ihr sollt leben. Vor meinem Angesicht. Zeitlos - in der Zeit, der euren, und in meiner, die grenzenlos ist und in der ihr jetzt schon sein könnt. ----Liebend (!)----- grenzenlos.

Zuviel gedacht? Mag sein. - Der Text entstand schon mehrere hundert Jahre vor Christus und so betet das gläubige Volk Israel seitdem. Auch Jesus betete so. - Wie mag er gedacht haben, als er in sein, Noricus´ NICHTS, ging?

Das war doch Ihre Frage, werter Noricus, als Sie Ihren Karfreitagstext an den Schluss Ihres Beitrags setzten. Oder nicht?

Mit vielen Grüßen!
Simon

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

30.07.2016 20:08
#14 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Ich möchte noch einen auch literarisch weltberühmten Gebrauch des Begriffs "N i c h t s" erinnern, der in dem ersten Korintherbrief des Paulus steht.

In der Luther-Revision von 1984 lautet die Übersetzung von 1 Kor 13, 2-3:
"Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, so dass ich Berge versetzen könnt, und hätte die Liebe nicht, so wäre ich n i c h t s.
Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze."

Im griechisc hen Originaltext lauten die beiden Worte: outhen und ouden.

Gruß, Ludwig Weimer

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

31.07.2016 18:14
#15 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Wenn wir schon dabei waren, an Paulus zu erinnern, der das Nichts gar nicht mit einer Lust am Nichts verband, sondern im Gegenteil das Nichts als Definition für das Umsonst selbst solcher altruistischen Heldentaten benutzt, die ohne Agape (es fehlt ein deutsches Wort dafür: selbstlose Liebe, Auferbauen des Reiches Gottes wären Akzente dabei) vollbracht werden, dann ist es erst recht richtig, an das hebräische Buch Kohelet (Prediger) zu erinnern:

Es kommt hier nicht der Begriff Nichts vor, sondern eine Metapher dafür: habel habalim, "Windhauch der Luftgespinste", früher nicht wörtlich übersetzt mit: Eintelkeit der Eitelkeiten, alles ist eitel. Dieser Rahmenvers durchzieht die 12 Kapitel.
Im dritten Jahrhundert v. Chr. schrieb ein griechisch gebildeter Jude, Kohelet, was ein Salomo zur jetzigen Zeit erkennen und sagen würde. Es ist eine deftige Existenzphilosophie, hochdichterisch und sehr aufklärerisch.

Besitz, Wissenschaft, Rechtschaffenheit, Gesetzestreue, Volksgunst, langes Leben, Nachrum - alles sei Windhauch. Ich zitiere ein paar Verse:

"Es gibt nichts Neues unter der Sonne" (1,9).
"Viel Wissen, viel Ärger; wer das Können mehrt, der mehrt die Sorge" (1,18).
"Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit: ... eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen, eine Zeit zum Niederreißen und eine Zeit zum Bauen. ... eine Zeit zum Lieben und eine Zeit zum Hassen, eine Zeit für den Krieg und eine Zeit für den Frieden" (3,1.3.8).
"Die Ungebildeten verstehen nicht einmal, Böses zu tun" (4,17).
"Alles Arbeiten des Menschen ist für den Rachen des Totenreichs, und dessen Schlund wird niemals voll" (6,7).
"Frag nicht: Wie kommt es, dass die früheren Zeiten besser waren als unsere? Denn deine Frage zeugt nicht von Wissen" (7,10).
"Wo keine Strafe droht, ist die Bosheit schnell am Werk. Deshalb wächst im Herzen der Menschen die Lust, Böses zu tun" (8,11).
"Ein und dasselbe Geschick trifft den Gesetzestreuen und den Gesetzesbrecher, den Guten, den Reinen und den Unreinen ... wenn sie zu den Toten müssen - Ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe" (9,23-4).

Ist das Motiv Nichts, Windhauch, Eitelkeit, hier mit der Lust daran verbunden?? Nicht so eindeutig zu beurteilen aus den wenigen zitierten Versen. Es ist die eine Seite der Welt, die andere ist der Versuch zum gerechten, gottesfürchtigen Leben. Das Alte Testament verbindet in diesem Weisheitsbuch beides, weil eins ohne das andere nicht lebt. Am liebsten urteile ich so: Es ist keine böse Lust am Nichts, sondern eine staunende. Es ist kein Schönreden, sondern eine ehrliche Lust, dem Ding Daseinmüssen auf den Grund zu kommen. Darum gelangte das Büchlein auch in die heilige Schrift der Juden und Christen (Es wurde dazu mit zwei kleinen absichernden Nachworten versehen, 12, 9-14).

Die Einheitsübersetzung, die ich zitierte, stammt übrigens vom Frankfurter Alttestamentler Norbert Lohfink.

Grüße in die Schulferien bzw. den Urlaub.

Ludwig Weimer

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

31.07.2016 20:07
#16 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Simon im Beitrag #13
Das war doch Ihre Frage, werter Noricus, als Sie Ihren Karfreitagstext an den Schluss Ihres Beitrags setzten. Oder nicht?


Vielleicht. Was mich beschäftigt, ist dies: Der äußere Tatbestand sieht sich bei Christus, Faust und Don Giovanni ziemlich gleich an. Der (gewaltige) Unterschied liegt in der Motivation.

Daska Offline




Beiträge: 245

31.07.2016 21:09
#17 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #16
Zitat von Simon im Beitrag #13
Das war doch Ihre Frage, werter Noricus, als Sie Ihren Karfreitagstext an den Schluss Ihres Beitrags setzten. Oder nicht?


Vielleicht. Was mich beschäftigt, ist dies: Der äußere Tatbestand sieht sich bei Christus, Faust und Don Giovanni ziemlich gleich an. Der (gewaltige) Unterschied liegt in der Motivation.

"Der (gewaltige) Unterschied liegt in der Motivation." Dann spielt die Motivation/ Absicht, die einer Tat zugrunde liegt, für deren Bewertung also doch eine Rolle? Wenn abgesehen davon äußerlich gesehen alles gleich ist, und der Unterschied in der Motivation "gewaltig" ist?

Daska Offline




Beiträge: 245

31.07.2016 21:26
#18 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #15

Ist das Motiv Nichts, Windhauch, Eitelkeit, hier mit der Lust daran verbunden?? Nicht so eindeutig zu beurteilen aus den wenigen zitierten Versen. Es ist die eine Seite der Welt, die andere ist der Versuch zum gerechten, gottesfürchtigen Leben. Das Alte Testament verbindet in diesem Weisheitsbuch beides, weil eins ohne das andere nicht lebt. Am liebsten urteile ich so: Es ist keine böse Lust am Nichts, sondern eine staunende. Es ist kein Schönreden, sondern eine ehrliche Lust, dem Ding Daseinmüssen auf den Grund zu kommen. Darum gelangte das Büchlein auch in die heilige Schrift der Juden und Christen (Es wurde dazu mit zwei kleinen absichernden Nachworten versehen, 12, 9-14).


Wenn ich dieses Nichts, Windhauch, Eitelkeit von der Kontemplation her deute, wird auch ein Schuh draus: Alles, was in der Welt ist, ist nicht Gott, sondern "Windhauch". Zur wahren Erkenntnis Gottes komme ich also nur durch Absehen von allem, in dem ich von allem ablasse, durch "Gelassenheit", im "Nichts". So jedenfalls würde ein Meister Eckhard, Seuse, Tauler argumentieren. Für viele vielleicht ein befremdender Gedanke, aber je länger ich darüber meditiere, um so hilfreicher erscheint mir dieser Ansatz.

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

31.07.2016 23:58
#19 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Gut, an Eckehart zu erinnern!

In "Vom Schauen Gottes und von Seligkeit" kommt er auf das N i c h t s zu sprechen. Seine mystisch-praktische Absicht ist eine besondere Art von "Gelassenheit". Diese soll hier in seinem christlichen (nicht buddhistischen) Fall eine Gotteserfahrung und - begegenung erzielen.

Was schreibt (sagte) er?
"Gott sei N i c h t s , sagt Dionysius. Darunter kann man dasselbe verstehn, was Augustinus so ausdrückt: Gott sei A l l e s. Das bedeutet: an ihm gibt es nichts! Und wenn Dionysius sagt: 'Gott ist Nichts', so besagt das: irgend welche 'Dinge' gibt es bei ihm nicht! - Deshalb muss der Geist hinausschreiten über die Dinge und alle Dinglichkeit, über die Gestaltungen und alle Gestaltigkeit, selbst über das Wesen in seiner Wesensgeartetheit: dann wird in ihm aufgehen die volle Wirklichkeit der Seligkeit - die als Wesensbesitz nur zukommt der Schaffenden Vernunft!"

Die Vernunft ist also für ihn die Gemeinsamkeit, die Kontaktfähikeit zwischen Gott und Mensch.
Und nun zitiere ich noch etwas aus seiner Rede "Auf Sanct Benedictus, Predigt über Jesus Sirach 45,1" , und da stoßen wir auf das gesuchte Wort: L u s t. Nicht Lust an einem Nihilismus, sondern an der Gelassenheit, die das Fenster öffnet für die Gotteserkenntnis:

"Ich erschrecke jedesmal. wenn ich von Gott reden soll, welchen Grad von Abgeschiedneheit die Seele besitzen muss, wenn sie zur Einswerdung gelangen will. Und doch darf es niemand unmöglich dünken! Es ist nicht unmöglich für die Seele, die Gottes Gnade hat: nie fiel einem Menschen etwas leichter. Denn der Seele, die Gottes Gnade besitzt, ist es ein Kleines, alle Dinge zu lassen; ich behaupte sogar, es gibt für sie keine größere L u s t !"

Schön also, dass Sie ihn nannten, so musste ich schnell nachschauen und staune immer wider über diesen - von den Nazis missdeuteten (als habe er Gott mit der germanischen Seelenkraft, dem Größenwahn, identifiziert) großen Mönch des Mittelalters.

Danke, Ludwig W.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

01.08.2016 20:04
#20 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Daska im Beitrag #17
Zitat von Noricus im Beitrag #16
Zitat von Simon im Beitrag #13
Das war doch Ihre Frage, werter Noricus, als Sie Ihren Karfreitagstext an den Schluss Ihres Beitrags setzten. Oder nicht?


Vielleicht. Was mich beschäftigt, ist dies: Der äußere Tatbestand sieht sich bei Christus, Faust und Don Giovanni ziemlich gleich an. Der (gewaltige) Unterschied liegt in der Motivation.

"Der (gewaltige) Unterschied liegt in der Motivation." Dann spielt die Motivation/ Absicht, die einer Tat zugrunde liegt, für deren Bewertung also doch eine Rolle? Wenn abgesehen davon äußerlich gesehen alles gleich ist, und der Unterschied in der Motivation "gewaltig" ist?


Das kommt meines Erachtens darauf an, liebe Daska, ob man - um es juristisch zu formulieren - dem objektiven oder dem subjektiven Tatbestand die größere Bedeutung zumisst.

Natürlich ist es besser, wenn jemand aus schlechten Motiven Gutes tut, als dass er aus guten Motiven böse handelt. Wenn mein Kommentar von der "Motivation" spricht, so ist das wohl zu kurz gesprungen. Der Unterschied zwischen Christi Weg ins Nichts und jenem des Faust und des Don Giovanni liegt ja auch im Erfolg. Der Menschensohn musste sterben, damit die Menschheit erlöst wird. Es gibt hier also zwei Erfolgselemente, die miteinander im Sinne einer conditio sine qua non verknüpft sind. Faust und Don Giovanni haben dagegen andere Menschen ins Verderben bzw. Unglück gestürzt. Ihr Dahinscheiden erlöst niemanden.

Aber Ihre Frage ist damit natürlich nicht beantwortet. Und ich muss gestehen, dass ich seit langer Zeit nach einer Lösung des zugrunde liegenden Problems suche und sie nicht finden kann. Vielleicht ein Ansatz: Für die gesellschaftliche oder juristische Bewertung einer Handlungsweise, die nicht sozial bzw. rechtlich verpönt oder aber sogar gesellschaftlich erwünscht ist, spielt die Motivation keine Rolle. Aus diesem Blickwinkel ist es egal, warum A nicht mordet und nicht raubt. Ob diese Deliktsabstinenz einer Einsicht in den sozialethischen Unwert derartiger Taten oder aber der Angst vor Entdeckung und Strafe entspringt, ist einerlei. Er tut es nicht und damit basta!

Auf der Ebene des forum internum spielt der Motivationsunterschied dagegen eine entscheidende Rolle. Und er kann sich auch praktisch auswirken: Wenn nun plötzlich eine Ideologie unserem A erlaubt, zu morden und zu rauben, dann wird A in der Variante 1 (Einsicht in den sozialethischen Unwert derartiger Taten) dennoch nicht morden und rauben, in der Variante 2 (Angst vor Entdeckung und Strafe) vermutlich schon. Dann haben wir freilich auch wieder einen Unterschied in den Äußerlichkeiten.

Prognostisch ist der Unterschied zwischen Variante 1 und Variante 2 auch von Bedeutung. Denn er sagt letztlich etwas über das Ausmaß der notwendigen Repression aus.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

01.08.2016 21:09
#21 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #20
Zitat von Daska im Beitrag #17
Zitat von Noricus im Beitrag #16
Zitat von Simon im Beitrag #13
Das war doch Ihre Frage, werter Noricus, als Sie Ihren Karfreitagstext an den Schluss Ihres Beitrags setzten. Oder nicht?


Vielleicht. Was mich beschäftigt, ist dies: Der äußere Tatbestand sieht sich bei Christus, Faust und Don Giovanni ziemlich gleich an. Der (gewaltige) Unterschied liegt in der Motivation.

"Der (gewaltige) Unterschied liegt in der Motivation." Dann spielt die Motivation/ Absicht, die einer Tat zugrunde liegt, für deren Bewertung also doch eine Rolle? Wenn abgesehen davon äußerlich gesehen alles gleich ist, und der Unterschied in der Motivation "gewaltig" ist?
... Wenn nun plötzlich eine Ideologie unserem A erlaubt, zu morden und zu rauben, dann wird A in der Variante 1 (Einsicht in den sozialethischen Unwert derartiger Taten) dennoch nicht morden und rauben, in der Variante 2 (Angst vor Entdeckung und Strafe) vermutlich schon. Dann haben wir freilich auch wieder einen Unterschied in den Äußerlichkeiten.

Prognostisch ist der Unterschied zwischen Variante 1 und Variante 2 auch von Bedeutung. Denn er sagt letztlich etwas über das Ausmaß der notwendigen Repression aus.



Ist die Frage aber nicht viel weniger diejenige nach der Motivation, als diejenige nach der zugrunde liegenden Ethik? Ich denke ohne Motivation kann kein Mensch handeln und daher wird es wohl letztendlich die Ethik sein, welche die Motivation bedingt. Diese Ethik kann dabei meines Ermessens nur geprägt sein durch das zugrunde liegende Menschenbild: Ist das Menschenbild vom eigenen Moralverständnis oder durch Nächstenliebe (zu der auch, wie bei Liebe ganz allgemein, Respekt, Demut und Einfordern von Verantwortung gehört) geprägt?

Nächstenliebe, in beschriebenem Sinne, wäre die Ethik welcher ich zumindest versuche zu folgen (so schwer das oft auch fällt) und daraus meine Motivation zu ziehen. Dünn wird das Eis dort, wo eine nur dem eigenen Ego/Weltbild inhärente Moral zur Motivation wird.

Was übrigens die "Lust am Nichts" betrifft erscheint sie - aus meiner persönliche Erfahrung heraus beurteilt - nur der Drang zu sein, das schöne der Welt noch intensiver Spüren zu wollen. Nie kann man Leben intensiver empfinden als im "Angesicht des Nichts".

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

05.08.2016 18:01
#22 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #21
Zitat von Noricus im Beitrag #20
Zitat von Daska im Beitrag #17
Zitat von Noricus im Beitrag #16
Zitat von Simon im Beitrag #13
Das war doch Ihre Frage, werter Noricus, als Sie Ihren Karfreitagstext an den Schluss Ihres Beitrags setzten. Oder nicht?


Vielleicht. Was mich beschäftigt, ist dies: Der äußere Tatbestand sieht sich bei Christus, Faust und Don Giovanni ziemlich gleich an. Der (gewaltige) Unterschied liegt in der Motivation.

"Der (gewaltige) Unterschied liegt in der Motivation." Dann spielt die Motivation/ Absicht, die einer Tat zugrunde liegt, für deren Bewertung also doch eine Rolle? Wenn abgesehen davon äußerlich gesehen alles gleich ist, und der Unterschied in der Motivation "gewaltig" ist?
... Wenn nun plötzlich eine Ideologie unserem A erlaubt, zu morden und zu rauben, dann wird A in der Variante 1 (Einsicht in den sozialethischen Unwert derartiger Taten) dennoch nicht morden und rauben, in der Variante 2 (Angst vor Entdeckung und Strafe) vermutlich schon. Dann haben wir freilich auch wieder einen Unterschied in den Äußerlichkeiten.

Prognostisch ist der Unterschied zwischen Variante 1 und Variante 2 auch von Bedeutung. Denn er sagt letztlich etwas über das Ausmaß der notwendigen Repression aus.


Ist die Frage aber nicht viel weniger diejenige nach der Motivation, als diejenige nach der zugrunde liegenden Ethik? Ich denke ohne Motivation kann kein Mensch handeln und daher wird es wohl letztendlich die Ethik sein, welche die Motivation bedingt.


Da stimme ich Dir zu, lieber n_s_n. Die Ethik findet in der jeweiligen Motivation ihren Niederschlag und prägt diese.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #21
Diese Ethik kann dabei meines Ermessens nur geprägt sein durch das zugrunde liegende Menschenbild: Ist das Menschenbild vom eigenen Moralverständnis oder durch Nächstenliebe (zu der auch, wie bei Liebe ganz allgemein, Respekt, Demut und Einfordern von Verantwortung gehört) geprägt?

Nächstenliebe, in beschriebenem Sinne, wäre die Ethik welcher ich zumindest versuche zu folgen (so schwer das oft auch fällt) und daraus meine Motivation zu ziehen. Dünn wird das Eis dort, wo eine nur dem eigenen Ego/Weltbild inhärente Moral zur Motivation wird.


Dies ist genau der Punkt, weshalb der ZR-Beitrag die Überzeugungstäter und die Mitläufer anspricht. Erstere sind sich häufig wohl bewusst, dass sie mit ihrem Handeln gegen Gesetze bzw. auch "nur" die überwiegend geteilte Moral verstoßen. Sie halten ihre Taten dennoch für richtig (durch eine Notwendigkeit gerechtfertigt). Die Mitläufer hingegen sind Opportunisten, die harmlos bleiben, solange sie nicht annehmen dürfen, aus dem Bösen einen Vorteil zu schöpfen.

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #21
Was übrigens die "Lust am Nichts" betrifft erscheint sie - aus meiner persönliche Erfahrung heraus beurteilt - nur der Drang zu sein, das schöne der Welt noch intensiver Spüren zu wollen. Nie kann man Leben intensiver empfinden als im "Angesicht des Nichts".


Dieser Gedanke klingt interessant. Wenn Du ihn weiter ausführtest, würde mich das sehr freuen.

Ludwig Weimer Offline



Beiträge: 292

05.08.2016 21:01
#23 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Die Lust am Nichts als Annäherung an den Feind TOD/Nichts zu Lebzeiten, mitten im Kraft-Leben, um die Kraft zu testen, ob wir soviel Freude am Leben und dem Seienden überhaupt haben, dass wir die Widrigkeiten der Existenz im Vergleichen mit dem ( selteneren? umfänglicheren?) Genießenkönnen der Welt aushalten und dass wir vielleicht sogar dem Tod ein Schnippchen schlagen durch ein weiterlebendes Werk oder durch Kinder, durch Schüler ..??

Ludwig W.

nachdenken_schmerzt_nicht Offline




Beiträge: 2.007

05.08.2016 22:16
#24 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #22
Dieser Gedanke klingt interessant. Wenn Du ihn weiter ausführtest, würde mich das sehr freuen.
Schwierig. Es ist eine sehr persönliche, emotionale Erfahrung und ich weiß nicht, ob man diese weitergeben kann, ohne diese Saite im Gegenüber ebenfalls zum schwingen zu bringen.

Besonders intensiv empfinde ich Schönheit, wenn ich sie im Bewußtsein meiner (oder geliebter) Vergänglichkeit wahrnehme. Wäre ich zum Beispiel unsterblich und wäre es meine Tochter, ich denke nicht, dass ich die Gefühle die mich mit ihr verbinden auch nur annähernd so intensiv und in solcher Schönheit empfinden könnte. Der Tod macht kostbar. So wie ein Gänseblümchen auf einer Wiese kaum wahrgenommen wird, mag es in einer "Betonwüste" zu Tränen rühren können. Ich weiß nicht wie ich es besser beschreiben soll.

Es gibt nun Momente (und ich erinnere mich noch heute sehr dezidiert an ganz bestimmte, schon sehr lange zurück liegende), in denen ich das Bewußtsein über die eigene Vergänglichkeit, über die Vergänglichkeit der Schöpfung, wie süssen Nektar in mich aufsog, weil genau dieses Bewußsein die Schönheit des Moments erst ermöglichte. Wäre die Schönheit ewig, ich glaube sie wäre unerträglich. Daher kann die Schönheit des Moments nur über das Bewußtsein der Vergänglichkeit entstehen. Hat man diese Erfahrung gemacht, fühlt man sich zur Vergänglichkeit, zum Nichts, so manches Mal hingezogen, weil nur darin gleichzeitig die größte Intensität und Schönheit wohnt.

In einem solchen, oben angedeuteten Moment, habe ich einmal vor sehr vielen Jahren meine Gedanken aufgeschrieben, so wie sie in meinen Kopf strömten. Vielleicht könnten diese Worte die Emotion, um die es mir geht, besser transportieren. Ich habe sie aber gerade nicht zur Hand, auch wenn sie sicher noch irgendwo rumliegen.

Herzlich


nachdenken_schmerzt_nicht

"Dort, wo es keine sichtbaren Konflikte gibt, gibt es auch keine Freiheit." - Montesquieu

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

07.08.2016 19:13
#25 RE: Grundsätzliches (0): Über das Nichts - und die Lust daran Antworten

Zitat von nachdenken_schmerzt_nicht im Beitrag #24
Besonders intensiv empfinde ich Schönheit, wenn ich sie im Bewußtsein meiner (oder geliebter) Vergänglichkeit wahrnehme.
Das halte ich aber für eine kostbare Sensibilität, die den meisten Menschen leider fehlt. Ich habe den Eindruck, als schafften es die meisten Menschen kaum noch, den Augenblick überhaupt bewusst zu leben - geschweige denn im Wissen ob seiner und der eigenen Vergänglichkeit. Seit dem Aufkommen der stets knipps- und filmbereiten Smartphones ist das noch schlimmer geworden.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

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