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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 24 Antworten
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Fluminist Offline




Beiträge: 2.015

16.04.2017 12:53
Aus gegebenem Anlaß Antworten

… möchte ich ein herzliches "Frohe Ostern!" ins Kleine Zimmer rufen.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.422

16.04.2017 16:01
#2 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Und ein "Fröhliches Ostern" zurück!



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.422

16.04.2017 16:36
#3 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Und das Schönste: Facebook hat vor zwei Stunden das Profil von Imad Karim wieder freigeschaltet.

http://www.achgut.com/artikel/hamed_abde...rim._ein_aufruf
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-s...book-geloescht/



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Daska Offline




Beiträge: 245

17.04.2017 18:33
#4 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #3
Und das Schönste: Facebook hat vor zwei Stunden das Profil von Imad Karim wieder freigeschaltet.

http://www.achgut.com/artikel/hamed_abde...rim._ein_aufruf
https://www.tichyseinblick.de/daili-es-s...book-geloescht/



Wenn ich mir vor Augen führe, dass ein Facebook-Account ein Eigen-Leben entwickeln kann, und dass die Sperrung desselben den Autor zumindest mund-tot macht, dann würde ich der Wieder-Freischaltung des Profils ein gewisses, quasi-österliches Auferweckungspotential zusprechen. Dabei nehme ich in Kauf, dass ich den Frommen zu flapsig und den aufgeklärten zu unpräzise formuliere. Und dennoch: Allen Zimmerleuten wünsche ich mit diesem Gedankenspiel Frohe Ostern!

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.422

17.04.2017 20:06
#5 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Ein wenig Wermut in den heiteren Wein.

Zitat von FAZ, 05.04.2017
Düstere Zeiten für die Kirche: Junge Europäer vertrauen ihr nicht mehr.

Kirche und Religion spielen im Leben der Jugend in Europa laut einer Umfrage kaum noch eine Rolle. 85 Prozent der jungen Erwachsenen sagten, dass sie ohne Glauben an Gott glücklich sein können. 86 betonten, kein oder sehr wenig Vertrauen in religiöse Institutionen zu haben. Dies geht aus der am Mittwoch in Mainz veröffentlichten Jugendstudie „Generation What?“ hervor, für die die Antworten von rund 200.000 jungen Menschen zwischen 18 und 34 Jahren aus zehn europäischen Staaten ausgewertet wurden.

In keinem der beteiligten Länder vertrauen demnach mehr als drei Prozent der Befragten den religiösen Institutionen voll. In Deutschland und den Niederlanden fällt das Misstrauen mit 47 und 48 Prozent noch am geringsten aus. 79 Prozent der jungen Erwachsenen in Deutschland gaben an, ohne Glaube an Gott glücklich sein zu können.



http://www.faz.net/aktuell/politik/ausla...n-14958370.html

Es könnte interessant sein, bei den 47/48-%-Prozent-Werten nach der Zuordnung der Autoritäten aufzuschlüsseln.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.424

17.04.2017 20:16
#6 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Es ist ja eine beliebte Spekulation, dass die Kirche in Mitteleuropa deswegen so extrem pro-Zuwanderung von Moslems ist, weil diese "wenigstens gläubig" seien.
Also quasi eine Bestrafung für die ungläubige Bevölkerung Europas.

___________________
Kommunismus mordet.
Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Daska Offline




Beiträge: 245

17.04.2017 22:37
#7 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #5
Ein wenig Wermut in den heiteren Wein.

Zitat von FAZ, 05.04.2017
Düstere Zeiten für die Kirche: Junge Europäer vertrauen ihr nicht mehr.

Kirche und Religion spielen im Leben der Jugend in Europa laut einer Umfrage kaum noch eine Rolle. 85 Prozent der jungen Erwachsenen sagten, dass sie ohne Glauben an Gott glücklich sein können. 86 betonten, kein oder sehr wenig Vertrauen in religiöse Institutionen zu haben. Dies geht aus der am Mittwoch in Mainz veröffentlichten Jugendstudie „Generation What?“ hervor, für die die Antworten von rund 200.000 jungen Menschen zwischen 18 und 34 Jahren aus zehn europäischen Staaten ausgewertet wurden.

In keinem der beteiligten Länder vertrauen demnach mehr als drei Prozent der Befragten den religiösen Institutionen voll. In Deutschland und den Niederlanden fällt das Misstrauen mit 47 und 48 Prozent noch am geringsten aus. 79 Prozent der jungen Erwachsenen in Deutschland gaben an, ohne Glaube an Gott glücklich sein zu können.


http://www.faz.net/aktuell/politik/ausla...n-14958370.html

Es könnte interessant sein, bei den 47/48-%-Prozent-Werten nach der Zuordnung der Autoritäten aufzuschlüsseln.


Danke für den Hinweis auf diese jüngste Studie. Die Shell-Studie argumentiert etwas differenzierter und hat auch andere Zahlen. Die Diagnose aber ist ähnlich. Bleibt die Frage nach der Behandlung? Es gibt halt gerade mindestens drei Lager: Die einen, denen dies egal ist. Dann die zweiten, die finden, die Kirche müsse eben mit der Zeit gehen und dieses und jenes ändern, dann würden die Menschen auch wieder zurückkehren, und die dritten, die im Gegenteil finden, Klasse statt Masse, die Kirche solle ihrer Geschichte treu bleiben und wieder Profil zeigen. Papst Franziskus scheint den Spagat zwischen beiden zu schaffen, wobei es interessanterweise sowohl am "rechten" als auch am "linken" Rand Gruppierungen gibt, denen er zu weit bzw. gleichzeitig nicht weit genug geht.

Daska Offline




Beiträge: 245

17.04.2017 22:53
#8 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #6
Es ist ja eine beliebte Spekulation, dass die Kirche in Mitteleuropa deswegen so extrem pro-Zuwanderung von Moslems ist, weil diese "wenigstens gläubig" seien.

Zustimmung.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #6
Also quasi eine Bestrafung für die ungläubige Bevölkerung Europas.

Die Schlussfolgerung ("Bestrafung") würde ich persönlich der Kirche nicht unterstellen. Auch die Kategorisierung "Ungläubig" höre ich so im Binnenraum nicht. So wie ich Kirchens erlebe, wird in Straf-Kategorien eher weniger gedacht. Das wäre ein eigenes Thema und führte weg von Ihrem Hinweis auf den Islam, vor dem Hintergrund von der Studie, die Ulrich Elkmann wermütig ins Feld führte.
Die komparative Theologie ( von Stosch/ Paderborn, Siebenrock/ Innsbruck ) versuchen eher, anhand der theologischen Aussagen im Koran die eigene, christliche Theologie zu hinterfragen, um gemeinsam nach Antworten zu suchen und so gemeinsam weiter zu kommen. Ich betrachte dieses Vorgehen zwar als problematisch, den Straf-Gedanken aber habe ich so noch nicht gehört. Bleibt die Frage: Wer ist Kirche? Wer muss dies und jenes sagen, damit es als Statement "von der Kirche in Mitteleuropa" wahrgenommen wird?

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.424

17.04.2017 23:59
#9 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

"gemeinsam weiter zu kommen."

Mit der Formulierung bin ich auch einverstanden. Man fühlt sich halt mit mittelalterlichen, radikalisierten, frauenfeindlichen und homophoben Analphabeten stärker verbunden (weil wenigstens gläubig) als mit gebildeten, extrem das Faustrecht ablehnende, antimilitaristischen emanzipatorischen Bürgern (weil die halt Atheisten sind).

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Daska Offline




Beiträge: 245

18.04.2017 00:49
#10 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #9
Man fühlt sich halt mit mittelalterlichen, radikalisierten, frauenfeindlichen und homophoben Analphabeten stärker verbunden (weil wenigstens gläubig) als mit gebildeten, extrem das Faustrecht ablehnende, antimilitaristischen emanzipatorischen Bürgern (weil die halt Atheisten sind).

Dieses Argument habe ich das letzte Mal von einem katholischen (sic!) Professor gehört, der sich über Religionspluralismus in Indien habilitiert hat, und in einer Diskussion fast wörtlich Ihre Argumentationslinie fuhr. Es ging damals um ein noch ganz anderes Thema, das jetzt noch weiter weg führen würde. - Bei den ganzen Attributen, die da als "typisch" katholisch in ihrer Argumentation auftauchen, würde ich gerne rückfragen, was Sie unter gebildet/ Bildung verstehen?

Tiefseetaucher Offline




Beiträge: 353

18.04.2017 07:25
#11 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #5
Ein wenig Wermut in den heiteren Wein.

Zitat von FAZ, 05.04.2017
Düstere Zeiten für die Kirche: Junge Europäer vertrauen ihr nicht mehr.

Kirche und Religion spielen im Leben der Jugend in Europa laut einer Umfrage kaum noch eine Rolle. 85 Prozent der jungen Erwachsenen sagten, dass sie ohne Glauben an Gott glücklich sein können. 86 betonten, kein oder sehr wenig Vertrauen in religiöse Institutionen zu haben. Dies geht aus der am Mittwoch in Mainz veröffentlichten Jugendstudie „Generation What?“ hervor, für die die Antworten von rund 200.000 jungen Menschen zwischen 18 und 34 Jahren aus zehn europäischen Staaten ausgewertet wurden.

In keinem der beteiligten Länder vertrauen demnach mehr als drei Prozent der Befragten den religiösen Institutionen voll. In Deutschland und den Niederlanden fällt das Misstrauen mit 47 und 48 Prozent noch am geringsten aus. 79 Prozent der jungen Erwachsenen in Deutschland gaben an, ohne Glaube an Gott glücklich sein zu können.


http://www.faz.net/aktuell/politik/ausla...n-14958370.html

Es könnte interessant sein, bei den 47/48-%-Prozent-Werten nach der Zuordnung der Autoritäten aufzuschlüsseln.


Und aus welchem Grund sollte jemand den Kirchen überhaupt noch vertrauen? Angesichts der kontinuierlichen Fehlleistungen in den letzten Jahrhunderten im Allgemeinen und in den letzten zwei Jahren im Besonderen, sind es immer noch zu viele Menschen, die den Kirchen vertrauen.

Political Correctness ist nichts anderes als betreutes Denken.

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.424

18.04.2017 08:43
#12 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

"Bei den ganzen Attributen, die da als "typisch" katholisch in ihrer Argumentation auftauchen, "

Werte Daska,
Das kann nur ein Missverständnis sein. Meine Attribute beziehen sich auf die Einwanderer, wertvoller als Gold.

Und was die politischen Ziele der christlichen Kirchen in Deutschland betrifft, habe ich ebenfalls nicht von "katholisch" gesprochen. Die evangelische Kirche ist da kein Stück besser; lediglich einige Freikirchen positionieren sich anders.

Ich habe mich in dem Nachbarthema, in dem es um heutiges Christentum ging, zurückgehalten. Es wäre unhöflich gewesen, dort das Gespräch zu stören. Aber meiner Meinung nach ist es das Beste gewesen, was die Europäer zur menschlichen Geschichte beitragen konnten, die Religion zurückzudrängen.

Es hat bis 1999 gedauert, bis sich ein Papst dafür entschuldigte, Jan Huus auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu haben. 1999! Religion ist verantwortlich für Unterdrückung, Massenmorde epischen Ausmaßes, intellektuellen Stillstand, Ausbeutung und Ungerechtigkeit. Die selbstverschuldete Unmündigkeit ist nichts, was man intellektuell verteidigen könnte und moralisch auch kein Leuchtfeuer der menschlichen Entwicklung. Ganz im Gegenteil ist Religion ein Zeichen dafür, dass auch nach 1 Million Jahren die Masse der Menschen noch nicht gelernt hat, die Welt so hinzunehmen, wie sie ist.

Aber mehr werde ich dazu nicht sagen. Bringt ja eh nichts, da ich ganz sicher nicht religiös werde und religiöse Menschen im höheren Alter ganz sicher auch nicht umdenken.

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Daska Offline




Beiträge: 245

18.04.2017 19:07
#13 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #12
Aber mehr werde ich dazu nicht sagen.

Akzeptiert.

Daska Offline




Beiträge: 245

18.04.2017 19:56
#14 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Tiefseetaucher im Beitrag #11
Und aus welchem Grund sollte jemand den Kirchen überhaupt noch vertrauen? Angesichts der kontinuierlichen Fehlleistungen in den letzten Jahrhunderten im Allgemeinen und in den letzten zwei Jahren im Besonderen, sind es immer noch zu viele Menschen, die den Kirchen vertrauen.

Warum sollte ich überhaupt irgendeinem Club vertrauen, egal wie er nun heißt und was für Ziele er auch verfolgen mag? Der Starke ist doch eh am mächtigsten allein.

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.422

18.04.2017 20:16
#15 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Daska im Beitrag #14
Warum sollte ich überhaupt irgendeinem Club vertrauen, egal wie er nun heißt und was für Ziele er auch verfolgen mag? Der Starke ist doch eh am mächtigsten allein.


Nicht in Sachen der Religion. Das überwölbende, sinnstiftende "Gerüst" (in dem Sinn, wie Heidegger dieses Wort verwendet, wobei ich nicht viel darauf wetten würde, daß ich ihn da richtig verstehe. Falls das bei H. überhaupt möglich ist) ist ein kollektives: eine Glaubensgemeinschaft, die ihren Anspruch auf Teilhabe an der Transzendenz daraus herleitet. Versuche, das hier auf eine rein individuelle Basis zu gründen, führen denn auch in aller Regel in die Isolation. Oder, da ja bei Ihnen ein wenig der Nietzschesche Duktus anklingt: in ein negatives Verhältnis. "Kirche" (es kann auch eine Sekte sein, oder sonst eine Glaubensgemeinschaft, die diese Überzeugungsquellen anzapft: Eric Voegelins "Politische Religionen", also die aufgeladenen Ideologien von Kommunismus bis zu Ökologismus und allem dazwischen) steht zudem ja auf (mindestens) zwei Beinen: dem Heilsversprechen, also dem Überzeitlichen, das dem Gläubigen versprochen wird; und die Gemeinschaft - die durch die kirchlichen Institutionen im Hier-&-Jetzt vertreten werden. (Als drittes Standbein wäre das jeweilige Dogma samt seinen Abwandlungen im Lauf der Zeit zu nennen: das ist der Bereich der Theologie; die praktische Glaubensausübung, sowohl Punkt 1 wie 2, tangiert das nicht. Und als Viertes die persönliche religiöse Erfahrung sensu William James oder Rudolf Otto.)



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Daska Offline




Beiträge: 245

18.04.2017 20:34
#16 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Besten Dank, Ulrich Elkmann, für diese differenzierte Antwort. Jetzt habe ich wieder Stoff zum Nachdenken, danke!

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

20.04.2017 23:22
#17 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #12
Die selbstverschuldete Unmündigkeit ist nichts, was man intellektuell verteidigen könnte und moralisch auch kein Leuchtfeuer der menschlichen Entwicklung. Ganz im Gegenteil ist Religion ein Zeichen dafür, dass auch nach 1 Million Jahren die Masse der Menschen noch nicht gelernt hat, die Welt so hinzunehmen, wie sie ist.
Ich habe keinen Schimmer, warum Menschen, die mit Religion nichts anfangen können, sich eher mehr als weniger bemüßigt fühlen, die Anderen nach Herzenslust zu beleidigen. Ich als religiöser Mensch habe dieses Bedürfnis umgekehrt nicht - leider, möchte ich manchmal sagen, denn natürlich steckt in einem drin, Gleiches mit Gleichem zurückzuzahlen, auch ohne dass man sich dabei auf das biblische "Auge um Auge" beruft, was ja in Zeiten der Blutrache auch eher ein Mäßigungsgebot darstellte. Allerdings kann ich mich aufgrund meiner langen Erfahrung mit Mitmenschen und mir selbst beruhigt zurücklehnen in dem Bewusstsein, dass es nicht so sehr viele Menschen gibt, die mir in den Kriterien, an denen die Religiösen angeblich samt und sonders scheitern, das Wasser reichen können oder auch überlegen sind. Und dass es keinen Grund gibt anzunehmen, unter denen befänden sich dann die Nichtreligiösen in der Mehrheit.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.424

21.04.2017 07:25
#18 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Werwohlf,

Ich kann nicht für andere sprechen, aber ich bin ganz im Gegenteil sogar extrem zurückhaltend, was die Kritik und Kommentierung religiöser Aussagen und Einstellungen betrifft.

Was Sie offenbar nicht verstehen ist, dass für mich kein Unterschied besteht zwischen dem Glauben an Globuli, Karten legen, Jungfrauengeburt, Tote erwecken, mit einer Bake über den Styx zu fahren oder mit einem Traumfänger den Schlaf zu beschützen.

Eben so gibt es für mich keinen Grund, den Koran oder der Bibel mehr Bedeutung zuzugestehen als Mein Kampf oder dem kommunistischen Manifest.

Und ebenso besteht für mich kein Unterschied, ob jemand glaubt für sich das Recht ableiten zu können in andere Leben eingreifen zu dürfen (und sei es auch das Leben der eigenen Ehefrau) weil das angeblich der Wille Mohammeds, Jesu, Hitler oder von Shiwa sei.

Hätten die Nazis gewonnen, wäre Hitler für seine Anhänger (genau wie Mohammed für seine Anhänger) zu einem göttlichen Propheten erhoben worden. Zweifelt da etwa jemand dran?

Von mir mir erwartet, dass ich auf die Gefühle von Menschen Rücksicht nehme, so bald das offizielle Etikett "Religion" dran klebt. Und was eine Religion sei, dafür gibt's in Deutschland dann eine Liste. Deswegen darf ich in Deutschland nach Herzens Lust den Glauben von Scientology oder Sannyasinis kritisieren und zerlegen (weil die hier als Sekten gelten) aber auf die Gefühle von Katholiken oder Moslems hätte ich gefälligst Rücksicht zu nehmen.

Es gibt sicher Unterschiede in den Religionen. Die introvertierte und sozialistische Leidenslehre eines Jesu ist grundsätzlich erstmal ungefährlicher als die extrovertierte, das Individuum negierende Staatslehre eines Koran.

Und selbstverständlich akzeptiere ich individuelle Lebensentwürfe. Deswegen kann ich innerlich mit den Schultern zucken, wenn gute Freunde von uns daran glauben, Jesus habe ihnen für ein Fest schönes Wetter geschenkt. Ansonsten sind das nämlich nette und gute Menschen, gewaltablehnend, Kinderfreundlich, emanzipiert.

Aber versuchen Sie doch mal eine Sekunde, die Welt aus der Sicht eines Atheisten zu sehen: wer belästigt eigentlich wen mehr:
Aus der Sicht des Atheisten werde ich permanent zugeschüttet mit Meinungsäußerungen von religiösen Menschen. Ich bin umgeben von Religionsunterricht in der Schule, Kirchengebäuden, religiösen Festen und Regeln, Kommentaren von Pfarrern im Radio, in der Fußgängerzone werden der Wachturm und der Koran verteilt und Merkel begründet ihre Politik mit Christenpflichten und fordert uns auf, öfter in die Kirche zu gehen.

Aber ich soll gefälligst den Mund halten, um anderer Menschen religiöse Gefühle nicht zu verletzen? Tja, und das mache ich sogar. Hier im Forum habe ich eigentlich noch nie Fudamentalkritik an der Religion geübt. Und werde ich auch in Zukunft nicht mehr.

Aber wer nimmt denn auf meine Atheistengefühle Rücksicht? ;-)

___________________
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Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

23.04.2017 20:41
#19 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #18
Was Sie offenbar nicht verstehen ist, dass für mich kein Unterschied besteht zwischen dem Glauben an Globuli, Karten legen, Jungfrauengeburt, Tote erwecken, mit einer Bake über den Styx zu fahren oder mit einem Traumfänger den Schlaf zu beschützen.
Der Unterschied ist, daß der Glaube an Globuli, Kartenlegen usw. sich am individuellen Nutzen orientiert. Man will irgendetwas erreichen, und hätte man den Glauben an dieses oder jenes Mitteln nicht, wüßte man nicht weiter. Das ist genau wie der Glaube an die Wirksamkeit von Antibiotika, nur kann der Glaube an deren Wirksamkeit mit Evidenz (klin. Studien) unterfüttert werden. Dann sagen wir, wir wissen, daß sie wirken.

Mit den rein religiösen Glaubensinhalten ist es anders. Ob es eine Jungfrauengeburt gab oder nicht, ist für uns individuell-nutzenorientiert gesehen bedeutungslos. Sie ist ja nicht reproduzierbar (sonst würde sie nicht als Wunder gelten), und wir müssen auch keine Alimente für solche Geburten zahlen. Außerdem ist es unmöglich, Evidenz für sie zu finden.

Warum es solche Glaubensinhalte trotzdem gibt, liegt allein in der sozialen Funktion, etwas zu begründen. Insofern sind solche Glaubensinhalte vergleichbar mit Ihrem Glauben, daß Sie Deutscher seien. Das ist ja auch eine soziale Zuschreibung, die nicht naturwissenschaftlich bewiesen werden kann (ja, auch die Ariernachweise sind keine solchen Beweise). Trotzdem ist es eine wichtige, existierende Sache, weil daran "Beziehungssachen" anknüpfen. So wird ein befreundeter Deutscher Sie so begrüßen und mit Ihnen so umgehen, wie es landesüblich ist, er wird nicht die Umgangsformen mit Ihnen pflegen, die er z.B. mit seinen amerikanischen oder afrikanischen Freunden pflegen würde.

Die Dinge aus dem Glaubensbekenntnis begründen die Beziehungssachen der jeweiligen Gläubigen: Die geglaubte Beziehung mit Gott(den Gottheiten) artikuliert, wie man die Beziehung zu den Menschen seiner Umgebung denkt.

Zitat von Frank2000 im Beitrag #18
Aber versuchen Sie doch mal eine Sekunde, die Welt aus der Sicht eines Atheisten zu sehen: wer belästigt eigentlich wen mehr:
Aus der Sicht des Atheisten werde ich permanent zugeschüttet mit Meinungsäußerungen von religiösen Menschen. Ich bin umgeben von Religionsunterricht in der Schule, Kirchengebäuden, religiösen Festen und Regeln, Kommentaren von Pfarrern im Radio, in der Fußgängerzone werden der Wachturm und der Koran verteilt und Merkel begründet ihre Politik mit Christenpflichten und fordert uns auf, öfter in die Kirche zu gehen.
Das sind wohl zwei Komponenten: Erstens interessiert Sie das Thema nicht und zweitens wird tatsächlich in dem Bereich viel Unsinn geschwätzt. Das ist sicher so ähnlich, wie wenn man als Sportuninteressierter sich Interviews von Fußballern nach dem Spiel anschauen muß, und die Fußballer in ihre nichtssagenden Sätze ("wir haben verloren, weil der Gegner mehr Tore geschossen hat") auch noch ohne Sinn irgendwelche politische Buzzwords einflechten.

Daska Offline




Beiträge: 245

28.04.2017 09:47
#20 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Besten Dank für die anregenden Gedanken der Vorredner.

Ich weiß nicht, wie ich formulieren soll, ohne irgendjemands Gefühle zu verletzen. Ob es nun um den individuelle Nutzen oder die soziale Funktion von Religiösem geht, sind es Menschen, die in der Geschichte leben oder gelebt haben, die glauben oder eben nicht, etwas geglaubt haben oder eben nichts. Und über diese geschichtlichen Faktoren würde ich hier im kleinen Zimmer gerne mit der gleichen akribischen Präizision diskutieren, wie über Inseln im Nebel, Fanale der Machtergreifung oder Wir schaffen das nicht. Kann aber auch sein, dass ich der einzige bin mit diesem Wunsch, mei, damit könnte ich dann auch leben. Würd' es müssen.

Wenn ich allein diesen Fall nehme

Zitat von Frank2000 im Beitrag #12
Es hat bis 1999 gedauert, bis sich ein Papst dafür entschuldigte, Jan Huus auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu haben.

und rückfragen würde, welcher Papst denn die unsägliche Scheiterhaufenaktion angeordnet habe, und für welchen seiner Vorgänger der Papst, wohl Johannes Paul II., sich denn entschuldigt habe, dann würde mir wahrscheinlich unterstellt werden, ich argumentiere apologetisch, fundamentalistisch oder nicht präzise genug. Gut, dann möge jemand präzisieren, und unterscheiden, wer das Urteil gesprochen hat, ob es kirchenrechtlich rechtmäßig war, wer es vollstreckt hat, und ob die Vollstreckung nach damaligem (staatlichen) Recht rechtens wahr. Warum hat sich eigentlich nicht Konrad Adenauer für die Hinrichtung von Jan Hus entschuldigt oder wenigstens dann Helmut Schmidt? Ich meine diese Frage natürlich polemisch.

Warum Jan Hus erst 1999 rehabilitierte wurde, weiß ich nicht. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich den letzten Satz richtig formuliert habe. Aber auch dieser Frage könnte man rein historisch gesehen sine ira et studio nachgehen, und eigentlich verstehe ich nicht, warum ich mit dieser Rückfrage jemandem zu nahe treten sollte?

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

30.04.2017 23:51
#21 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Werter Frank2000,

mir ist es kürbisegal, was andere glauben oder nicht. Ich mag es nur nicht, wenn sie es zum Anlass nehmen, eine Gruppe, der ich mich bekennenderweise anschließe, zu beleidigen. Nicht dadurch, dass sie etwas anderes glauben oder das, woran ich glaube, in allerlei lustige Kontexte stellen, sondern dadurch, dass sie dieser Gruppe nur aufgrund ihres Glaubens irgendwelche wenig netten oder schmeichelhaften Eigenschaften unterstellen. Sie werden Vergleichbares von mir über Atheisten nicht finden. Übrigens schon deshalb nicht, weil ich in sehr jungen Jahren auch eine atheistische Phase durchlief, weswegen Ihr Wunsch, ich möge die Welt doch auch mal aus atheistischen Augen sehen, als längst erfüllt betrachtet werden kann.

Keiner verletzt meine Gefühle, nur weil er Elemente meines Glaubens kritisiert, attackiert oder auch einfach nur in den Dreck zieht. Der Un- oder Andersglaube anderer ist ebenso wenig mein Problem wie das Bedürfnis, sich an dem Glauben, der auch der meine ist, in welcher Form auch immer abzuarbeiten. Das soll jeder mit sich selbst ausmachen. Malt, zeichnet oder bildhauert Jesus in noch so abwertenden Zusammenhängen, stellt noch so provokante Thesen über Gott auf - euer Ding. Ich würde es euch vielleicht nicht empfehlen, aber hey, das ist ein freies Land, und jeder entscheidet selbst über sein Leben, auch sein ewiges... Mich irritiert allerdings, wenn jemand in dem Bemühen, sich gegen den Glauben Anderer abzugrenzen, diese mit abwertenden Begriffen versehen muss. Da fehlt mir dann doch die angebliche "Akzeptanz individueller Lebensentwürfe". Genau das war Anlass meines Kommentars, nicht mehr und nicht weniger.

--
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(Reinhard Mey)

Frank2000 Offline




Beiträge: 3.424

01.05.2017 02:42
#22 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Werter Werwohlf,
Der Ausgangspunkt war eine sachliche und unpersönliche Bemerkung in Beitrag 6 dieses Strangs. Auf diese kurze Bemerkung ist Daska eingegangen und unabhängig von der Einschätzung, warum genau die christliche Kirche in Deutschland jetzt genau die Zuwanderung von Moslems so forciert, gab es doch wenig Unterschied in der Wahrnehmung, dass die christliche Kirche der muslimischen Zuwanderung bemerkenswert offen gegenübersteht.

Ich habe dann lediglich noch Daskas Vermutung korrigiert, dass ich abwertende Attribute über deutsche Christen oder möglicherweise über Katholiken im speziellen gesagt hätte - was ich nicht getan habe. Ich habe mich abwertend über die ZUWANDERER geäußert und festgestellt, dass die hiesige Kirche sich wohl diesen Zuwanderern stärker verbunden fühlt, als mit den eigenen Mitbürgern und Nachbarn - nach meiner Vermutung wohl deswegen, weil letztere atheistisch sind und dieser Zuwanderung skeptisch gegenüberstehen.

Tatsächlich empfinde ich Religion aktuell für mich als bedrohlich. Friedliche Demonstranten (Pegida) und demokratisch aktive Bürger (Afd-Wähler) werden oft genug von Offiziellen der hiesigen christlichen Kirche völlig unchristlich verunglimpft und wie menschlicher Müll behandelt. Gleichzeitig werden die Zuwanderer VÖLLIG unkritisch gesehen, quasi seelig gesprochen und zu besseren Menschen glorifiziert. Exemplarisch sei das Verhalten der Offiziellen vom Kölner Dom genannt oder den Angriff auf unserer (sowieso schon geschwächten) Rechtsstaat durch das Kirchenasyl.
Meiner Meinung nach kann man bei dieser nationalen Katastrophe die Rolle der hiesigen Kirche gar nicht negativ genug sehen. Und damit greift "Religion" gleich doppelt mein Leben an: in Form der hiesigen Kirchen die das unterstützen und in Form der Einwanderung einer anderen hochgradig aggressiven Religion.

Unter diesen Umständen halte ich mich sogar für bemerkenswert zurückhaltend.

Im Beitrag 12 habe ich nach diesem Wortwechsel mit Daska dann lediglich noch meine Meinung zum Thema Religion im Allgemeinen geäußert. Das war deutlich, das gebe ich zu. Ein Hauch mehr Differenzierung wäre höflich gewesen.

Aber eine solche allgemeine Darstellung ist nichts anderes, absolut nichts anderes, als wenn jemand ein vernichtendes Urteil über die AfD sprechen würde, in der ich mal Mitglied war. Oder ein vernichtendes Urteil über VWLer sprechen würde oder über Autofahrer oder über Fleischesser. Alles Attribute, die auf mich zutreffen. Ich würde mich zwar über die Verallgemeinerung wundern, aber gut. Meinungsfreiheit.
Ich bin Materialist. Für mich ist "Glauben" wissenschaftlich erklärbar, also nicht nur die religiös begründeten Erklärungen werden immer weiter widerlegt (da befindet sich Religion ja in einem ewigen Rückzugsgefecht), sondern auch warum Menschen überhaupt glauben. Exemplarisch dazu Prog. Brugge:
https://m.youtube.com/watch?v=WMcJJ75sadY

(Sehr interessanter, aber auch langer und langatmiger Vortrag über neuropsychlogische Untersuchungen zur Wirkung des "Glauben")

Ansonste meide ich alle Themen, die sich mit Übersinnlichem beschäftigen, weswegen im Nachbarstrang "Reine Endlichkeit, ohne Himmel" kein Pieps von mir zu lesen ist.

Ich werde das Thema von meiner Seite aus endgültig schließen.
Freundliche Grüsse
Frank

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Ich bin bereit, über die Existenz von Einhörnern zu diskutieren. Aber dann verlange ich außergewöhnlich stichhaltige Beweise.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

04.05.2017 12:28
#23 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Frank2000 im Beitrag #22
Ich bin Materialist.
Eine steile Aussage, wenn man als Signatur "Kommunismus mordet" gewählt hat. Erstens basiert der Kommunismus selber auf nichts anderem als dem Materialismus. Gerade Marx selber hat seine Lehre wörtlich als materialistisch bezeichnet. Zweitens wenn man schreibt "mordet", nicht "tötet", also eine moralische Wertung dem materiellen Vorgang des Tötens zuspricht. Woher kommt denn diese moralische Wertung? Ist sie nicht neurophysiologisch widerlegt?

Zitat von Frank2000 im Beitrag #22
Für mich ist "Glauben" wissenschaftlich erklärbar, also nicht nur die religiös begründeten Erklärungen werden immer weiter widerlegt (da befindet sich Religion ja in einem ewigen Rückzugsgefecht), sondern auch warum Menschen überhaupt glauben. Exemplarisch dazu Prog. Brugge:
https://m.youtube.com/watch?v=WMcJJ75sadY
So hat sich auch Marx auf die "Wissenschaft" berufen. Er konnte und wollte nicht eingrenzen, welcher Disziplin Paradigma er für seine "Beweise" benötigte und wie weit deren Aussagemöglichkeiten reichen. Am Ende sind Marx' Texte gerade wegen seines Materialismus keine wissenschaftlichen Abhandlungen: Liest man seine Texte, in der er ellenlang Lohnwucher schildert, dann verspürt man selber und erkennt beim Autor eine ganz normale moralische Ablehnung über Unredlichkeit im Geschäftsverkehr, die im Gefühl der Empörung ihren Ausdruck findet. Ein Materialist wie Marx kann sich aber nicht eingestehen, daß es ein Reich der Ideen gibt, in der so etwas wie Gerechtigkeit wichtig ist und existiert, auch wenn sich gerade jemand nicht daran hält. Also erklärt er sich das Gefühl seiner Empörung materialistisch: Daß er doch zum Volk gehöre, die anderen wegen anderer materieller Merkmale nicht, daß Geschäftsverkehr an sich für das Volk spürbar schlecht sei und daher das Volk Geschäftsverkehr materiell unterbinden würde. Tatsächlich sind heutzutage materialistische Argumentationen höchst prävalent. Mit Wissenschaftlichkeit hat das nichts zu tun, weil zur Wissenschaft gehört, die Grenzen der wissenschaftlichen Disziplinen und Methoden zu erkennen und seinen Standpunkt auch der Ablehnung anderer auszusetzen.

Im Übrigens hat auch der Islam in seiner Letzbegründung materialistische Züge: Mohammed hat als Ausweis der Richtigkeit seiner Lehre insbesondere seine militärischen Erfolge angeführt. Als langfristiger Nachweis für die Eignung einer Philosophie reicht dies natürlich nicht, weil so jeder Straßenräuber argumentieren kann, auch der, der am Ende gestellt und gehenkt wird.

Dennis the Menace Offline




Beiträge: 459

04.05.2017 14:51
#24 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Emulgator im Beitrag #23
Zitat von Frank2000 im Beitrag #22
Ich bin Materialist.
Eine steile Aussage, wenn man als Signatur "Kommunismus mordet" gewählt hat. Erstens basiert der Kommunismus selber auf nichts anderem als dem Materialismus.


Nun ja, aber m.E. hat man es an dieser Stelle nicht mit einer Gleichung zu schaffen, bei der man die beiden Seiten beliebig tauschen kann, vielmehr mit einem Oberbegriff (Materialismus) und einem Unterbegriff (Kommunismus). Der Oberbegriff lässt indesen auch andere Unterbegriffe zu, die ihrerseits zueinander ungleich sein können.

Die große Materialismusmode war ja schon im 18., da war noch nix mit Marx, von der Antike ganz zu schweigen, wo dergleichen auch schon mächtig unterwegs war. Marx hat seine Doktorarbeit ja über Epikur geschrieben. Der war auch so einer, konnte indessen glücklicherweise (im mehrerlei Wortsinn) kein Marxist sein , Wutbürger Marx allerdings auch kein Epikureer .


Zitat von Emulgator im Beitrag #23



So hat sich auch Marx auf die "Wissenschaft" berufen. Er konnte und wollte nicht eingrenzen, welcher Disziplin Paradigma er für seine "Beweise" benötigte und wie weit deren Aussagemöglichkeiten reichen. Am Ende sind Marx' Texte gerade wegen seines Materialismus keine wissenschaftlichen Abhandlungen: Liest man seine Texte, in der er ellenlang Lohnwucher schildert, dann verspürt man selber und erkennt beim Autor eine ganz normale moralische Ablehnung über Unredlichkeit im Geschäftsverkehr, die im Gefühl der Empörung ihren Ausdruck findet.......


Ja, ganz richtig. Ein sehr trefflicher Hinweis darauf, dass im Grunde alle Materialisten das Wort SOLLEN aus dem Verkehr ziehen müssen. Auch Empörungen und Aufgeregtheiten passen nicht, denn wie kann die Materie was falsch machen, zum Beispiel einen so dämlichen Fehler wie den Kapitalismus veranstalten? Und dass die Materie mit Frau Merkel alles richtig gemacht hat glauben ja auch nicht alle. Wie kann es dazu kommen? Solche Probleme im Hinblick auf die Freiheitsfrage waren natürlich schon Epikur klar. Er hat sich diesbezüglich abenteuerliche Thesen über gewisse Atomabweichungen zusammengebastelt, zu denen es - man weiß nicht wie - kommen kann, nun ja. Eine wirklich befriedigende Antwort auf die Sein/Sollen-Differenz hat bisher noch kein Materialist geliefert, ich kenne jedenfalls keine.

lich
Dennis

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

04.05.2017 15:51
#25 RE: Aus gegebenem Anlaß Antworten

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #24
Nun ja, aber m.E. hat man es an dieser Stelle nicht mit einer Gleichung zu schaffen, bei der man die beiden Seiten beliebig tauschen kann, vielmehr mit einem Oberbegriff (Materialismus) und einem Unterbegriff (Kommunismus). Der Oberbegriff lässt indesen auch andere Unterbegriffe zu, die ihrerseits zueinander ungleich sein können.

Die große Materialismusmode war ja schon im 18., da war noch nix mit Marx, von der Antike ganz zu schweigen, wo dergleichen auch schon mächtig unterwegs war. Marx hat seine Doktorarbeit ja über Epikur geschrieben. Der war auch so einer, konnte indessen glücklicherweise (im mehrerlei Wortsinn) kein Marxist sein , Wutbürger Marx allerdings auch kein Epikureer .
Ja, das stimmt natürlich. Mir ging es darum, daß Materialismus alleine nicht konkret genug ist, um nicht zum Kommunismus abzugleiten. Es ist ja leicht, etwas abzulehnen, wenn man sich um die Frage einer Alternative drücken kann. Die Gretchenfrage würde also lauten: Welcher Materialismus?

Wenn man so will, unterscheiden sich ja die Materialismen darin, wo ihre Weltanschauung etwas der Realität ignoriert. Bei Marx ist es wie gesagt, daß er seine moralische Empörung sich nicht eingestehen konnte, nicht zulassen wollte, dieser Regung mit den zugehörigen "geistigen" Mitteln zu begegnen, sondern es in fehlerhafte sozioökonomische Theoriefindung materialisiert hat. Bei Epikur ist es wohl, daß er doch nicht so weit die Moral negiert hat, wie es seine (v.a. christlichen) Gegner ihm vorgeworfen haben.

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #24
Zitat von Emulgator im Beitrag #23
So hat sich auch Marx auf die "Wissenschaft" berufen. Er konnte und wollte nicht eingrenzen, welcher Disziplin Paradigma er für seine "Beweise" benötigte und wie weit deren Aussagemöglichkeiten reichen. Am Ende sind Marx' Texte gerade wegen seines Materialismus keine wissenschaftlichen Abhandlungen: Liest man seine Texte, in der er ellenlang Lohnwucher schildert, dann verspürt man selber und erkennt beim Autor eine ganz normale moralische Ablehnung über Unredlichkeit im Geschäftsverkehr, die im Gefühl der Empörung ihren Ausdruck findet.......


Ja, ganz richtig. Ein sehr trefflicher Hinweis darauf, dass im Grunde alle Materialisten das Wort SOLLEN aus dem Verkehr ziehen müssen. Auch Empörungen und Aufgeregtheiten passen nicht, denn wie kann die Materie was falsch machen, zum Beispiel einen so dämlichen Fehler wie den Kapitalismus veranstalten?
In der Tat wurde mir von einem "orthodoxen Marxisten" sinngemäß erklärt, daß sie ein Sollen in unserem Sinne so nicht kennen, als ich auf Widersprüche in den von mir wahrgenommenen Empörungen hingewiesen habe. Sie waren ein Mißverständnis von mir.*
In der echt marxistischen Darstellung gibt es deswegen kein moralisches Revolutionmachensollen. Es passiere ja sowieso, sei wissenschaftlich so vorausgesagt wie der Klimawandel. Den dämlichen Fehler Kapitalismus behebt die Materie also von selber. Natürlich würde es sich für uns als Nichtmaterialisten komisch anfühlen, wenn wir Lenin wären und die Entscheidung zu irgendwelchen revolutionären Mühen träfen. Warum sollten wir es tun? Es passiert doch sowieso?
Die Antwort ist, daß ein Lenin auch sich selber keinen Freien Willen zusprechen konnte --gebe es ja nicht, erklärt uns der Materialist und fände bestimmt auch eine neurophysiologische Erkenntnis, die er dahingehend interpretieren würde. Unser intiutives Gefühl, daß wir aus autonomen Willen eine Entscheidung treffen, ist in dieser Auffassung magisches Denken, die wir nur durch unser falsches Bewußtsein, die Indoktrination durch Pfaffen und Kapital, hätten. Deswegen stellte sich für einen Lenin die Frage so nie. Lenin war gewissermaßen in seinen Augen ein Agent eines zwangsläufigen Ablaufes. Das hat ihn auch aller moralischer Bedenken beim Töten (aus seiner Sicht ja kein Morden!) seiner Gegner enthoben.

Im übrigen sind die militanten Schulden des Islam auch in dieser Hinsicht ähnlich, weil auch dort ein freier Wille geleugnet wird.

Zitat von Dennis the Menace im Beitrag #24
Eine wirklich befriedigende Antwort auf die Sein/Sollen-Differenz hat bisher noch kein Materialist geliefert, ich kenne jedenfalls keine.
Und genau deswegen ist Materialismus Bockmist. Mit dem "nur das Materielle" Paradigma nimmt man sich vor, wesentliche Teile unserer Wirklichkeit und unseres intuitiven Empfindens und Denkens zu ignorieren oder umzuinterpretieren.

* Für den Marxisten, wurde mir erklärt, stellt sich die Frage nach der persönlichen Schuld eines Wucherers auch gar nicht. Übrigens gehe ich davon aus, daß auch viele des sozialistischen Fußvolkes diesem Mißverständnis anhängen. Wären alles Abweichler.

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