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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 4 Antworten
und wurde 713 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.547

02.07.2017 20:29
Jonathan Swift, "Platzregen in der Stadt" (1710) Antworten

Die Sonntage immer den Künsten!

Ein Gruß über drei Jahrhunderte hinweg.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Simon Offline



Beiträge: 334

02.07.2017 21:55
#2 RE: Jonathan Swift, "Platzregen in der Stadt" (1710) Antworten

Aufrichtigen Dank, Ulrich Elkmann, für diese aktuelle Darbietung in beinahe unübertrefflicher unterhaltsamer Vielfalt. Sie bereiteten mir einen schönen Sonntagabend. "Fernsehen und -hören" ganz nahe dabei auf gehobenster Ebene. Ich besitze aufgrund einer Grundsatzentscheidung keinen Fernseher mehr. Gäbe es aber in den ÖR mehrere solcher Sendungen, dann ...

Simon

Ulrich Elkmann Online




Beiträge: 14.547

03.07.2017 20:38
#3 RE: Jonathan Swift, "Platzregen in der Stadt" (1710) Antworten

Indessen sey vermerckt / wie selbiges Poeme von dem Swifft / zuvore traduciret worden durch Friedrich Polakovic, so namhafft als / Verteutscher etwan des Algernon Blackwood wie auch dem Mönche des Mattheo Gregorii Lewis, letztlich gar des hoch=berühmbten Franckensteine als auch des Ian Fleming Goldfinger, in dem Bande "London: Eine europäische Metropole in Texten und Bildern", durch Norbert Kohl ediret und an den Tag gegeben 1979 im Hause Insel / auch auffs Pericul hin, dass Referent hiebey den Kürtzeren möchte ziehen:

Wer sorgsam die Umgebung observirt,
Prognostoicirt uns, wann es regnen wird:
Dieweyl, wann's dräuend uns zu Häupten hängt,
Die Katz' den eig'nen Schweiff nicht länger fängt.
Kommt ihr deß Abends heim, so habet Acht,
Ob nicht der Ausguß doppelt stinckt zur Nacht!
Seyd weis' und unterlasst die Essens=Fahrt:
Der Kutscher frißt, was ihr am Wein erspart.
Es sticht das Hühner=Aug, wann's regnen will,
Dein hohler Zahn, er tobt und wird nicht still,
Auch steh'n die alten Schmertzen auff, o Graus:
Dem Wetter fluchend, sitzest du zu Haus.

Itzt hat der nasse Süd=Wind uns erreicht:
Querüber eine schwartze Wolcke streicht,
Vom Regen schwer, den sie nicht halten kann,
Dem Säuffer gleich, erleichtert sie sich dann.
Die frische Susan kömmt im Augenblick,
Und reisst die Wäsche von dem Wäsche=Strick,
Der erste Schauer streicht vorüber itzt,
Als wenn die Dienst-Magd mit dem Lappen sprützt.
Du fliehst und ruffst die Götter. Stehst verzagt:
Den Lappen weiterschwingend, singt die Magd.
Noch liegt der Regen mit dem Staub im Kampff:
Denn was da weht - ist's Staub? Ist's Wasser=Dampf?
"Zu Hülff!" rufft der bedürfftige Poet,
Dem's Staub und Wasser auff den Mantel weht:
Es ist der eintzige, den er besitzt,
Der Stoff wird rauh und gantz vom Koth besprützt!

Vom Himmel gießt´s hernieder weit und breit,
Als wär`die Stadt dem Untergang geweiht!
Es retten sich die Weyber vor'm Ersauffen
Ins Kauff=Gewölb, doch ohne was zu kauffen.
Vom Temple der geschniegelte Jurist
Bleibt unter Dach, bis wieder Sonne ist.
Und rufft auch dann och eine Kutsch' herbey.
Der armen Nätherinn ist's eierley:
Sie schürtzt sich auff, ob's regnet oder stürmt,
Und schreitet aus, vom Parapluie beschürmt.
Seht dort das Vor=Dach! Schauet all die Leut'!
Was nie sich kennt, das lernt sich kennen heut'.
Ob Tory oder Whig, das gilt nicht viel,
Wann einer die Perucken schonen wil!
Dort in der Sänfften sitzt der Beau und zittert,
Wann's ihm zu Häuptten über's Dach gewittert:
Ihm ist zu Muth wie jener Griechen Schaar,
Die im trojanisch Pferd verstecket war.
Und, als Laokoon mit der Lantz' gepocht,
Vor Schrecken schier zu athmen nicht vermicht'.

Von allen Seiten her die Rinn=Stein' schwell`n,
Die Fluthen von Trophäen überquell'n,
Man merckt's an Farbe, Form, und am Gestanck,
Von wo der Unflath könnt die Gass' entlang.
Als eine Sünd=fluth treibt`s den Dreck zuhauff,
Von Smithfield, von St. Pulchre's nimmt's den Lauff
Und fleußt zusammen an denn dem Snow-Hill Ridge,
Und stürtzt vornüber ab zur Holborn Bridge.
Viel Fleischer=Abfall, Mist, Gedärm und Blut,
Viel todt' Gethier, so Hunds= wie Katzen=Brut,
Mit Dreck und Schlamm vermischt treibt es vorbey
Als kunter=buntes Todes=Allerley!
(it 322, pp. 71-72)



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Simon Offline



Beiträge: 334

03.07.2017 21:41
#4 RE: Jonathan Swift, "Platzregen in der Stadt" (1710) Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #3
Indessen sey vermerckt / ... Pericul hin, dass Referent hiebey den Kürtzeren möchte ziehen:

Wer sorgsam die Umgebung observirt,
...



Gefahr besteht, doch ist der Rechtsstreit schon entschieden:
den Kürzern ziehet nimmer, der´s versucht´ hienieden.

Simon

Daska Offline




Beiträge: 245

04.07.2017 06:05
#5 RE: Jonathan Swift, "Platzregen in der Stadt" (1710) Antworten

Zitat
Als Coda bleibt vielleicht der Hinweis auf den ersten Film des holländischen Dokumetarfilmers Joris Ivens (1898-1989), zwischen 1927 und 1929 mit einer geliehenen 16mm-Kamera als stilistische Übung zum Thema entstanden: eine 12-minütige Bebilderung des Themas.­


Das Thema und der kleine Dokumentarfilm erinnern mich an Zarah Leander, die acht Jahre später Ich steh im Regen und warte auf Dich sang, was es ebenfalls als Clip in Schwarzweiß gibt.

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