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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 9 Antworten
und wurde 906 mal aufgerufen
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dirk Offline



Beiträge: 1.538

21.08.2017 22:04
Rechtsgrundlage II Antworten

Am 30.1.2016 zitierte ich hier aus 27a Asylverfahrensgesetz:

Zitat von §27a AsylverfG
Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.



ich wertete dies als Beleg fuer einen massiven Rechtsbruch seitens der Bundesregierung.

Anscheinend war sich die Regierung dieser Problematik bewusst und hat diesen Paragraphen mit Wirkung zum 6.8.2016 abgeschafft und durch viel weichere Vorschriften ersetzt,

Nun ist es angesichts des krassen Medienversagens zwar nicht mehr erstaunlich, dass ueber diese dadurch ermoeglichte Ausweitung der Asylgewaehrung nicht berichtet wurde. Erwaehnenswert ist es dennoch. Allerdings ist die Aenderung/Abschaffung an sich ein weiteres Indiz, dass §27a AsylverfG tatsaechlich der Hebel ist, die Regierung anzuklagen.

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

21.08.2017 22:47
#2 RE: Rechtsgrundlage II Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #1
Am 30.1.2016 zitierte ich hier aus 27a Asylverfahrensgesetz:

Zitat von §27a AsylverfG
Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.


ich wertete dies als Beleg fuer einen massiven Rechtsbruch seitens der Bundesregierung.

Anscheinend war sich die Regierung dieser Problematik bewusst und hat diesen Paragraphen mit Wirkung zum 6.8.2016 abgeschafft und durch viel weichere Vorschriften ersetzt,



Verraten Sie mir, was daran viel weicher ist?

dirk Offline



Beiträge: 1.538

21.08.2017 23:42
#3 RE: Rechtsgrundlage II Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #2

Verraten Sie mir, was daran viel weicher ist?


Es wird nach erst nach Anhoerungen vom Bundesamt ueber die Zulaessigkeit entschieden. Das beinhaltet einen diskretionaeren Entscheidungsspielraum. Nach der vorherigen Vorschrift war der Antrag unzulaessig, das heisst die (Un-)Zulaessigkeit wurde, dem Wortlaut nach, festgestellt, aber nicht entschieden.

Der ganze neue Paragraph erscheint mir absurd. (Un-)zulaessigkeit wird formal festgestellt. Wenn aber nach Anhoerung ueber Zulaessigkeit "entschieden" wird, dann ist der Antrag angenommen und das, was unter "Zulaessigkeitspruefung" betrachtet, wird einfach nur ein weiteres Kriterium in der Entscheidung ueber den Antrag. Aber vielleicht sollte ich mich daran gewoehnen, dass der Gesetzgeber A sagt und B meint.

Martin Offline



Beiträge: 4.129

22.08.2017 07:46
#4 RE: Rechtsgrundlage II Antworten

Auf den ersten Blick sehe ich auch keine 'Weichspülung'. Für den zweiten Blick fehlt mir die Expertise. Ich gehe aber davon aus, dass auch bisher irgendeine Behörde die Feststellung gemacht hat, ob die gelisteten Kriterien zutreffen. Das Gesetz erweitert den Personenkreis, der entscheiden darf, 'geschultes' Personal reicht aus. Dies kann der Not gehorchen, dass das bisher eingesetzte Personal (Beamten) überlastet ist.

Ich kann mir keinen Reim darauf machen, warum der allgemein gefasste Hinweis auf 'Rechtsvorschriften der EG' nun spezifiziert wurde, und warum man den Prüfprozess in ein Gesetz fassen musste, was m.E. eher den Charakter einer Verordnung hat.

Viel interessanter wäre es zu wissen, was genau die Anhörung umfasst: Da der Beantragende ja kaum vom Himmel gefallen sein kann bleiben nicht viele Möglichkeiten, nicht aus einem sicheren Drittstaat eingereist zu sein. Daher ist interessanter, wer den Nachweis der Einreise führen muss. Es kann ja jeder behaupten, er sei in Bremerhaven an Land geschwommen. Da bei illegaler Einreise ein Nachweis schwierig sein kann kann die Sache (auch bisher) komplizierter werden. Notfalls muss jeder Illegale noch schnell in die Nordsee hüpfen und an Land gehen, bevor er seinen Antrag stellt . Helfer wird er auch dafür genug finden.

Gruß, Martin

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

22.08.2017 21:26
#5 RE: Rechtsgrundlage II Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #3
Zitat von Noricus im Beitrag #2

Verraten Sie mir, was daran viel weicher ist?


Es wird nach erst nach Anhoerungen vom Bundesamt ueber die Zulaessigkeit entschieden. Das beinhaltet einen diskretionaeren Entscheidungsspielraum.


Nein. Zum einen findet beim Unzulässigkeitstatbestand nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG keine Anhörung statt, zum anderen dient die Anhörung des Ausländers bei den anderen Tatbeständen gerade dazu, zur Feststellung beizutragen, ob der Unzulässigkeitstatbestand überhaupt vorliegt.

Zitat von dirk im Beitrag #3
Nach der vorherigen Vorschrift war der Antrag unzulaessig, das heisst die (Un-)Zulaessigkeit wurde, dem Wortlaut nach, festgestellt, aber nicht entschieden.


Die Entscheidung über die Unzulässigkeit bleibt aber eine Feststellungsentscheidung und wird keine Leistungs- oder Rechtsgestaltungsentscheidung. Auch eine Feststellungsentscheidung ist eine Entscheidung.

Zitat von dirk im Beitrag #3
(Un-)zulaessigkeit wird formal festgestellt. Wenn aber nach Anhoerung ueber Zulaessigkeit "entschieden" wird, dann ist der Antrag angenommen und das, was unter "Zulaessigkeitspruefung" betrachtet, wird einfach nur ein weiteres Kriterium in der Entscheidung ueber den Antrag.


Nein. Wenn z.B. in einem Gerichtsverfahren in einem sog. Zwischenstreit über die eingewendete Unzulässigkeit der Klage verhandelt wird, bedeutet dies keine Stattgabe der Klage, sondern das Gericht gewährt rechtliches Gehör, um sich in die Lage zu versetzen, über die Unzulässigkeit der Klage zu entscheiden. Dies ist dann kein weiteres Kriterium in der Sach-Entscheidung über das Klagebegehren, sondern es wird zunächst nur über die (formale) Zulässigkeit/Unzulässigkeit entschieden.

dirk Offline



Beiträge: 1.538

23.08.2017 11:13
#6 RE: Rechtsgrundlage II Antworten

Zitat von Noricus im Beitrag #5

Die Entscheidung über die Unzulässigkeit bleibt aber eine Feststellungsentscheidung und wird keine Leistungs- oder Rechtsgestaltungsentscheidung. Auch eine Feststellungsentscheidung ist eine Entscheidung.


Ich kann mit dem Begriff "Feststellungsentscheidung" nichts anfangen. Entweder etwas ist eine Feststellung oder eine Entscheidung. Umgansgsprachlich mag man von aussen eine Feststellung eines Gerichts als Entscheidung bezeichnen, aber beide Begriffe bezeichen verschiedene Sachverhalte. Zumal wenn die Bezeichnung en"von innen", also innerhalb der Legislativenbzw. Judikativen angewendent werden.

Die neue Formulierung laesst es zu, ueber die Zulaessigekeit zu entscheiden, e.g. in dem man die Zustaendigkeit nicht bloss festellt sondern via Selbsteintrittsrecht uebernimmt (also "entscheidet").

Noricus Offline



Beiträge: 2.362

23.08.2017 20:44
#7 RE: Rechtsgrundlage II Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #6
Ich kann mit dem Begriff "Feststellungsentscheidung" nichts anfangen. Entweder etwas ist eine Feststellung oder eine Entscheidung.


Juristisch gesehen bzw. in der Juristensprache ist das nicht so. Ein Feststellungsurteil oder ein Feststellungsbescheid sind natürlich Entscheidungen. Was denn sonst?

Was Ihnen hier möglicherweise Bauchschmerzen bereitet, ist, dass bei einer Leistungsentscheidung (z.B. Steuerbescheid) und einer Rechtsgestaltungsentscheidung (z.B. Baugenehmigung) durch die Entscheidung die Rechtslage in einem gewissen Sinn verändert wird. Ich muss aufgrund des Steuerbescheides x Euro Steuern bezahlen, ich darf aufgrund der Baugenehmigung mein Haus errichten. Die Feststellungsentscheidung hingegen verändert die Rechtslage nicht in dem vorgenannten Sinn: Ein Feststellungsbescheid über den Grad der Behinderung macht seinen Adressaten nicht zum Behinderten, um ein plakatives Beispiel zu verwenden.

Zitat von dirk im Beitrag #6
Die neue Formulierung laesst es zu, ueber die Zulaessigekeit zu entscheiden, e.g. in dem man die Zustaendigkeit nicht bloss festellt sondern via Selbsteintrittsrecht uebernimmt (also "entscheidet").


Sie missverstehen dies. Die Behörde kann ihre eigene Zuständigkeit nicht durch eine Rechtsgestaltungsentscheidung begründen.

Emulgator Offline



Beiträge: 2.875

24.08.2017 12:39
#8 RE: Rechtsgrundlage II Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #3
Zitat von Noricus im Beitrag #2

Verraten Sie mir, was daran viel weicher ist?


Es wird nach erst nach Anhoerungen vom Bundesamt ueber die Zulaessigkeit entschieden. Das beinhaltet einen diskretionaeren Entscheidungsspielraum. Nach der vorherigen Vorschrift war der Antrag unzulaessig, das heisst die (Un-)Zulaessigkeit wurde, dem Wortlaut nach, festgestellt, aber nicht entschieden.

Nein, das ist nicht die Weichspülung. Die Weichspülung ist, daß der Inhalt von §27a nun in §29 steht und der alte §29 und dessen Begriff eines "unbeachtlichen Asylantrages" ersatzlos weggefallen ist (sofern ich nichts übersehe). Unbeachtlich war ein Antrag, wenn der Antragsteller aus einem sonstigen Drittland eingereist ist, in dem er "offensichtlich" sicher war und in das er abschoben werden könnte.

Der Mörder vom Breitscheidplatz hatte übrigens so einen unbeachtlichen Asylantrag gestellt. Nur, weil die NRW-Behörden meinten, sie würden die Abschiebung binnen 3 Monaten nicht schaffen, ist sein Asylantrag in Bearbeitung geblieben. Ansonsten hätte der Anschlag in Berlin nicht stattgefunden.

In der heutigen Rechtslage ist dieses beschleunigte Nichtanerkennungs- und Abschiebeverfahren, das damals nicht genutzt wurde, gar nicht mehr vorgesehen. M.E. ist das eine massive Verschlechterung der Rechtslage hin zu mehr "Spam-Anträgen".

dirk Offline



Beiträge: 1.538

22.09.2017 10:08
#9 RE: Rechtsgrundlage II Antworten

Gutachten sieht unklare Rechtsgrundlage für Grenzöffnung (via Welt.de)


Zitat
Wenige Tage vor der Bundestagswahl sorgt ein Gutachten zur Flüchtlingskrise für Aufregung. Ausgerechnet die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages stellen darin die Frage, ob das Parlament im Herbst 2015 nicht über den Massenzuzug hätte abstimmen müssen. Die Juristen des Parlaments stellen fest, dass die Bundesregierung bis heute nicht erklärt hat, auf welcher Rechtsgrundlage sie damals entschied.

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

22.09.2017 20:23
#10 RE: Rechtsgrundlage II Antworten

Zitat von dirk im Beitrag #9
Gutachten sieht unklare Rechtsgrundlage für Grenzöffnung (via Welt.de)


Zitat
Wenige Tage vor der Bundestagswahl sorgt ein Gutachten zur Flüchtlingskrise für Aufregung. Ausgerechnet die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages stellen darin die Frage, ob das Parlament im Herbst 2015 nicht über den Massenzuzug hätte abstimmen müssen. Die Juristen des Parlaments stellen fest, dass die Bundesregierung bis heute nicht erklärt hat, auf welcher Rechtsgrundlage sie damals entschied.



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(Reinhard Mey)

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