Drive to Keep Going On Any Given Day, Millions of U.S. Residents Over 65 Stay Home Because They Don't Have Transportation. The Race Is on to Change That.
By Fredrick Kunkle Washington Post Staff Writer Saturday, December 8, 2007; Page B01
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The number of senior citizens is expected to double by 2030. As that population swells, experts said, so will the need for new ways to get around as more people live well beyond the age when they quit driving. A 2002 study by the National Institute on Aging found that about 600,000 people who are 70 or older stop driving every year and become dependent on other forms of transportation.
Da wird ein meines Erachtens unterschätztes Problem angesprochen, dear Reader, das auch in Europa nicht genügend gesehen wird: Wie bleibt man mobil, wenn man nicht mehr selbst Auto fährt?
Öffentlicher Nahverkehr - aber der ist ja alles andere als altenfreundlich. Wenn ich manchmal sehe, wie ein Opi oder ein Muttchen versucht, rechtzeitig aus der Straßenbahn zu kommen, bevor die Türen sich automatisch schließen; oder wie Busfahrer rücksichtslos losfahren, wenn jemand nicht rechtzeitig eingestiegen ist - das ist nicht gerade eine Einladung an alte Menschen, den ÖPNV zu benutzen.
Also bleibt das Taxi; und das ist dann eine Frage des verfügbaren Einkommens.
Ich fand beeindruckend, wieviele Initiativen es in den USA (anders als in Deutschland) schon gibt, um mit dem Problem fertigzuwerden: Gutscheine für verbilligtes Taxifahren, Paratransit für Behinderte, Freiwillige, die Alte und Behinderte fahren usw.
In den USA ist das wohl deshalb besser als hier, weil man weniger auf "den Staat" vetrauen kann. Also müssen die lokalen Behörden, müssen Private sich mehr um ihre Mitmenschen kümmern.
Freilich ist der ÖPNV insgesamt in den USA wohl viel weniger ausgebaut als bei uns, weil eben die Automobildichte höher ist. Und solange man jung und gesund ist und immer sein Auto zur Verfügung hat, ist das ja auch OK.
Zitat von ZettelIn den USA ist das wohl deshalb besser als hier, weil man weniger auf "den Staat" vetrauen kann. Also müssen die lokalen Behörden, müssen Private sich mehr um ihre Mitmenschen kümmern.Zettel
Du hast sicher Recht, was die von Staatswegen angebotene Unterstützung angeht.
Es ist nun allerdings nicht so, wie mir immer wieder entgegengehalten wird, dass der amerikanische Staat, auf Bundes- als auch Landesebene, seine bedürftigen Bürger überhaupt nicht unterstützen würde. Der größte Unterschied zwischen einem Amerikaner und einem europäischen Bürger liegt aber meiner Erfahrung nach in der unterschiedlichen Erwartungshaltung.
Der Europäer, - man verzeihe mir die Generalisierung -, erwartet, um nicht zu sagen verlangt, vom Staat Unterstützung in sehr vielen Lebenslagen. Trotz hoher Steuerabgaben an den Staat und hoher Sozialabgaben, hat dieser aber nur begrenzte Mittel, und die versucht er zu rationieren. In Deutschlands südlichem Nachbarland Österreich gibt es neuerdings eine Verordnung, dass staatliche Pflege nur demjenigen gewährt werde, der kein Vermögen über der Summe von 7,000 Euro besitzt. Das klingt vordergründig einleuchtend, abgesehen von einer mir arbiträr scheinenden Festsetzung des Betrags. Mir scheint hingegen, dass diese Obergrenze diejenigen benachteiligt, die sozusagen dumm genug waren, ihr Lebenseinkommen so zu verwalten, dass sie den Lebensabend in relativer materieller Sicherheit verbringen können und diejenigen begünstigt, die gelernt haben, geschickt die Gewässer des Sozialstaats zu navigieren.
Ein Amerikaner hegt in der Regel eher Abneigung gegen eine Einmischung des Staats in seine Angelegenheiten. Er möchte sein Leben selbst gestalten, auch was den Lebensabend betrifft. Er zahlt in der Regel weniger Abgaben, legt das daraus resultierende höhere Einkommen aber auch vorausplanend an (gewisse Anlagen werden vom Staat durch Steuerbegünstigung bzw. -geschenke gefördert, u.a. College Funds für Kinder, Darlehen für Eigenheime, private Altersvorsorge). Er sieht sich als eigenverantwortlicher, mündiger Bürger, und der Staat unterstützt und fördert dieses Denken.
Dies nur ein paar Gedanken, aus derselben Motivation heraus, aus der ich auf den obigen Artikel hingewiesen habe, nämlich als kleinen Blick in den Nachbargarten. Ich möchte weder das eine noch das andere System verallgemeinernd loben oder kritisieren. Wahr ist, dass es praktisch unmöglich ist, ein System bzw. eine Gesellschaft mit einer anderen zu vergleichen, man tappt allzu schnell in die Äpfel mit Orangen Falle.
Zitat von ReaderDer Europäer, - man verzeihe mir die Generalisierung -, erwartet, um nicht zu sagen verlangt, vom Staat Unterstützung in sehr vielen Lebenslagen. (...) Ein Amerikaner hegt in der Regel eher Abneigung gegen eine Einmischung des Staats in seine Angelegenheiten. Er möchte sein Leben selbst gestalten, auch was den Lebensabend betrifft.
Ich habe mich oft gefragt, wo dieser Unterschied zwischen Amerikanern und Europäern eigentlich herkommt.
Daß man in den USA auf sich selbst vertraut, hat die offensichtliche Ursache, daß alle Amerikaner Einwanderer sind oder von Einwanderern abstammen. Menschen also, die genug auf sich selbst vertrauen, um in einem anderen Land neu anzufangen.
Und dann hatten die USA das ungeheure Glück, mit Jefferson, Madison, Hamilton u.a. Verfassungsväter zu haben, die weit gebildeter waren als z.B. die Protagonisten der Französischen Revolution, und die es auf Anhieb schafften, die Prinzipien der Aufklärung in politische Realität umzusetzen. Also der Freiheit des Einzelnen.
Aber woher kommt diese Unfähigkeit vieler Europäer, auf sich selbst zu vertrauen? Vielleicht liegt es an der langen Tradition der Unfreiheit fast überall in Europa. Daß Deutschland eine schwache demokratische Tradition hat, weiß ja jeder. Aber entgegen dem Getöne ist die französische kaum stärker; funktionierende Demokratien hatte Frankreich nur selten. Dasselbe gilt für Italien, das eigentlich noch nie ein wirklich funktionierendes demokratisches System hatte.
Also entwickelten, scheint mir, diese Europäer ein Verhältnis zum "Vater Staat" wie manche Kinder zu ihren Eltern. Sie erwarten von ihm alles, und zugleich begehren sie auf wie die Pubertierenden, schimpfen ständig auf "die da oben", halten nichts "von der ganzen Politik".
Diese Gestalt des Philisters, des meckernden Kleinbürgers gibt es sicherlich auch in den USA. Aber ich vermute, daß sie nicht so dominierend ist wie bei uns.
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