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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 6 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Noricus Offline



Beiträge: 2.362

24.01.2019 20:15
Aus der Schwalbenperspektive (19): Ist der Handball der bessere Fußball? Antworten

Ein Artikel über Handball und Fußball. Darüber, ob der Beitrag auch Hand und Fuß hat, möge die geschätzte Kommentatorenschaft sinnieren.

Werwohlf Offline




Beiträge: 997

25.01.2019 00:59
#2 RE: Aus der Schwalbenperspektive (19): Ist der Handball der bessere Fußball? Antworten

Selbstverständlich hat der Beitrag Hand und Fuß. Im Grunde sind Hand- und Fußball wirklich Antipoden. Das einzig Gemeinsame ist die Tatsache, dass es sich im einen Ball dreht, der in ein Tor zu befördern ist. Wo wollen wir bei den "systemischen" Unterschieden anfangen?

Da wäre einmal die Anzahl der Spieler: 6 Feldspieler plus 1 Torwart (oder neuerdings auch 7 Feldspieler ohne Torwart) beim Handball, 10 Feldspieler und 1 Torwart beim Fußball. Also ein Verhältnis von 10:6 aus Sicht des Fußballs, oder 1,67:1. Ein Handballfeld ist maximal 384 qm groß, ein Fußballfeld aber 10.800 qm, das macht ein Verhältnis von 10.800:384, also 28,1:1. Das heißt, ein Handballer hat mehr Einfluss als ein Fußballer, angefangen bei der Mannschaftsgröße, bis hin zum wirklich krassen Unterschied bei den Feldgrößen pro Spieler. Weil dem so ist, sind Zeitstrafen beim Handball eine wirkungsvolle Maßnahme. Die aber mangels Endgültigkeit nicht in der Lage ist, ein Spiel komplett neu auszurichten. Deswegen kann man sie auch leichter aussprechen, und das ist dann auch der Grund, warum die unfeinen Szenen, die Fußballfans zu beklagen haben, im Handball wesentlich weniger auftreten: Wer motzt oder sich sonstwie daneben benimmt, darf 2 Minuten raus. Wer dagegen protestiert, kriegt auch 2 Minuten. Die meisten Handballspieler haben das so verinnerlicht, dass sie gar nicht mehr auf den Gedanken kommen, irgendwas zu kopieren, was ihnen die schauspielerisch anspruchsvolleren Fußballer so vorzumachen pflegen.

Dann ist dieser Sport eine regionale Angelegenheit. Ein paar arabische Länder, Brasilien und ansonsten vor allem Nord-, Mittel- und Osteuropa plus Spanien, plus Russland. Fußball hingegen ist im Grunde der einzige Sport mit weltweiter Popularität. Das wirkt sich auch auf Vermarktungen aus, und demzufolge hat ein Star im Fußball einen ganz anderen Stellenwert als ein Star im Handball. Nicht von ungefähr liegen die Leuchttürme des deutschen Handballs eher in der Provinz: Kannte man früher vor allem Namen wie Gummersbach oder Großwallstadt, setzten sich jüngst vor allem Mannschaften aus Kiel, Flensburg und Mannheim ("Rhein-Neckar") durch. Die einzige deutsche Großstadt, die auch im Handball eine Rolle spielt, ist Berlin mit den "Füchsen". Ein Versuch, auch Handball unter dem Label "HSV" in Hamburg zu etablieren, scheiterte krachend mit einer Insolvenz. Insgesamt also ist Handball nicht ganz so professionell organisiert wie Fußball, was dann auch seinen Reiz ausmacht. Dennoch wimmelt es in der deutschen Handballliga von "Legionären". Die deutsche Liga gilt noch als die mit dem meisten finanziellen Potenzial, und so entscheiden sich skandinavische Klasse-Handballer gerne dafür, nach Kiel oder Flensburg zu gehen, wo sie es nicht so weit bis nach Hause haben, während der Rest der Liga seinen Bedarf aus dem östlicheren europäischen Angebot zu decken pflegt. So weit, dass Summen geboten werden, die sämtliche familiären oder sonst regionalen Aspekte komplett verblassen lassen, ist man im Handball (siehe oben unter "Vermarktungspotenzial") ganz klar nicht.

Also ist es kein Kunststück, dass uns der Handball als der deutlich bodenständigere Sport erscheint. Harter Körperkontakt auf der einen steht eher durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten auf der anderen Seite gegenüber. Wer sich also dennoch für diesen Sport entscheidet, hat damit schon mal ein Statement gesetzt. So sehen es auch die Mitspieler, und deswegen muss schon die Hölle zufrieren oder ein überforderter Trainer die Verantwortung tragen, damit aus den in Frage kommenden knapp unter 20 Spielern kein Mannschaftsgeist entsteht, der die Leute auf den Tribünen mitzureißen im Stande ist.

Die Dramatik ist natürlich auch eine andere. Im Fußball kommt einem Tor eben wegen des vergleichsweise üblen Verhältnisses von Größe des Spielfelds zu Anzahl der Spieler eine viel größere Bedeutung zu. Enden Handballspiele gerne mal bei um die 30 Toren für beide Seiten, können Fußballspiele da auf keinen Fall mithalten, denn da ist vom torlosen Spiel bis zum 1:0 oder 2:1 alles möglich, was einen Handballer lediglich veranlassen würde, nur wenige gespielte Minuten anzunehmen. Im Handball kommt man weiter, wenn man konstant in einer Situation, die sich einem immer wieder stellt, die richtigen Entscheidungen trifft, während im Fußball alle Entscheidungen den Charakter der Einzigartigkeit haben und damit für sich jeweils um so bedeutender sind. Manche sagen, deswegen sei Handball "gerechter" oder wenigstens "weniger vom Zufall abhängig". Dafür spricht viel. Aber gerade diese größere Unsicherheit könnte es auch sein, die Fußball weiter so populär sein lässt. Mal völlig abgesehen von der Tatsache, dass sich Formen des Fußballs in allen denkbaren Formen weltweit jeden Tag aufs Neue konstituieren können. Zum Beispiel in der Form von bolzenden Kids, die nur eine Cola-Dose als Spielmaterial und ein paar Rucksäcke als Torbegrenzung aufbieten können. Der Tritt gegen das runde Spielgerät ist in einer Welt mit Gravitation die naheliegendste Form der spielerischen Auseinandersetzung. Um den Rest streiten sich die anderen.

Da haben wir mit Handball wenigstens einen Sport, der auf eine lange Tradition zurück blicken kann und wegen seiner Nähe zur Provinz im Land verwurzelt ist. Das packt, wie man unschwer zugeben muss, die Leute jeweils wirklich, und der Abstand zwischen Spieler und Publikum ist gering genug, dass es den Spieler problemlos als einen der seinen annehmen kann.

Das ist schon das komplette Geheimnis, und das Schöne ist, dass wir uns auch bei der Dramaturgie nie auf ewig entscheiden müssen.

--
Bevor ich mit den Wölfen heule, werd‘ ich lieber harzig, warzig grau,
verwandele ich mich in eine Eule oder vielleicht in eine graue Sau.
(Reinhard Mey)

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

25.01.2019 09:27
#3 RE: Aus der Schwalbenperspektive (19): Ist der Handball der bessere Fußball? Antworten

Handball ist ja eine ganz nette Sportart.
Aber mit einigen wenigen Verbesserungen könnte er wirklich gut werden.

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

25.01.2019 11:26
#4 RE: Aus der Schwalbenperspektive (19): Ist der Handball der bessere Fußball? Antworten

Zitat von R.A. im Beitrag #3
Handball ist ja eine ganz nette Sportart.
Aber mit einigen wenigen Verbesserungen könnte er wirklich gut werden.
Also nee, also wirklich! Das ist ein abseitiger Nebenkriegsschauplatz. Es geht um etwas ganz anderes, nämlich folgendes.

Vorschläge zu einer Reform sowohl des Fußball- wie des Handballsportes:

• Als erstes müssen die Mannschaften räumlich getrennt werden, damit es keine Schwalben, keine Kreuzbandrisse, keine ausgeschlagenen Zähne keine Empörung über Karten mehr gibt. Wofür hat man überhaupt zwei Spielfeldhälften, wenn nicht darum, dass jede Mannschaft in der ihren bleibt?
• Tore sind verletzungsträchtig, hässlich anzusehen und auch überflüssig: denn trennt man die Mannschaften, kann ganz einfach der Boden zum Tor werden.
• Um die Torerzielung zu erschweren, muss der Ball dann allerdings verhältnismäßig weit von oben kommen. Das lässt sich einfach mit einem Netz zwischen den Spielfeldhälften erzwingen.
• Hände sind zum Greifen fähig, weswegen der Mensch Bierkästen tragen kann. Für den Mannschaftssport eignet sich das private Herumtragen des Spielgerätes aber nicht. Wer einen Ball bekommt, muss ihn sofort wieder abgeben, nur so entsteht ein echtes Zusammenspiel. Diven, die alles allein machen wollen, haben so keine Chance mehr.
• Anstelle des Affentheaters um den Abpfiff bzw. das Taktieren in den letzten 5 Sekunden zählt man vernünftigerweise die Treffer. Dann braucht man nicht mal eine Uhr.
• Wer herumrennen möchte, soll zur Leichtathletik gehen. Schiedsrichter gehören auf Hochsitze; dass solche älteren Herrschaften auf dem Platz hin- und herrennen ist unzumutbar und untergräbt wegen Lächerlichkeit auch die Autorität.
• Allwettertauglichkeit! Manchmal ist die muffige Halle allen doch am liebsten. Aber man soll natürlich genausogut auf Sand und sogar Schnee spielen können. (Damit wird dann zugleich der größte Teil des bisherigen "Wintersports" überflüssig.)
• Da Bälle manchmal beim Waschen einlaufen und dann nicht mehr recht mit der Hand geschlagen werden können, sind auch Varianten mit Schlägern vorzusehen.
• Als Übergangslösung für alle, denen der Abschied vom veralteten Fuß-/Handball noch etwas schwerfällt, kann man auch zum Umgewöhnen statt des Netzes in der Mitte zwei Höhenbegrenzer an den Spielfeldenden aufstellen, über die der Ball geschossen werden muss. Allerdings sollte rasch zum echten Ballsport übergegangen werden.

Florian Offline



Beiträge: 3.136

25.01.2019 12:47
#5 RE: Aus der Schwalbenperspektive (19): Ist der Handball der bessere Fußball? Antworten

Zitat von Kallias im Beitrag #4
Allerdings sollte rasch zum echten Ballsport übergegangen werden.



Ich weiß nicht, was daran so toll sein soll.
Einzig der Spieler bei 2:40 im Video hat m.E. das richtige Körperteil am Ball...

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

25.01.2019 13:37
#6 RE: Aus der Schwalbenperspektive (19): Ist der Handball der bessere Fußball? Antworten

Zitat von Florian im Beitrag #5
Zitat von Kallias im Beitrag #4
Allerdings sollte rasch zum echten Ballsport übergegangen werden.



Ich weiß nicht, was daran so toll sein soll.
Einzig der Spieler bei 2:40 im Video hat m.E. das richtige Körperteil am Ball...
Doktrinär, Sie!

Ich hätte allerdings folgendes zur Klarstellung hinzufügen müssen:

• Die Körperteilfixierung muss überwunden werden. Jedes Körperteil ist geeignet, einen Ball zu bewegen. Damit verschwinden die furchtbaren Debatten, ob eine Ballberührung "Handspiel" war oder nicht.

crastro Offline



Beiträge: 212

25.01.2019 14:01
#7 RE: Aus der Schwalbenperspektive (19): Ist der Handball der bessere Fußball? Antworten

Mein Dank an Noricus für den von mir als sehr ordentlich empfundenen Beitrag.Als Betroffener mit über 40 Jahren Erfahrung in diesem Sport als Spieler und Trainer darf ich dem geschätzten Kollegen noch eine kleine Ergänzung hinzufügen:
- Handball ist ein Trainingssport, weit mehr als beim Fussball. Talent ist zwar wie immer hilfreich, aber bei weitem weniger erforderlich. Es genügen ein paar einfache körperliche Voraussetzungen. Wer sehr klein ist kann nur auf "Aussen" reüssieren oder muss in weiter unten liegenden Klassen spielen.Alles andere wird, im wahrsten Sinne des Wortes "erarbeitet". Deshalb haben Handballer früher häufiger als die fussballerischen Kollegen trainiert. Das hat sich heute, zugegeben, angeglichen.
Der Umgang sowohl mit den Mitspielern als auch dem Gegner ist weit weniger aggressiv inner-/ausserhalb des Feldes- kurz: gibts kaum,obwohl es anders aufs Publikum wirken mag.Wirklich grobe bewusste Fouls kommen extrem selten vor.Dinge wie "Stargehabe" oder alles in der Richtung gibts aus einem einfachen Grund nicht: Selbst ein "Superstar" ist nichts, aber auch gar nichts ohne seine Mitspieler; er kann alleine praktisch gar nicht glänzen.Daher gibts auch bei weitem weniger Neid. Was der Mitspieler kann, sieht jeder im Training und gönnt demjenigen deshalb auch, mehr zu verdienen.Zu meiner Zeit haben übrigens die "Stars" tatsächlich auch mehr trainiert als die "Mitläufer".In den Anfangszeiten der Bundesliga gabs zudem mur extrem wenige, die mehr verdient haben- es wurde immer recht gleichmässig auf die Mannschaft verteilt.Das hat sich natürlich geändert.Es ist aber immer noch so, daß die Spieler es als eine Art "Ehre" empfinden, einen Klassemann in der Truppe zu haben und von dem abzukupfern.Übrigens müssen Trainer ihre Lizenzen regelmässig erneuern. Bei diesen Veranstaltungen sind zudem die Teilnehmer bunt gemischt aus fast allen Ligen; da bleibt der Bezug zur Basis erhalten und vieles kommt sehr schnell "unten" an.
Ein Wort noch zu den Torhütern: Praktisch kann JEDER einen guten TW abgeben- die nötigen Reflexe hat praktisch wirklich jeder. Was nicht jeder kann ,ist, dem natürlichen Reflex des "Ausweichens" eines auf sich zufliegenden Gegenstandes- hier ein Ball mit knapp einem Pfund Gewicht, der mit gut 100 km/h teilweise aus extrem kurzer Entfernung auf einen zufliegt, nachzugeben. Wer das kann, der wird auch einen passablen Torhüter abgeben.Nur Trainingssache.

Nachtrag: Nicht sehr viele werden noch wissen, daß früher Handball tatsächlich auf dem Fussballfeld gespielt wurde. Die Regelunterschiede waren gering. Es gab damals auch Zuschauerzahlen, die vom Fussball nicht sehr weit entfernt waren(mal "Feldhandball" googeln, wers wissen will).Nur wars eben deutlich mehr wetterabhängig. Wer mal versucht hat, mit einem nassen Lederball zu agieren, der weiss, was ich meine.

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