Ludwig Weimer nimmt in seinem neuen Beitrag Ulrich Elkmanns Artikel "A small step for a man..." zum Anlass, über die Relativierung des christlichen Glaubens durch das riesige und womöglich von allerhand Lebewesen bevölkerte Weltall nachzudenken.
Lieber Hr. Weimer! - Ich habe mit Erstaunen ihren Text gelesen, wie es Ihnen gelungen ist, mit Hilfe eines utopischen Gedankens, die Geschichte, die das Christentum gegangen ist und dessen Unterschied zu anderen Religionen darzustellen und darauf hinzuweisen, dass dies für jeden frei lesbar ist, im Buch der Bibel! Ich erlaube mir eine kleine Ergänzung, bzw. nur Betonung anzufügen, weil es mir, besonders für unsere heutige, so verworrene Zeit wichtig vorkommt! - Mir gefallen die Worte, die Sie gefunden haben, um den Weg der Juden zu beschreiben: für die Juden ist…„die Mose-Thora die absolute Hilfe als Weg zur Befreiung zur Nächstenliebe.“ - (Ja, dazu muss man als Mensch befreit werden!) - Die Mose-Thora wurde einem bestimmten, abgegrenzten Volk gegeben, damit diese den Willen eines transzendenten, unsichtbaren Gottes erkennen und ihr Leben danach ausrichten und dies auch aufzeigen zu können. Nun weisen Sie darauf hin, was für Juden die Mose-Thora bedeutet, ist für Christen …„die absolut gültige Nachfolge Jesu“. Das Leben dieses Juden Jesus zeigt, dass dies nicht widerstandslos war und mit Aufklärung, bzw. mit Aufzeigen anderer Wege als ‚die Welt sie kennt‘ (Bergpredigt), einher geht und schließlich zu seiner Verurteilung geführt hat durch Menschen mit anderen Ansichten und mit Machtanspruch. Da nun möchte ich darauf hinweisen, was für mich in der genannten „absoluten Nachfolge“ das Wort „absolut“ bedeutet. Zur Nachfolge Jesu gehört die immer wieder gesuchte, zugesagte Nähe zu Gott, die Jesus immer gefunden und um die er auch gerungen (Ölberg) hat. Da heraus hat er gehandelt. Nur so war es ihm dann auch möglich, dieser furchtbaren Situation seiner Kreuzigung mit seinem freien Willen zuzustimmen.
Zitat Das zeigt schon das jetzt offiziell proklamierte Verbot der Judenmission für Katholiken: Sie hätten schon einen eigenen Weg, Gottes Willen zu folgen.
Ich kann gut verstehen, daß man den Gedanken einer Missionierung von Juden nach dem Holocaust für heikel hält, stelle mir aber schon die Frage, ob sich das mit den restlichen Lehren der katholischen Kirche (oder des Christentums überhaupt) vereinbaren läßt. Wenn die Juden einen "eigenen Weg" kennen, dann verliert doch der neue Bund seine religiöse Funktion. Was spräche dann dagegen, daß Christen einfach zum Judentum konvertieren?
der jetzige Verzicht der römisch-kath. Kirche auf eine Judenmission wird gerechtfertigt durch die Erkenntnis, die schon Paulus formuliert hatte: Gott hat seinen Bund nie gekündigt, er gilt weiter, sodass die Christen eingepfropft sind als neue Zweige auf dem einen Ölbaum aus der jüdischen Wurzel (Römerbrief 9-12). Die Juden sind dankbar, dass die Christen - die sie im Sinn der im AT von den späten Verehrern der Propheten eingefügten sogenannten (Heiden-)Völkerwallfahrt zum Zion ja auch dem Judentum hinzufügen - den jüdischen Monotheismus und den Gedanken der Nächstenliebe als Praxis des wahren Gottesdienstes in der ganzen Welt verbreitet haben.
Der neue Bund ist eigentlich ein Gedanke aus der Mitte des Alten Testaments, es ist der von den großen Propheten ausgesprochene Gedanke von dem erneuerten, neu ernstgenommenen Bund. Seit dem Babylonischen Exil erwarten Juden, dass die Herzen zu den Tafeln werden, auf denen die 10 Gebote stehen. Die eigentliche Antwort auf Ihre Frage ist aber: Heute gilt der seit 1905 von protestantischen Exegeten ausgesprochene Satz als Wahrheit für alle Theologen: Jesus war Jude und blieb Jude. So steht es auch wörtlich in Ratzinger-Vorträgen. Die Kirchen müssen sich daraufhin umstellen. Das braucht Zeit. Das Christentum ist eine der Fortsetzungen des Judentums. Als Israel 135 Rom als Staat unterlag, entstand das neue rabbinische Judentum ohne Tempel und Staat. Es ist die andere Fortsetzung neben der christlichen. Die volle Trennung kam in manchen Orten erst im 3. und 4. Jhr.(Belege bei Frankemölle).
Ideal wäre natürlich, es käme zu einer Ökumene, einer Vereinigung. Vermutlich wird es aber lange oder immer zwei Wege zum selben Ziel geben und einer fordert den andern heraus und befruchtet ihn. Jedenfalls sollte ein Christ nicht vom ökumenischen Anliegen reden, die vielen chr. Denominationen einiger zu wissen, ohne das Judentum mit im Blick zu haben. Kardinal Kasper nennt die Trennung Juden/Christen das "Ur-Schisma".
Der Unterschied zwischen gläubigen Juden und gläubigen Christen ist nicht das sprachliche Bild (!) der 'Trinität' und der 'Gottessohn' Jesus, sondern letztlich nur der Glaube, ob der Messias schon dagewesen sei oder nicht. Ratzinger hat an Rabbi Folger vor Kurzem geschrieben, auch die Kirche sei noch wie Israel in der Wüste auf Wanderschaft - d.h. doch, bis zum Weltende ist der messianische Friede Arbeit, angefochten,gefährdet, der Freiheit des Menschen ausgeliefert (und das ist gut so, dass die Freiheit bleibt). Ich selber formuliere für meine Hörer und Studenten die angeblich unterscheidende Christologie in moderner Sprsache so: Die Juden definieren den Willen Gottes mit dem durch Mose vermittelten Gesetz, die Christen definieren den Willen des Unsichtbaren, Weltjenseitigen, Transzendenten mit dem, was Jesus gelehrt und getan hat und wofür er umgebracht wurde, - also mit einem historischen Juden, gut fassbar in einer kritischen Lektüre der 4 Evangelien. Das ist angesichts der philos. Erkenntniskritik im Vorteil gegenüber dem sagenhaften Mose am Sinai. Jesus wollte bekanntlich kein Häkchen an der Mose-Tora abschaffen, sondern alles in Freiheit und mit Vernunft und besser erfüllen als die Pharisäer. Insofern also: Wir, die Juden und die Christen, sind zwei Parteien mit einem und demselben Grundgesetz, dem Bund Gottes mit einem Volk, das er braucht, um auf die Welt einwirken zu können.
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #4Vermutlich wird es aber lange oder immer zwei Wege zum selben Ziel geben und einer fordert den andern heraus und befruchtet ihn.
Lieber Herr Weimer, herzlichen Dank für Ihren Schöpfungs- und Erlösungsbeitrag. Zu dem zitierten Satz habe ich eine Frage: Was meinen Sie mit dem "selben Ziel"? Ist es das Heil, der Frieden für die Welt, an dem rabb. Judentum und Christentum [bestehend aus (zumindest ehemals) Judenchristen und Heidenchristen] gleichermaßen mitarbeiten? Gibt es also zwei Heils-wege? - im Sinne der Wahrheit? - Oder: zwei als (vielleicht) geschichtlich faktische? Mit herzlichen Grüßen! Simon
zur gesuchten Antwort müsste man einen großen Weisen befragen können, oder nochmals 1000 Jahre warten können, denn die getrennten Wege mit den furchtbaren Folgen sind noch nicht mal 2000 Jahre alt.Soweit ich kann, will ich den Jetzt-Stand beurteilen. Die zwei unterschiedlichen Fortsetzungen des jüdischen AT (durch die Christen mit ihrem NT und durch das rabbinische Judentum mit dem Talmud) sind zwei Wege, die zwei sind, weil die menschliche Art und Schwäche das, was sie einsieht, jeweils für die besser erkannte Wahrheit hält. Geschichtlich-faktisch ist nicht das passende Wort für die zwei Sichten, jede Sicht hält ja an ihrer fest, weil sie diese für die größere Nähe zur Wahrheit hält. Heute ist immerhin der Fortschritt da, dass die besseren Vertreter der jeweiligen Seite um diese Einschränkung wissen: die ganze Wahrheit ist nur relativ, subjektiv erfasst, nicht nur von der anderen, sondern auch von der eigenen Seite. Daher wurde aus dem Streiten ein Dialog, sogar das Lernen von der anderen Sicht. Ihre Frage geht aber weiter: Ist das Ziel dasselbe? "Friede" und "Heil" sind Chiffren. Ich glaube, der "Tierfriede", poetisch im Jesjajabuch geschildert,wird außer bei Fundamentalisten bald von allen Seiten als Gleichnis ausgelegt werden. Schon alte Kirchenväter sahen darin den Frieden in der damaligen Kirche. Sie verboten das Soldatwerden wegen der Opfer für den göttlichen Kaiser, sobald diese wegfielen, war das Soldatwerden erlaubt, aber eingeschränkt: nur um gerechte Kriege zu führen.Das sehen doch Juden und Christen heute auch so. Das Ziel ist natürlich ein höheres: Die Befreiung des Menschen von seinem Egoismus zum Segen für die anderen (Solidarität und Nächstenliebe). Für die dazu Begabten und Berufenen, eine Minderheit in der Welt, kommt hinzu, dass sie das Gewissen der Gesellschaft sein müssen, und die Kraft und Weisheit dazu erhalten sie durch ihre Beziehung zur Heilsgeschichte, also zu den Erfahrungen der Propheten und Heiligen mit Gott. Sie müssen auch zum Lebensopfer bereit sein. Auch das haben Juden und Christen gemeinsam, dass sie wissen, die Welt lebt von denen, die für das Überleben des Guten sterben mussten. Über die Rettung auf Erden brauchen wir bei dem "Ziel Friede" nicht hinauszugehen. Die Spekulation auf einen himmlischen Lohn teilt nur ein kleiner Teil der Juden; bei den Katholiken gibt es auch die Mystik der Liebe zu Gott, die selbstlos und ohne Lohn sein will (Bischof Fenelon, M. Guyon in der Zeit der Aufklärung, Stichwort 'Quietismus', und manche Heilige. Die nachtodliche Vertagung des Heils ist weniger gefährlich als die radikal-muslimische Verheißung für Attentäter, aber eher manichäisch als biblisch. Biblisch geht es um das Heute.
Mein Vorschlag ist es, dass wir Christen zuerst einmal aus dem Irrweg, den jüdischen Baum zu verlassen, zurückkehren; wir können nur von uns etwas fordern, weil es eine Voraussetzung für den weiteren Dialog ist. Ludwig Weimer
den Ausruf der den Erdrutsch überlebenden Frau mag ich nicht mitbeklagen, den des Bischofs aber ja! Das Buch von Finkelstein/Silbermann benutze ich selber seit Jahren als historisch-zutreffende Unterlage für das Erforschen der Entstehung der Texte der Bibel, die aus der Perspektive im Exil alles ganz anders oder poetisch schildern, weil sie als Überlebensstrategie nach der Eroberung Jerusalems durch die Assyrer mit derem brutalen Bevölkerungs-Austausch der gebildeten Schicht dienen mussten. Sie hatten auch 50 Jahre lang im Exil ihre Jugend zur Tora zu erziehen (So dürfte Josua eine Findung/Erfindung als Gegenbild zum assyrischen Großkönig sein, mal als Beispiel).
Sie haben Ihr gutes Recht, es "Erfindungen und Mythen" zu nennen. Und sie haben sogar die Mehrheit der Bürger hierzulande hinter sich. Meine Begriffe würden natürlich freundlicher lauten: "Sinngebungen und Narrative".
Schön, Herr Zeller, dass man auch wieder etwas von Ihnen hört.
Könnte es nicht sein, dass die beiden jüdischen Wissenschaftler und die genannte Frau jeweils auf ihre Weise etwas Richtiges bemerken?
Spuren, d. h. Wirkungen von Gott in der Geschichte können nur bezeugt werden. Zum Bischof: Er könnte verkürzt so gesprochen haben. Ich weiß es nicht. Wenn Sie etwas poetisch begabt sind, werden Sie doch nicht ausschließen, dass ein geballtes Sündigen von Menschen so etwas wie ein Erdbeben auslösen kann.
Diese Anfrage hat, ehrlich gesagt, weder Hand noch Fuß.
Sie basiert zum einem auf einer bloßen "Möglichkeit von weiteren belebten fernen Planeten", auf der dann alles weitere aufbaut. Aber selbst wenn diese Möglichkeit zuträfe (was aber pure Spekulation ist), sind die gezogenen Schlussfolgerungen ohne Substanz: für den bloßen Glauben an einen Schöpfergott sowieso ohne Belang, gäbe da auch erstmal keine Auswirkung auf die christliche Lehre, dass in Christus Gott Mensch (!) geworden ist, um die Menschen (!) zu erlösen.
Man kann durchaus intelligente Fragen stellen: Ist für die Außerirdischen ein Anteil an der kommenden Welt vorgesehen? Sind sie erlösungsbedürftigt? Wenn ja, ist Christus auch für sie gekommen und gestorben?
Aber das sind (hypothetische) Fragen, die an der christlichen Erlösungslehre (an der Christologie sowieso nicht) keinen Abstrich machen. "Geändert" (im Gegensatz zu ergänzt) werden kann die christliche Lehre ohnehin nicht.
PS. "Das zeigt schon das jetzt offiziell proklamierte Verbot der Judenmission für Katholiken"
Es gibt ein solches offiziell proklamiertes Verbot? Da wüsste ich gerne, wer das verboten hat und wann?
------------------------------------------------ "Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!" Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!
Zitat von Peter Zeller im Beitrag #7Ich möchte auf ein Buch hinweisen: Shlomo Sand: The Invention of the Jewish People. Ebenso: Finkelstein und Silberman:The Bible Unearthed.
Beide Bücher belegen, daß all das, was Herr Weimer so schätzt, schlichte Erfindungen und Mythen sind.
Die beiden Bücher belegen erstmal gar nichts sondern behaupten, dass es so sei. Das erste Buch kenne ich nicht, aber vor allem Finkelstein & Silberman überschätzen in grotesker Weise die eigenen Erkenntnismöglichkeiten.
Aber es ist ja seit alters her Brauch, 1. eigene Veröffentlichung mit großer Fanfare zu verkünden und 2. solcherlei Bücher einfach als "die Wahrheit" anzunehmen, weil der Inhalt den eigenen Wünschen entspricht. Das war im 18. Jahrhundert schon so, im 19. Jahrhundert sowieso und auch im 20. Jahrhundert. Gegenläufiges wird dagegen ignoriert.
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #8Sie haben Ihr gutes Recht, es "Erfindungen und Mythen" zu nennen. Und sie haben sogar die Mehrheit der Bürger hierzulande hinter sich.
Was die Mehrheit, noch dazu der Bürger eines Landes, meinst, ist doch wohl völlig ohne Belang. Aber Sie, Ludwig Weimer, haben in diesem Punkt recht, dass jeder sein gutes Recht auf seine Meinung hat. Nur wahr wird sie dadurch nicht.
------------------------------------------------ "Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande!" Und nimm den Staat weg, dann bleiben unorganisierte Räuber zurück!
Zitat von lois jane im Beitrag #10(...) für den bloßen Glauben an einen Schöpfergott sowieso ohne Belang, gäbe da auch erstmal keine Auswirkung auf die christliche Lehre, dass in Christus Gott Mensch (!) geworden ist, um die Menschen (!) zu erlösen.
Man kann durchaus intelligente Fragen stellen: Ist für die Außerirdischen ein Anteil an der kommenden Welt vorgesehen? Sind sie erlösungsbedürftigt? Wenn ja, ist Christus auch für sie gekommen und gestorben?
Aber das sind (hypothetische) Fragen, die an der christlichen Erlösungslehre (an der Christologie sowieso nicht) keinen Abstrich machen.
So problemlos kommt mir das nicht vor. Zwar läßt sich immer noch mühelos die christologische Formel "Gott und Mensch zugleich" vertreten, denn analoge Formeln für Erlöser in fernen Weltgegenden ("Gott und kleines grünes Männchen zugleich") würden dem nicht widersprechen.
Weitaus schwieriger im Fall eines belebten Kosmos ist jedoch die Identifizierung des Gottmenschen Jesus mit dem einzigen ungeschaffenen Sohn der trinitarischen Formel. Denn damit bekommt das irdische Jesusgeschehen eine universale Bedeutung für alles, was im Weltall kreucht und fleucht. Das klingt schon arg geozentrisch.
Sicher könnte man argumentieren, es müsse ja wohl ausreichen, wenn Gott sich ein einziges Mal als endliches Wesen inkarniert, um durch Tod und Auferstehung das ganze Universum zu erretten - und an irgendeiner Stelle in Raum und Zeit muss das eben stattfinden, und das war nunmal auf dem Planeten Erde an der östlichen Mittelmeerregion vor 2000 Jahren und nirgendwo sonst.
Nur fällt der Glaube schwer, dass ausgerechnet wir, ausgerechnet ich, uns in fast unmittelbarer zeitlicher und räumlicher Nähe von diesem kosmischen Zentralereignis befinden. Das ist einfach dermaßen unfassbar unwahrscheinlich!
Hinzu kommt ein weiterer Punkt, auf den Peter L. Berger hingewiesen hat. Die riesenhafte Größe des Alls könne, so argumentiert er, leicht ein Gefühl der Ehrfüchtigkeit auslösen, das mit der Vorstellung vereinbar sei, dass hinter dem All ein intelligenter Schöpfer und Lenker stehe. Dennoch: "Was viel schwerer fällt, ist die Vorstellung, diese kosmische Intelligenz könne irgendein Interesse am Schicksal menschlicher Wesen nehmen - von meinem eigenen ganz abgesehen. (...) Wenn ich die fernen Sternennebel betrachte, wie kann ich es über mich bringen, zu beten?"
(An eine intellektuell befriedigende Antwort auf diese Frage glaubt Berger nicht, und flieht vor ihr in die "Bekräftigung eines letzten Sinns", um sich der Sinnlosigkeit nicht ergeben zu müssen. Siehe P. Berger, Erlösender Glaube, Berlin 2006, S. 61f.)
Ich bin mir jedenfalls einigermaßen sicher, dass die Diskussionen der frühen Christenheit um Christologie und Trinität einen anderen Verlauf genommen hätten, wenn damals schon die heutigen Ansichten über den Kosmos üblich gewesen wären. Irgendeine Art von Arianismus hätte sich wohl durchgesetzt.
Geschichtlich gesehen ist das natürlich unerheblich, da die heutigen Ansichten über die Welt in Zukunft auch wieder verschwinden werden, für uns Heutige jedoch ist es schwierig geworden, an Formeln zu glauben, die von einem inzwischen veralteten Kosmoswissen abhängen.
Zitat von lois jane im Beitrag #10"Geändert" (im Gegensatz zu ergänzt) werden kann die christliche Lehre ohnehin nicht
Ja, das ist das bei weitem größere Problem für den Glauben. Lehren, die geändert werden können, sind auf längere Sicht, wie die moderne Wissenschaft zeigt, die weitaus besseren.
"Muss geändert werden", oder "Nicht änderbarbare Lehre",das hat in diesem Fall der Bedeutung des historischen Juden Jesu für die Geschichte der Gotteserkenntnis in den christlichen Dogmen eine weitere Interpretation nötig. Ratzinger zeigte, dass alle später im rechtgläubigen Dogma verwendeten Begriffe wie "gleichwesentlicher Gott" oder "Person" und "drei Personen" vorher einmal verurtelt worden waren und formulierte wörtlich, dass die Dogmengeschichte "ein Friedhof der Häresien" sei.Die zuvor verurteilten Begriffe wurden brauchbar, als sie austariert wurden mit einem Gegenbegriff. Das heißt z.B.: Erst der Satz, Jesus war voller Mensch, nicht wie der Pharao von Gott 'gezeugt', sondern erwählt als Vorbild der maßgeblichen christlich-gläubigen Anthropologie ("der neue Adam", und der 'eschatologische' Mensch, wie er für den Frieden in der Welt nötig ist) machte den Titel, den Israel trug: "Sohn Gottes" für ihn zu einem neuen und einzigartigen. Er soll aber den Monotheismus unterstreichen! Der "einzigartige Sohn" bedeutet also, falls Planeten mit einer ähnlichen Geschichte wie hier auftauchen (als Utopie jetzt nur eine Hilfe für das Nachdenken): "Einzig" hat den Sinn, dass Jesus aus Nazareth definiert, was Gott will. Das könnte ein anderer woanders auch definieren. Glaubensdefinition meint ja,dass ein Anhänger des Mose oder des Jesus oder des NN einen (aus Glaubens-Erfahrung gewonnenen) definierten Willen des Urgrunds "Gott" des Weltalls für absolut gültig für sein Leben übernimmt. Die Sprache für Gott gibt es nicht, da kann man nur sagen "Geheimnis"; dafür kann man Mose oder Jesus beschreiben. Was sie taten, wofür sie lebten und starben, das ist der Grund ihrer Bedeutung. Die Deutung fand für Jesus Titel wie: Messias, Menschensohn, Gottessohn, geopfertes Lamm, Retter der Welt, Erlöser. Eine Sprache für Gott - sie kann nur allzu menschlich sein - ist immer zugleich unzutreffend. Ich zitiere den Satz eines Theologen , der es noch schärfer sagte: Sie sei sogar "unendlich" unzutreffend. Diese Schärfe zur theo-logischen Kritik hatten sonst wohl nur noch Karl Barth und Spinoza.
„Gerade wenn wir den Personbegriff auf Gott anwenden, ist – wie das vierte Laterankonzil über alles Reden von Gott sagt – der Unterschied zwischen unserer Idee von Person und Gottes Wirklichkeit immer unendlich größer als die Gemeinsamkeit.“ (J. Ratzinger, Einführung in das Christentum,in: Gesammelte Schriften Band 4, S. 47)
Zitat von Kallias im Beitrag #12Hinzu kommt ein weiterer Punkt, auf den Peter L. Berger hingewiesen hat. Die riesenhafte Größe des Alls könne, so argumentiert er, leicht ein Gefühl der Ehrfüchtigkeit auslösen, das mit der Vorstellung vereinbar sei, dass hinter dem All ein intelligenter Schöpfer und Lenker stehe. Dennoch: "Was viel schwerer fällt, ist die Vorstellung, diese kosmische Intelligenz könne irgendein Interesse am Schicksal menschlicher Wesen nehmen - von meinem eigenen ganz abgesehen. (...) Wenn ich die fernen Sternennebel betrachte, wie kann ich es über mich bringen, zu beten?"
(An eine intellektuell befriedigende Antwort auf diese Frage glaubt Berger nicht, und flieht vor ihr in die "Bekräftigung eines letzten Sinns", um sich der Sinnlosigkeit nicht ergeben zu müssen. Siehe P. Berger, Erlösender Glaube, Berlin 2006, S. 61f.)
Umgekehrt könnte ich darauf die Frage stellen, warum Gott auf der einen Seite das All und alles was dazu gehört erschaffen hat, aber auf der anderen Seite ihm alles Egal sein soll und er keinen Anteil nimmt an die darin lebenden Wesen? Dann hätte er ja auch die Schöpfung ganz bleiben lassen können.
Zitat Ja, das ist das bei weitem größere Problem für den Glauben. Lehren, die geändert werden können, sind auf längere Sicht, wie die moderne Wissenschaft zeigt, die weitaus besseren.
Die zentrale Botschaft von Jesus ist, dass wer an ihn glaubt, nach dem Tod auf Erden durch ihn erlöst wird (weil die Menschen mit Sünden behaftet sind) und ins Reich Gottes kommt (besonders wird die Erlösungslehre im Johannes-Evangelium am ausdrücklichsten betont). Wenn man diese Lehre ändern würde, hätte es dann ja mit dem Christentum nichts mehr zu tun.
Welcher Glaube oder Nicht-Glaube (wobei, auch Atheismus ist, da man die Nichtexistenz Gottes wie die angenommene Existenz wissenschaftlich nicht beweisen kann, eine Art Glaube) der Bessere ist, ist Ansichtssache, das kann man wissenschaftlich nicht festlegen.
Der Beweis der Nicht-Existenz von irgendwas ist prinzipiell nicht möglich. In so weit ist der Nicht-Glaube an irgend eine Fabelgeschichte erst Mal der natürliche und logische Zustand.
___________________ Jeder, der Merkel stützt, schützt oder wählt, macht sich mitschuldig.
Zitat von Frank2000 im Beitrag #15Der Beweis der Nicht-Existenz von irgendwas ist prinzipiell nicht möglich.
In der Mathematik gibt es durchaus Nichtexistenzbeweise. Man geht von den Eigenschaften des postulierten Objekts aus und schaut, ob diese Eigenschaften im selben Objekt vorliegen können. Wenn nicht, hat man die Nichtexistenz bewiesen.
Das klappt mit allem, was im Reich der Ideen angesiedelt ist.
Gläubiges Judentum und Christentum, beide, sagen heute, die Existenz eines transzendenten Schöpfer-Gottes sei wissenschaftlich nicht beweisbar und das müsse nicht nur wegen der Unsichtbarkeit Gottes, sondern auch wegen der Freiheit so sein, aber sie erzählen von ihrer Erfahrung: Gott wünsche etwas von ihnen, weil er nur durch Menschen, am besten durch ein wirkliches (alte Sprache: heiliges) Gottesvolk in der Welt, sprechen und eingreifen könne. Daher sagen beide, sie seien keine Religion, sondern Aufklärung über die Größe, die Grenzen und die Würde des Menschen. Beide wurden in der Antike ja auch "Atheisten" genannt, weil sie der Staatsreligion die Vernunft absprachen.
Deshalb argumentiere ich so: Wenn das vorgebliche "Gottesvolk" faktisch lahmt und versagt, wie z.B. die Christen gegenüber der Shoah, dann wird es zum Spott. Beide Teile der Bibel legten den Wert auf das Tun, die Propheten und Jesus. D.h. also: Die Kirchen können nur durch ihr Leben und durch Taten die Vernunft und die Güte ihres Glaubens erweisen. - Habermas hat dazu noch verlangt, dass sie so formulieren, dass andersgläubige und agnostische Zeitgenossen sie überhaupt verstehen können.
Zitat von Ludwig Weimer im Beitrag #4Wir, die Juden und die Christen, sind zwei Parteien mit einem und demselben Grundgesetz, dem Bund Gottes mit einem Volk, das er braucht, um auf die Welt einwirken zu können.
Über diesen Bund sprach heute, So 5. Januar 2020, Asher Intrater auf der MEHR 2020 in Augsburg. Er ist Harvard-Absolvent, Israeli, messianischer Jude und Prediger, der betont, wie sehr die Christen in Deutschland und die messianischen Juden in Israel einander brauchen. Gegenseitig. Einander. Für Tikkun haolam. Im Anschluss sprach Avi Mizrachi, ein jüdischer Pastor, über die ganzen versammelten christlichen Charisamtiker, im Gebetsmantel einen jüdischen Segen, vor Tausenden Jesus-Anhängern, deutschsprachigen tendenziell eher jüngeren Pilgern, die sich aktuell auf der MEHR zu Lobpreis, Vorträgen und Zeugnissen versammeln, katholischer, evangelischer, freikirchlicher oder anderer Couleur. Mit allen Unschärfen, die so ein Groß-Event mit sich bringt, finde ich es schon erstaunlich, was ich da gehört habe über das Miteinander von Juden und Christen.
Die Augsburger Allgemeine spricht von 12.000 Teilnehmern. In Anbetracht der, aus meiner Sicht, doch recht hohen Eintrittsgelder, erstaunt mich das. Ich mußte spontan an Sacharja 8,23 denken.
Ein gesegnetes Neues Jahr allen Zimmerleuten.
Gruß Morn <>< ______________________________________ First we take Manhattan, then we take Berlin 1987, L. Cohen
Bitte beachten Sie diese Forumsregeln: Beiträge, die persönliche Angriffe gegen andere Poster, Unhöflichkeiten oder vulgäre Ausdrücke enthalten, sind nicht erlaubt; ebensowenig Beiträge mit rassistischem, fremdenfeindlichem oder obszönem Inhalt und Äußerungen gegen den demokratischen Rechtsstaat sowie Beiträge, die gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. Hierzu gehört auch das Verbot von Vollzitaten, wie es durch die aktuelle Rechtsprechung festgelegt ist. Erlaubt ist lediglich das Zitieren weniger Sätze oder kurzer Absätze aus einem durch Copyright geschützten Dokument; und dies nur dann, wenn diese Zitate in einen argumentativen Kontext eingebunden sind. Bilder und Texte dürfen nur hochgeladen werden, wenn sie copyrightfrei sind oder das Copyright bei dem Mitglied liegt, das sie hochlädt. Bitte geben Sie das bei dem hochgeladenen Bild oder Text an. Links können zu einzelnen Artikeln, Abbildungen oder Beiträgen gesetzt werden, aber nicht zur Homepage von Foren, Zeitschriften usw. Bei einem Verstoß wird der betreffende Beitrag gelöscht oder redigiert. Bei einem massiven oder bei wiederholtem Verstoß endet die Mitgliedschaft. Eigene Beiträge dürfen nachträglich in Bezug auf Tippfehler oder stilistisch überarbeitet, aber nicht in ihrer Substanz verändert oder gelöscht werden. Nachträgliche Zusätze, die über derartige orthographische oder stilistische Korrekturen hinausgehen, müssen durch "Edit", "Nachtrag" o.ä. gekennzeichnet werden. Ferner gehört das Einverständnis mit der hier dargelegten Datenschutzerklärung zu den Forumsregeln.