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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 14.404

26.06.2021 20:30
"Homo longi" Antworten

Mal wieder Umräumen in der Stammtafel von Homo sapiens sapiens? Vielleicht. Sicher ist noch nichts.

Zitat
Eigentlich galt der Neandertaler als der nächste ausgestorbene Verwandte des modernen Menschen: Doch die Evolution ist kompliziert, wie neue Studien belegen: Der „Harbin-Schädel“ gehört wohl zu einer neuen Menschenart, dem „Homo longi“. Was bedeutet das für uns?

Ein in China gefundener Schädel könnte zu einer menschlichen Abstammungslinie gehören, die näher mit dem heutigen Menschen verwandt ist als der Neandertaler. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Forschergruppe um Xijun Ni und Qiang Ji von der Hebei Geo University in Shijiazhuang (China). Die Wissenschaftler beschreiben das Fossil in der Fachzeitschrift „The Innovation“ sogar als Repräsentanten einer neuen Menschenart.

Diese Einschätzung werde jedoch für Diskussionen sorgen, sagt Jean-Jacques Hublin vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Der Schädel wurde bereits 1933 bei Arbeiten an einer Brücke in der nordchinesischen Stadt Harbin gefunden, aber erst vor wenigen Jahren von Nachkommen des Finders an die Wissenschaftler übergeben. „Das Harbin-Fossil ist eines der vollständigsten menschlichen Schädelfossilien der Welt“, wird Ji in einer Mitteilung der Fachzeitschrift zitiert. Der Schädel habe viele anatomische Details bewahrt, die für das Verständnis der Evolution der Gattung Homo und des Ursprungs des Homo sapiens entscheidend seien. Die Forscher entdeckten an dem Schädel sowohl archaische als auch moderne Merkmale: So sei das Schädelvolumen mit 1420 Millilitern ähnlich groß wie beim heutigen Menschen, auch das kurze und flache Gesicht mit kleinen Wangenknochen entspreche eher Homo sapiens. Andererseits erinnerten den Forschern zufolge die lang gezogene und flache Schädeldecke, die kräftigen Überaugenwülste, die tiefen Augenhöhlen und die großen Backenzähne eher an ältere Menschenarten. „Insgesamt liefert uns der Harbin-Schädel mehr Beweise, um die Homo-Diversität und die evolutionären Beziehungen zwischen diesen verschiedenen Homo-Arten und -Populationen zu verstehen“, sagt Ni. Die Wissenschaftler untersuchten winzige Anhaftungen von Erde am Schädel sowie den Boden am angegebenen Fundort. Sie fanden eine gute Übereinstimmung und ermittelten durch geochemikalische Untersuchungen ein Alter zwischen 138.000 und 309.000 Jahren für die entsprechende Erdschicht.

Eine Uran-Thorium-Datierung ergab ein Alter von mindestens 146.000 Jahren. Der Harbin-Mensch könnte dementsprechend ein Zeitgenosse von anderen archaischen Menschen im heutigen China gewesen sein, deren Knochen in Xiahe (Alter: mindestens 160.000 Jahre), Jinniushan (mindestens 200.000 Jahre), Dali (240.000 bis 327.000 Jahre) und Hualongdong (265.000 bis 345.000 Jahre) gefunden worden sind. Aus phylogenetischen Analysen leiten Ni, Ji und Kollegen ab, dass die genannten Fossilien zu einer Menschengruppe gehören, die etwas näher mit dem Homo sapiens verwandt ist als der Neandertaler. Da sich China über mehrere Klimazonen erstreckt, müssten diese Menschen über eine große Anpassungsfähigkeit verfügt haben, schreiben die Forscher. „Unsere Analysen legen auch eine mögliche Verbindung zwischen dem Harbin-Schädel und dem Xiahe-Unterkiefer nahe, einem Fossil, das der Denisova-Abstammungslinie zugeschrieben wird“, heißt es in einer der drei Studien. Dennoch verkündet ein Teil der Forschergruppe, der Harbin-Schädel gehöre zu einer neuen Menschenart, „Homo longi“ („Drachenmensch“), benannt nach dem geografischen Namen Long Jiang für die Provinz des Fundorts.

Diese Klassifizierung stößt auf wenig Verständnis beim Leipziger Anthropologen Hublin: „Dies steht im Widerspruch zu allem, was wir in den letzten zehn Jahren in der Anthropologie gelernt haben.“ Zwar gebe es noch keinen Zugang zu allen Untersuchungsergebnissen, aber anhand der veröffentlichten Studien gehe er davon aus, dass es sich beim Harbin-Menschen, wie bei vielen anderen Hominidenfunden aus China, um einen Denisova-Menschen handelt.

Von Denisova-Menschen wurden Überreste im mittelasiatischen Altaigebirge und in Tibet gefunden, Spuren von Denisova-Erbgut wurden in verschiedenen Völkern in Ostasien und Australien nachgewiesen. Der Denisova-Mensch wird als Schwestergruppe der Neandertaler bezeichnet, auf eine Einordnung als eigene Menschenart haben die Entdecker seinerzeit verzichtet.



https://www.welt.de/wissenschaft/article...Homo-longi.html

"Für uns" bedeutet das zunächst einmal - und auch auf weitere Sicht - gar nichts. An unserem Selbstbild hat sich auch nichts geändert, seit nachgewiesen worden ist, daß "wir" zu einem erheblichen Teil Gene des Neandertalers in uns tragen. Der Anteil von Individuen, bei denen dieser Betrag >2% ist, liegt hier in Mitteleurpa bei 40%, in Italien bei 45%, in Skandinavien bei ~52%; in Afrika südlich der Sahara 0%. Bei den Ureinwohners Austaliens beträgt er 100%. Dafür tragen "wir" keine Gene der Denisover in uns; in Ostasien sind es gut 10%, bei denen der Anteil über 5% liegt.

Eine Anordnung als eigene Menschenart ist für die Denisover nicht erfolgt, weil die fossile Fundlage dafür zu schütter ist. Gefunden worden sind seit dem Jahr 2000 insgesamt 6 winzige Relikte: zwei Backzähne, ein Zehenglied, ein Fingerglied und zwei Fragmente von Schädelkalotten.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

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