Seit Jahren beobachte ich nun schon und konnte es auch in diesem Forum häufig lesen, wie ein winziges Reförmchen geradezu den Dritten Weltkrieg in Deutschland beginnen ließ.
Gemeint ist die Rechtschreibreform.
Es ist wirklich äußerst merkwürdig, Deutschland zu beobachten. Da werden die Rechte der Bürger seit Jahren immer weiter eingeschränkt, der Bürger wird bevormundet, man vermiest ihm das Rauchen, man schränkt seinen Alkoholgenuss mit der Promillegrenze immer weiter ein, man hebt das Bankgeheimnis auf, man schickt ihm staatliche Trojaner auf den Rechner, man speichert seinen gesamten E-mail-, Telefon- und SMS Verkehr auf Vorrat und viele Dinge mehr, aber der Bundesbürger nimmt alles das geduldig hin.
Dann aber kommt plötzlich der Staat auf die Idee die Rechtschreibung zu reformieren und plötzlich bricht er los, der Krieg in Deutschland. Ansonsten harmlose Zeitgenossen laufen plötzlich mit Schaum vorm Mund auf die Reformer los, ansonsten sachlich, konservative Zeitungen wie die Frankfurter Allgemeine proben die „ohne uns“ Verweigerungshaltung, ganze Schwärme von selbst erkorenen Insidern und Schreiberlingen übertreffen sich mit Argumenten warum man keine Reformen der Rechtschreibung braucht.
Ob der vorher geschilderten und geduldeten Einschränkungen des Bürgers durch den Staat reibt man sich als neutraler Beobachter nur noch die Augen, wenn man sieht, welches Emotions- und Aggressionspotenzial die Rechtschreibreform freisetzt.
Da allerdings haben die grünen Ökos nicht geschaltet, hätte man doch diese plötzlichen Energiefreisetzungen königlich auffangen und in die öffentlichen Netze einspeisen können, man hätte bestimmt wenigstens einen Großkraftwerke für längere Zeit abschalten können, ob dieser energetischen Zusatzausbeute.
Ich frage mich seitdem immer, was bringt so viel Zeitgenossen so in Rage, wo es nur um eine lächerlich kleine Rechtschreibreform geht, über die ich mich nicht nur nicht aufrege, nein, die ich sogar befürworte? Aber kommen wir auf die Beantwortung dieser Frage später noch mal zurück.
Zuerst einmal muss man ja wohl mal diese Reform nüchtern beleuchten. Die letzte große Rechtschreibreform ist circa 100 Jahre her. Das sind also alleine gute vier bis fünf Generationen und das auch noch in einem Jahrhundert, in dem mehr Veränderungen stattfanden als in 1000 Jahren zuvor, was sich logischerweise auch in Sprache und demzufolge Rechtschreibung niederschlagen muss.
Leben heißt Veränderung, heißt Anpassung, heißt Neuausrichtung. Schon von daher kann es also gar keinen Zweifel geben, dass auch die Rechtschreibung in einem bestimmten Turnus reformiert werden muss und 100 Jahre sind im Grunde genommen schon viel zu lange gewesen.
Jeder logisch denkende Mensch müsste allein ob dieser Zeitspanne zu dem Schluss kommen, dass Reformen längst überfällig sind und nicht zu dem Schluss: Wozu etwas reformieren, es funktioniert doch alles!
Wenn es auf anderen Gebieten auch nach diesem Beharrungsvermögen gegangen wäre, würden wir heute noch in Höhle leben und hätten wahrscheinlich nicht mal Schrift entwickelt, bei den Neandertaler funktionierte doch auch alles gut, so wie es war. Geschweige denn das wir heute ein metrisches System und die Einführung der internationalen SI- Einheiten hätten.
Man muss sich außerdem fragen, was sollte denn mit der Rechtschreibreform erreicht werden? Die Antwort, man wollte versuchen die deutsche Rechtschreibung logischer zu machen und damit zu vereinfachen und sie einfacher erlernbar machen.
Auch wenn in dieser neuen Rechtschreibregelung sicherlich der ein oder andere Problemfall vorhanden sein mag, so hat man doch dieses oben beschriebene Ziel deutlich im Auge gehabt, und man kann es heute an der neuen Rechtschreibung ablesen. Natürlich kann man sich über verschiedene Dinge in dieser Reform streiten. Die besten Beispiele liegen wohl in der Groß- Klein- beziehungsweise der Zusammen- oder Auseinander- Schreibweise. Das ändert aber nichts daran, dass diese Reform dringend notwendig war.
Die Gegner einer Reformen sind maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass die deutsche Sprache lt. Goethe-Institut weltweit immer mehr auf dem Rückmarsch ist und dies liegt zu einem großen Teil daran, dass die deutsche Sprache schon immer bei Lernenden, d. h. also nicht nur bei unseren eigenen Schulkindern, sondern auch bei Menschen anderer Nationen, als extrem schwer verschrien ist.
Wen will es da noch wundern, dass sich immer weniger Leute in aller Welt finden, die willens sind, diese schwere deutsche Sprache zu erlernen. Das, was eine Sprache schwer macht, ist insbesondere die Unlogik, d. h. das Unvermögen eines Lernenden, bestimmte Regeln, Schreibweisen etc. von anderen bekannten Dingen logisch abzuleiten. Für diese Unlogik ist in der Tat die deutsche Sprache ein Protobeispiel.
Wer also der deutschen Sprache etwas Gutes will und vor allen Dingen verhindern will, dass sie irgendwann in der Welt keine Rolle mehr spielt, müsse auch alles unterstützen, was das Erlernen vereinfacht.
Wie schrieb die Frankfurter Allgemeine im Randkommentar: „Überhaupt gibt es keinen wirklichen Grund, in eine offensichtlich funktionierende Sprache einzugreifen“.
Doch, den gibt es, außerdem geht es nicht um die Sprache, sondern das Schreiben der (Aus)Sprache anzugleichen.
Wenn es denn überhaupt keinen Reformbedarf gibt, dann frage ich mich, warum sich ganze Generationen von Schülern schon mit all den dummen Sprüchen herumgeplagt haben wie beispielsweise: „Wer nämlich mit h schreibt, ist dämlich,“ oder „trenne nie st, denn es tut ihm weh“ oder „ss am Schluß bringt nur Verdruß“ usw. usw. All diese Sprüche sind doch überhaupt nur entstanden, weil ganze Generationen von Schulkindern mit ihrem natürlichen Versuch, die Sprache logisch zu erfassen, eingebrochen sind und man ihnen mit solchen Hilfsbrücken die Sprachregeln einhämmern musste, damit die Lernenden es sich überhaupt merken konnten.
Gerade wir in Deutschland haben unsere maßgeblichsten Probleme darin, dass mindestens 80 % unserer Bevölkerung, gleich von welcher Reform wir reden, dagegen ist. Kurz der Gedanke „Wozu etwas ändern, es ist doch alles gut so, wie es ist“, ist geradezu sprichwörtlich deutsch und hat sehr maßgeblich dazu beigetragen, dass Deutschland als Wirtschaftsstandort seine führende Position immer mehr eingebüßt hat.
Interessant zu beobachten war für mich auch, wer denn spezielle gegen die Reform war. Auffällig war, es waren zwei Hauptgruppen, zum einen die altersbedingte Gruppe bei der man klar sagen konnte je älter, um so mehr gegen die Reform. Hier muss man wohl ganz deutlich sagen, bei den meisten Menschen führt zunehmendes Alter zu weniger Flexibilität und vor allen Dingen zum Unwillen sich umzugewöhnen.
Die zweite große Gruppe waren die Schreiberlinge und Lehrer. Hier wurde natürlich der Unwille sich umzugewöhnen noch viele deutlicher, zumal diese Zunft sich ohnehin für die Sprache schlechthin hält.
Allen gemein war jedoch die erschreckende Tatsache, dass sie sich mit den Details der Reform gar nicht befasst hatten und eine Gegenüberstellung alte zu neuer Rechtschreibung nie gesehen hatten.
Wenn ich besonders zynisch werden wollte, dann würde ich das Wehklagen, das so mancher zum Besten gibt, mit einem verknöcherten hundertjährigen Greis vergleichen, der seine Umwelt nur noch mit einem Satz kommentiert, nämlich: “Früher war alles besser“.
Aber schauen wir uns doch mal die wirklichen Fakten an:
Der Lernende kannte die Nummer, mit zwei „m“ und schrieb nach der Logik nummerieren. Das war bisher falsch, bisher galt numerieren.
Welcher Belemmerte hat verfügt, dass man früher belemmert mit „e“ schrieb, obwohl es von Lamm kommt. Nun endlich wird belämmert geschrieben.
Oder die bisherige Unlogik das Wort plazieren ohne t zu schreiben obwohl es doch klar von Platz kommt. Nun endlich wird platzieren so und damit logisch geschrieben.
Oder warum schrieb man bisher Stukkatör, obwohl es doch Stuck heißt? Ein Schwachsinn für jeden Lernenden. Nun endlich schreibt man Stuckateur mit ck.
Jeder Lernende würde logischerweise sagen, die Gams oder der Gamsbock schreiben sich mit „a“, also muss es heißen Gämse. Bisher weit gefehlt, bisher schrieb man völlig blödsinnigerweise Gemse.
Genau das gleiche mit dem Stängel, der bisher Stengel geschrieben wurde obwohl er von Stange kommt. Deutscher Unsinn.
Oder bisher schrieb man „es ist aufwendig“, statt „es ist aufwändig“, obwohl es in der Ableitung von Aufwand kommt. Hier bringt man jeden Lernenden mit zu Fall.
Allerdings hat man sich in dieser Reform nicht getraut aus den Eltern, weil es von Alt kommt die Ältern zu machen, was logisch gewesen wäre.
Und dann das leidige Thema der zusammengesetzten Hauptworte. Bisher hieß es Stoffetzen, und wohl jeder Lernende wusste, er hat es mit dem Wort Stoff mit 2 „f“ zu tun und dem Wort Fetzen noch einmal mit einem „f“ also war es logisch Stofffetzen zu schreiben. Dies war früher falsch.
Noch deutlicher wurde das bei Worten wie Zierrat, das bisher völlig unlogisch Zierat geschrieben wurde, was man schon nur mit Schwierigkeiten beim Lesen interpretiert.
Auch Worte wie essenziell wurden logischer gemacht weil sie sich von Essenz ableiten lassen und es demzufolge keine Logik gab essentiell zu schreiben. Nun geht beides.
Ähnlich ist es mit Worten wie Justiziar nun logisch ableitbar von Justiz, bisher Justitiar geschrieben. Also auch in dem Sinne früher nicht logisch ableitbar.
Auch bei Worten wie „Pleite gehen“, früher schrieb man „pleite gehen“ ist nun Logik dahinter, weil jeder Lernende Pleite als Substantiv ohnehin groß schreiben würde.
Noch deutlicher wird dies bei früher „heute mittag“, was heute „heute Mittag“ geschrieben wird.
Aus dem Schwarzen Brett wird nun das schwarze Brett. Nun ja, darüber kann man streiten, weil das Schwarze Brett wie ein Eigenname Verwendung fand. Ein Lernender wird aber wahrscheinlich mit schwarzem Brett einfacher umgehen.
Allerdings heißt es nun auch nicht mehr Ohmsches Gesetz sondern ohmsches Gesetz. Da spiele ich allerdings den Revoluzzer und bleibe bei Ohmschem Gesetz als Eigenname, wie man auch schreiben würde Deutsche Bank. Allerdings ginge Ohm`sches Gesetz. Das ist mir aber zu umständlich.
Aber das ist mal eine Ausnahme, wo ich Kritik üben würde.
Und welcher Wirrkopf hatte früher befunden, dass aus dem Zucker bei Trennung Zuk-ker , aus lecken lek-ken oder aus Backe Bak-ke werden muss. Einen größeren Schwachsinn kann man sich ja wohl gar nicht vorstellen. Nun heißt es auch bei Trennung Zu-cker, Le-cken, Ba-cke.
Auch solche blödsinnigen Trennungen wie We-ste lassen einem nur die Haare zu Berge stehen, jeder Lernende würde das Wort nach Silbe trennen, also Wes-te. Genauso ist es auch in der heutigen Rechtschreibung. Das heißt, die alte lächerliche Regel trenne nie „st“, denn es tut ihm weh, ist abgeschafft.
Und so ließen sich die Beispiele endlos weiter treiben. Wenn man sich also mal ganz nüchtern die neue Rechtschreibung ansieht, dann stellt man einfach fest, dass viele Dinge für den Lernenden nun einfacher geworden sind, weil er viele Worte und Schreibweisen nun aus dem Stamm logisch ableiten kann.
Das einzige was man der Reform vorwerfen könnte wäre, sie hatte vielleicht nicht den Mut noch weiter zu greifen, siehe Beispiel „Ältern“. Auch Worte wie Dekolleté sind weiterhin ein Ärgernis, weil sie völlig von der Aussprache abweichen, ein Lernender würde dort wohl „Dekoltee“ schreiben.
Es wäre meiner Ansicht nach das Hauptziel das eine Rechtschreibreform erreichen sollte, dass sich die Schreibweise nicht von der Aussprache unterscheidet, aber was soll's, im Grundsatz ist die Reform völlig richtig und absolut sinnvoll aufgebaut, auch wenn es hier und da mal klemmt. Das Groß- und Kleinschreiben und das Zusammen oder Getrenntschreiben ist vielleicht auch noch nicht ganz das Gelbe vom Ei.
Aber nun gut, außerdem brauchen wir ja auch noch Stoff für die nächste Reform.
Wen interessiert es schon, dass man in der Praxis nicht gleich alles richtig schreibt, weil man einfach noch in alten Gewohnheiten lebt. So ist das nun mal mit jeder Reform. Auch ich werde in diesem Artikel bestimmt eine Reihe von Fehlern haben.
Selbst wir Ingenieure rechnen die KW beim Auto immer noch in PS um, aber nicht weil PS die bessere Einheit ist, sondern nur weil man damit bestimmte Erfahrungen in Hinblick auf die Leistung eines Autos verbindet.
Besondere Ketzer fragten sogar, wozu man eigentlich das ß benötigt. Nun, dazu kann ich nüchtern sagen gute Frage, in der Schweiz kommt eine ganze Nation, die immerhin zu einem großen Teil die deutsche Sprache spricht, völlig ohne ß aus.
Bleibt noch darüber zu sinnieren, was ich eingangs als Frage formulierte, was bringt so viele Zeitgenossen so in Rage, wo es nur um eine lächerlich kleine Rechtschreibreform geht? Tja, vielleicht ist es ja auch reine Missgunst.
Nach dem sich ganze Generation so mühsam die alte völlig unlogische Rechtschreibung eingehämmert und eingebläut haben, kann man es ja vielleicht nicht ertragen, dass zukünftige Generationen es so viel leichter haben sollen?
Mich erinnert die Ablehnung der Rechtschreibreform stark an die Ablehnung von Präsident Bush. (Fast) jeder ist gegen ihn, aber kaum einer hat sich mit dem Mann näher befasst.
Nun ja, ich für meinen Teil stehe voll hinter der Rechtschreibreform, und ich erkenne sehr viele Worte wieder, die mir früher als kleiner Junge Anfang der sechziger Jahre grundsätzlich im Diktat als Fehler angekreidet wurden, weil ich schon damals nach der neuen Rechtschreibreform geschrieben habe. Ich war eben meiner Zeit damals 40 Jahre voraus.
"Bisher hieß es Stoffetzen, und wohl jeder Lernende wusste, er hat es mit dem Wort Stoff mit 2 „f“ zu tun und dem Wort Fetzen noch einmal mit einem „f“ also war es logisch Stofffetzen zu schreiben. Dies war früher falsch."
Die Regel besagte früher, daß, wenn ein Vokal folgt, die Buchstaben NICHT verdreifacht werden ("Kreppapier", "Stoffetzen"). Folgt ein Konsonant, wurde sehr wohl verdreifacht ("Werkstatttreppe", "Sauerstoffflasche"). Das konnte man sich zwar recht gut merken, allerdings hab ich darin nie irgendeine Logik gesehen. Logisch wäre es, entweder generell nie zu verdreifachen oder generell eben doch zu verdreifachen... auch wenn "Teeernte" einfach gruselig aussieht.
"Auch bei Worten wie „Pleite gehen“, früher schrieb man „pleite gehen“ ist nun Logik dahinter, weil jeder Lernende Pleite als Substantiv ohnehin groß schreiben würde."
Ich hätte "pleitegehen" geschrieben . Das wäre somit als Verb erkennbar und damit glasklar kleinzuschreiben gewesen.
Es gibt sicherlich vernünftige Ansätze in der Rechtschreibreform, aber auch viel Unvernünftiges; Zettel hatte da in einem seiner letzten Blogeinträge schon Beispiele gebracht. Warum das Dekolleté so geblieben ist, hat wohl damit zu tun, daß es ein Lehnwort aus einer anderen Sprache ist, ähnlich wie Spaghetti, und solche Worte sollen nicht verändert werden. Nur war man dort inkonsequent; das "As" wird nun "Ass" geschrieben (obwohl kein deutsches, sondern ein lateinisches Wort), und aus "Tip" wird "Tipp" (obwohl aus dem Englischen kommend).
Am gruseligsten, ich verweise da nochmal auf Zettel, sind diese ganzen Getrennt- und Zusammenschreibereien...
Stimmt, Inkonsequenz ist ein Problem in der Reform. Vielleicht war es ob des ganzen Geschreis ja auch mangelnder Mut der Beteiligten, noch weiter zu gehen.
Warum das Dekolleté so geblieben ist, hat wohl damit zu tun, daß es ein Lehnwort aus einer anderen Sprache ist, ähnlich wie Spaghetti, und solche Worte sollen nicht verändert werden.
Nun das sehe ich locker, diese Worte werden eben eingedeutscht. Viele Worte sind ja nicht aus dem Deutschen, selbst solche, bei denen niemand es mehr weiß, wie „Nase“, aus der Deutschfanatiker dann den Gesichtserker machen wollten.
Mit dem Groß/Klein und zusammen schreiben oder nicht ist wahrscheinlich noch nicht das letzte Wort gesprochen. Hier wurde ja auch schon nachgebessert. Wie z.B. bei jemanden „zusammenschlagen“
Herzlich M.Schneider
Sparrowhawk
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Gast
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Beiträge:
07.01.2008 16:51
#5 RE: Der dritte Weltkrieg fand in Deutschland statt.
"Nun das sehe ich locker, diese Worte werden eben eingedeutscht."
Das, denke ich wird mit der Zeit sicherlich passieren. Allerdings wird das, wie es sich für eine lebendige Sprache gehört, von allein ergeben, so daß es da keinerlei bürokratischer Überregulierung bedarf.
In Antwort auf: Aber schauen wir uns doch mal die wirklichen Fakten an:
Gerne, einige zumindest. Ich habe keine Lust, die jahrelange Arbeit der Germanisten für alle Beispiele herauszusuchen, und greife deshalb mal schnell das schönste Beispiel heraus:
In Antwort auf:Welcher Belemmerte hat verfügt, dass man früher belemmert mit „e“ schrieb, obwohl es von Lamm kommt.
Schlecht formuliert. Besser wäre: Welcher Belemmerte hat das Märchen verbreitet, lemmern (behindern, bremsen, aufhalten) hätte etwas mit Schafen zu tun?
Warum man von Gams zu Gemse komt? Das nennt sich Umlaut und gehört zu den wichtigsten Eigenschaften der deutschen Sprache. Man hat erst später das 'Ä' als Buchstabe erfunden, was nun immer wieder einige Belemmerte dazu bringt, zu fordern, man müsse Häfen und Hefen um jeden Preis unterschiedlich aussprechen. Da stehe ja nicht umsonst ein anderer Buchstabe. Natürlich kann man das Stammprinzip (ä, wo etymologisch a mit Umlaut) gut begründen. Aber ob die Mänschen (sic) das wirklich wollen? Ich persönlich hätte ganz ohne Ä das Schreiben wohl schneller gelernt. Den Zusammenhang zwischen a und e kannte ich ja eh schon vom Sprechen.
Was soll eigentlich das Deppenapostroph beim Ohmschen Gesetz? Wo soll es herkommen? Dort wird ja nichts ausgelassen, es gibt keinen Grund für das Apostroph. Das kann man meinetwegen gerne Apostrof schreiben, wenn man will. Aber man sollte nicht, wie es das ursprüngliche Anliegen der Reform war, die alte Schreibweise verbieten.
Die Dreifachkonsonanten wurden früher verboten, weil man den Schülern auch eine schöne und lesbare Schrift beibringen wollte. Und derartige Konsonantenhäufungen sehen eben nicht nur mies aus... Man kann sie gerne erlauben. Ich habe den Schönschreibunterricht immer ganz besonders gehaßt. :) Letztlich wird sich auf dem Buchmarkt der Markt gegen sie entscheiden, wie auch für Serifenschriften höhere Buchpreise erzielt werden können. Sieht halt besser aus und liest sich angenehmer. Solche Sachen, die nicht unbedingt zur Verständigung notwendig sind, sind die Sache des Schreibers und gehen den Staat nichts an.
ss versus ß ist nerviges Thema, weil das ß tatsächlich nur eine Ligatur ist. Es wurde eingeführt, weil es besser aussah. Erst anschliessend hat man es mit Bedeutungsunterschieden belastet (Maße vs Masse). Die Reformer entblödeten sich nicht, hier einen Ausspracheunterschied festmachen zu wollen. Da wäre dann in Norddeutschland (Spass) falsch, was in Süddeutschland (Spaß) gilt und vice versa. Die traditionelle Rechtschreibung hatte eine simple Regel: ss im Silbengelenk, sonst ß. Aber dazu muss man den Lernenden erstmal etwas Morphologie beibringen. Und ein gründlicher Unterricht über das Funktionieren unserer Sprache? Gott bewahre uns davor! ;) Aber vermutlich gab es für die Silbengelenkregel auch etliche fiese Ausnahmen. M.e. ist das Hauptproblem sowohl der alten als auch der neuen RS die Vielzahl von Ausnahmen. Man könnte einfach den Schreiber entscheiden lassen. Aber dann beschweren sich allen Ernstes die Schüler, daß dadurch alles viel komplizierter sei. (Man sieht schnell, daß ich ss-ß auch sehr freizügig setze. "muss" sieht für mich einfach schöner aus als "muß".)
Was die komplexen Verben (pleite gehen) und die komplexen Temporalangaben (heute mittag) angeht, will ich nur eines sagen: Dem Deutschschüler, der nach Deiner Methode lernt, wünsche ich beim Aufschlag an der Uni eine schnelle Auffassungsgabe, denn Deine Schreibweise führt ihn gewaltig in die Irre sobald er sich ernsthaft mit der Syntax der deutschen Sprache befassen muss. "Mittag" ist da, wo man "heute mittag" sagt eben gerade kein Nomen. Ebensowenig wie das pleite in "pleite gehen" ein Nomen ist. Es ist Teil des Verbs "pleitegehen", daß man IMHO auch besser gleich so schreiben sollte.
Rechtschreibung ist halt so eine Sache. Noch ein letztes: Was Du als Kampf der Alten gegen die Jungen siehst, habe ich als Widerstand der Fachleute gegen eine Truppe aus Politpädagogen der 68er Generation, Bertelsmannmanagern und Kultusministern erlebt. Da gab es die, die meinen, man solle die Sprache sich entwickeln lassen und natürliche Änderungen einfach übernehmen und dann die, die meinten Sprache müsse vom Staat geformt werden, weil der Bürger das nicht selber könne/solle/dürfe. Die Motive waren unterschiedlich (marxistische Sprachutopien/Gewinnstreben/Kontrollwahn). Keins war ehrbar.
Noch eine Bemerkung zu "(be-)lemmeren": Es gibt im Deutschen einen wichtigen Mechanismus - die Stärkung der Erstsilbe auf Kosten der folgenden Silben. So wurde unter anderem aus dem sennep der senp (Senf| Semf| Sempf mit p-f-Wandel) Dieser Mechanismus (und andere) hat unter anderem für unseren Dialektreichtum gesorgt, weil er nicht überall im gleichen Maße wirksam war. Wer beispielsweise eine Sachsen "hees" sagen hört, hört keine Maulfaulheit sondern die vom Lautwandel (Monophtongierung in diesem Fall) unberührte ursprüngliche Aussprache von "heiß". Und ja, das "i" im "heiß" wird ausgesprochen. ;) Wenn man nun den Mechanismus der Erstsilbendominanz auf lemmeren (alle Silben gleich lang und gleich betont) anwendet, also die erste Silbe betont und dehnt und die nächste mehr und mehr weglässt, kommt man automatisch zum heutigen hochdeutschen Verb. Nur das Adjektiv hat diese Veränderung eben nicht mitgemacht.
Quizfrage: Wer errät das hochdeutsche Verb? Die Bedeutung hat sich nur beim Adjektiv geändert...
Bei jeder Reform, egal auf welchem Gebiet sie stattfindet, gibt es immer viele Gründe da-gegen, wie es eben mindestens genau so viele Gründe dafür gibt. Das ist unvermeidlich.
Das was die Reform wollte ist entscheidend.
Eine Schrift sollte logisch sein, das heißt ableitbar, z.B. Stammprinzip und sie sollte so weit wie möglich der akustischen Aussprache folgen.
Ersteres hat die Reform schon recht gut umgesetzt, Lücken gibt es immer. Beim zweiten Punkt fehlt es sicher noch.
Von Kritikern werden nun insbesondere beim Stammprinzip Einwände gemacht z.B. Ich zitiere einfach mal einige Dinge:
· Belemmert leitet sich vom Niederdeutschen belemmeren ab, was 'hindern, hemmen, beschädigen' bedeutet. Jetzt soll es "belämmert" geschrieben werden. Wer aber würde ernst-haft annehmen, das Wort habe etwas mit den Jungtieren unserer Schafe zu tun? Es geht hier wohl weniger um das "belämmerte" Schicksal dieser Geschöpfe, als Braten auf dem Tisch zu enden, als vielmehr um die belemmerten Vorstellungen der Reformer von Sprache.
Fakt ist aber, die Reformer haben sich nicht streng an das Ursprungsprinzip gehalten, sondern eben dem Volk aufs Maul geschaut. Da ist es ganz sicher so, das die meisten Leute den niederdeutschen Ursprung „belemmeren“ gar nicht kennen, sondern eben genau belämmert mit Schaf verbinden, wie das Volk eben auch sagt du Schafskopf, wenn man jemanden als Dummkopf hinstellen will.
· Das Quentchen (Glück) z. B. geht auf lateinisch quintus zurück, das 'der fünfte Teil' be-deutet; die "Experten" aber nehmen an, daß der Laie das Wort volksetymologisch mit Quantum (wer benutzt dieses Wort eigentlich?) in Verbindung bringt und deshalb mit ä schreibt: "Quäntchen".
Hier genauso. Was der Kritiker hier bezüglich Quantum aufführt ist falsch, das Wort Quantum ist im Umgangsdeutsch weit verbreitet. Man benötigt für eine Sache ein bestimmtes Quantum, im Sinne von Menge. Ich hab mein Quantum erreicht(mehr Alkohol sollte es nun nicht mehr sein) usw. Außerdem bezweifele ich auch, ob Quentchen wirklich auf quintus zurückgeht.
· Die Verben verbleuen und einbleuen sind mit der Pleuelstange verwandt, einer 'Schlagstange' also, die auch weiterhin mit e zu schreiben ist; verbleuen bedeutet also 'schlagen, verprügeln'. Worin soll nun der Vorteil liegen, jetzt "verbläuen" und "einbläuen" zu schreiben?
Hier wird der Unsinn ganz offensichtlich. Jeder verbindet verbläuen mit blauen Flecken und nicht mit einer Pleuelstange. Der Kritiker weiß in diesem Fall nicht mal was ein Pleuel ist. Ein Pleuel ist keine Schlagstange, da dreht sich mir der Ingenieursmagen um, ein Pleuel schlägt nicht.
Dann äußerte jemand folgende Kritik:
Wäre die Kommission konsequent gewesen, dann hätte sie auch folgende Herleitungen gelten lassen müssen: statt "Eltern" jetzt "Ältern", weil von "alt" oder "Alter" statt "brennen" jetzt "brännen", weil von "Brand" statt "fressen" jetzt "frässen", weil von "Fraß" statt "hetzen" jetzt "hätzen", weil von "Hatz" statt "sprechen" jetzt "sprächen", weil von "Sprache" statt "stehen" jetzt "stähen", weil von "Stand" usw. ad lib.
Darauf gibt ein anderer Schreiber folgende Antwort:
Das ist Sandkastenpolemik, da du hier gerade nicht den Ableitungsregeln bei der Wortbildung folgst, sondern sie umkehrst.
"fressen" ist das Ausgangswort! Weil es ein unregelmäßiges Verb ist, gibt es den Vokalwechsel: fressen - er fraß - er hat gefressen. Das Nomen wird von Präteritumsstamm fraß und ohne Endung gebildet. Darum: der Fraß.
Und so bei allen andern, außer bei "Eltern", wo die Kommision auf Wunsch der Kultusminister den alten Stand bewahrte. Aus Rücksicht auf die leicht zu überfordernden Bürger wie dich.
Ich denke es ist in der Tat richtig, wie die Kommission vorgegangen ist, nämlich den Wortstamm auch an den Sprachgebrauch anzupassen.
Die Diskussion mit den deutschen Umlauten sowie dem ß ist ohnehin ein eigenes Thema.
Was soll eigentlich das Deppenapostroph beim Ohmschen Gesetz? Wo soll es herkommen? Dort wird ja nichts ausgelassen, es gibt keinen Grund für das Apostroph. Das kann man meinetwegen gerne Apostrof schreiben, wenn man will. Aber man sollte nicht, wie es das ursprüngliche Anliegen der Reform war, die alte Schreibweise verbieten.
Das stimmt schon, es ist typisch deutsch, alles immer bis ins Kleinste festlegen zu wollen. Aber so ganz stimmt es bei der Reform nicht, es sind dort eine ganze Reihe von Worten, die man heute so oder so schreiben kann. Vielleicht noch zu wenig.
Da gab es die, die meinen, man solle die Sprache sich entwickeln lassen und natürliche Änderungen einfach übernehmen und dann die, die meinten Sprache müsse vom Staat geformt werden, weil der Bürger das nicht selber kön-ne/solle/dürfe.
Es geht ja gar nicht um die Änderung der Sprache, es geht darum wie ich das gesprochene Wort schreibe, das ist ein großer Unterschied.
Da sagt jemand:
Eine Sprache, die es in 1200 Jahren bis in höchsten Kunstformen gebracht hat, wurde per Federstrich hingerichtet (bekanntermaßen sind Hunderte von Wörtern aus der deutschen Sprache ersatzlos gestrichen worden). Kompromißlose Schreibung, optimale Differenzie-rung sind nicht mehr erwünscht. Deutsch als Fast Food. Kein Interesse mehr an Gramma-tik, Interpunktion, Sprachbetrachtung, Tiefe. Normen sind unbeliebt. Wer viel erlaubt, ist beliebt.
Tja, eine Sprache steht auch in Konkurrenz zu anderen Sprachen, z.B. der englischen Sprache. Man kann natürlich die ganze Unlogik und die ganzen Ausnahmeregeln als höchste Kunstform hinstellen, wie es der Schreiber tut. Ich als Ingenieur sehe es ganz praktisch.
Wir hatten früher ein heilloses Durcheinander mit Gewinden, Steigungen, Flankenformen Maßen usw. Da mag sich jemand der dieses Durcheinander beherrschte ja auch als großer Künstler begriffen haben, dennoch wurde zum Zwecke der besseren Handhabung, der Vereinheitlichung und des Austausches alles plattgemacht und auf eine sinnvolle Norm gebracht. Das metrische System zum Beispiel. Es hat sich fast überall durchgesetzt.
Auch in der Schrift findet die Globalisierung statt, auch wenn es vielen nicht gefällt.
Das war mir schon klar, das ich bei meinem Votum auf Ihren heftigen Widerspruch stoßen würde. Ich bin eben ein Ketzer.
Das hat mich nun wirklich gewundert, lieber M. Schneider - daß Sie, den ich immer für einen in der Wolle gefärbten Liberalen gehalten haben, für dieses bürokratische Machwerk eintreten.
Ich bin in der Tat ein Liberaler, sogar ein kämpferischer- . Aber lieber Zettel warum muss ein Liberaler gegen eine Reform sein, das Eine hat doch mit dem Anderen gar nichts zu tun.
Siehe auch meine Anmerkung zur Normierung in der Technik. Man darf sich nicht aus Gewohnheitsgründen einer Reform versperren, und zu sagen es sei ein bürokratisches Machwerk trifft es ja nun auch nicht. Jede Reform ist nun mal zuerst ein bürokratisches Machwerk. Das war auch so, als die Normierung der SI-Einheiten erfolgte.
Ich wundere mich übrigens immer wieder darüber, bei Ihnen auch, das alle Kritiker grundsätzlich davon sprechen, man hätte in die Sprache eingegriffen? Es geht lediglich um die Schreibweise, nicht um die Sprache.
Die englische oder französische Rechtschreibung zu lernen ist also ungleich schwerer als beim Deutschen - und trotzdem denkt seit Jahrhunderten niemand an eine "Rechtschreibreform".
Das sagen Sie, der Meinung sind aber ausländische Lernende nicht, und als Deutscher kann man es nicht richtig beurteilen, weil es die eigene Muttersprache ist.
Von den Amerikanern weiß ich (besser hörte ich) von Insidern, dass sie sich sehr viel weniger an ihre Rechtschreibregeln halten und sagen wir mal, sehr individuell und großzügig damit in der Praxis umgehen. Da liegt möglicherweise schon ein deutlicher Unterschied in der Praxis. Bei uns muss es ja eben immer genau nach den Regeln gehen.
Wenn jemand dafür plädiert, viel großzügiger mit der Schreibweise umzugehen, dann findet er in mir als Liberaler ganz sicher einen Befürworter.
Und das es in anderen Ländern keine Reform gegeben hat spricht nicht unbedingt für die Länder. Die Engländer benutzen heute noch das veraltete Zoll Gewinde, obwohl die übrige Welt fast vollständig das metrische Gewinde verwendet. Deshalb heißt es aber nicht, das die Engländer sinnvoll handeln.
Der Vergleich mit Bush war von meiner Seite schon mit Überlegung gewählt.
Ich las gerade nur etwa 11% der Deutschen sind für die Reform.Umfrage nach Allensbach.
Gegenbeispiel: Nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zur Haltung ihrer Bezieher zur Rechtschreibreform, sind die Befürworter in der Überzahl. Diese verlangen zum Teil aber Modifikationen an den neuen Regeln.
In Antwort auf:Das was die Reform wollte ist entscheidend.
Also die Bekämpfung der bürgerlichen Gesellschaft durch Nivellierung aller Bildungsunterschiede. Kein Witz. Die unsinnige Ausgangsthese war: Die bürgerliche Klassengesellschaft hat eine unnötig komplizierte Schreibweise entwickelt, die sich nur durch intensive Bildung, speziell durch eine unproletarische und rein bürgerliche Beschäftigung, nämlich das Lesen von Büchern, beherrschen lässt. Dies dient einzig dem Zweck, das Proletariat zu unterdrücken und die Hegemonie des Bürgertums und seiner kapitalistischen Gesellschaftsform zu zementieren. Um die bürgerliche Gesellschaft zu überwinden, ist es deshalb notwendig, die bestehende Rechtschreibung abzuschaffen und durch eine neue zu ersetzen, die auch von Analphabeten beherrscht werden kann. Wie es Ickler so schön formuliert: Der strategische Fehler der Reformer war, daß sie ihren ersten Entwurf veröffentlichten, bevor er für die Schulen verpflichtend wurde. Danach wurden sie nämlich gezwungen, sich mit Germanisten an einen Tisch zu setzen. Fachleute, igitt! ;) Du willst Dir dringend mal anschauen, was die Reformer da im einzelnen eigentlich vorhatten. Dann wirst Du den Reformgegnern dankbar sein, daß sie in einem jahrelangen Abwehrkampf wenigstens den gröbsten Unsinn blockiert haben.
In Antwort auf:Außerdem bezweifele ich auch, ob Quentchen wirklich auf quintus zurückgeht.
Zum Scherzen aufgelegt, ne? :) Sagt ein Germanist zum Ingenieur: Außerdem bezweifle ich auch, ob es kein Perpetuum Mobile gibt.
In Antwort auf:Ein Pleuel ist keine Schlagstange, da dreht sich mir der Ingenieursmagen um, ein Pleuel schlägt nicht.
Es schlägt genauso, wie auch ein linker Haken oder eine rechte Gerade Schläge sind. Es geht um die Bewegung und deren traditionelle Bezeichnung, nicht ums Prügeln. Beim Webstuhl sucht man ja auch nicht nach Kanonen und Segeln nur weil es dort Schiffchen gibt und geschossen wird. Die deutsche Sprache funktioniert nunmal nicht so, wie es sich Ingenieure gerne zurechtdefinieren würden. Und nur Ingenieure kommen auf die Idee, jemand könnte Glühbirnen zu Kompott verarbeiten wollen. Diese Bauchschmerzen sind selbstgemacht.
In Antwort auf:Es geht ja gar nicht um die Änderung der Sprache, es geht darum wie ich das gesprochene Wort schreibe, das ist ein großer Unterschied.
Bei der Groß-/Kleinschreibung, bei Kommata und bei der Zusammenschreibung geht es sehr wohl um die Sprache an sich, da hier wichtige Bedeutungsunterschiede kodiert werden und aktiv benutzt werden. Die Schriftsprache unterscheidet sich nämlich ganz erheblich von der mündlichen Sprache. Das, dadadada, also, ich will ja nur, also das sieht man ja, ähähähähäh gleich, gleich, wenn man also wenn man einfach mal äh diktiert, ne? und dann also einfach mal äh nonotiert, ne, wawas da so äh aus dem Mund kommt, ne? ;) Hinzu kommt, daß die Reformer eben einen ganzen Haufen Wörter mal eben per Dekret abschaffen wollten. Denen war halt wirklich gar nichts zu idiotisch. Es lebe der antikapitalistische Klassenkampf! Da müssen halt auch lexikalische Opfer gebracht werden, ne?
In Antwort auf:Tja, eine Sprache steht auch in Konkurrenz zu anderen Sprachen, z.B. der englischen Sprache. Man kann natürlich die ganze Unlogik und die ganzen Ausnahmeregeln als höchste Kunstform hinstellen, wie es der Schreiber tut.
Oder wie es die Englischsprecher tun. Gerade der Erfolg von Englisch und das Dahinsiechen von Esperanto beweisen ja deutlich, daß die Rechtschreibung und die Logik auf den sprachlichen Konkurrenzkampf keinerlei Einfluß haben. Und komm mir jetzt nicht damit, wenigstens die Grammatik von Englisch wäre einfach. Das Kauderwelsch, daß in deutschen Schulen gelehrt wird, ist tatsächlich einfach. Aber es ist grauenvolles Kauderwelsch. Die tatsächlichen Hürden der englischen Grammatik sorgen dann an der Hochschule für die ziemlich hohe Durchfall- und Abbrecherquote bei den Anglisten. Nix mit einfach. ;)
In Antwort auf:Auch in der Schrift findet die Globalisierung statt, auch wenn es vielen nicht gefällt.
Richtig. Und deshalb gibt es ja auch keinen vernünftigen Grund, zwanghaft die Schreibweise von Fremdwörten zu verändern, nur um eine eigene deutsche Schreibweise zu haben, die vom internationalen Standard abweicht. Denen mit niedriger Bildung wird damit nicht geholfen, und bei höherer Bildung muss man sich eh an die internationale Schreibweise gewöhnen.
Also die Bekämpfung der bürgerlichen Gesellschaft durch Nivellierung aller Bildungsunterschiede. Kein Witz. Die unsinnige Ausgangsthese war: Die bürgerliche Klassengesellschaft hat eine unnötig komplizierte Schreibweise entwickelt, die sich nur durch intensive Bildung, speziell durch eine unproletarische und rein bürgerliche Beschäftigung, nämlich das Lesen von Büchern, beherrschen lässt. Dies dient einzig dem Zweck, das Proletariat zu unterdrücken und die Hegemonie des Bürgertums und seiner kapitalistischen Gesellschaftsform zu zementieren. Um die bürgerliche Gesellschaft zu überwinden, ist es deshalb notwendig, die bestehende Rechtschreibung abzuschaffen und durch eine neue zu ersetzen, die auch von Analphabeten beherrscht werden kann.
Ich kenne auch das, aber der Unsinn ist schon lange her. Außerdem warum wundern Sie solche Dinge. Jahrzehntelang wurde auch das Niveau an den Schulen durch linke Kreise gesenkt, nur um mehr Arbeiterkinder zum Abi zu bringen. Wo ist da der Unterschied?
Bei der jetzigen Reform spielte das jedenfalls keine Rolle mehr.
Ein Pleuel ist keine Schlagstange, da dreht sich mir der Ingenieursmagen um, ein Pleuel schlägt nicht.
Es schlägt genauso, wie auch ein linker Haken oder eine rechte Gerade Schläge sind. Es geht um die Bewegung und deren traditionelle Bezeichnung, nicht ums Prügeln.
Nein geht es eben nicht, es geht darum, dass von 1000 Leuten unter Garantie 998 das Wort einbläuen mit blauen Flecken von einer Tracht Prügel verbinden. Die meisten wissen nicht mal was ein Pleuel ist. Auf das Pleuel selber und seine Bewegung/Schlagen lieber Califax will ich hier nicht weiter eingehen, da kommen wir vom Thema ab, aber seien Sie gewiss, es schlägt nicht, sonst würde der Kurbeltrieb nicht funktionieren.
Da hätte der Betreffende lieber von einem Dreschflegel sprechen sollen, der schlägt in der Tat
Bei der Groß-/Kleinschreibung, bei Kommata und bei der Zusammenschreibung geht es sehr wohl um die Sprache an sich, da hier wichtige Bedeutungsunter-schiede kodiert werden und aktiv benutzt werden.
Aber lieber Califax, Sie wissen so gut wie ich, dass niemand auch nur ein Wort anders spricht, durch die Rechtschreibreform der Schreibweise. Diese Behauptung ist einfach nicht wahr.
Oder wie es die Englischsprecher tun. Gerade der Erfolg von Englisch und das Dahinsiechen von Esperanto beweisen ja deutlich, daß die Rechtschreibung und die Logik auf den sprachlichen Konkurrenzkampf keinerlei Einfluß haben.
Das sehen z.B. die weltweiten Goetheinstitute ganz anders. Dort hat man so gleich vom ersten Tag an die neuen Regeln verwendet, gerade weil man dem Rückgang der deutschen Sprache weltweit entgegenwirken will. Wir haben derzeit ca. 20 Mio. Menschen (Ausländer) weltweit die Deutsch lernen.
Die Befürworter der alten Regeln glorifizieren oft Dinge, die vorher viele falsch geschrieben haben und die jetzt qua Reform richtig sind. Ich frage Leute etwa beim Problem der drei F gern, ob sie die alte Regel in diesem Fall überhaupt kannten: Folgt nach Doppelkonsonant ein weiterer Konsonant, schreiben wir alle drei, folgt hingegen ein Vokal, schreiben wir nur zwei. Das ist keine besonders einleuchtende Regel, daher wurde sie meist verletzt. Da las man «Papplakate» oder «Schiffracht», das war falsch, drei Konsonanten waren richtig. Jetzt schreiben wir immer drei Konsonanten, egal, ob ein Vokal oder ein Konsonant folgt. Ich verstehe, dass diese Frage viele Leute bewegt. Die meisten wollen aber nur ungern zur Kenntnis nehmen, dass sie vorher vieles falsch geschrieben haben.
Sagt Professor Lutz Götze, er lehrt an der Universität des Saarlands, am Lehrstuhl Deutsch als Fremdsprache.
Herzlich M.Schneider
Sparrowhawk
(
Gast
)
Beiträge:
08.01.2008 13:43
#13 RE: Der dritte Weltkrieg fand in Deutschland statt.
"Von den Amerikanern weiß ich (besser hörte ich) von Insidern, dass sie sich sehr viel weniger an ihre Rechtschreibregeln halten und sagen wir mal, sehr individuell und großzügig damit in der Praxis umgehen."
Hm... es haben sich tatsächlich im American English etwas andere Schreibweisen eingebürgert als man sie aus dem British English kennt. Während Briten noch teilweise an der alten französischen Schreibweise hängen, haben die Amerikaner die Schreibweise so umgestellt, daß sie der Aussprache entspricht:
Beispiel: franz.: le centre -> Brit.Engl.: centre -> Am. Engl. center
Analog dazu: theatre / theater, litre / liter, metre / meter, etc.
Ebenso haben die Amerikaner in der Zwischenzeit überflüssige Vokale aus den Worten genommen:
Brit. Engl.: colour -> Am.Engl.: color (das "u" im Britischen wird nicht mitgesprochen, ist daher überflüssig... ist halt auch ein französisches Relikt, von "couleur" kommend).
Ebenso harbour / harbor, etc.
Damit nicht genug, aber dies sollte nur mal als Beispiel dienen.
Allerdings sei gesagt: diese Dinge haben sich im Laufe der Zeit von allein herausgebildet, Bürokratie á la zentral verordneter Rechtschreibreform war nicht nötig... und wäre so auch gar nicht gegangen, da das US-System sehr föderal ist, mit nur wenigen Kompetenzen für Washington (z.B. hoheitliche Aufgaben wie Verteidigugs- und Außenpolitik in der Hauptsache).
Allerdings sei gesagt: diese Dinge haben sich im Laufe der Zeit von allein herausgebildet, Bürokratie á la zentral verordneter Rechtschreibreform war nicht nötig... und wäre so auch gar nicht gegangen, da das US-System sehr föderal ist, mit nur wenigen Kom-petenzen für Washington (z.B. hoheitliche Aufgaben wie Verteidigugs- und Außenpolitik in der Hauptsache).
Da stellt sich die Frage, gibt es in Amerika auch ein Art Standardwerk bezüglich der Rechtschreibung, wie bei uns den Duden, bzw. wie wird sonst die Rechtschreibung in den Schulen geregelt. Ich nehme an, es kann ja wohl auch nicht jeder schreiben wie er will.
Außerdem bezweifele ich auch, ob Quentchen wirklich auf quintus zurückgeht.
Hier habe ich mich falsch ausgedrückt. Ich meinte nicht im Hinblick auf den wissenschaftlichen Wortstamm, sondern darauf, was der normale Deutsche heute mit Quäntchen als Ursprung verbindet, nämlich eine Menge, ein Teil.
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