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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 17 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.01.2008 02:30
Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

Geht es wirklich nur gegen Koch in Hessen? Ich halte das für unwahrscheinlich.

Marian Wirth Offline



Beiträge: 60

13.01.2008 11:31
#2 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

Lieber Zettel,

zwei Anmerkungen:

1.) Der Unterschied zu 1966 und 1982 ist der, dass es in den damaligen Koalitionen am Anfang Gemeinsamkeiten gegeben hat, die dazu geführt haben, dass das Land unter diesen Koalitionen gar nicht mal so schlecht regiert worden ist.

In der gegenwärtigen großen Koalition gibt es zwar auch Gemeinsamkeiten zwischen den Koalitions"partnern" - aber diese wirken sich samt und sonders für die Bürger negativ aus und führen dazu, dass das Land schlecht regiert wird. In der Düsseldorfer SPD habe ich nach der Bundestagswahl nicht einen einzigen Befürworter der großen Koalition erlebt. Nicht. einen. Einzigen. Dann kam der Befehl von oben - und auf dem Bundesparteitag haben sich die meisten Delegierten gebeugt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es auf Seiten der CDU oder gar der CSU anders ausgesehen hat.

2.) Die SPD hat drei Möglichkeiten, über 2009 hinaus an der Macht zu bleiben

a.) Fortsetzung der großen Koaltion

Das würde langfristig allen beteiligten Parteien schaden; zwangsläufig wird dann irgendwann ein Obama Blocher auftauchen (hoffentlich habe ich zu diesem Zeitpunkt das Land schon für immer verlassen). Zudem hängt diese Möglichkeit von zwei Faktoren ab, die die SPD nicht beeinflussen kann: dem Wahlergebnis und dem Verhalten der CDU/CSU (vor allem der CSU).

Viel erfolgversprechender (um Sie zu ärgern, hätte ich fast "Erfolg versprechender" geschrieben ) scheint also die Option Rot/Rot/Grün zu sein.

b.) Rot-Rot-Grün

Rot-Rot-Grün lässt sich auf drei Wegen erreichen:

aa.) Vor der nächsten Bundestagswahl die Koalition platzen zu lassen und Steinmeier zum Kanzler machen.

bb.) In die nächste Bundestagswahl mit einer Strategie zu gehen, die angesichts der Umfrageergebnisse nur den Schluss zulässt, nach der Wahl mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten.

cc.) Die Wähler knallhart zu belügen und eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit der Linkspartei kategorisch auszuschließen, um dann nach der Wahl zu sagen: "Sorry, Leute, aber uns bleibt nichts anderes übrig."

Das Problem ist nur: diese drei Möglichkeiten werden die SPD von zwei ihrer vier Haupteinnahmequellen abschneiden. Sie würde dadurch innerhalb weniger Wochen die letzten sozialliberal orientierten Mitglieder verlieren (die zwar nach meiner Wahrnehmung nicht mehr als 10-20% ausmachen, aber überdurchschnittlich zum Mitgliedsbeitragsaufkommen beitragen) - und sie würde keine Spenden von nennenswertem Umfang von außerhalb der Partei mehr bekommen.

Das kann die SPD sich finanziell nicht leisten. Es mag sein, dass das die Parteiführung nicht sieht, so wie sie ja auch nicht einsehen will, dass die FDP unter gar keinen Umständen in eine Ampel-Koalition (Möglichkeit cc.)) einwilligen wird (das wäre nicht nur für Westerwelle persönlich, sondern für die ganze FDP Selbstmord) und so, wie sie nicht sehen wollte, dass Gerd, der Basta-PV, die Partei einmal mit 50 km/h vor die Wand gesetzt hat - um dann zurückzusetzen und nochmal mit 70 km/h gegen dieselbe Wand zu fahren.

Also: Wenn die "Volksfront" kommt, dann ist die SPD spätestens zur nächsten Bundestagswahl (planmäßig 2013) nicht mehr handlungsfähig. Und dann hat sich auch das Projekt "Volksfront" erledigt. Weshalb warnen Sie also dauernd davor?

Gerade ihre redundante Kritik an Barack Obama und ihr nimmermüdes Betonen der "Volksfront" lassen für mich darauf schließen, dass sie sich zuviel mit Hugo Chávez beschäftigt haben. So heruntergekommen wie Venezuela ist die Bundesrepublik dann doch noch nicht.

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

13.01.2008 12:22
#3 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

Lieber Zettel

Der Herr Eierkopf hat genau so wenig je etwas vernünftiges gesagt, wie die berufsempörte Skandalschreierin der Grünen oder der vorbestrafte Altlinke bei den Grünen.

Was will man also jetzt mehr erwarten?

Danach hat man den Problembär aus der Provinz ins Parlament geholt, worauf er dort auch nur tollpatschig Porzellan zerschlägt. Von wegen Musketier, er würde eher beim ersten Schritt in den eigenen Degen fallen.

Und was das Ziehkind von Altkanzler Schröder angeht, konnten wir ja alle schon bei dem Streit mit China erleben wes´ Geisteskind er ist.

Hier beginnt überhaupt das Hauptproblem, und das ist ein Problem Merkel.

Sie hätte ihren Außenminister damals so zusammenfalten müssen, dass er in keinen Sarg mehr gepasst hätte. Wenn ein Außenminister offen den Kanzler angreift, ist er nicht mehr tragbar. Frau Merkel hatte weder den Mumm den Minister intern radikal zu stoppen, noch gar ihn auszutauschen.

Sie lässt sich vorführen, weil sie nicht den Mut hat, klar mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, auch das Risiko in Kauf nehmend, dass die große Koalition vorher zerbricht.

Dann soll es eben so sein. Es würde sich noch zeigen, ob die SPD den Mumm hätte.

In diesem Punkt war ihr der Bastakanzler weit überlegen.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten Macht zu erhalten. Die eine ist Machiavelli, kurz jede Intriege jeder „Mord“ und jede Schweinerei die nützt ist angesagt. Wem das nicht liegt, und das sind wahrscheinlich die Meisten, mein Fall wäre es auch nicht, der muss nach der anderen Devise handeln, der bewussten Ausspielung der Streitaxt.

Die erste Regel lautet „Lass es immer drauf ankommen“.

Frau Merkel tut beides nicht und das ist ein Fehler und wird schief gehen. Die Unverschämtheiten der SPD zeigen nur eines, sie haben gar keinen Respekt mehr vor der Kanzlerin. Das Schlimme ist, durch ihre mangelnde Streitaxtbereitschaft gibt sie der SPD die Zeit, die diese braucht, um sich für eine Nachmerkelzeit, wie auch immer, in Stellung zu bringen und dabei schon mal den einfachen Wähler auf sich einzustimmen.

Zeit ist etwas das man dem Gegner niemals geben darf.

In der derzeitigen Lage gibt es für Frau Merkel nur zwei Möglichkeiten. Erstens mit unnachgiebiger Gewalt zu regieren und jeden SPD Abweichler (auch eigene-) unangespitzt in den Boden zu schlagen oder aber den ganzen Mummenschanz Große Koalition schlicht zu beenden und es eben drauf ankommen zu lassen ob Schwarz Gelb bei vorgezogenen Wahlen nicht doch gewinnt.

Beide Wege hätten meine Achtung.

Was Frau Merkel jedoch derzeit tut hat nicht meine Achtung. Es ist nur der lächerliche Versuch mit einem Schlingerkurs mal nach rechts mal nach links sich durchzumogeln.

Funktioniert aber nicht.

Die SPD wird sie damit Stück für Stück demontieren, bis sie sich stark genug fühlt den offenen Kampf zu beginnen, z.B. wie Sie schon vermuten über ein Misstrauensvotum, der Bürger wird Merkels Schwäche ebenfalls sehen und das bedeutet ihr politisches Ende.

Herzlich M.Schneider

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

13.01.2008 12:58
#4 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

"Oder ob dann Frau Ypsilanti sich ans Kleingedruckte hält und zwar, ihrem Versprechen gemäß, nicht eine "rot-rote" Koalition eingeht, aber eine Volksfront bildet; vielleicht vorerst in Gestalt einer Duldung von Rotgrün durch die Kommunisten."

Im Osten nichts Neues, möchte man meinen; ich denke da an das Magdeburger Modell, wo das cshon in den 90´ern praktiziert wurde. Nur... Hessen liegt nicht im Osten.


"Der Herr Eierkopf hat genau so wenig je etwas vernünftiges gesagt, wie die berufsempörte Skandalschreierin der Grünen oder der vorbestrafte Altlinke bei den Grünen.

Was will man also jetzt mehr erwarten?"


Dem kann ich mich so anschließen...



"Also: Wenn die "Volksfront" kommt, dann ist die SPD spätestens zur nächsten Bundestagswahl (planmäßig 2013) nicht mehr handlungsfähig. Und dann hat sich auch das Projekt "Volksfront" erledigt. Weshalb warnen Sie also dauernd davor?"


Wenn die SPD handlungsunfähig sein sollte, was soll's ? Dann wird sie diesmal freiwillig das tun, was sie nach dem Krieg in der SBZ zwangsweise hatte tun müssen, nämlich mit den Kommunisten zu fusionieren. Denn die SPD ist mittlerweile zu einer Polithure verkommen, die für jeden die Beine breitmacht, der sie hinreichend bezahlt, und der Preis heißt Macht. Bei der Union ist, und das halte ic ihr zugute, dies nicht zu erkennen; Koalitionen mit SPD oder FDP hat es immer mal gegeben, in seltenen Fällen wie Hamburg auch mal mit einer unabhängigen Wählerbewegung. Aber mit Extremisten koalieren ? Das gabs nicht. Was gäbe es für ein Geschrei, würde die Union so mit Extremisten kungeln und koalieren wie es die, aus meiner Sicht moralisch verkommene, SPD derzeit tut.

Inger Offline



Beiträge: 296

13.01.2008 13:15
#5 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

Lieber Sparrow,
ich glaube nicht, daß es da um Macht und Machterhaltung geht, sondern um den gut bezahlten Job- und dafür sind dann alle eigentlich unmöglichen Koalitionen möglich.
Grüßchen,
Inger

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

13.01.2008 15:20
#6 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

Nuja, liebe Inger,

den gut bezahlten Job im Kanzleramt oder Kabinett gibts nur mit der entsprechenden Macht dazu... nämlich mit der Macht, diese Posten zu bekleiden.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.01.2008 21:02
#7 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

Lieber Marian,

Zitat von Marian Wirth
1.) Der Unterschied zu 1966 und 1982 ist der, dass es in den damaligen Koalitionen am Anfang Gemeinsamkeiten gegeben hat, die dazu geführt haben, dass das Land unter diesen Koalitionen gar nicht mal so schlecht regiert worden ist.

Ich würde das für die beiden Koalitionen unterschiedlich sehen.

Die Sozialliberaler Koalition war anfangs wirklich eine Liebesheirat - Linksliberale und Sozialdemokraten waren gemeinsam angetreten, "das moderne Deutschland zu schaffen" (SPD), "die alten Zöpfe abzuschaffen" (FDP).

1966 dagegen war es im Grunde auch eine Mußehe wie jetzt. Wobei die beiden Partner ganz verschiedene Ziele hatten: Die SPD verfolgte die von Wehner erdachte Strategie, via Große Koalition an die alleinige Macht zu kommen; die CDU brauchte die SPD, um unangenehme Reformen durchzusetzen, die am Widerstand einer in der Opposition befindlichen SPD gescheitert wären (Beispiel Notstandsgesetze).
Zitat von Marian Wirth
In der gegenwärtigen großen Koalition gibt es zwar auch Gemeinsamkeiten zwischen den Koalitions"partnern" - aber diese wirken sich samt und sonders für die Bürger negativ aus und führen dazu, dass das Land schlecht regiert wird.

Es wird schlechter regiert, als wenn es zu Schwarzgelb gereicht hätte. Es wird ungleich besser regiert als unter Rotgrün. Jedenfalls aus meiner Sicht. Freilich ist das nicht schwer; denn Rotgrün hat gezeigt, wie schnell man aus einem Land an der Spitze Europas eines von dessen Schlußlichtern machen konnte.
Zitat von Marian Wirth
2.) Die SPD hat drei Möglichkeiten, über 2009 hinaus an der Macht zu bleiben
a.) Fortsetzung der großen Koaltion

Das wird sie nicht machen, weil sie endlich wieder nicht mehr der Juniorpartner sein will. Sie erlebt ja, wie schlecht ihr das bekommt.
Zitat von Marian Wirth
b.) Rot-Rot-Grün
Rot-Rot-Grün lässt sich auf drei Wegen erreichen:
aa.) Vor der nächsten Bundestagswahl die Koalition platzen zu lassen und Steinmeier zum Kanzler machen.
bb.) In die nächste Bundestagswahl mit einer Strategie zu gehen, die angesichts der Umfrageergebnisse nur den Schluss zulässt, nach der Wahl mit der Linkspartei zusammenzuarbeiten.
cc.) Die Wähler knallhart zu belügen und eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit der Linkspartei kategorisch auszuschließen, um dann nach der Wahl zu sagen: "Sorry, Leute, aber uns bleibt nichts anderes übrig."

Ja, genau so. Danke für die erhellende Analyse!
Zitat von Marian Wirth
Das Problem ist nur: diese drei Möglichkeiten werden die SPD von zwei ihrer vier Haupteinnahmequellen abschneiden. Sie würde dadurch innerhalb weniger Wochen die letzten sozialliberal orientierten Mitglieder verlieren (die zwar nach meiner Wahrnehmung nicht mehr als 10-20% ausmachen, aber überdurchschnittlich zum Mitgliedsbeitragsaufkommen beitragen) - und sie würde keine Spenden von nennenswertem Umfang von außerhalb der Partei mehr bekommen. Das kann die SPD sich finanziell nicht leisten.

An diesen Gesichtspunkt hatte ich noch gar nicht gedacht. Ich weiß auch nicht viel von den Motiven von Spendern. Aber könnten sich manche nicht auch überlegen: Gerade bei einer Volksfront-Regierung müssen wir die SPD stärken, damit nicht alles den Bach in Richtung Sozialismus runter geht? - Und was die Mitglieder angeht, hat es ja immer auch diese Überlegung gegeben: Wir dürfen die Partei nicht den anderen überlassen. Passive Mitglieder geben in solch einem Fall gern ihr Mitgliedsbuch zurück. Aktive denken nach meiner Erfahrung eher: Jetzt heißt es überwintern und die Partei wieder auf unseren Kurs bringen.
Zitat von Marian Wirth
Also: Wenn die "Volksfront" kommt, dann ist die SPD spätestens zur nächsten Bundestagswahl (planmäßig 2013) nicht mehr handlungsfähig. Und dann hat sich auch das Projekt "Volksfront" erledigt. Weshalb warnen Sie also dauernd davor?

"Warnen" will ich eigentlich nicht, lieber Marian. Ich mag diese Warnerei gar nicht. Sondern ich versuche zu prognostizieren.

Ich glaube, daß die SPD und die Grünen sich auf die Volksfront einlassen werden, weil sie das Vorbild Mitterands vor Augen haben und denken, daß dies der beste Weg sei, die Kommunisten kleinzukriegen und dann auch ohne sie 2013 eine linke Mehrheit zu haben.

Vielleicht kommt es so. Aber das könnte sich auch als eine Milchmädchenrechnung erweisen. Denn die Kommunisten sind in den Neuen Ländern ja nach wie vor in einem Maß verankert, wie das die KPF auch zu ihren besten Zeiten nicht gewesen ist. Die Regierungsbeteiligung in Berlin könnte ihnen genug Schwung geben, um auch in Brandenburg, in Sachsen-Anhalt, wieder in Meckpomm, vielleicht sogar in Thüringen an die Macht zu kommen. Dann beherrschen sie wieder ihr altes Machtgebiet. Genug, um die nächsten Schritte auf dem erneuten Weg in den Sozialismus zu wagen.
Zitat von Marian Wirth
Gerade ihre redundante Kritik an Barack Obama und ihr nimmermüdes Betonen der "Volksfront" lassen für mich darauf schließen, dass sie sich zuviel mit Hugo Chávez beschäftigt haben. So heruntergekommen wie Venezuela ist die Bundesrepublik dann doch noch nicht.

Meine Befassung mit Obama hat ja gerade erst angefangen!

Was die Volksfront angeht, lieber Marian: Ich versuche ja eigentlich nur - wie bei der heraufziehenden Vereinigung von Cuba und Venezuela, wie vor einem Jahr, als ich darauf hingewiesen habe, daß Putin die Macht wohl nicht abgeben wird - also, ich versuche ja nur, Trends zu erkennen.

Das ist nur interessant für den Leser, wenn es Trends sind, die die meisten anderen (noch) nicht sehen. Drum trage ich dann wie ein Eichhörnchen seine Nüsse alles zusammen, was mir zu dem diganostizierten Trend zu passen scheint.

Trends müssen nicht immer die Entwicklung nehmen, auf die sie hindeuten. Es gibt Zufälle, es kommt sehr oft vor, daß Politiker nicht das tun, was eigentlich rational wäre. Dann liegt der Trendforscher halt schief.

Und wenn er negative Trends sieht, wie ich in den Fällen Chávez, Putin, Obama, Volksfront -, dann freut sich keiner mehr darüber, sich geirrt zu haben, als

Zettel

Marian Wirth Offline



Beiträge: 60

13.01.2008 21:47
#8 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

Lieber M. Schneider,

eigentlich könnte ich es kurz machen:

Aber im Mich-kurzhalten bin ich unglaublich schlecht. Deshalb: Eigentlich hätte Merkel Steinmeier sofort entlassen müssen. Das hätte aber das Ende der GroKo bedeutet. Und das passt der Merkel grad nicht. Aber sie hätte den Steinmeier formell einbestellen und auch öffentlich zusammenfalten müssen. Die Quittung hat sie jetzt mit Struck bekommen, und die Struckiade hat gerade erst angefangen.

Bis jetzt hat Frau Merkel immer noch irgendwie die Kurve bekommen, zuletzt beim Thema Jugendkriminalität. Irgendwann wird sie ihr Gespür im Stich lassen ...

Marian Wirth Offline



Beiträge: 60

13.01.2008 21:56
#9 SED 2.0 Antworten

Hallo Sparrowhawk,

abgesehen davon, dass eine SED 2.0 noch nichtmal am Horizont zu sehen ist: Wie soll denn diese SED 2.0 mit Hilfe der Grünen an die Macht kommen? Das würde zusammen ja keine 40% ergeben, denn wenn es zur SED 2.0 kommt, dann verlieren beide Parteien an Zustimmung. Die Deutschen mögen zwar zu 3/4 links sein, aber so deutlich, dass sie eine SED 2.0 wählen würden, wollen sie das dann doch nicht zeigen.

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

13.01.2008 22:01
#10 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten
Nuja, Frau Merkel ist ja auch bislang fast so viel unterwegs wie zu Lebzeiten Johannes Paul II, da bekommt sie vll. gar nicht mit, was im Land und in der Koalition so vor sich geht.

Zu SED Reloaded: och doch, das kommt schon, auch mit der entsprechenden Stimmenverteilung. Sicher, ein paar werden abspringen, z.B. Linksliberale bei den Grünen oder Antikommunisten bei der SPD. Die kommen dann woanders unter; die Linksliberalen vll. bei im linken Flügel der FDP. Und ansonsten muss man den Wählern doch nur ihre Lieblings-Galionsfiguren präsentieren... Gysi und Bisky für die SED-Stammwählerschaft, Lafontaine und vll. den einen oder anderen Ex-SPD´ler - Franziska Drohse vielleicht ?*lol* - um doe SPD-Wählerschaft bei der Stange zu halten... und die Grünen ? Solange da Figuren wie Claudia Roth oder Ströbele oder Trittin dabei sind - allesamt linksaußen vor dem Herrn - gibts auch da genug Stimmen.

Andererseits ist eine Fusion vll. gar nicht nötig, wenn man den Faden weiterspinnt. Die Union hat ja auch eine Fraktionsgemeinschaft oder wie sich das nennt (CSU in Bayern, CDU im Rest Deutschlands). Warum nicht auch eine SPD-SED Gemeinschaft ? Die SED im Osten, wo sie stark ist und wo sie und die SPD sich die Stimmen gegenseitig wegnehmen, und die SPD im Westen, wo die SED eher wenig holt. Wenn das nicht langt, holt man noch die Grünen dazu - Kommunisten wir Ströbele oder Trittin wären da sicherlich sofort zur Stelle - dann klappt das schon mit der Mehrheit.
Marian Wirth Offline



Beiträge: 60

13.01.2008 22:16
#11 Eindrücke von der SPD-Basis Antworten
Lieber Zettel,

mit den Spendern meinte ich nicht die innerparteilichen Spender, sondern die von außerhalb. Bei den großen Parteispenden-Skandalen ist ja fast völlig untergegangen, dass zwar die CDU den Löwenanteil der illegalen Spenden erhalten hat, aber für die SPD immer noch sechsstellige Beträge abfielen. Bei den legalen Spenden wird sich da am Verhältnis nicht viel geändert haben. Im Falle einer "Volksfront" werden aber die Unternehmen bzw. Unternehmer an die SPD nichts mehr spenden.

Was das Verhalten der passiven SPD-Mitglieder angeht: Ich kann ja nur im Bezug auf die Düsseldorfer SPD aus dem Nähkästchen plaudern, aber hier ist es erstaunlicherweise so, dass die passiven Mitglieder passiv bleiben und Austrittswellen immer bei den Aktiven ins Kontor schlagen. Wenn es aber zur "Volksfront" käme, dann würden die aktiven Besserverdiener sich wohl doch aufraffen und mal nach ihrem Parteibuch suchen, um es gleich nach Wiederauffinden an die Parteizentrale zu schicken.

In Düsseldorf gibt es offiziell noch 3.300 SPD-Mitglieder. Davon sind maximal 300 aktiv. Und von denen sind 200 so mit Mehrfachmandaten und Parteifunktionen eingedeckt, dass sie noch nichtmal in Wahlkampfzeiten richtig einsatzfähig sind. Die beiden Volksparteien waren immer auf die einfachen Parteimitglieder ohne Mandat, ohne Parteiposten und ohne Karriereabsichten angewiesen, denn nur die hatten Zeit und waren bereit, mit ihrem Privat-PKW ohne Entschädigung Wahlkampfmaterial, Plakatständer und sonstige Utensilien durch die Gegend zu fahren. Die Angehörigen dieser Kaste der ambitionslosen Freiwilligen sind aber mittlerweile entweder weggestorben oder zu alt oder aus Enttäuschung ausgetreten. Was bleibt, sind die Aktiven, die aber keine Zeit haben (siehe oben), und ein paar Jusos. Von denen hat aber keiner ein Auto.

Gleichzeitig sacken die oberen Parteiebenen einen großen Teil der Mitgliedsbeiträge ein und verbraten das Geld für teure (und wirkungslose) Image-Kampagnen oder für (wirkungsvolle, aber für die Basis nutzlose) Personenkult-Veranstaltungen der Parteispitze. Die Unterbezirke und Ortsvereine leben von der Hand in den Mund. In einigen Ortsvereinen wird die Tribut-Pflicht an die oberen Parteiebenen dadurch umgangen, dass die wohlhabenderen Parteimitglieder nur den Mindestbeitrag zahlen, dafür aber großzügig an den Ortsverein spenden. Und wie gesagt, nehme ich halt an, dass diesen Mitgliedern bei einem offensichtlichen, sich in Koalitionen auf Bundesebene manifestierenden Abrutschen der SPD nach links der Kragen platzt. Clement wäre einer der Ersten, aber bestimmt nicht der Letzte.
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.01.2008 01:22
#12 Merkels Gespür Antworten

Zitat von Marian Wirth
Bis jetzt hat Frau Merkel immer noch irgendwie die Kurve bekommen, zuletzt beim Thema Jugendkriminalität. Irgendwann wird sie ihr Gespür im Stich lassen ...

So, wie ich sie einschätze, lieber Marian, kalkuliert sie im Augenblick, wie lange man diese Koalition noch bei künstlicher Beatmung am Leben halten soll.

Neuwahlen wären für die Union sicherlich jetzt das Beste; aber wie sie hinkriegen? Wenn Merkel zurücktritt, dann würde das fast automatisch die Wahl eines Volksfront-Kanzlers bedeuten. Noch einmal ein Spiel wie mit Schröders verlogenem Mißtrauensvotum wird andererseits Köhler nicht mitmachen.

Also heißt es für Merkel die Zähne zusammenbeißen. Sie darf den anderen keinen Vorwand für das konstruktive Mißtrauensvotum liefern. Wenn diese es am Ende tun, dann soll es auch an ihnen kleben bleiben.

Sie wird es, denke ich, wie Helmut Schmidt machen, der es immerhin fertigbrachte, Genschers Koalitionswechsel als einen Schurkenstreich darzustellen.



Damals, 1982, habe ich mich gefragt, warum Schmidt, der danach auf dem Gipfel seiner Popularität war, nicht noch einmal zu den Wahlen antrat. Er hätte vermutlich haushoch gewonnen.

Heute weiß ich es oder meine ich es zu wissen: Mit dieser SPD von 1982 hätte Schmidt nicht mehr regieren können. Die Sozialliberale Koalition war am Ende, weil in ihr kein liberales Element mehr war.

Und das ist der große Unterschied zu heute: Heute haben wir mit der Union und der FDP zwei Parteien, die gemeinsame Ziele haben und die auf lange Zeit eine stabile Regierung bilden könnten.

Könnten. Wenn eben nicht in Deutschland seit der Wiedervereinigung die Linke eine strukturelle Mehrheit hätte.

Herzlich, Zettel


Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

14.01.2008 02:35
#13 RE: Merkels Gespür Antworten
"Neuwahlen wären für die Union sicherlich jetzt das Beste; aber wie sie hinkriegen? Wenn Merkel zurücktritt, dann würde das fast automatisch die Wahl eines Volksfront-Kanzlers bedeuten. Noch einmal ein Spiel wie mit Schröders verlogenem Mißtrauensvotum wird andererseits Köhler nicht mitmachen."


Das Problem bei einem Rücktritt Merkels wäre die Frage, wer dann für die Union kandidieren soll. Ich weiß nicht, aber eine Exkanzlerin, die zurücktritt und gleich wieder kandidiert... macht, auf mich jedenfalls, den EIndruck, daß sie nicht wirklich weiß, was sie will... ja was nun ? Nicht wollen ? Doch wollen ? Blieben also Alternativkandidaten... und nun wirds dünn... Pofalla ? Merz ? Rüttgers ? von Beust ? Und dann verließen sie uns... Koch würde sicherlich nicht 2008 oder 2009 für das Kanzleramt kandidieren wollen, zumal gerade jetzt die Linken da auch eine Kampagne von wegen "Ausländerfeind" und so weiter starten können, damit würde die dieUnion nicht nur verlieren, sondern schlimmer abgewatscht als 1998. Mit Schäuble würde das gleiche Desaster drohen, ich denke da an seine Stasi-Phantastereien. Das Volk will nunmal eben nicht total überwacht werden, da wählt es sich dann sicher nicht jemanden, der aber genau das will. Und die Linke könnte sich da sogar - jetzt könnte mir gleich mal übel werden - als Verfechter des Rechtstaats geben... nach dem Motto "Wir wollen die totale Überwachung nicht - Schäuble schon." Und irgendwie kommen bayerische Spitzenpolitiker im Rest des Landes nie an... Strauß unterlag seinerzeit ebenso wie Stoiber... und ich denke, Beckstein würde sich sowas nicht antun wollen. Warum auch ? In München hat er eine bequeme absolute Mehrheit, da muss er sich von keinem Koalitionspartner reinreden lassen.

Was Köhler angeht... vielleicht war er sozusagen als Neuling im Amt damals von Schröder übertölpelt worden, aber aus Fehlern lernt man ja nun... und seither hat Köhler, finde ich, seine Sache als Bundespräsident ordentlich gemacht. Ob Schröder dieses Spielchen auch mit einem Polit-Profi wie... sagen wir... Richard von Weizsäcker hätte spielen können, wage ich zu bezweifeln... der hätte wohl an Schröder die gleiche Empfehlung ausgesprochen, wie zum Beispiel zu Zeiten des Schrippe-Forums Zettel und ich sie gern gesehen hätten... "Lieber Herr Schröder, wenn Sie Neuwahlen wollen, so steht es Ihnen selbstverständlich frei, zurückzutreten."

Dabei, lieber Zettel ist mir etwas aufgefallen. Du weißt ja, ich bin von unserem Parteien(un)wesen hierzulande nicht wirklich begeistert, gelinde gesagt. Da bin ich nicht der einzige Parteienkritiker im Lande, und wo ich gerade bei Richard von Weizsäcker bin... er dürfte einer der prominentesten Parteienkritiker sein...

"In der ZEIT übte Richard von Weizsäcker 1992 schwere Kritik an den deutschen Parteien. Er kritisierte, dass sich der Einfluss der Parteien auf die gesamte Gesellschaft ausgeweitet habe. Sie seien längst zu einem sechsten Verfassungsorgan geworden, seien aber, im Gegensatz zu den anderen, keiner Kontrolle unterworfen. Weiterhin führte er aus, dass das primäre Ziel der Parteien sei, die nächste Wahl zu gewinnen und nicht langfristig Probleme dieses Landes zu lösen. Sie nähmen temporäre Stimmungen im Volk in ihr Parteiprogramm auf, um bei der nächsten Bundestagswahl möglichst viele Stimmen zu erhalten."

http://de.wikipedia.org/wiki/Richard_von...#Parteienkritik

Mal sehen, ob das komplette Interview irgendwo im Netz aufgetrieben werden kann... wäre nicht schlecht, das Wiedergegebene im kompletten Zusammenhang zu lesen.

Beim Gedanken an die Volksfront dürften sich die politischen Großväter der heutigen SPD-Spitzenpolitiker im Grabe umdrehen... bzw. dürfte den letzten noch lebenden Mohikanern dieser Politgeneration wie Helmut Schmidt sich nicht nur einmal der Magen umdrehen... tja, das waren noch Zeiten, als die SPD sich nicht nur an den demokratischen Konsens hielt, sondern als es für sie undenkbar war, mit Kommunisten ins Politbettchen zu steigen. Leider verhallen die bekannten Worte Kurt Schumachers - ich zitiere: "Kommunisten sind rot-lackierte Faschisten" - heute ungehört bei den Macchiavellisten der SPD.
R.A. Offline



Beiträge: 8.171

14.01.2008 16:50
#14 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

In Antwort auf:
Sie hätte ihren Außenminister damals so zusammenfalten müssen, dass er in keinen Sarg mehr gepasst hätte.

Nach der Logik klassischer Hierarchien unter Männern - ja.
Bei einem weiblichen Chef ist das nicht ganz so.

In Antwort auf:
Wenn ein Außenminister offen den Kanzler angreift, ist er nicht mehr tragbar.

Nun, so wirklich offen war es ja nicht. Den meisten Leuten ist es ja nicht einmal als Angriff bewußt geworden - eine Reaktion hätte das ja nur in die Öffentlichkeit geholt.

In Antwort auf:
Frau Merkel hatte weder den Mumm den Minister intern radikal zu stoppen, noch gar ihn auszutauschen.

Weiß nicht.
Merkels Stil ist eben nicht der der offenen Konfrontation.
Sondern eher der, Gegner ins Leere laufen zu lassen um sie dann über die Zeit auszubremsen - so hat sie Karriere gemacht, so ist sie Kanzlerin geworden.
Man muß diesen Stil nicht mögen, er ist vielleicht auch Ursache dafür, daß die GroKo noch weniger Arbeit hinbekommt als bei den schwierigen Umständen möglich wäre - aber Merkel wird ihn nicht ohne Not aufgeben, wenn sie bisher so erfolgreich damit war (und in der Beliebtheit ganz vorne steht).

Marian Wirth Offline



Beiträge: 60

18.01.2008 08:57
#15 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

R.A.,

dass Frau Dr. Merkel auf die von Dir beschriebene Art und Weise Bundeskanzlerin geworden ist, bestreitet ja keiner. Fraglich ist, ob das reicht, es auch zu bleiben.

Da es noch nicht bei allen angekommen ist, dass Steinmeiers Nebenaußenpolitik Russland und China gegenüber (jeweils im Zusammenwirken mit Schröder, übrigens) Frontralangriffe auf Merkel sind, hat er jetzt nochmal mit dem Empfang des syrischen Außenministers nachgelegt (allerdings ohne Schröder). Ich sehe das so: Deutschland: Zwei Außenminister, aber kein Regierungschef

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

18.01.2008 14:33
#16 RE: Eindrücke von der SPD-Basis Antworten

Lieber Marian,

Zitat von Marian Wirth
mit den Spendern meinte ich nicht die innerparteilichen Spender, sondern die von außerhalb.

Die meinte ich auch. Wenn sie sich rational verhalten, dann müßten sie, sobald die Volksfront Wirklichkeit geworden ist, generös für die SPD spenden - um ihr Gewicht gegenüber den Kommunisten zu stärken.

Und natürlich zugleich für die CDU und die FDP, um dem Spuk möglichst bald ein Ende zu machen. In den USA ist es ja eine Selbstverständlichkeit, daß derselbe donator beide Seiten bedenkt.
Zitat von Marian Wirth
In Düsseldorf gibt es offiziell noch 3.300 SPD-Mitglieder. Davon sind maximal 300 aktiv. Und von denen sind 200 so mit Mehrfachmandaten und Parteifunktionen eingedeckt, dass sie noch nichtmal in Wahlkampfzeiten richtig einsatzfähig sind.

Das war schon genauso, als ich in den siebziger Jahren im Ruhrgebiet in der SPD aktiv war. Da galt die "10-Prozent-Regel": Wenn alles gut läuft, dann kommen zehn Prozent der Mitglieder zu den Versammlungen. Und von denen ist die Hälfte bis zwei Drittel in irgendeiner Funktion aktiv, sei es im erweiterten Vorstand, als Kassierer, bei der AfA oder den Frauen, oder wo auch immer.

Ich war aktiver Juso und hatte außerdem ein Abo auf das Amt des "Bildungsobmanns".
Zitat von Marian Wirth
Die beiden Volksparteien waren immer auf die einfachen Parteimitglieder ohne Mandat, ohne Parteiposten und ohne Karriereabsichten angewiesen, denn nur die hatten Zeit und waren bereit, mit ihrem Privat-PKW ohne Entschädigung Wahlkampfmaterial, Plakatständer und sonstige Utensilien durch die Gegend zu fahren.

Bei uns damals waren das vor allem die Rentner und die Jusos, überwiegend Studenten. Im Wahlkampf war ich mit meiner Freundin manchmal an Wochenenden rund um die Uhr unterwegs; und morgens standen wir zum Schichtwechsel um sechs vor den Werkstoren und verteilten Flugblätter. Tja, damals .

Und Chefredakteur der Ortsvereinszeitung war ich auch noch.

Von den Genosssen "ohne Ambitionen" erwiesen sich allerdings viele doch als recht ambitioniert. Aus linken Jusos wurden unversehens bestens funktionierende Ratsmitglieder.
Zitat von Marian Wirth
Die Angehörigen dieser Kaste der ambitionslosen Freiwilligen sind aber mittlerweile entweder weggestorben oder zu alt oder aus Enttäuschung ausgetreten. Was bleibt, sind die Aktiven, die aber keine Zeit haben (siehe oben), und ein paar Jusos. Von denen hat aber keiner ein Auto.

Das begann schon im Lauf der siebziger Jahre, vor allem bei den alten Genossen. Eindrucksvolle Leute oft, die von den Nazis verfolgt worden waren, die sich ihr Leben lang für die Partei eingesetzt hatten, und die sich nun von frechen Jusos sagen lassen mußten, daß ihnen das richtige Klassenbewußtsein fehle.
Zitat von Marian Wirth
Gleichzeitig sacken die oberen Parteiebenen einen großen Teil der Mitgliedsbeiträge ein und verbraten das Geld für teure (und wirkungslose) Image-Kampagnen oder für (wirkungsvolle, aber für die Basis nutzlose) Personenkult-Veranstaltungen der Parteispitze. Die Unterbezirke und Ortsvereine leben von der Hand in den Mund. In einigen Ortsvereinen wird die Tribut-Pflicht an die oberen Parteiebenen dadurch umgangen, dass die wohlhabenderen Parteimitglieder nur den Mindestbeitrag zahlen, dafür aber großzügig an den Ortsverein spenden.

Auch das, lieber Marian, weckt in mir bitter-nostalgische Gefühle. Genauso ist es damals auch gehandhabt worden. Und die Ortsvereine führten Schwarze Kassen, in die zB die Einnahmen aus den Maifeiern eingingen.

Ich habe als Juso erlebt, wie das Geld der Mitglieder verpraßt wurde. Tagungen in besten Einrichtungen, mit nicht nur Vollverpflegung, sondern auch Bier und Wodka à Gogo, alles auf Kosten der Partei. Der Unmut über die Ausbeutung der Ortsvereine und der einfachen Mitglieder durch die oberen Parteigliederungen und die Arbeitsgemeinschaften war weit verbreitet.

Ein Juso-Genosse hielt uns halbwegs schadlos, indem er von Zeit zu Zeit in die Dortmunder Zentrale des Bezirks Westliches Westfalen fuhr und dort alles an "Material" abräumte, was er kriegen konnte. Er kam dann mit einem Auto voll Bücher, Broschüren usw. an, und wir durften uns bedienen.
Zitat von Marian Wirth
Und wie gesagt, nehme ich halt an, dass diesen Mitgliedern bei einem offensichtlichen, sich in Koalitionen auf Bundesebene manifestierenden Abrutschen der SPD nach links der Kragen platzt. Clement wäre einer der Ersten, aber bestimmt nicht der Letzte.

Da bin ich nicht so sicher; aber ich kenne die Partei ja seit Jahrzehnten nicht mehr von innen. Als ich austrat, war die Wandlung von eine Arbeiterpartei zu einer Partei des Öffentlichen Dienstes schon weit fortgeschritten. Die lautesten linken Sprüche kamen immer von denen, die keinen Arbeitsplatz zu verlieren hatten. An Feminismus ließ sich niemand übertreffen, und an linker Gesinnung auch nicht. Es kostete ja nix.

Hat sich das heute wieder geändert, jedenfalls in Düsseldorf, lieber Marian? Gibt es da einen nennenswerten Anteil von Arbeitern und von Selbständigen in der SPD? Es würde mich wundern; und deshalb erwarte ich ein Mitgehen der "Basis" bei einem Linksruck der SPD.

Links kann man immer nur sein, wenn einen die Folgen eines wirtschaftlichen Niedergangs nicht treffen.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

18.01.2008 14:36
#17 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

Zitat von Marian Wirth
Ich sehe das so: Deutschland: Zwei Außenminister, aber kein Regierungschef

Lieber Marian, ich habe dazu ein paar Anmerkungen bei euch gepostet; vielleicht interessiert es auch hiesige Leser.

Herzlich, Zettel

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

18.01.2008 17:06
#18 RE: Randbemerkung: Was steckt hinter dem Konfrontationskurs der SPD? Antworten

Lieber Zettel,

was für ein wahres Wort:

"Links kann man immer nur sein, wenn einen die Folgen eines wirtschaftlichen Niedergangs nicht treffen."

Ich möchte jetzt nicht lobhudeln, aber der Spruch ist genial.

 Sprung  



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