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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 11 Antworten
und wurde 874 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.01.2008 03:48
Marginalie: Fröhliche Menschen Antworten

Zwei Berichte aus dem Iran und ein kleiner Kommentar dazu.

C. Offline




Beiträge: 2.639

16.01.2008 15:46
#2 RE: Marginalie: Fröhliche Menschen Antworten
Auch wenn es mir schwer fällt (So schwer jétzt auch wieder nicht), möchte ich die verlorene Ehre von SpOn dann doch etwas retten:

In Antwort auf:
JUSTIZWILLKÜR IN IRAN
Die Gequälten aus Sektion 209



In Antwort auf:
Willkür, Misshandlungen, Einzelhaft: Wer in Iran aufmuckt, lebt gefährlich. Dutzende Aktivisten, Studenten, Journalisten und Lehrer sind laut Human Rights Watch in den vergangenen zwei Jahren ohne Anklage hinter Gittern gelandet - in der berüchtigten Sektion 209 des Teheraner Evin-Gefängnisses.


08. Januar 2008 Spiegel online Artikel von Friederike Freiburg
verquer ( Gast )
Beiträge:

16.01.2008 15:55
#3 RE: Marginalie: Fröhliche Menschen Antworten
Also ich kann mir nicht helfen. Irgendwie erinnern mich diese fröhlichen Menschen an die von Theo Sommer von der "Zeit". Der sah die sog. "DDR" mitsamt ihren Menschen ähnlich euphorisch. Dieser Sommer ist für mich nach wie vor das Sinnbild/Synonym einer Journallie, welche gewissenlos über Fakten hinwegschaut. Und von denen gab/gibt es zu allen Zeiten reichlich. Besonders heute und gerade gegenüber dem Islam.
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.01.2008 16:24
#4 Verharmlosung von Diktaturen Antworten

Lieber verquer,

Zitat von verquer
Also ich kann mir nicht helfen. Irgendwie erinnern mich diese fröhlichen Menschen an die von Theo Sommer von der "Zeit". Der sah die sog. "DDR" mitsamt ihren Menschen ähnlich euphorisch.

Sie meinen diese Reise, die Sommer 1986 zusammen mit der Gräfin Dönhoff in die DDR unternahm? Darüber schreibt ein Autor der Friedrich-Ebert-Stiftung, Patrick von zur Mühlen:
Zitat von von zur Mühlen
Oder man denke an Journalisten mit bloß singulärem DDR-Kontakt wie Theo Sommer von der Zeit, der nach einer gemeinsam mit Marion Gräfin Dönhoff 1986 unternommenen Reise durch die DDR und vor allem nach seiner Audienz bei Honecker den Sammelband „Reise ins andere Deutschland" herausgab, dessen meiste Beiträge ein geradezu hagiographisches DDR-Bild zeichneten. [Theo Sommer (Hrsg.), Reise ins andere Deutschland, Reinbek bei Hamburg 1986.]

Wer Honecker als aufgeklärten Herrscher ansah, für den konnten singende, betende, Kerzen haltende Grüppchen nur Querulanten, bestenfalls wohlmeinende Spinner sein, sofern sie überhaupt beachtet wurden.

Der Stil des von Theo Sommer herausgegebenen Buches reflektierte die Tendenz eines großen Teiles der damaligen publizistischen und vor allem auch der wissenschaftlichen Literatur über die DDR.

Ein aktuelles Beispiel für diese Neigung, Dikaturen zu verharmlosen, ist die Berichterstattung über Cuba. Hier eine Kostprobe.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.01.2008 16:34
#5 RE: Marginalie: Fröhliche Menschen Antworten

Danke, dear C. Schön, wenn Amnesty mal einen längeren Artikel gewidmet bekommt.

Was die schönfärberische Berichterstattung über den Iran angeht - auf solche Berichte darüber, daß es sich in Teheran eigentlich ganz kommod lebt, stößt man ja immer wieder, auch im TV.

Kürzlich habe ich einen solchen Bericht gesehen, in dem kaum verschleierte junge Frauen in Limousinen durch Teheran brausten, auf der Suche nach Flirts.

In einem Polizeistaat wäre das Drehen eines solchen Films ohne Wissen und Zustimmung des Geheimdienstes unmöglich. Offenbar hat die dortige Diktatur ein Interesse daran, daß mittels solcher Berichte ihr Image aufgebessert wird.

So, wie die DDR - verquer hat gerade in diesem Thread darauf hingewiesen - Theo Sommer und die Gräfin 1986 herumreisen ließ, zwecks positiver Berichte.

Herzlich, Zettel



F. Hoffmann Offline



Beiträge: 34

16.01.2008 18:20
#6 RE: Marginalie: Fröhliche Menschen Antworten

Hallo!
Dass es Medien wie der Spiegel besser wissen sollten, lässt sich zigfach im Buch "Der diskrete Charme der DDR" von Hubertus Knabe nachlesen. Es erschlägt einem mit einer Fülle von Fakten zum Thema Stasi und die Westmedien. Es ist unglaublich, wie sich die hiesigen Medien, vorneweg STERN und SPIEGEL, von der Stasi instrumentalisieren liessen. Jeder hatte seinen guten, natürlich sogar heimlich regimekritischen, netten "Kontakt" in der DDR. Dass diese lieben netten Leute die besten Mitarbeiter der Stasi waren, sollte man wenigstens dem heutigen Journalistennachwuchs beibringen.
Nebenbei: Was man über die Kontakte und Äußerungen eines gewissen Egon Bahr nachlesen kann, sollte heute noch ausreichen, ihn wegen Landesverrat einzusperren oder wegen unheilbarer Blödheit, naja, denken Sie sich was aus... Jedenfalls war die Pfeife dieses Herrn schlauer als ihr "Pfeifenkopf".

F. Hoffmann Offline



Beiträge: 34

16.01.2008 18:26
#7 RE: Marginalie: Fröhliche Menschen Antworten

Ähem. Noch eine Ergänzung zum Iran.
Ende letzten Jahres gab es im Fernsehen (1.?, 2.?, 3.? Programm) einen Bericht über die wirtschaftliche Macht der religiösen Stiftungen im Iran.
Unter anderem wurde darin ein Club in einem Skigebiet gezeigt. Mit jungen, fröhlichen, unverschleierten, rauchenden etc. jungen Menschen, die alles andere als dem Regime wohlgesonnen schienen.
Der Club wird von einer Stiftung der Bassidschi (richtig geschrieben?), also der Hardlinertruppe Ahmadinedschads betrieben...

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.01.2008 18:41
#8 Wie Diktaturen berichten lassen Antworten

Zitat von F. Hoffmann
Unter anderem wurde darin ein Club in einem Skigebiet gezeigt. Mit jungen, fröhlichen, unverschleierten, rauchenden etc. jungen Menschen, die alles andere als dem Regime wohlgesonnen schienen.

Der Club wird von einer Stiftung der Bassidschi (richtig geschrieben?), also der Hardlinertruppe Ahmadinedschads betrieben...

Das bestätigt meine Vermutung, lieber F. Hoffmann. Leider habe ich den oben erwähnten kürzlichen Bericht über die durch Teheran brausenden Teenies nicht aufgezeichnet und noch nicht einmal darauf geachtet, in welchem Programm er lief. Jedenfalls war auch dort klar, daß so etwas niemals ohne Zustimmung der Behörden hätte gefilmt werden können; schon deshalb nicht, weil dann die unverschleiert auftretenden Frauen sich Repressionen ausgesetzt hätten.

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Agitprop der DDR, von der die Mullahs gelernt haben dürften. Wie Bettina Röhl berichtet (ihr Vater hatte es in seinem Buch schon so ähnlich geschrieben), hatte die Redaktion von "Konkret", die völlig von der DDR kontrolliert und finanziert wurde, den Auftrag, pro Heft einen DDR-kritischen Artikel zu schreiben.

Übrigens fuhr Klaus Rainer Röhl nach derselben Quelle vor der ersten Reise von Theo Sommer/Gräfin Dönhoff (ich glaube, 1964 oder so) auf Anweisung seiner Ostberliner Oberen zuvor auf genau derselben Reiseroute durch die DDR, um alles abzuklären; dh um das Potemkin'sche Dorf aufbauen zu helfen. Sozusagen die Generalprobe vor der Premiere des Schmierenstücks, das dann über die Bühne ging.

Alle die "spontanen" Begegnungen, Kontakte, Erlebnisse von Sommer und der Gräfin, über die sie dann berichteten, waren laut Röhl Teil einer perfekten Stasi-Inszenierung gewesen.

Herzlich, Zettel

PS: Bei dieser Gelegenheit, lieber F. Hoffmann, auch öffentlich meinen herzlichen Dank für die Hinweise, die Sie mir zuschicken. Nicht immer wird ein Beitrag in ZR daraus, aber willkommen sind sie allemal.

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

16.01.2008 19:18
#9 RE: Wie Diktaturen berichten lassen Antworten

Lieber Zettel,

das sind ja sehr interessante Geschichten. Das hätte ich mir noch vor ein paar Jahren gar nicht vorstellen können. Aber wenn Zettel es sagt, wird es wohl stimmen.

Dann kann man gleich überleiten zu dem Thema, das hier auch schon angesprochen wurde, warum die Menschen, obwohl der Sozialismus egal wo, immer gescheitert ist, meistens mit einem immensen Verlust an Menschenleben immer noch Sozialisten wählen. Sind die Menschen wirklich so blöd?

Ich weiss nicht, wer das sagte, jedes Volk hat die Regierung, die es verdient.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

16.01.2008 19:44
#10 RE: Wie Diktaturen berichten lassen Antworten

Zitat von Frankfurter
... warum die Menschen, obwohl der Sozialismus egal wo, immer gescheitert ist, meistens mit einem immensen Verlust an Menschenleben immer noch Sozialisten wählen. Sind die Menschen wirklich so blöd?

Man muß da wohl unterscheiden. Es gibt diejenigen, die nicht nachdenken. Es gibt die Zyniker der Macht, die alle Menschen außer der selbsternannten Elite für dumm und unfähig halten, ihr eigenes Bestes zu erkennen. Das ist das Credo der Kommunisten.

Und dann gibt es aber, lieber Frankfurter, auch die vielen, die mit dem Zustand der Welt zu Recht unzufrieden sind. Und die so naiv sind, sich vom Sozialismus ein besseres Leben für die Mehrzahl der Menschen zu erhoffen.

Solche Menschen - ich kenne manche -, die alles andere als dumm sind, sind Gläubige und Hoffende. Sie geben ja zu, daß der Sozialismus bisher gescheitert ist. Aber sie glauben, daß das an behebbaren Mängeln gelegen hat. Beim nächsten Mal wird alles anders, so denken sie.

Herzlich, Zettel

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

16.01.2008 23:53
#11 RE: Marginalie: Fröhliche Menschen Antworten

Das ist ja alles sehr interessant was hier geschrieben wird, insbesondere diese DDR-Geschichte.

Wie tief mußt du noch fallen, Theo Sommer, in meiner Wertschätzung.

Das schlimmste an der Iran-Sache ist m.E. übrigens diese verquere Logik: das Nichtverschleiertsein und Schweinfleischservieren (ach-so-herrlich aufgeklärt untraditionell areligiös) scheint wichtiger zu sein, als das Vorhandensein grausamer Strafen und politischer Unterdrückung. Seltsam oder auch bedauernswert, diese Jorrnalisten.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

17.01.2008 23:24
#12 Warum sind so viele Gutwillige auf die DDR-Propaganda hereingefallen? Antworten

Zitat von str1977
Das ist ja alles sehr interessant was hier geschrieben wird, insbesondere diese DDR-Geschichte. Wie tief mußt du noch fallen, Theo Sommer, in meiner Wertschätzung.

Lieber str1977,

ich würde das gar nicht einmal Theo Sommer persönlich anlasten. Die Gräfin Dönhoff, eine beeindruckende Persönlichkeit und glänzende Journalistin, ist ja mitgereist und hat sich auch reinlegen lassen.

Vor ungefähr einem Jahr habe ich hier darüber geschrieben, wie in den siebziger und achtziger Jahren nahezu das gesamte linke und liberale Spektrum des Journalismus ein völlig unzutreffendes Bild von den Verhältnissen in der DDR nicht nur in den jeweiligen Medien entwarf, sondern sicherlich auch selbst daran glaubte.

Mir ist es ja damals selbst nicht viel anders gegangen. Auch ich hatte keine realistische Vorstellung vom Ausmaß der Armut in der DDR, vom Ausmaß der Unterdrückung, von der Unmenschlichkeit dieses Regimes. Ich habe 1968 sogar geglaubt, in Prag könne ein demokratischer Sozialismus entstehen, und das werde dann auch in die DDR ausstrahlen.



Warum? Ich könnte sagen, weil ich eben Marlies Menge, der DDR-Korrespondentin der "Zeit" und Günter Gaus mehr vertraut habe als Gerhard Löwenthal und Heinz Schenk; obwohl der letztere ja selbst einmal ein hoher Ostzonen-Funktionär gewesen war und den Kommunismus von innen kannte.

Aber ich will mich nicht damit herausreden, falsch informiert worden zu sein. Ich hätte mich ja besser informieren können; es gab antikommunistische Organisationen, es gab den Bund Freiheitlicher Journalisten usw.

Im Rückblick glaube ich, daß es der DDR-Propaganda erfolgreich gelungen war, díe Abscheu der gutwilligen Deutschen vor den Nazis in eine freundliche Betrachtung der DDR umzumünzen.

Wir haben damals nicht erkannt, daß Kommunismus und Nazismus nur zwei Spielarten desselben totalitären Systems sind; mit lediglich etwas anderer Etiktettierung. Wir haben im Sozialismus, weil er ja ein Antifaschismus war, etwas zunächst einmal Positives gesehen.

Daß wir - daß vermutlich eine Mehrheit der Deutschen - dachte, der Kapitalismus in der Bundesrepublik hätte mehr Ähnlichkeit mit dem Nazismus als der Kommunismus in der DDR, das war der größte Propgandaerfolg der Kommunisten.



Und sie versuchen's ja unverdrossen weiter. Diese ganze Aufbauschung des Neonazismus, die diesem ja nur nützt, ist die Fortsetzung von dieser alten kommunistischen Propagandamasche.

Herzlich, Zettel





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