Als ich vor zwei Tagen mit diesem Betrag begonnen habe, hatte ich keineswegs nicht vor, einen waschechten Nazi auszubuddeln. Oder eine ganze Kapelle. Aber wenn man als Archäologe der Populärkultur über dergleichen stolpert...
Da ich mit dem Wochenstart auch wieder auf die Datenbanken des Uninetzes zugreifen kann, habe ich diese Möglichkeit mal genutzt.
"Leopold Plaichinger" wirft beim Munzinger Archiv aus: 0 Treffer. Deutsche biographische Enzyklopädie: 0, Deutsches biographisches Archiv: 0. Bei der "Datenbank Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und Exil 1933-1945" (Eigenbeschreibung: stellt ausgewählte Quellen aus der NS-Zeit digital zur Verfügung. Bei den etwa 40.000 Quellen mit ca. 450.000 Seiten handelt es sich u.a. um Sachakten mit Schriftwechseln aus den obersten Behörden des Dritten Reiches, insbesondere aus der Parteikanzlei der NSDAP Reden, Schriften und Anordnungen Adolf Hitlers von 1925 bis 1945 die Tagebücher von Joseph Goebbels von 1923 bis 1945 Stimmungs- und Lageberichte des Geheimen Staatspolizeiamts aus dem Reich und aus den angegliederten und besetzten Gebieten Anklageschriften und Urteile des Volksgerichtshofes Ausbürgerungs- und Deportationslisten oppositionelle Tarnschriften die bisher unveröffentlichte Erschließungskartei zu den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen mit Regesten zu etwa 30.000 Beweisdokumenten der Anklage Über die Quelleneditionen hinaus bietet die Datenbank: 18.000 biographische Artikel zu Tätern und Opfern des Dritten Reichs): 0 Treffer.
In der letzten nur ein Archivstück zu einer anonymen Anzeige gegen Plaichingers jüngeren Bruder Julius vom 4.9.1937 durch dessen SS-Gruppenführer "wegen Verkaufs von Zielfernrohen an Fremdstaaten." Ablehnung der Eröffnung eines formellen Verfahrens aufgrund der Anonymität der Eingabe.
Wie es scheint, habe ich meinen bescheidenen Beitrag zur historischen Quellenforschung für diesen Monat damit geleistet.
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Aber jetzt. Die Schleifspuren, welche Herr P. in der Tagespresse hinterlassen hat.
Zitat Leopold Plaichinger. Dämonen des Schweigens. Novellen. 167 Seiten. Verlag von Georg Müller in München 1919. Der Titel "Novellen" für das kleine Büchlein ist anspruchsvoll, da einzelne Stücke lediglich als kurze Skizzen zu bewerten sind. In seiner Art gleicht der Verfasser etwa Guy de Maupassant. Er geht Dingen nach, die unter der Schwelle des Bewußtseins liegen, seelischen Zuständen, die erlebt werden, für die aber oft die zureichende Erklärung fehlt. So behandelt die erste Erzählung, die dem Buch den Namen gegeben hat, die Scheu und die Angst, die die Menschen empfinden, wenn ihr Selbst ihnen z.B. im Bild oder im Spiegel gegenübersteht, oder wenn sie sich in einem abgeschlossenen Raume mehrere Stunden lang stumm gegenübersitzen. Aller Handlung bar sind die kleinen Betrachtungen "Mittagsgespenst" und "Das Baumgespenst", bei denen der Titel den Inhalt andeutet. Im Felde spielen zwei Erzählungen, nämlich "Das Leiden am Wort" und "Auf d' Leich' anschau'n". Selbstverständlich ist die Eigenart des Verfassers nicht nach jedermanns Geschmack, und mancher dürfte mit dem vorliegenden Büchlein nicht auf seine Rechnung kommen. Aber alle diejenigen, die für die behandelten Probleme Interesse haben, werden gerne dem Verfasser folgen und wünschen, noch weitere Gaben aus seiner Feder zu erhalten. - W.F.
- Karlsruher Tagblatt, Erstes Blatt, 20.12.1918, S. 2.
Zitat "Detektivgeschichten 2. Teil", Sondernummer des "Orchideengarten", Phantastische Blätter (herausgegeben von Karl Hans Strobl, 2. Jahrg., Heft 16, Preis 2 M). ... Wieder eine ganz neue, symbolisch und psychologisch vertiefte Form der Detektivgeschichte zeigt leopold Plaichinger in seinem beiden Artikeln "Aus dem Traumbuch eines Detektivs" mit mehreren sehr klaren, ausdrucksstarken von E. Plaichinger-Coltelli, die entwarf.
- Karlsruher Zeitung, 04. 11. 1920, S. 3 (der Satzknoten im Zeitungstext)
Zitat "Politischer Beleidigungsprozeß in Heidelberg." Nationalsozialisten vor dem Schöffengericht.
Heidelberg, 22. Febr. Mit dem Prozeß gegen 31 Nationalsozialisten, die beschuldigt waren, eine Versammlung der S.P.D., in der Minister Remmele sprach, vorsätzlich gestört zu und groben Unfug begangen zu haben, befaßte sich am Freitag und Samstag das Erw. Schöffengericht. Hauptangeklagter war des 42jährige Chemiker Leopold Plaichinger aus Laibach (Österreich). Die Nationalsozialisten hatten sich am 12. August im "Adler" zu Neckargmünd versammelt, wo die sozialdemokr. Versammlung mit Minister Remmele als Redner stattfand. Im "Adler" wurden mehrere Volkslider, darunter auch das "Müllerlied" gesungen. Nach einer Weile erschien Bürgermeister Müßig von Neckargemünd und verbot das Singen, da es die im "Anker" abgehaltene Versammlung störe. Plaichinger will daraufhin seine Leute zur Ruhe gemahnt haben. Plötzlich erschien Polizei und räumte mit dem Gummiknüppel das Lokal. ... Die Staatsanwaltschaft sah in den Vorgängen am 12. August in Neckargemünd eine planmäßige Angelegenheit, bei der der Minister als politischer Gegner geschmäht werden sollte. Dem Sinne nach stelle das Lied eine Beleidigung dar. Die Angeklagten seien daher mit Geldstrafen bis über 200 Mark zu belegen. ... Gegen 3/4 8 Uhr verkündete das erw. Schöffengericht das Urteil: Von den Angeklagten werden 16 freigesprochen, die übrigen 14 wegen groben Unfugs zu je 20 Mark Geldstrafe verurteilt.
- Karlsruher Tagblatt, Mo., 23.02.1931; S. 4.
Zitat Pg. Plaichinger Aus München erhalten wir die traurige Nachricht, daß Pg. Leopold Plaichinger am Montag nach einem langen, schweren Leiden gestorben ist. pg. Plaichinger war schon seit über einem Jahrzehnt Kämpfer der deutschen Freiheitsbewegung. Der Verstorbene wohnte früher in Baden und ist daher noch vielen alten badischen Parteigenossen in guter Erinnerung. Er erreichte nur ein Alter von 44 Jahren. Seinen Wunch, daß Adolf Hitler und siene herrrliche bewegung derenst die Macht in Deutschland übernehmen mögen, durfte er noch erfüllt sehen. in letzter Zeit war Pg. Plaichiner ein geschätzter Mitarbeiter der nationalsozialistischen Zeitschrift "Blut und Boden", wo verschiedene Artikel aus seiner Feder veröffentlicht wurden.
- Hakenkreuzbanner: das nationalsozialistische Kampfblatt Nordwestbadens, Do., 02. März 1933. S. 5
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat von ZRSeinen zeitgenössischen Lesern war Leland vor allem als Verfasser von „Hans Breitmann’s Ballads“ (1871) geläufig, in denen er in „Mock German“ die Erlebnisse seines philiströsen Sherman vor dem Zeithintergrund des deutsch-französischen Kriegs, und der Coulisse der Alten und Neuen Welt seiner Zeit schilderte. Aus heutiger Sicht wundert vor allem, daß das zeitgenössische Lesepublikum offenbar mit der deutschen Sprache hinreichend vertraut war, um diese Verse goutieren zu können.
Und was spielt mir meine völlig verwilderte Lektüre gerade in die Finger? Gerrit Komrij (1944-2012), niederländischer Autor, Dichter, Dichter des Vaderlands von 2000 bis 2004 & Criticus mit Vorliebe für Skurriles, Krauses & Absonderlichkeiten, in einem besonders wild zusammengemengten Kapitel ("Funny Ha-Ha and Funny Peculiar") seines Potpourris "Verzonken boeken" (Amsterdam: De Arbeiderspers, 1986):
Zitat Pennsylvania Dutch
Hans Breitmann! Onder die naam schreef de Amerikaan Charles Godfrey Leland (1824-1903) humoristische balladen in ‘Pennsylvanian Dutch’, een dialect dat door miljoenen, meestal ongeschoolde Duitse immigranten in Amerika werd gesproken. De balladen zijn niet alleen zonderling omdat ze een laat voorbeeld van macaronische literatuur vormen, in dit geval een mengeling van Duits en steenkolen-Engels, maar ook omdat Breitmann er Nederland in bezingt. In een van zijn in de jaren vijftig en zestig van de negentiende eeuw gepubliceerde bundels, Hans Breitmann in Europe, wijdt hij balladen aan 's-Gravenhage, Leiden, Scheveningen en Amsterdam. Na een wandeling door Leiden schrijft Breitmann:
Deres noding in dis Holland life, Vitch seems of present day, De fery children in de shreeds Look quaintlich as dey blay, De liddle rosy housemaids, In bicdures vell I know, De dames und heers hafe all an air Of sixdy years ago.
In Amsterdam gaat het wat wilder toe:
To Amsterdam came Breitmann All in de Kermes tide; Yonge Maegden allegader Filled de straat on afery side. De meisjes in de straaten Vere tantzin alle nacht long; Dere vas kissen, dere vas trinken, Mit a roar of Holland song.
Ja, vreemde zeden heersen er:
De fashion here in Nederland Ish not vot you'd soopose, Mit oos, men bays de vomens, Boot de Dootch gals hires deir beaux! Dey hire dem for de season, Und pecause moosh rain ish fell, Dey alvays bays a higher brice, For a man mit an umberell.
Zo hoor je nog eens wat. De dienstmeisjes en de yonge maegden die hun vrijers huren zijn verdwenen, maar verder bleef alles bij het oude: koop, als de zondvloed komt, in Nederland een parapluie en het duurt je tijd wel uit. Dat was in de negentiende eeuw al bekend. (S. 134-35)
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Komrij, "Verzonken boeken." Wenn ich schon einmal am Blättern bin, blättere ich natürlich auch noch ein wenig weiter, und im nächsten Sammelkapitrel zum Thema "Letterkundig reizen" stolpere ich über das hier.
Zitat Tin-te-hohn-tse Tin-te-hohn-tse, een Chinees die omstreeks dezelfde tijd naar Duitsland reisde, stond daar zo paf van de zeden en gebruiken, dat hij na zijn terugkeer een Naturgeschichte der weissen Sclaven schreef (aus dem Chinesischen übersetzt und mit 57 Illustrationen versehen von Carl Reinhardt, Stuttgart, geen jaartal, maar van 1871).
Tin-te-hohn-tse ontdekte de diepste eigenschap van het Westen: de hang naar slavernij. Alle mensen zijn er slaven, verdeeld in subtiele klassen en rangen. De belangrijkste klasse is die van de ijzerslaven (servus bajonettum), de meest gedresseerde en afgeblafte klasse (1870-1871 veranderde daar niets aan, integendeel): ‘Ihr gottverdammten Millionenhunde! - Euch soll doch gleich ein heiligeskreuzmord-schwefelsaureszehnfachgeladenes Donnerwetter in Eure neunmalvermaledeieten Schindknochenlatschen fahren, wenn Ihr sie nicht besser fortschleppen wollt und wieder einen so verfluchten Parademarsch aufführt, wie den letzten.’ Een tour de force van de vertaler, aangezien dit in de oerversie (de Chinese) luidde: ‘Ihr Budhamissliebigen zehnmalhunderttausend menschbegleitenden Vierfüssler! Euch soll zur Secunde ein frommespagodenumslebenbringendesschwefe-lessigzehnmalsattes Gewitter mit rollendem Donner in Eure u.s.w.’
Verder bestaat de mensengemeenschap er uit zilverslaven, inktslaven, onderwijsslaven, kunstslaven, kroegslaven, huwelijksslaven, ordinaire huis- en keukenslaven en modeslaven. Allen worden door hem naar hun kenmerken geclassificeerd. Iedereen is er op uit iedereen tot slaaf te maken. Wie daar het best in slagen zijn de belastingmandarijnen.
Ze hebben een machinale das uitgevonden die ze iedereen om zijn hals knopen. De das telt het aantal malen dat men in- en uitademt. Aan het eind van elke week worden de ademstoten afgerekend.
Ze komen zelfs extra innen wanneer er iemand doodgaat. Alleen soldaten zijn daarvan vrijgesteld. Die mogen gratis kreperen, aldus de rare Chinees.
Merkwaardig zoals buitenlanders ons soms kunnen zien. (S. 164-65)
In diverse Titel, die Komrij in seinem kleinen Buch abhandelt, habe ich (lang ists her) tatsächlich mal die Nase gesteckt, so in Walter Mehrings "Die Verlorene Bibliothek," Thomas Lovell Beddoes' "Death's Jest Book," Robert Hichens' "The Green Carnation" oder Leopold Andrians "Der Garten der Erkenntnis." Von anderen, wie Graf Adelsward-Fersen, habe ich zumindest läuten hören (in dessen Fall durch das Stichwort Capri & Axel Munthes "Buch von San Michele"). Aber von dieser Scharteke (oder der Mystifikation, die eventuell dahinter stecken dürfte)? Jamais. Zumindest weiß ich jetzt, woher Kapitän Haddock seine hunderttausend heulenden und jaulenden Höllenhunde hat: Mille million des sabots!
"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire
Zitat - Sprechende Tiere. Faksimile-Druck der Original-Ausgabe von 1854. von Glaßbrenner, Adolf. Carlsen, Kopenhagen 1966 - Naturgeschichte der weißen Sclaven von Tin-te-hohn-tse. Aus dem Chinesischen übersetzt und mit 57 Illustrationen versehen von Carl Reinhardt. Verlag von Eduard Ade, Stuttgart; 2. Aufl., Verlag von Alfred Bruchmann, Stuttgart, 1876 - Das wahrhaftige Kasperltheater in sechs Stücken. München, Braun & Schneider, o. J.[um 1860].
Hat der junge, zum Tintesclaven bestimmte Mensch vom sechsten bis zum vierzehnten Jahre in der gemeinen Schule gesessen, so kommt er auf das Gym-na-si-um, wo er in den bureaukratischen Tugenden der Geduld und Entsagung geübt wird, indem er lernen muß, was er nicht mag, und unterlassen, was er gerne thun möchte.
Um seinen Verstand bureaukratisch zu bilden, läßt man ihn Sachen lernen, die er in seinem Leben niemals brauchen kann. Er muß z.B. griechisch und ebräisch lernen. Es muß Mathematik studiren, und lernen, daß das Quadrat der Hypotenuse mit dem Quadrat der beiden Katheten übereinstimmt, damit er bei künftigen Prozessen beide Partheien mit den Kosten über einen Kamm schert. Er muß die alten Classiker übersetzen, weil das noch niemand genügend gethan hat und muß lateinisch lernen, um es dann zu vergessen. (S. 86-87)
Da hat der gute Autor sich die falsche ferne exotische Kultur ausgesucht, um seine Gegenwart satirisch zu spiegeln. Sonst wäre ihm vielleicht aufgefallen, daß die damals noch üblichen kaiserlichen Beamtenprüfungen (科舉) da noch ganz locker auf einen Schelm anderthalbe setzen konnten, die einzig und allein aus der zeichenexakten Repetition der "vier Klassiker" bestanden (Meng-zi, die Analekten, das Buch der Riten und das Große Lernen). Und das im klassischen Chinesisch.
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