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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 25 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

23.01.2008 10:37
Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Vielleicht so, wie Paul Cockshott ihn in den hier referierten Artikeln entwirft. Das allerdings sicher nur vorübergehend; danach würde unweigerlich der ganz normale Kommunismus kommen.

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

23.01.2008 13:05
#2 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Lieber Zettel

Also, ich empfehle, Texte wie den von Cockshott zur Kenntnis zu nehmen; darum dieser Artikel. Wir werden dann nicht mehr allzu überrascht sein von den Meldungen, die in nächster Zeit aus Venezuela zu erwarten sind.

Vielleicht sollte man die Texte besser einigen Grundbesitzern in Venezuela geben, dann gibt es bald ein paar unaufgeklärte Todesfälle, unter anderem Herr Cockshott.


Herzlich M.Schneider

Kaa Offline




Beiträge: 658

23.01.2008 13:39
#3 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Wenn es nicht doppel-doppelbödig wäre, wäre es geschmacklos.

Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

23.01.2008 13:52
#4 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Oder treffend, denn wie extremistische Regimes mit Unliebsamen (= in erster Linie nicht-Linientreuen) umgehen, ist kein geheimnis...

Eltov Offline




Beiträge: 152

23.01.2008 17:52
#5 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Huch, also angenommen man verbietet tatsächlich die Kreditvergabe - wie soll denn dann Geldschöpfung aussehen? Vieleicht wird mit jeder geleisteten Arbeitsstunde so ein Arbeitsstundenbolivar gedruckt? Interessant ist das ja schon, nur wäre ich ungern Teil einer Volkswirtschaft an der ein derartiges Experiment vorgenommen wird...

Pelle ( Gast )
Beiträge:

23.01.2008 18:47
#6 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten
Zitat von Eltov
Huch, also angenommen man verbietet tatsächlich die Kreditvergabe - wie soll denn dann ...

Nein, nein, das haben Sie falsch verstanden. Der Staat selber wird sich natürlich weiterhin des Instrumentes Kreditaufnahme bedienen. Der Staat nimmt dann einfach einen Kredit im Ausland auf. Als Sicherheit käme z.B. Öl in Frage. Oder sie sind sogar so dreist, einen Kredit bei ihrer eigenen Bevölkerung aufzunehmen. Denen bräuchten sie das Öl (Benzin/Diesel) nur versprechen, aber nicht wirklich liefern.

Nur für die Einwohner, die Bürger, wird es keine Kredite mehr geben.

So war das schon immer im Sozialismus: Wo alle gleich sind (sein sollen), sind einige immer gleicher (bessergestellt).
Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

23.01.2008 20:45
#7 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Und wenns mal wieder schiefgeht, war das natürlich kein Sozialismus, sondern alles der böse Stalin

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

23.01.2008 22:06
#8 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Zitat von Eltov
Huch, also angenommen man verbietet tatsächlich die Kreditvergabe - wie soll denn dann Geldschöpfung aussehen? Vieleicht wird mit jeder geleisteten Arbeitsstunde so ein Arbeitsstundenbolivar gedruckt? Interessant ist das ja schon, nur wäre ich ungern Teil einer Volkswirtschaft an der ein derartiges Experiment vorgenommen wird...


Lieber Eltov,

es ist so, daß Cockshott die Zinsen verbieten will, weil niemand von den Erträgen seines Vermögens leben können soll. (Das erreicht er damit allein natürlich noch nicht - er muß auch den Aktienbesitz, den Hausbesitz usw. verbieten).

Wenn es aber ein gesetzliches Zinsverbot gibt (das verlangt er ausdrücklich), dann wird natürlich niemand mehr Kredit geben. Außer der Staatsbank von Venezuela, die könnte zinslose Kredite vergeben. Dem traut er aber auch nicht, und so bleibt für ihn nur, eben alle Investitionen aus Steuern zu finanzieren.

Wo er die allerdings herkriegen will, wenn erst mal die "herrschende Kapitalistenklasse" enteignet ist, das ist sein Geheimnis. Vielleicht schweben ihm immense indirekte Steuern vor, was den Venezolanern den Schritt in die sozialistische Armut erleichtern würde.

Nachzulesen im zweiten Teil ziemlich am Anfang unter den Überschriften "Zinseinkommen abschaffen" und "Investitionen".

Die Sache mit dem Arbeitswert-Bolivar ist eine dieser fast schon rührenden Seiten von Cockshotts Plänen. Denn das ist natürlich die unmittelbare Umsetzung des Marx'schen "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seiner Leistung".



Wenn du, lieber Eltov, nicht an einem derartigen Experiment teilnehmen willst, dann zeigt mir das nur, daß du dir nicht zutraust, auf der richtigen Seite zu sein.

Denn den Funktionären, den Intellektuellen wie Dieterich und Cockshott wird es doch im Sozialismus glänzend gehen. Es gibt doch überhaupt keine Klasse, die mit ihrer Ideologie so unverhohlen die eigenen Klasseninteressen verfolgt wie dieses klassische kommunistische Bündnis aus Apparatschiks und Intelligentsia.

Herzlich, Zettel

soyo Offline



Beiträge: 1

23.01.2008 23:12
#9 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Denjenigen, die Spanisch verstehen, empfehle ich den folgende Lektuere:

http://www.aporrea.org/tiburon/a46125.html

Man lese und staune; hier wird Chavez und das System von Heinz Dieterich kritisiert.

Dieterich analysiert das Debakel der Volksabstimmung im Dezember 2007 ....

Saludos

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

24.01.2008 01:18
#10 Ein sehr interssanter Text von Heinz Dieterich über die Lage in Venezuela Antworten

Zitat von soyo
Denjenigen, die Spanisch verstehen, empfehle ich den folgende Lektuere:
http://www.aporrea.org/tiburon/a46125.html
Man lese und staune; hier wird Chavez und das System von Heinz Dieterich kritisiert.

Das ist wirklich ein sehr interessanter Text, lieber soyo. Vielen Dank für den Link. Und herzlich willkommen im kleinen Zimmer!



Ich habe nicht die Zeit, den Text zu übersetzen, und dürfte das ja auch gar nicht ohne Erlaubnis. Aber zusammenfassen kann und darf ich ihn:

1. Die Möglichkeit eines Endes der Regierungen in Bolivien, Venezuela und Cuba zwischen 2008 und 2010

Chávez hat mit dem Scheitern des Referendums eine strategische Niederlage erlitten. Auch Evo hat in Bolivien eine strategische Niederlage erlitten, und die Situation in Cuba wird immer prekärer. Alle drei Regierungen könnten in den nächsten Jahren fallen.

Diese Situation muß mit kaltem Verstand analysiert werden, denn wir befinden uns in einem Krieg, und in einem Krieg nutzt der Feinde Schwächen im anderen Lager, um diesem die entscheidende Niederlage zuzufügen.

Die unnötige, vermeidbare Niederlage beim Verfassungs- Referendum in Venezuela ist das Ergebnis eines voreiligen Triumphierens, eines Voluntarismus und des Fehlens einer kritischen Diskussion. Wenn der revolutionäre Prozeß gerettet werden soll, dann müssen wir die Ursachen jetzt unnachsichtig analysieren.


2. Hauptursache der Niederlage war die Art, wie die Regierung geführt wird

2.1 Die Nationalversammlung

Sie ist nur ein Resonanzboden für den Willen des Präsidenten, ein Verein von Jasagern.

2.2 Die Partei und das Kabinett

Der Präsident nimmt nicht an den Kabinettsitzungen teil. Dort arrangieren sich die Bosse der Einheitspartei (PSUV) untereinander. Die herrschende Fraktion der Neuen Politischen Klasse hat ihre Finger überall drin, vom Flughafen Caracas über die Geheimdienste und das Militär bis zu wirtschaftlichen Aktivitäten. Der Präsident herrscht über das Kabinett, indem er mit den Ministern einzeln verhandelt und mit seinem Veto droht. Die Minister verhalten sich folglich opportunistisch. Die einzige Grundlage der Macht ist die Popularität des Präsidenten. Diese aber ist gefährdet.

In diesem System hat kein Minister wirkliche Verantwortung. Es wird nicht ernsthaft diskutiert.

Bezeichnend ist der Ausspruch eines Finanzministers: "Ich habe genug Geld. Stellen Sie Ihre Forderungen, sie sind schon im Vorhinein genehmigt".

Der Präsident wird in diesem Systm nicht über die wirkliche Lage informiert. Die Minister sind an der Kontrolle über die Bürokratie, aber nicht an Nähe zum Volk interessiert. Alle Entscheidungsprozesse müssen den Flaschenhals des Präsidialamts durchlaufen.

Es herrscht eine Atmosphäre des Hofschranzentums.

Das gilt auch international. [Und jetzt doch mal ein Stück wörtlich zitiert:]
Esa situación cortesana se reprodujo a nivel internacional, generándose un circuito internacional de aplaudidores intelectuales individuales, alimentados con premios culturales absurdos de 150.000 y 100.000 dólares, y colectivos, como algunas páginas web de izquierda, que suprimen o marginan todo debate crítico sobre el desarrollo de los procesos progresistas en Venezuela, Cuba y Bolivia.

Dieses Hofschranzentum setzt sich auf der internationalen Ebene fort. Man schafft sich einen internationalen Kreis von einzelnen Intellektuellen, die Beifall klatschen und die dafür mit absurden "Kulturprämien" von 150.000 und 100.000 Dollar belohnt werden, sowie von Kollektiven wie etlichen linken WebSites, die jede kritische Debatte über die Entwicklung der Umwandlungs- Prozesse in Venezuela, Cuba und Bolivien unterdrücken oder an den Rand drängen.



3. Die Warnsignale: Die Iden des März

Das Produkt, das den Bürgern "verkauft" werden sollte, die Verfassungsreform, war mangelhaft. Es enthielt absurde taktische Klauseln wie die Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten und ökonomischen Unsinn wie die Reduktion der täglichen Arbeitszeit auf sechs Stunden.

Es waren Dinge vorgesehen, die sich nur realisieren ließen, wenn in Venezuela eine revolutionäre Diktatur herrschte, für die aber alle Voraussetzungen fehlen.


4. Eine Krise auf Leben und Tod im Jahr 2008

Washington wird versuchen, aus der gewonnenen Schlacht einen gewonnenen Krieg zu machen. Das wird zuerst in Bolivien versucht werden, wo die USA die Regierung schon fast schachmatt gesetzt haben. In Venezuela wird eine kritische Situation erreicht sein, wenn sich, wie zu erwarten, im Lauf des Jahres 2008 die Wirtschaftslage drastisch verschlechtert, sofern die Regierung nicht sofort Notmaßnahmen einleitet.

Die Inflationsrate liegt schon jetzt bei 18 Prozent und wird weiter steigen. Durch staatlich festgesetzte Niedrigpreise geraten Angebot und Nachfrage immer mehr aus dem Gleichgewicht; die Folge sind Schwarzmärkte, Korruption, Bürokratie und Verschwendung. Der Voluntarismus stößt an seine objektiven Grenzen, wie beim "großen Sprung nach vorn" in Maos China.


5. Wie läßt sich der Verlust der Regierungsmacht vermeiden?

Durch das Scheitern des Referendums ist die Macht des Präsidenten vierfach geschwächt: Gegenüber der inneren Opposition; gegenüber der Bürokratie, die schon Szenarien eines "Chavismus ohne Chavez" entwirft; in der internationalen Politik; gegenüber dem Militär. Ein Militärputsch ist möglich.

Um diese Entwicklung zu verhindern, muß das ganze Regierungssystem erneuert werden. Es muß pluralistisch werden und ein breites Bündnis aller nichtfaschistischen Kräfte einschließen.

Chávez wird für diesen Prozeß benötigt, kann aber nur erfolgreich sein, wenn er sich für eine kollektive Führung öffnet.


6. Die Vorhersagbarkeit der Politik

Ich (Heinz Dieterich) habe diese ganze Entwicklung seit August 2005 vorhergesagt. Es bedarf jetzt einr sofortigen großen Anstrengung, um den Krieg nicht zu verlieren.


- Ende der Zusammenfassung des Textes -




Kommentar: Wie viele kommunistische Intellektuelle analysiert Dieterich schonungslos die Schwächen eines sozialistischen Systems, bemerkt aber nicht oder will nicht bemerken, daß dies die Schwächen des Sozialismus selbst sind - Bürokratie, Korruption, Kadavergehorsam, Verarmung der Bevölkerung. Das sind alles zwangsläufige Folgen einer Machtausübung ohne Opposition und einer ineffizienten Planwirtschaft. Sie sind besonders massiv, solange diese politische und wirtschaftliche Diktatur einer noch nicht zerstörten bürgerlichen Gesellschaft und kapitalistischen Wirtschaft übergestülpt werden.

Das alles war 1982 ff in Frankreich zu besichtigen, als der letzte Versuch scheiterte, einen "friedlichen Weg zum Sozialismus" zu beschreiten. Damals riß Mitterand das Ruder herum und verzichtete auf den Sozialismus; die Kommunisten führten fortan ein Schattendasein. Die einzige Alternative wäre die vollständige kommunistisch-sozialistische Machtergreifung gewesen; wie überall in dieser Situation.



Was Dieterich zur Rettung der Revolution vorschlägt, ist albern, und vermutlich glaubt er selbst nicht daran.

Warum sollte sich ein "breites Bündnis" um dieses jetzt schon marode System scharen, wie er es schildert?

Da Dieterich sich in der Geschichte des Kommunismus auskennt, sollte er wissen, wie es allein weitergehen kann: Die Partei reißt die gesamte Macht an sich; es kommt vielleicht zu einem Bürgerkrieg. Danach gibt es entweder den normalen Kommunismus, wie man ihn heute noch in Cuba, Nordvietnam, Nordkorea, China besichtigen kann. Oder es ist aus mit dem Sozialismus.

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

24.01.2008 06:38
#11 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Ja wie wird er aussehen? Nach den vielen Erfahrungen, die man mit dem Sozialimus machen konnte, vermutlich so:

Massenarmut, Knappheit aller Güter, darunter auch im Ölland Venezuela, Benzin. Eine kleine Clique von Funktionären ist dagegen mit jedem Luxus ausgestattet. Ein in Lateinamerika noch nie gesehener Personenkult um den "Grossen Führer". Ein riesiger Sicherheitsapperat, zehntausende wenn nicht hunderttausende "Konterrevolutionäre" in Lagern im Amazonasgebiet. Was die Medien angeht Orwellsches Double Speak: "Sklaverei ist Freiheit". usw. und so fort.

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

25.01.2008 21:17
#12 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Noch ein kleiner Nachtrag:

Die Hauptstadt Venezuelas Caracas wird umbenannt in Ciudad Chavez. Der höchste Berg Venezuelas der Pico Bolivar wird umgetauft in Pico Fidel Castro

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

26.01.2008 00:13
#13 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Zitat von Frankfurter
Die Hauptstadt Venezuelas Caracas wird umbenannt in Ciudad Chavez. Der höchste Berg Venezuelas der Pico Bolivar wird umgetauft in Pico Fidel Castro

Da wird, lieber Frankfurter, die Realität Ihre Satire bald überholen.

Jedenfalls hat schon jetzt die cubanische Nachrichtenagentur Prensa Latina einen eigenen Nachrichtenteil mit dem Neuesten aus Venezuela.

Da wächst zusammen, was zusammengehört!

Und um noch einmal auf den meines Erachtens wirklich sehr interessanten Text von Dieterich über die Probleme der venezolanischen Revolution einzugehen: Er beschreibt, wie wenig aussichtsreich die Strategie von Chávez ist, scheibchenweise, per Salami-Taktik den Sozialismus einzuführen.

Das hat noch nirgends funktioniert. Nur traut sich Dieterich nicht (jedenfalls nicht öffentlich), die offensichtliche Konsequenz zu ziehen: Es geht nur mit blutiger Gewalt.

Der Sozialismus ist immer mit Gewalt eingeführt worden.

Durch einen Staatsstreich wie in Sankt Petersburg. Durch einen Bürgerkrieg wie in China. Durch einen Eroberungskrieg wie in Südvietnam. Sehr oft durch sogenannten "Nationale Befreiungskriege" wie in Laos und Kambodscha, in Angola, Mozambique, Rhodesien, heute Simbabwe usw.

Auch in Osteuropa und dem östlichen Teil Mitteleuropas ist der Kommunismus gewaltsam eingeführt worden. Nur war die Gewalt dank der Überlegenheit der dort stationierten Sowjettruppen einseitig, so daß es nicht zum offenen Krieg gekommen ist; außer in der CSSR und in Ungarn, aber auch da ja verspätet und nur in Ansätzen.

Da die Mehrheit keines Volks freiwillig kommunistisch werden will, kann man den Kommunismus stets nur gewaltsam einführen. Das wird auch in Venezuela nicht anders sein. Und spätestens dann, wenn auch dort entschieden wird, ob die "Macht aus den Gewehrläufen" der Kommunisten kommt, wie Mao es formuliert hat, wird Chávez dringend auf die Armee Cubas angewiesen sein. So wie Castro auf das Öl von Chávez.

Naja, lieber Frankfurter, mal wieder eines meiner Lieblingsthemen.

Herzlich, Zettel

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

28.01.2008 17:58
#14 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

"Der Sozialismus ist immer mit Gewalt eingeführt worden"

Das stimmt. In Nordkorea hat die Sowjetunion Kim Il Sung installiert. In Äthiopien kam Mengistu durch einen Militärputsch an die Macht.

Das einzige Land, wo es eine Zeitlang aussah, als könnte es auch einen "demokratischen" Sozialismus geben, war Chile. Und auch dort war Allende nur der Führer einer Minderheitsregierung. Schliesslich hat dann Pinochet diesem Spuk ein schnelles Ende bereitet.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.01.2008 18:32
#15 Chávez und Allende Antworten

Zitat von Frankfurter
Das einzige Land, wo es eine Zeitlang aussah, als könnte es auch einen "demokratischen" Sozialismus geben, war Chile. Und auch dort war Allende nur der Führer einer Minderheitsregierung. Schliesslich hat dann Pinochet diesem Spuk ein schnelles Ende bereitet.

Ja, er hatte bei den Präsidentschaftswahlen nur gut ein Drittel der Stimmen bekommen, lag damit aber knapp vor seinen Mitbewerbern. Daraufhin wählte ihn der Kongreß zum Präsidenten - nicht, weil es dort eine linke Mehrheit gegeben hätte, sondern weil das in Chile so Usus war.

Es lief dann in Chile exakt so wie jetzt in Venezuela:

Verstaatlichungen in großem Stil, Enteignung von Großgrundbesitzern, als Folge eine schrumpfende Wirtschaft und eine hohe Inflation, genau wie jetzt in Venezuela. Wie jetzt Chávez reagierte Allende auf die Inflation mit staatlich festgesetzen Preisen. Wie jetzt in Venezuela war die Folge, daß die preisgebundenen Waren immer weniger angeboten wurden, daß zB Grundnahrungsmittel aus den Regalen verschwanden.

Allendes Politik hätte unweigerlich in den Bürgerkrieg geführt. Wie jetzt Chávez stand er vor der Wahl, entweder sein Scheitern einzugestehen oder die Macht gewaltsam an sich zu reißen.

Stattdessen hat Pinochet die Macht an sich gerissen. Ob seine Diktatur nun schlimmer oder weniger schlimm war, als es eine kommunistische Diktatur gewesen wäre, kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls ging Pinochets Diktatur wieder in einen demokratischen Rechtsstaat über, wie er jetzt in Chile existiert.

Ob auch eine kommunistische Diktatur nur vorübergehend bestanden hätte, ist schwierig zu sagen. Das Beispiel Cuba spricht dagegen.

Unter deutschen Linken erweckte Allende dieselben Hoffnungen, ja dieselbe Begeisterung wie jetzt Chávez. Die Hoffnung auf den "wahren", den guten, den nicht diktatorischen Sozialismus ist halt schwer totzukriegen.

Ungefähr wie die des Lottospielers, der zwar immer verliert, aber unverdrossen auf den Millionengewinn hofft.

Herzlich, Zettel

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

28.01.2008 18:54
#16 RE: Chávez und Allende Antworten
Um die Situation in Chile damals richtig einschätzen zu können. Es gab eine militante linksradikale Gruppe namens MIR "Movimiemento Izquierdo Revolucionario". Die illegal Fabriken und Landgüter besetzten, und die staatlichen Behörden konnten bzw. wollten nichts dagegen unternehmen.Das Land war dabei in der Anarchie zu versinken.
Sparrowhawk ( Gast )
Beiträge:

28.01.2008 20:51
#17 RE: Chávez und Allende Antworten

Ach was, Kommunismus, Sozialismus... das sind paradiese... das Böse, das ist nur der Stalinismus, das muss man doch unterscheiden...

(PS: ja, das war ironisch)

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

14.03.2008 16:30
#18 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten
Als ich heute in der Print-Ausgabe der IHT den Artikel über Venezuela gelesen hatte, kam mir in den Sinn, dass es hier doch schon mal einen Thread über dieses Thema gab.

In dem Artikel geht es darum, dass es jetzt in Venezuela einen Schwarzmarkt für Devisen gibt. Auf dem Schwarzmarkt bekommt man etwa das Doppelte für einen Dollar als in der Bank. Das muss sich mal vorstellen im Ölland Venezuela einen Schwarzmarkt für Devisen. Aber Schwarzmarkt und Sozialismus gehören einfach zusammen, wie ein Hund und Flöhe.

Die Regierung in Caracas hat sich jetzt gem. IHT folgende Lösung ausgedacht: Die Zeitungen dürfen die Schwarzmarktkurse nicht mehr veröffentlichen, und jetzt kommt der Höhepunkt: Man hat die Währung umbenannt, statt Bolivar heisst es jetzt Bolivar fuerte. Der starke Bolivar. Sag mal einer die Sozialisten sind nicht Kreativ

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"In times of universal deceit, telling the truth will be a revolutionary act." George Orwell, 1984

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.03.2008 19:09
#19 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Zitat von Frankfurter
Die Zeitungen dürfen die Schwarzmarktkurse nicht mehr veröffentlichen, und jetzt kommt der Höhepunkt: Man hat die Währung umbenannt, statt Bolivar heisst es jetzt Bolivar fuerte. Der starke Bolivar. Sag mal einer die Sozialisten sind nicht Kreativ

Das erinnert mich an das, lieber Frankfurter, was ich von Ihnen über die Währungssituation in Cuba gelernt habe.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.03.2008 19:25
#20 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Hier ist der wirklich sehr lesenswerte Artikel in der International Herald Tribune.

Mit Ihrem (vorausgesetzten) Einverständnis, lieber Frankfurter, werde ich dazu eine Marginalie schreiben.

Herzlich, Zettel

Frankfurter Offline



Beiträge: 233

14.03.2008 21:00
#21 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Lieber Zettel,

genau, das war der Artikel in der IHT, den ich auf Papier gelesen habe. Ich wusste nicht, dass er auch im Internet steht. Man muss sich langsam fragen, warum man diese Zeitungen überhaupt noch kaufen soll, wenn man den Inhalt auch im Internet kostenlos lesen kann. Aber ich bin vielleicht zu alt, um meine Lesegewohnheiten zu ändern. Für mich ist es immer noch ein Genuss nach der Arbeit, mich irgendwo hinzusetzen und in Ruhe eine Zeitung zu lesen, und dabei ein Bier oder einen "Äpler" zu trinken. Wenn ich dann nach Hause komme, habe ich den ganzen Arbeitsstress abgelegt.

Aber das ist absolut "off topic". Topic ist, dass egal wo Sozialisten/Kommunisten regieren alles den Bach hinunter geht. Wie es ein Chavez schafft in einem so reichen Land, wie Venezuela, das nicht nur das Öl, sondern auch Erze beim Orinoco hat, eine Knappheit bei Nahrungsmittel zu erzeugen. Was vermutlich auch der Grund war, warum er sich so schnell wieder mit Kolumbien versöhnt hat. Denn von dort stammten die meisten Lebensmittelimporte.

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"In times of universal deceit, telling the truth will be a revolutionary act." George Orwell, 1984

califax Offline




Beiträge: 1.502

14.03.2008 21:45
#22 RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen? Antworten

Lebensmittelimporte sind Wirtschaft - also irrelevant, wenn man jemand anderem die Schuld geben kann. Ich tippe mehr auf die Laptops und die Ankündigung, diese dem internationalen Kriegsverbrechertribunal zur Verfügung zu stellen. Davon ist plötzlich keine Rede mehr. Seltsam oder? Insbesondere bei dem, was da so drauf sein sollte.

califax Offline




Beiträge: 1.502

14.03.2008 21:51
#23 Offtopic (RE: Wie wird der Sozialismus mit venezolanischem Antlitz aussehen?) Antworten

In Antwort auf:
Man muss sich langsam fragen, warum man diese Zeitungen überhaupt noch kaufen soll, wenn man den Inhalt auch im Internet kostenlos lesen kann.


Warum sollte man ein Auto kaufen, wenn der Bus günstiger ist? Es ist eben nicht dasselbe. Ich leiste mir selten Zeitungen auf Papier. Dann gehört aber zwingend ein guter Kaffee oder ein Wein und etwas zu Knabbern dazu. :)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.03.2008 23:29
#24 Gedruckte Zeitungen, Web-Zeitungen Antworten

Ein Thema, lieber Frankfurter und lieber califax, das vielleicht mal einen eigenen Thread wert wäre.

Die einzelnen Zeitungen und Zeitschriften halten das ja sehr unterschiedlich.

Am knauserigsten ist der gedruckte "Spiegel" - da gibt's ja absolut nix umsonst. Dagegen bietet der "Nouvel Observateur" zum Beispiel den kompletten Inhalt aller Hefte kostenlos, und dazu noch einen aktuellen Dienst, vergleichbar "Spiegel Online" (aber sehr viel zuverlässiger und ohne Agitprop).

Die meisten US-Tageszeitungen stehen weitgehend komplett im Web. Teils für jeden zugänglich, teils nach kostenloser Anmeldung zugänglich, wie die drei Zeitungen, aus denen ich regelmäßig zitiere (NYT, Washingtonton Post, LAT).



Und sonst? Ich habe seit Jahrzehnten den "Spiegel" abonniert, den "Nouvel Observateur", meine Frau die "Zeit". Lange hatte ich auch erst "Time Magazine", dann "Newsweek" abonniert.

Jetzt merke ich, daß ich immer weniger davon lese. Das einzige, was mir aus der "Zeit" mit Sicherheit schon am Donnerstag vor Augen kommt, ist das Kreuzworträtsel.

Herzlich, Zettel

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

15.03.2008 08:43
#25 RE: Gedruckte Zeitungen, Web-Zeitungen Antworten

Lieber Zettel,

dem gedruckten "Spiegel" bin ich zur Dankbarkeit verpflichtet seit er mich einmal über einen sehr kalten Studentenwinter gebracht hat - der Heizwert eines Magazins ist wirklich beeindruckend ! Früher war es ja einmal ein "Muß", sich den "Spiegel" in der Ubahn zu holen und auch dort zu schmökern, aber schon seit längerem geht mir die "Soße" auf den Geist. Mir scheint, daß einem, wenn man jünger ist, die Häme nicht so viel ausmacht, vielleicht, weil man eher zur Parteilichkeit neigt, heute finde ich sie abstoßend.

Herzlich, Thomas

P.S.: Das Zeit-Rätsel hole ich mir auch aus dem Internet!

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