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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 4 Antworten
und wurde 233 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 15.432

04.12.2025 01:05
Erich Kästner, "An die Unpolitischen" (1929) Antworten

https://zettelsraum.blogspot.com/2025/12...-1929.html#more

Ähnlichkeiten mit heutigen Berliner Verhältnissen sind selbstredend reiner Zufall.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 15.432

04.12.2025 15:16
#2 RE: Erich Kästner, "An die Unpolitischen" (1929) Antworten

Kleiner Nachtrag zu Walter Trier:

Aus diesem Gästebuch erhellt, daß es sich nicht um einen Terrier handelt, sondern um einen Schnautzer, und daß sein Name "Mäggi" lautete.

https://www.kuenstler-jamlitz.de/walter-...paul-schroeder/



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Johanes Offline




Beiträge: 3.008

04.12.2025 23:08
#3 RE: Erich Kästner, "An die Unpolitischen" (1929) Antworten

Man muss doch feststellen, dass Kästners Ausführungen von einer gewissen, wohl zeitbedingten Naivität geprägt sind. Heute leben wir in hochpolitisierten Zeiten und aus der Perspektive des Individuums ist seine Einflussmöglichkeit kein Stück gewachsen. Im Gegenteil, die politische Polarisierung erschöpft sich vollständig in einer beinahe verzehrenden emotionalen Teilnahme. Man feiert die Siege "seiner Seite" mit und noch mehr ärgert man sich über die Erfolge der "anderen Seite".
Es gibt, schenkt man Berichten aus dem Internet glauben, dieses Jahr einige Familien, die kein gemeinsames Weihnachten (oder Chanukka etc.) feiern werden. Warum? Weil man schon gar nicht mehr gemeinsam Feiern kann mit jemanden, der sich zum "Agenten des Bösen" gemacht hat.

Aus der Sicht von jemanden, der grade den Übergang von einer, wenn auch konstitutionellen, aber doch obrigkeitsstaatlichen Monarchie in eine Republik erlebt hat und dem der noch vorhandene Untertanengeist der Bürger zutiefst stören muss, mag der unpolitische Mensch als legitimer Gegenstand einer Karikatur erscheinen. Uns heutigen, sofern wir nicht selbst tief in politischen Grabenkämpfen stecken, erscheint der unpolitische Mensch fast als ein Ideal.

Von der eigenwilligen Wirtschaftsexpertise, die den Sozialdemokraten eigen ist, fange ich gar nicht erst an.



"Narren sind Alle, die es scheinen, und die Hälfte derer, die es nicht scheinen" ~ Gracian's Handorakel

Ulrich Elkmann Offline




Beiträge: 15.432

05.12.2025 00:05
#4 RE: Erich Kästner, "An die Unpolitischen" (1929) Antworten

Der inkriminierte Punkt trifft genau die Kritik, die die mehr politisierten Intellektuellen vor 85, 90 Jahren an Kästner geübt haben: dieses irgendwie-gemütlich-zwischen allen-Stühlen sitzen, ohne sich letzlich zu engagieren. Nun war das zum Ende der Weimarer Republik aus dieser Perspektive nur in eine Richtung möglich: nämlich links, knalllinks und ganz offen kommunistisch. Walter Benjamin, der ja unterm Strich genauso folgen- und wirkungslos war, aber dafür hart am linken Rand, hat Kästner ja ein kommodes Herumnörgeln angekreidet, in dem auf jegliche Wirkung verzichtet und sich mit den Verhältnissen soweit wie möglich arrangiert würde.

Auf der anderen Seite ist es so, daß dieses herbeigewünschte Unpolitisch-Sein uns unterm Strich die dreifache Wiederwahl Merkels beschert hat, dann den Scholzomaten und jetzt Merz. Ein sehr kluger Politiker, en cuyo nombre non quiero acordarme, hat einmal gesagt, es komme darauf an, "was am Ende rauskommt." Das Wohl-und-Wehe, und am Festtisch vertragen wir uns alle, war der familiäre Modus vivendi der alten Bonner Bunzreplik, als man sich darauf verlassen konnte, daß man und zwar völlig egal, wer mit wem und wie und was genau, das Staatsschiff auf sicherem Kurs bleiben würde. Mit einer Wahlentscheidung konnte man sozialpolitisch, gesellschaftlich Akzente setzen. Tempi passati. Wenn wir in der Berliner Republik auf eins bauen können, dann daß egal wer nominell den Oberkasper markieren darf, keinerlei positive, sondern nur knallinke Zerstörung ins Haus steht. Wir sind an einem Punkt angelangt, in dem die Mittel, die dem Bürger pro forma zugestanden sind: Wahl & Verfassungsklage, nichts als nur noch eine Farce sind, ohne jede tatsächliche Bedeutung für die neofeudale Classe politique. Und mittlerweile wird das genauso brutal und unverblümt den Untertanen klargemacht wie in der zweiten deutschen Diktatur.



"Les hommes seront toujours fous; et ceux qui croient les guérir sont les plus fous de la bande." - Voltaire

Johanes Offline




Beiträge: 3.008

05.12.2025 09:44
#5 RE: Erich Kästner, "An die Unpolitischen" (1929) Antworten

Zitat von Ulrich Elkmann im Beitrag #4
[...]nur in eine Richtung möglich: nämlich links, knalllinks und ganz offen kommunistisch.


Böse Zungen würden sagen, es habe sich nicht sehr viel verändert, nur das letztere wurde ausgetauscht.

Zitat
Walter Benjamin, der ja unterm Strich genauso folgen- und wirkungslos war, aber dafür hart am linken Rand, hat Kästner ja ein kommodes Herumnörgeln angekreidet, in dem auf jegliche Wirkung verzichtet und sich mit den Verhältnissen soweit wie möglich arrangiert würde.



Theoretische Konsequenz kann man durchaus als einen Wert betrachten.
Politische Wirkung geht meiner Beobachtung nach nicht davon aus. Man bewundert das konsequente Zuendedenken rein intellektuell, aber in der Praxis gibt es fast immer einen faulen Kompromiss, niemals wird die eigene Haltung restlos umgesetzt.

Zitat
[...]alten Bonner Bunzreplik, als man sich darauf verlassen konnte, daß man und zwar völlig egal, wer mit wem und wie und was genau, das Staatsschiff auf sicherem Kurs bleiben würde.



Ja, aber woher war man sich denn so sicher?
War das eine Art Glaube, war das so selbstverständlich wie der Sonnenaufgang am morgen oder was?

Zitat
Mit einer Wahlentscheidung konnte man sozialpolitisch, gesellschaftlich Akzente setzen.



Solche Akzente setzen kann man heute auch.
Nur der große Kurs, der ist bereits festgelegt. Das Problem der meisten Kritiker ist, dass der angesteuerte Hafen in Utopia liegt und selbst dieser unmögliche Zustand nicht unbedingt als wünschenswert erscheint.
Ob die Möglichkeiten der Einflussnahme 1975 größer oder kleiner waren als 2025?

Fakt ist, dass sich in dem Zeitraum wahrscheinlich viele der Intellektuellen und Künstler eine gesellschaftliche Organisation gewünscht hätten, die uns zwangsläufig näher ans Beispiel der DDR gebracht hätte. Es ist vielleicht der Wirkungslosigkeit dieser politischen Aktivismen zu verdanken, dass der Geschichte Mitteleuropas dies erspart blieb.
Das kann sicherlich als Spekulation zurückgewiesen werden. Einzelne "Abgeirrte" gibt es schließlich immer.
Aus Sicht eines Anhängers der Sozialdemokratie muss es frustrieren gewesen sein, dass die Regierung ganz einfach von Helmut Schmidt zu Helmut Kohl wechseln konnte, nur abhängig von der FDP. Das einzige Gegenmittel dagegen wäre eine absolute Mehrheit der SPD gewesen, die aber zugleich aus andere Erwägungen nicht wünschenswert gewesen ist. Jedenfalls wäre dieses Ergebnis unwahrscheinlich.
Es scheint, in einer parlamentarischen Republik sind Wahlen am Ende nicht so wichtig wie die ständige Wechselbeziehung zwischen den Parteien. Das mag in Präsidentiellen System wie Washington oder der V. Republik von Frankreich noch anders sein. Auch da scheinen jedoch manche Verhältnisse betoniert.

Was will der Bürger schon tun, wenn CDU und SPD sich in einer Sache einig sind und diese Parteien doch jederzeit eine Koalition machen können?
Dagegen sind die Kosten der Politisierung klar erfassbar. Eben die Familie, die nicht mehr zusammen Weihnachten feiert oder die emotionale Auslaugung.

Wenn ich schreibe "fast als Ideal", dann bin ich mir natürlich dessen bewusst, dass das eine Antwort auf unsere Zeit ist. Genauso wie Kästner eine Antwort auf seine Zeit ablieferte. Es mag sein, dass es im Jahre 2035 oder 2050 wieder einer stärkeren Politisierung braucht, weil z. B. die Menschen endgültig das Bewusstsein verloren haben, überhaupt etwas ändern zu können. Das ist aber heute nicht das Problem.
Die Menschen des Jahres 2050 profitieren nicht von einem Ratschlag von vor 25 Jahren. Es ist schon unwahrscheinlich, dass sie diesen überhaupt mitbekommen. Vielleicht muss dann ein Schreiber wieder gegen die Unpolitik anschreiben. Profitieren wir aber heute von Kästners "An die Unpolitischen"?



"Narren sind Alle, die es scheinen, und die Hälfte derer, die es nicht scheinen" ~ Gracian's Handorakel

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