"Macht keine Schulden und gebt nicht mehr aus als ihr einnehmt"
(König Friedrich Wilhelm I. in Preußen, 1713-1740)
Aus einem Text des Brandenburg-Preußen Museums:
Sparen fing in Preußen bei den staatlichen Ausgaben an. Nicht beim Mittelstand und nicht bei den "kleinen" Leuten. Alle preußischen Könige haben ihre Untertanen nur mit geringen Steuern belastet. Preußen hatte von 1871-1914 unter den europäischen Großmächten den geringsten Steuersatz und die geringste Arbeitslosigkeit. Sie betrug im Kaiserreich über 43 Jahre lang durchschnittlich nur 2%. Preußen-Deutschland war das führende Land in Wissenschaft und Bildung und stand an der Spitze unter allen Industriestaaten.
Woran das wohl gelegen haben mag? Man könnte neidisch werden. Oder liegt es daran, dass alles immer anders war?
Zitat von EnhaSparen fing in Preußen bei den staatlichen Ausgaben an. Nicht beim Mittelstand und nicht bei den "kleinen" Leuten. Alle preußischen Könige haben ihre Untertanen nur mit geringen Steuern belastet. Preußen hatte von 1871-1914 unter den europäischen Großmächten den geringsten Steuersatz und die geringste Arbeitslosigkeit. Sie betrug im Kaiserreich über 43 Jahre lang durchschnittlich nur 2%.
Preußen-Deutschland war das führende Land in Wissenschaft und Bildung und stand an der Spitze unter allen Industriestaaten.
Woran das wohl gelegen haben mag? Man könnte neidisch werden. Oder liegt es daran, dass alles immer anders war?
Schade, lieber Enha, daß Libero hier nicht mehr schreibt. Er kennt sich in Preußens Geschichte weit besser aus als ich.
Soweit ich das beurteilen kann, hat diese Sparsamkeit, diese Solidität, dieses Pflichtbewußtsein viel mit dem Fehlen fast aller natürlicher Ressourcen zu tun:
Wie konnte sich ein Land behaupten, das den Spitznamen "Des Heiligen Römischen Reichs Streusandbüchse" hatte? Wie konnte es sich zwischen den Großmächten Rußland, Österreich, Frankreich behaupten? Nur so, wie sich Sparta gegen das reiche Athen behaupten konnte: Indem man die Zähne zusammenbiß. Indem man das Fehlen natürlicher Ressourcen, das Fehlen eines Seehandels, durch "human resources" wettmachte.
Das hat der Soldatenkönig verstanden, das hat Friedrich der Große verstanden. Und das haben vor allem die "preußischen Junker" verstanden, die eben nicht wie die französichen Adligen des 18. Jahrhunderts "bei Hofe" lebten, sondern auf ihren Gütern, wo sie im Wortsinn ackerten.
Was wiederum das Verhältnis von Adel und Bauern ganz anders gestaltet hat als in Frankreich (von Rußland ganz zu schweigen).
Ich will nicht sagen, daß es keine sozialen Konflikte gegeben hätte; aber überwiegend war das Verhältnis zwischen den Gutsherren und den Bauern doch das einer gegenseitigen Abhängigkeit und auch Anhänglichkeit. Man kann das in Fontanes beiden großen Romanen "Vor dem Sturm" und "Der Stechlin" beschrieben finden.
Und hierin wiederum liegt eines der Geheimnisse des preußischen Staats und des preußischen Heeres: Der Gutsherr war oft zugleich der Landrat, und in Kriegszeiten führte er "seine" Bauern als Offizier.
Was man Preußen of vorgeworfen hat - den "Militarismus" -, das bedeutete ja nicht nur eine Abhängigkeit des Staats vom Militär, sondern auch eine Abhängigkeit des Militärs von der zivilen Gesellschaft.
Jetzt bin ich a bisserl ins Abschweifen gekommen, lieber Enha.
Vielleicht aber auch nicht. Denn diese Sparsamkeit des Staats, die die geringen Steuern ermöglichte (und damit sicherlich einen entscheidenden Anteil am Aufschwung der "Gründerjahre" hatte) war eben kein isoliertes Phänomen, sondern nur ein Aspekt dieser nüchternen, pflichtbewußten, sozusagen grundsoliden preußischen Gesellschaft.
Daß das dann alles in eben jenen Gründerjahren ins Wanken geriet, daß auf einmal der Typus des Neureichen, des Geschäftemachers, des Koofmich, wie die Preußen sagten, in Massen auftrat - das hat Fontane ja auch noch erlebt und beschrieben.
Herzlich, Zettel
PS: Jetzt habe ich gar nichts zur Bildung gesagt. Die Allgemeine Schulpflicht hing in Preußen natürlich auch mit den Anforderungen des Militärs zusammen. Die Förderung der Wissenschaften allerdings hatte mehr mit dem liberalen Geist Preußens zu tun; und dieser wiederum dürfte in hohem Maß der nicht der allgemeinen Situation Preußens, sondern der Person Friedrich II. zu verdanken sein.
In Antwort auf:Wie konnte sich ein Land behaupten, das den Spitznamen "Des Heiligen Römischen Reichs Streusandbüchse" hatte? Wie konnte es sich zwischen den Großmächten Rußland, Österreich, Frankreich behaupten? Nur so, wie sich Sparta gegen das reiche Athen behaupten konnte: Indem man die Zähne zusammenbiß. Indem man das Fehlen natürlicher Ressourcen, das Fehlen eines Seehandels, durch "human resources" wettmachte.
Lieber Zettel
In wenigstens der Hälfte aller meiner Fragen frage ich, weil ich was nicht weiß. Und nicht, weil ich was vermute und gemein sein will.
Also, was hatten denn Österreich und Frankreich an Bodenschätzen?
Zitat von KaaAlso, was hatten denn Österreich und Frankreich an Bodenschätzen?
Liebe Kaa, mit "Ressourcen" meinte ich nicht nur (überhaupt nicht primär) Bodenschätze. Wie das damals in Frankreich und Österreich war, weiß ich gar nicht; gab es im 18. Jahrhundert zB schon den Schlesischen Bergbau??
Ich meinte das, was den "Wealth of Nations" ausmacht. Was es also - letzten Endes geht es ja immer darum - erst ermöglicht, einen großen und schlagkräftigen Militärapparat zu finanzieren. Überall war das vor allem: Viele Menschen und viele fruchtbare Böden.
In Österreich kam dazu der ganze Habsburger Reichtum, die in Jahrhunderten durch das tu felix Austria nube angesammelten Schätze; die fortschrittliche handwerkliche und industrielle Entwicklung.
In Frankreich auch alles das; dazu noch Handel und Seefahrt; ein sich entwickelndes Kolonialreich.
Solange Reichtum im eigene Land zu schaffen überhaupt nur durch die Ausbeutung von Bauern möglich war, hatte jeder Staat ein ureigenes Interesse daran, sich auszudehnen.
Reich werden konnte man nur, wenn man groß war; an Menschen und an Staatsgebiet (von seltenen Ausnahmen abgesehen; wenn man etwa Salzbergwerke hatte oder irgendeine herausragende handwerkliche Kenntnis; in Meißen Porzellan zu erzeugen, in Venedig Glas usw.). (Nebenbei: Hitler in seiner Bornierheit dachte immer noch in diesen Kategorien und wollte deshalb, daß möglichst viele Deutsche geboren werden, für die er dann möglichst viel "Lebensraum" zurammenrauben wollte).
Die andere Möglichkeit war, durch Handel, durch Kolonien, durch den Import von Sklaven reich zu werden. Das hat - wie einst Athen und Karthago - Spanien groß gemacht, England, und es spielte auch für den Reichtum Frankreichs eine wichtige Rolle.
Erst im Lauf des 18. Jahrhunderts kam als die dann immer wichtiger werdende Quelle des Reichtums die Industrie hinzu, und damit die Wissenschaft und Ingenieurkunst, auf der sie basierten. Von da an konnte im Grunde ein Staat wie Preußen erst hoffen, "aus eigener Kraft" mitzuhalten. Durch die Förderung der Universitäten, später die Gründung der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Durch die Ansiedlung von Industrie.
Das Preußen des Großen Kurfürsten hatte von alledem nichts; es war ein armer Agrarstaat auf unfruchtbarem Sandboden. Es war eine ungeheure Leistung, eine gewaltige Kraftanstrenung einer Gesellschaft, die sich im Grunde immer übernommen hat, dieses Land zu einer der europäischen Großmächte zu machen.
Natürlich auch durch Raubzüge. Den ersten begann Friedrich, kaum daß er den Thron bestiegen hatte (oder vielmehr vom Schicksal, sich mit Händen und Füßen wehrend, auf diesen geschoben worden war), weil er das reiche Schlesien brauchte und Österreich unter der jungen Maria Theresia für schwach hielt. So etwas war damals überhaupt nichts Verwerfliches. Jeder griff zu, wenn sich eine günstige Gelegenheit bot, sein Staatsgebiet zu vergrößern und damit seinen Reichtum zu mehren. Also die "Ressourcen" zu mehren; so wie ich das Wort gemeint hatte.
es sieht wohl so aus, daß, wenn der Staat sich weitgehend aus der Wirtschaft raushält, niedrige Steuern fordert, dann kann sowas wie in Hongkong passieren.
Hongkong wie auch Singapur sind u.a. die Erfolgsgeschichten der Neuzeit. Im Falle von Hongkong war es eine kluge Kolonialregierung, die sich zurueckhielt, die nur auessere und innere Sicherheit garantierte, und das Wirtschaftsleben sich weitestgehend selbst ueberliess.
In Singapur war es ein Staatschef, der in England wahrend der Labour Regierung studiert hatte, und dort den "real existierenden Sozialismus" erlebt hatte, und sich vornahm, diesen Fehler in Singapur nicht zu wiederholen.
wir haben doch auch eine menge Politiker, die die Schrecken des realen Sozialismus miterlebt haben! Warum haben wir dann so wenige, die diese Schrecken vermeiden wollen? Ist es der Neid derer, die nur in der politischen Sphäre etwas werden können weil sie zu unkreativ sind, um in der Wirtschaft zu bestehen? Ist es der Zwang der Regulierer, die Unintended Consequences ihrer Maßnahmen durch weitere Regulierung bekämpfen zu müssen (Besn, Besen, sei's gewesen!) bis sich nichts mehr bewegt? Ist es der verzweifelte Versuch der Politik, für irgendetwas anerkannt zu werden, egal für was? Oder werden wir von wirklichen Feinden unserer (!) Freiheit regiert? Oder alles zugleich?
Zitat von Thomas Pauliwir haben doch auch eine menge Politiker, die die Schrecken des realen Sozialismus miterlebt haben! Warum haben wir dann so wenige, die diese Schrecken vermeiden wollen?
Haben sie, lieber Thomas, alle diese Schrecken als Schrecken erlebt, die Politiker, auch "das Volk"?
Ich komme angesichts der DDR-Nostalgie, angesichts des Vordringengs der Kommunisten auch im Westen immer mehr zu der Überzeugung, daß für einen Teil unserer Mitbürger ein Leben in Armut, Unfreiheit und Gängelung, dafür aber weitgehend frei von den Risiken des Lebens, etwas Erstrebenswertes ist.
Armut ist ja relativ. In der DDR lag am Ende der Lebensstandard ungefähr so hoch wie im Westen vielleicht Anfang oder Mitte der fünfziger Jahre; auch damals fühlte man sich ja in der Bundesrepublik nicht bettelarm.
Und Freiheit? Wer sich in der DDR so duckte, wie man das seit Generationen erlernt hatte, allenfalls unterbrochen durch ganze 14 (!) Jahre Weimarer Republik; wer also Untertan in der DDR war, so wie das die Eltern, Großeltern, alle Vorfahren gewesen sind - der konnte in dieser "kommoden" DDR, wie Günter Grass das genannt hatte, ganz gut existieren.
Unerträgtlich war die Gängelei für diejenigen, die frei sein wollten. Unerträglich war sie den Intelligenten, die sich nicht durch ML-Schulung verdummen lassen wollten. Unerträglich war sie den Anständigen, die darunter litten, daß man bespitzelt wurde, daß man lügen mußte.
Aber wer in Bezug auf das alles ein dickes Fell hatte - warum soll der sich eigentlich nicht die DDR zurückwünschen? Mit mehr Wohlstand, natürlich, den würde es dank Aufbau Ost ja für ein paar Jahrzehnte geben, bis alles wieder runtergewirtschaftet wäre.
ich verstehe sehr gut deine Wut und deine Verzweiflung. Aber was kann man machen. Gegen Dummheit kämpfen selbst Götter vergeblich.
Jahrzehnte des Wohlstands und eine nicht endend wollende Gehirnwäsche haben die meisten Deutschen glauben lassen, dass ihnen quasi ein ewiger Rechtsanspruch auf hohe Sozialleistungen zusteht. Wenn sie sich da nicht täuschen.
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