Zu den schlimmsten Irrtümern in der politischen Diskussion gehört aus meiner Sicht die Vorstellung, am Sozialismus sei irgend etwas "progressiv"; der Marxismus stehe in der Tradition der Aufklärung; die Achtundsechziger seien fortschrittlich gewesen. Das Gegenteil ist richtig: Der Marxismus ist eine aufklärungsfeindliche, eine gegen die Errungenschaften der Aufklärung gerichtete Ideologie.
Das gilt für viele Bereiche; auch für die Frage der Gewalt. Daß wir heute in einer weitgehend gewaltfreien Gesellschaft leben, verdanken wir der Aufklärung. Gefährdet wird diese Gewaltfreiheit im politischen Raum durch Extremisten; die nazisitischen auf der Rechten und die marxistischen auf der Linken.
Wie historisch ungewöhnlich die weitgehend gewaltfreie Gesellschaft ist, in der wir leben, darauf hat kürzlich der (unter anderem) Gewaltforscher Jan Philipp Reemtsma hingewiesen; dies ist das Zitat des Tages.
str1977
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18.04.2008 10:21
#2 RE: Zitat des Tages: "Irritierende Gewalterfahrungen"
Tut mir leid, Zettel, aber alles Positive, was dein Beitrag beinhalten mag wird durch einen kurzen Satz mir vergellt und ins Absurde getrieben:
In Antwort auf:In der Tat gehörte bis zur Aufklärung zu allen Formen menschlicher Kultur ein Maß an Gewalt, das wir uns heute kaum noch vorstellen können ...
Ja, ja, die gute <s>alte</s> Aufklärung macht alles heil.
Meinten Sie Aufklärung im Sinne dieses schon jahrtausendealten Prozesses, der stets zu leisten ist und nie aufhört? Aber was sollte dann "vor der Aufklärung" heißen?
Nein, es geht wohl um diese geistige Bewegung des 18. Jahrhunderts, die seither universelle Unterwürfigkeit und Anbetung einfordert.
Ganz so, als ob die Welt seither friedlicher geworden wäre. Nein, kaum hatte "die Aufklärung" die Macht, setzte sie einen Völkermord in Gang und überzog Europa mit Krieg (der viel weniger die Zivilbevölkerung verschonte, als vorherige Kriege). Darin folgten ihr mehrere aus ihr geborene Ideologien im 20. Jahrhundert.
Und ja eine dieser Ideologien ist der Marxismus, der sehr wohl in der Tradition der Aufklärung steht.
Das macht ihn - und hier haben Sie wieder recht - natürlich nicht gut. Aber Ihr Denkfehler ist, zu meinen "die Aufklärung" sei gut und daher könne sie nichts böses gebären. Wer aber den Menschen einredet, sie müßten nur ihren Verstand gebrauchen, darf sich nicht wundern. (Memo an Kant: die Menschen haben immer schon ihren Verstand gebraucht zu Zwecken die ihnen gefielen).
Verzeihen Sie bitte meinen Ton, Zettel, aber der ist der gerechtfertigten Verägerung geschuldet.
PS. Nicht all die Veränderungen, die Reemtsma anspricht sind wirklich zum guten, insbesondere die bezüglich der Wirtshausschlägerei.
In Antwort auf:Mich störte der Ton ja nicht in dieser Situation - ich hielt und halte ihn in Anbetracht dessen, worauf ich reagiert haben, für gerechtfertigt.
Ich nicht - weil das impliziert, daß Sie glauben, in diesem Fall im Besitz der Wahrheit zu sein. Außerdem ist es nicht nett - und in diesem Forum sind wir ja doch so weit kulturell ähnlich, daß wir höflich bleiben könnten. Wenn wir nicht wütend werden, wie es mir manchmal geht. Aber schlechtes Benehmen rechtfertigen will ich nicht.
Auf jeden Fall, vielen Dank, daß Sie so höflich auf meinen Hinweis, der ja eine Kritik war, geantwortet haben. Als Gegengeschenk wollte ich inhaltlich antworten - da kommt aber das Problem, daß ich nicht sehen kann, was Sie gesagt haben. Daß die Aufklärung die Gewalt nicht vermindert hat? Ob die Aufklärung das war, weiß ich nicht. Aber natürlich ist heute in Deutschland die Gewalt (proportional zur Bevölkerung!) weniger als vor 300 Jahren.
Ich hatte Zettel so verstanden, daß er über den Alltag schreibt. Und da habe ich ihm zugestimmt. Unser Alltag in Deutschland ist so friedlich, daß wir vergessen es wertzuschätzen. Wirklich schlimme Sachen passieren, die lese ich in der Zeitung. Das böseste was ich im Bekanntenkreis gehört habe, war, daß ein Nachbar eine Bekannte "Du Nutte" nannte. Die weinte zwar, aber sie lebt noch. Dieses Verhältnis interpretiere ich so, daß zwar wirklich schlimme Sachen geschehen, aber sehr selten.
Oder Sie meinen, daß es für den Frieden in der Nachbarschaft und in der Welt nix nützt, den Verstand zu gebrauchen. Da sind wir einer Meinung. Doch was hat dann bewirkt, daß es hierzulande gewaltfreier wurde? Eventuell der (meiner und Ihrer Meinung nach _falsche_ ) Glaube daran, daß man seinen/ihren (Hahaha) Verstand gebrauchen soll?
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt
Wo ist das Problem? Der Ton von str1977 war für meine Begriffe noch völlig im Rahmen. Er hat lediglich sehr deutliche Worte verwendet, aber dabei niemanden beleidigt. Ich halte es für legitim, dass das Gegenüber auch etwas vom Gemütszustand des Schreibenden mitbekommt, gerade weil es sich bei der reinen Schrift im Gegensatz zum persönlichen Gespräch um eine solch eindimensionale Kommunikationssituation handelt.
Zitat von Kaaweil das impliziert, daß Sie glauben, in diesem Fall im Besitz der Wahrheit zu sein
Was ist daran falsch? Die meisten Menschen, die ich kenne, haben sich zu Themen ihre eigene Meinung gebildet, die dann natürlich auf dem basiert, was sie für wahr halten. Diese im Internet beliebte Masche, auf die Relativität jeder Wahrheit zu verweisen, ist meist nur ein semantischer Trick, da der Begriff "Wahrheit" natürlich immer kontextbezogen zu sehen ist (und damit ist nicht der berühmte Adenauersche Dreiklang gemeint...). Selbstverständlich wird str1977 seine Meinung nicht auf etwas stützen, das er selbst für falsch hält.
Aus der Tatsache, dass man miteinander kontrovers diskutiert, wird ja schon deutlich, dass man prinzipiell bereit ist, die eigene Vorstellung von dem, was wahr ist und was falsch, einer Überprüfung zu unterwerfen. Dazu muss man sie aber erstmal formulieren.
Ich gebe str1977 übrigens auch in der Sache recht. Hintergrund und Wirkung der Aufklärung werden gerne schon mal zum Mythos gemacht.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von str1977Ja, ja, die gute alte Aufklärung macht alles heil.
Meinten Sie Aufklärung im Sinne dieses schon jahrtausendealten Prozesses, der stets zu leisten ist und nie aufhört? Aber was sollte dann "vor der Aufklärung" heißen?
Nein, es geht wohl um diese geistige Bewegung des 18. Jahrhunderts, die seither universelle Unterwürfigkeit und Anbetung einfordert.
Sie begann früher. Leibniz, der 1656 geboren wurde (nach meiner Erinnerung; wenn's falsch ist, korrigiere ich es) war einer der ganz großen Aufklärer. Und John Locke, sein nicht weniger großer britischer counterpart, hat nur noch ein paar Jahre vom 18. Jahrhundert erlebt. (Und wenn ich mir die Anregung erlauben darf: Lesen Sie einmal parallel Lockes An essay concerning human understanding und Leibniz' Antwort darauf Nouveaux essais sur l'entendement humain - dann haben Sie den Geist der Aufklärung!
Andererseits ist die Aufklärung auch mit dem 18. Jahrhundert keineswegs zu Ende gewesen.
In Deutschland werden wir oft durch die Gegenaufklärung geblendet, wie sie vor allem von Hegel, Fichte und Schelling ausging; dann natürlich in Marx kulminierte. Aber wenn man sich die Philosophie des 19. Jahrhunderts anderswo ansieht, dann war das überwiegend die pure Aufklärung - von der schottischen Schule mit Reid und Hamilton bis zu Ernst Mach in Österreich, von dem der Weg zur Wiener Schule des 20. Jahrhunderts und von dort zur heutigen analytischen Philosophie führt. (Übrigens hatten wir in Deutschland auch die Neukantianer; nur liest die heute kaum noch jemand).
Also, lieber str1977, die Aufklärung ist nicht so ein olles Denken irgendwelcher Leute im 18. Jahrhundert, sondern sie ist ein Unternehmen, das im 17. Jahrhundert begann (über Galilei haben wir ja mal diskutiert; Descartes ist der zweite Große des frühen 17. Jahrhunderts) und das bis heute andauert.
Und nein, diese große geistesgeschichtliche Bewegung fordert weder Unterwürfigkeit noch Anbetung.
Ich verstehe auch immer noch nicht ganz, wie Sie zu dieser Auffassung kommen. Können Sie vielleicht sagen, welche Autoren sie meinen, und welche von deren Aussagen Sie so interpretieren?
Mich würden überhaupt Ihre Quellen für Ihr Bild von der Aufklärung interessieren. Denn ehrlich gesagt - ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie es aus einer Lektüre von Autoren der Aufklärung gewonnen haben.
Zitat von Kaaweil das impliziert, daß Sie glauben, in diesem Fall im Besitz der Wahrheit zu sein
Was ist daran falsch? Die meisten Menschen, die ich kenne, haben sich zu Themen ihre eigene Meinung gebildet, die dann natürlich auf dem basiert, was sie für wahr halten.
Ja. So ist es. Und das ist gut so. Und darum wird es so richtig gut, wenn man die Emotionen raus halten kann. Weil wenn zwei unterschiedliche Meinung haben ist es gut möglich, daß es nicht nur ein Mißverständnis ist und nicht nur an der Begriffen liegt, sondern der eine falsch liegt. Zu Beginn der Diskussion glauben aber beide, daß sie die Wahrheit vertreten.
Wenn man dann Emotionen reinbringt, ist es schwerer für den anderen den emotional bewegten zu kritisieren. Mir auf jeden Fall fällt das meistens schwerer, als sachlich auf etwas zu antworten, was ohne stark verteidigende oder angreifende Emotionen war.
Eventuell fällt es jemand auch schwerer zuzugeben, daß er sich geirrt hat, wenn er vorher emotional heftig behauptet hat, daß er die Wahrheit vertritt.
Ich glaube halt, daß jemand, der mit starken Emotionen bei einer sachlichen Frage ist, seine Meinung nicht ändern wird. Und ich glaube, das ist nicht mal ein Vorurteil. Meinungen sind ja nicht dazu da, um geändert zu werden. Stabile, lebenslange Meinungen können eine Stabilität bedeuten, die von Vorteil ist.
Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus Autor im Netz bekannt
str1977
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27.04.2008 00:18
#10 RE: Zitat des Tages: "Irritierende Gewalterfahrungen"
In Antwort auf:Mich störte der Ton ja nicht in dieser Situation - ich hielt und halte ihn in Anbetracht dessen, worauf ich reagiert haben, für gerechtfertigt.
Ich nicht
Was ja auch Ihr gutes Recht ist. Nur bezog sich Ihr obiger Einwand eben darauf, wie ich den Ton meines Beitrag fände. Und darauf habe ich geantwortet.
In Antwort auf:... - weil das impliziert, daß Sie glauben, in diesem Fall im Besitz der Wahrheit zu sein.
Nun, seit längerem frage ich mich, was "im Besitz der Wahrheit sein" heißen soll. Ja, ich halte meine Meinung in jedem Fall für die richtige - ansonsten würde ich sie ändern. Ich glaube auch das es jenseits von Geschmacksfragen so sein muß.
In Antwort auf:Auf jeden Fall, vielen Dank, daß Sie so höflich auf meinen Hinweis, der ja eine Kritik war, geantwortet haben.
Keine Ursache.
In Antwort auf:Als Gegengeschenk wollte ich inhaltlich antworten - da kommt aber das Problem, daß ich nicht sehen kann, was Sie gesagt haben. Daß die Aufklärung die Gewalt nicht vermindert hat?
Nein, sondern das sie - die Aufklärungsbewegung (AB) - eben auch selbst Gewalt hervorgebracht hat und daß daher "AB vs. Gewalt" keine zutreffende Opposition ist. Nicht mehr und nicht weniger.
In Antwort auf:Ob die Aufklärung das war, weiß ich nicht. Aber natürlich ist heute in Deutschland die Gewalt (proportional zur Bevölkerung!) weniger als vor 300 Jahren.
Nein, ich glaube nicht, daß die Aussage, es gäbe anno 2008 weniger Gewalt als 1708 einfach so stimmt. Da müßten wir erstmal sehen, was denn Gewalt überhaupt ist, wie sie zu messen wäre. Zählt z.B. der Spanische Erbfolgekrieg mit?
In Antwort auf:Unser Alltag in Deutschland ist so friedlich, daß wir vergessen es wertzuschätzen.
Ja, dem stimme auch ich zu. Ich schrieb ja oben, das ich das richtige im Beitrag nicht beistreite, und hängte mich eben an einer mir nicht akzeptablen Gleichung auf.
In Antwort auf:Oder Sie meinen, daß es für den Frieden in der Nachbarschaft und in der Welt nix nützt, den Verstand zu gebrauchen.
Die Menschen haben immer schon den Verstand gebraucht. Manche um ihre Nachbarn aus dem Weg zu räumen. Dafür taugt dieses Instrument nämlich auch sehr gut. Die frage ist, wie man es einsetzt.
In Antwort auf:Doch was hat dann bewirkt, daß es hierzulande gewaltfreier wurde? Eventuell der (meiner und Ihrer Meinung nach _falsche_ ) Glaube daran, daß man seinen/ihren (Hahaha) Verstand gebrauchen soll?
Wie wäre es mit der Durchsetzung eines Gewaltmonopols (was übrigens eine Frucht des Absolutismus ist), das Erreichen relativen wirtschaftlichen Wohlstands und auch eine zunehmende Ächtung von Gewalt (was sich wiederum mit Punkt 1 überschneidet), was aber 1. nicht eine Frucht der AB ist und 2. nicht nur positive Folgen hat.
Zitat von ZettelSie begann früher. Leibniz, der 1656 geboren wurde (nach meiner Erinnerung; wenn's falsch ist, korrigiere ich es) war einer der ganz großen Aufklärer. Und John Locke, sein nicht weniger großer britischer counterpart, hat nur noch ein paar Jahre vom 18. Jahrhundert erlebt. (Und wenn ich mir die Anregung erlauben darf: Lesen Sie einmal parallel Lockes An essay concerning human understanding und Leibniz' Antwort darauf Nouveaux essais sur l'entendement humain - dann haben Sie den Geist der Aufklärung!
Andererseits ist die Aufklärung auch mit dem 18. Jahrhundert keineswegs zu Ende gewesen.
Ja, also doch die AB. Ein paar Jahre plus oder minus tun wirklich nichts zur Sache. Dann war meine Diagnose (hinsichtlich Ihrer Intention) also zutreffend und daher auch meine Kritik.
Gehört eigentlich Hobbes zur AB oder ist er "voraufklärerisch"?
In Antwort auf:In Deutschland werden wir oft durch die Gegenaufklärung geblendet ...
Und da klingelt die Ideologieglocke (wobei: sie haben natürlich das Recht, einer Ideologie anzuhängen). Gegenaufklärung gibt es ja eben nicht, sondern es werden im Zug der Aufklärung Gedanken weitergedacht. Es gibt natürlich auch Gegner der AB bzw. einzelner Strömungen darin (ob diese dazugehören habe ich aber meine Zweifel), doch durch gleichsetzung von AB und Aufklärungsprozeß (AP) werden diese in die illegitime, verbotene Ecke gestellt. Ganz nach dem Muster "Konterrevolution".
In Antwort auf:Also, lieber str1977, die Aufklärung ist nicht so ein olles Denken irgendwelcher Leute im 18. Jahrhundert, sondern sie ist ein Unternehmen, das im 17. Jahrhundert begann (über Galilei haben wir ja mal diskutiert; Descartes ist der zweite Große des frühen 17. Jahrhunderts) und das bis heute andauert.
Ja, und schon damals hielt es für Quark irgendwo einen Beginn des AP im 17. Jahrhunderts zu proklamieren (ganz abgesehen von Einseitigkeiten bezüglich Galileo). Damit werden die vorherigen Generationen zu Barbaren, die zitieren Männer zu "Götzen" und Vertreter anderer Meinungen zu Feinden gestempelt.
In Antwort auf:Und nein, diese große geistesgeschichtliche Bewegung fordert weder Unterwürfigkeit noch Anbetung.Zitat:
Und wozu dann diese Lobeshymnen? Wozu die sachlich unbegründete Exkommunikation der Gegenaufklärer.
Zitat:Ich verstehe auch immer noch nicht ganz, wie Sie zu dieser Auffassung kommen. Können Sie vielleicht sagen, welche Autoren sie meinen, und welche von deren Aussagen Sie so interpretieren?
Und im Gegenzug wäre ich daran interessiert, wie sie zur der Meinung kommen, daß dank der großen Aufklärer alles so viel besser und vor allem weniger gewalttätig wurde?
Ich sehe nur ein Problem: sollte ich Namen nennen, werden Sie dann wiederum (wie bereits geschehen) diese aus der Aufklärung ausschließen. Wir haben ja z.B. Rousseau bereits behandelt. Aber auch Voltaire scheint mir hier problematisch. Was deren Jünger später anrichteten ist ja bekannt.
Gruß, str1977
str1977
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27.04.2008 00:36
#12 RE: Zitat des Tages: "Irritierende Gewalterfahrungen"
Zitat von str1977Gehört eigentlich Hobbes zur AB oder ist er "voraufklärerisch"?
Aber gewiß gehört Hobbes zur Aufklärung.
Zitat von str1977
Zitat von ZettelIn Deutschland werden wir oft durch die Gegenaufklärung geblendet ...
Und da klingelt die Ideologieglocke (wobei: sie haben natürlich das Recht, einer Ideologie anzuhängen). Gegenaufklärung gibt es ja eben nicht, sondern es werden im Zug der Aufklärung Gedanken weitergedacht.
Naja, Hegel und Marx das Etikett "Gegenaufklärung" zu verpassen, das war natürlich a bisserl polemisch gemeint. Die aus meiner Sicht größte Errungenschaft der Aufklärung ist, daß man sich darauf verständigt, hat, nur das als wahr anzuerkennen, was man auch belegen kann; sei es durch die Empirie, sei es formal mit den Methoden der Mathematik und Logik.
Die frühen Aufklärer waren sehr optimistisch, was die Erfolgsaussichten dieses Unternehmens angeht; wobei die einen, wie Leibniz, mehr die formalen Verfahren und die anderen, wie die britischen Empiristen, mehr die Erfahrung zum Kriterium machten.
Es war Kant, der dieses Ansatz der Aufklärung sozusagen auf sich selbst anwandte, indem er die Grenzen der Erkenntnis zum Gegenstand der Erkenntnis machte.
Und von dieser skeptischen, illusionslosen Haltung sind Hegel und Marx wieder meilenweit abgerückt, indem sie mit einer gewaltigen Überheblichkeit ihre jeweiligen "Systeme" als die schlechthinnige Wahrheit verkündet haben. Hegel hat aus Kants transzendentalen Idealismus (einem nämlich, der die in unserem Geist liegenden Grenzen unseres Erkenntnisvermögens untersucht) einen inhaltlichen hervorgezaubert, der die Welt als Produkt des Geistes sieht. Und Marx in seiner Beschränktheit hat das übernommen, nur sozusagen das Vorzeichen vertauscht.
Das, lieber str1977, meinte ich mit "Gegenaufklärung
Zitat von str1977
Zitat von ZettelUnd nein, diese große geistesgeschichtliche Bewegung fordert weder Unterwürfigkeit noch Anbetung.
Und wozu dann diese Lobeshymnen? Wozu die sachlich unbegründete Exkommunikation der Gegenaufklärer.
Lob verdienen halt die großen Fortschritte. Exkommunizieren kann ich leider nicht.
Herzlich, Zettel
(zur Gewalttätigkeit schreibe ich später noch etwas; erstens, weil das a bisserl länger werden wird; zweitens, weil meine Frau zum Essen ruft )
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