Sofern Sie wirklich Muscheln auf Sylt sammeln wollen, bitte ich Sie doch darauf zu achten, wie die gross das Verhältnis linke Muschelschalen : rechte Muschelschalen ist. Dies weicht seltsamerweise oft von der biologisch zu erwartenden Quote 1:1 stark ab.
Zitat von DagnySofern Sie wirklich Muscheln auf Sylt sammeln wollen, bitte ich Sie doch darauf zu achten, wie die gross das Verhältnis linke Muschelschalen : rechte Muschelschalen ist. Dies weicht seltsamerweise oft von der biologisch zu erwartenden Quote 1:1 stark ab.
Wie gut, liebe Dagny, daß ich Ihren Beitrag jetzt noch mal in Ruhe gelesen habe. Denn mit politischen Scheuklappen geschlagen, wie ich nun mal bin, hatte ich das zunächst so verstanden, daß es auf Sylt linke = kommunistische bis sozialdemokratische und rechte = liberale bis konservative Muscheln gibt.
Was mir irgendwie auch eingeleuchtet hat; die linken vermutlich mehr an den Stränden von List und Hörnum, die rechten am Strand von Kampen.
Aber jetzt glaube ich, Sie meinen das ganz anders. Gell, Sie meinen das, was der Laie obere und untere Schale nennen würde? Ja, aber da muß das Verhältnis doch 1:1 sein. So, wie gleich viele linke und rechte Schuhe angespült werden. Oder?
ich traue diesen täglichen Wasserstandsmeldungen nicht allzusehr, weniger weil ich nicht von der mathematischen Seite überzeugt wäre, sondern weil die grundsätzliche Methodik fraglich ist. Demoskopie krankt nach meinem Defürhalten an zwei Defekten: Zum einen ist nicht davon auszugehen, dass die Befragten immer ehrlich sind. Viele Wähler, die im Endeffekt nach ihren Überzeugungen wählen werden, mögen vielleicht einen Tag mal frustriert sein und aus dem Grunde eine falsche Antwort geben. Es ist viel einfacher einem Demoskopen eine Sekundenentscheidung mitzugeben, als das dann in der Wahlkabine zu tun. Dazu kommen Schameffekte, wenn der Interviewte davon ausgeht, dass seine Antwort dem Gegenüber nicht gefällt. In Deutschland erleben wir das regelmässig in der Diskrepanz zwischen den Umfragen der NPD und ihren Wahlergebnissen. Zum zweiten, und das ist das schlimmste Problem, Demoskopie basiert immer auf der Annahme der Repräsentanz. Die 1000 Befragten stellen nur dann eine repräsentative Menge dar, wenn sie wirklich zufällig ausgewählt werden. Wie aber sollte das funktionieren ? Nicht jeder beteiligt sich an solchen Umfragen, ganze Bevölkerungsschichten werden nicht repräsentiert, entsprechend andere überrepräsentiert. Wie sich das auswirkt und wo er korrigieren muss, kann der Demoskop nur raten. Und da wird dann die Umfrage zur Kaffeesatzleserei. Ich kenne die amerikanischen Pendants zu Forsa & Allensbach nicht, aber wenn sie zudem auch eine politische Agenda verfolgen, wie hierzulande eben Forsa, dann sind diese Umfragen ähnlich viel wert wie besagte Wettervorhersage für November.
beide Einwände sind mehr als berechtigt; aber die Demoskopen - die seriösen - geben sich auch große Mühe, diesen Problemen zu begegnen.
Zitat von LlarianZum einen ist nicht davon auszugehen, dass die Befragten immer ehrlich sind. Viele Wähler, die im Endeffekt nach ihren Überzeugungen wählen werden, mögen vielleicht einen Tag mal frustriert sein und aus dem Grunde eine falsche Antwort geben. Es ist viel einfacher einem Demoskopen eine Sekundenentscheidung mitzugeben, als das dann in der Wahlkabine zu tun.
Das ist einer der Günde, warum die Daten "gewichtet" werden. Alle seriösen Institute machen das, daß sie zwischen Rohdaten und gewichteten Daten unterscheiden. Das ZDF-"Politbarometer" hat dafür die ganz griffigen Bezeichnungen "Stimmungsbild" (die Rohdaten) und "Projektion" (die gewichteten Daten) eingeführt. Die Gewichtung ist freilich das Geheimnis jedes Instituts; aufgrund von Erfahrungen werden die Formeln immer wieder korrigiert.
Zitat von LlarianDazu kommen Schameffekte, wenn der Interviewte davon ausgeht, dass seine Antwort dem Gegenüber nicht gefällt. In Deutschland erleben wir das regelmässig in der Diskrepanz zwischen den Umfragen der NPD und ihren Wahlergebnissen.
Ja, das ist ein sehr stabiler Effekt. Deshalb werden die Rechtsextremen - auch die DVU - bei der Gewichtung in der Regel etwas höhergestuft. Allerdings haben Sie recht, daß das danebengehen kann, wenn es eine kurzfristige Welle des Unmuts gibt, die sich im Wählen der Extremisten Luft macht. Inzwischen im Westen auch der "Linken", deren Ergebnisse deswegen auch schwer zu prognostizieren sind.
Zitat von LlarianZum zweiten, und das ist das schlimmste Problem, Demoskopie basiert immer auf der Annahme der Repräsentanz. Die 1000 Befragten stellen nur dann eine repräsentative Menge dar, wenn sie wirklich zufällig ausgewählt werden. Wie aber sollte das funktionieren ? Nicht jeder beteiligt sich an solchen Umfragen, ganze Bevölkerungsschichten werden nicht repräsentiert, entsprechend andere überrepräsentiert. Wie sich das auswirkt und wo er korrigieren muss, kann der Demoskop nur raten.
Es gibt in der Demoskopie seit ihren Anfängen eine Diskussion, wie man das Problem der Repräsentanz löst. Die einen plädieren für völligen Zufall bei der Auswahl der Befragten (Randomisierung), die anderen dafür, daß die Befragten so ausgewählt werden, daß die Stichprobe ein Spiegelbild der Bevölkerung ist (nach Alter, Wohnort, Geschlecht). Das ist das Quotenverfahren.
Als ich als Student in der Marktforschung gejobbt habe, wurde von diesem Institut das Quotenverfahen verwendet. Damals, in den sechziger Jahren, wurden Interviews noch grundsätzlich direkt, also nicht telefonisch durchgeführt. Ich wanderte also zB von Haustür zu Haustür auf der Suche nach dem über 60jährigen Mann, der mir vielleicht noch fehlte. Das war mühsam und verführte zum Schummeln.
Bei Telefoninterviews gibt es heute allerlei Möglichkeiten, die Zufälligkeit sicherzustellen, zB fragt man nach dem Familienmitglied, das am frühsten im Jahr Geburtstag hat usw.
Aber das Problem bleibt. Eine mögliche Lösung ist es auch, statt der mathematisch erforderlichen rund 1000 Interviews rund 2000 zu führen; da sind dann Abweichungen von der Repräsentativität besser zu "verdauen". Seriöse Institute machen das bei wichtigen Umfragen. Heute wird ja die Zahl der Befragten oft angegeben. Wenn das deutlich mehr als 1000 sind, dann ist es eine besonders sorgfältige Umfrage.
Zitat von Llarian Und da wird dann die Umfrage zur Kaffeesatzleserei. Ich kenne die amerikanischen Pendants zu Forsa & Allensbach nicht, aber wenn sie zudem auch eine politische Agenda verfolgen, wie hierzulande eben Forsa, dann sind diese Umfragen ähnlich viel wert wie besagte Wettervorhersage für November.
Ich weiß nicht, ob diese Vorwürfe zutreffen. Die meisten Institute verdienen ihr Geld ja nicht mit politischen Umfragen, sondern mit Marktforschung. Wenn sie in den Verdacht geraten, unseriös zu arbeiten, sind sie ihre Aufträge los.
Ich kenne keinen einzigen Fall, wo nachgewiesen oder auch nur mit Indizien belegt worden wäre, daß ein Institut Daten in Richtung auf das manipuliert hätte, was seine Auftraggeber hören wollen. Das wäre auch schwer, denn an einem solchen Institut arbeiten ja viele Menschen der unterschiedlichsten politischen Couleur. Wie soll da eine Manipulation rein technisch funktionieren?
Nur tendieren die Auftraggeber oft dazu, tendieren Zeitungen und die Öffentlichkeit dazu, aus den Daten das herauszupicken, was ihnen gefällt.
Da entsteht dann die Einseitigkeit, die den Demoskopen in die Schuhe geschoben wird. So, wie umgekehrt Ergebnisse, die einer Partei nicht gefallen, darauf geschoben werden, sie stammten von dem Institut X, von dem ja bekannt sei, daß es zu einer anderen Partei tendiere.
> Die Gewichtung ist freilich das Geheimnis jedes Instituts ... und damit ist natürlich Tür und Tor für jede Manipulation geöffnet.
Es macht ja schon mißtrauisch, wie ähnlich sich die Umfragezahlen der Institute (meist außer Allensbach) untereinander bzw. zu den Zahlen der letzten Umfrage sind. Alleine schon die normale Streuung bei den Rohdaten müßte für viel größere Abweichungen sorgen. Da wird also bei der "Gewichtung" auch künstlich geglättet. Und da man nun grundsätzlich nicht unterscheiden kann, ob ein Unterschied nun ein statistischer Ausrutscher ist oder eine echte Änderung im Wählerverhalten, kann es für diese Glättung auch kein wirklich seriöses Verfahren geben - da spielt das Bauchgefühl der Auswerter wohl eine entscheidende Rolle.
> Wenn sie in den Verdacht geraten, unseriös zu arbeiten, > sind sie ihre Aufträge los. Nun ja, bisher haben selbst krasse Fehlprognosen dem Ruf der Institute nicht geschadet. Das ist schon am Tag nach der Wahl vergessen und begierig bringen die Medien schon die nächsten Umfragewerte.
Das Hauptproblem ist m. E., daß Demoskopen und Journalisten im trauten Zusammenspiel den Umfragen eine Wertigkeit zusprechen, die diese überhaupt nicht haben können. Während Beliebtheitswerte oder die Frage nach wichtigen Themen etc. noch halbwegs vernünftig ausgewertet werden können (weil da Abweichungen bis 5% unproblematisch sind), ist die meist beachtete Form der Demoskopie, die sogenannte "Sonntagsfrage" für mich wenig mehr als Kaffeesatzleserei. Entweder sind die Ergebnisse trivial ("bayrische SPD bleibt in der Opposition") oder aber unbrauchbar.
Eigentlich dürften die Institute wenig mehr verkünden als Ungefährangaben à la "Union zwischen 38 und 45%, Grüne zwischen 6 und 10% usw. Das wäre die "Prognosequalität", die angesichts der objektiven Ermittlungsschwierigkeiten wirklich machbar ist.
Und solchen "Ergebnissen" würde man dann auch ehrlich ansehen, daß sie eigentlich überflüssig sind.
eigentlich bin ich mit den Demoskopen ganz zufrieden.
Aber ich weiß, daß ich damit in der Minderheit bin. Die meisten, mit denen ich in vielen anderen Fragen gleicher Meinung bin, sehen sie viel kritischer als ich. Aber ich versuche auch jetzt mal wieder das Verteidigen.
Zitat von R.A.> Die Gewichtung ist freilich das Geheimnis jedes Instituts ... und damit ist natürlich Tür und Tor für jede Manipulation geöffnet.
Das finde ich nicht. Die Institute sind ja kommerzielle Unternehmen. Sie wollen Kunden haben. Und kaum eine Gelegenheit ist besser, zu zeigen, wie gut sie arbeiten, als eine zutreffende Vorhersage eines Wahlergebenisses. Waum sollten sie manipulieren? Sie sind ja Geschäftsleute, keine Politiker.
Zitat von R.A.Es macht ja schon mißtrauisch, wie ähnlich sich die Umfragezahlen der Institute (meist außer Allensbach) untereinander bzw. zu den Zahlen der letzten Umfrage sind.
Wenn verschiedene denselben Wert zu messen versuchen, und es kommt ungefähr dasselbe heraus - ist das ein Grund für Mißtrauen?
Zitat von R.A.Alleine schon die normale Streuung bei den Rohdaten müßte für viel größere Abweichungen sorgen.
Deshalb gewichtet man ja, u.a. deshalb. Ähnliches macht man in jeder Wissenschaft. Daten müssen fast immer aufbereitet werden, bis sie die Information liefern, die man haben möchte.
Zitat von R.A.Da wird also bei der "Gewichtung" auch künstlich geglättet. Und da man nun grundsätzlich nicht unterscheiden kann, ob ein Unterschied nun ein statistischer Ausrutscher ist oder eine echte Änderung im Wählerverhalten, kann es für diese Glättung auch kein wirklich seriöses Verfahren geben - da spielt das Bauchgefühl der Auswerter wohl eine entscheidende Rolle.
Es ist wie bei, sagen wir, Wettermodellen. Man muß Daten im Licht von Erfahrungen bewerten. Als unseriös würde ich das nicht bezeichnen. Auch ein Arzt, der eine Diagnose stellt, auch ein Archäologe, der einen Fund einordnet, auch ein Neurophysiologe, der EEG-Daten mittels eines Dipol-Modells analysiert, machen so etwas.
Zitat von R.A.Das Hauptproblem ist m. E., daß Demoskopen und Journalisten im trauten Zusammenspiel den Umfragen eine Wertigkeit zusprechen, die diese überhaupt nicht haben können.
Die Journalisten haben, so scheint mir, in der Regel keine Ahnung von Demoskopie. Sonst würden sie nicht regelmäßig - das spieße ich halt immer mal wieder gern auf - einzelne Umfragen herauspicken und die Ergebnisse so darstellen, als seien sie beweiskräftig.
Die Institute sehen das natürlich nicht ungern, denn auf diese Weise werden sie genannt. Würde dagegen, wie es richtig wäre, nur der Poll of Polls ernst genommen, dann hätte das einzelne Institut nix davon.
Ich habe mir zur Präsidentschaftswahl vor vier Jahren den Poll of Polls täglich angesehen und zum Teil auch selbst a bisserl gerechnet. Das Ergebnis stimmte bis auf weniger als einen Prozentpunkt mit dem popular vote überein.
Herzlich, Zettel
PS: Eine andere Frage ist, warum eigentlich die Exit Polls so oft schlechte Daten liefern. Das war auch bei den Präsidentschaftswahlen vor vier Jahren so; und auch jetzt mehrfach bei Primaries. Haben Sie eine Idee, woran das liegen könnte?
In Antwort auf:eigentlich bin ich mit den Demoskopen ganz zufrieden.
In den meisten Bereichen bin ich es durchaus auch! Meine Skepsis bezieht sich ausschließlich auf die sogenannte "Sonntags-Frage", die ist m. E. unseriös.
In Antwort auf:Die Institute sind ja kommerzielle Unternehmen. Sie wollen Kunden haben. Und kaum eine Gelegenheit ist besser, zu zeigen, wie gut sie arbeiten, als eine zutreffende Vorhersage eines Wahlergebenisses. Waum sollten sie manipulieren? Sie sind ja Geschäftsleute, keine Politiker.
Erstens einmal: Wie schon oben gesagt gibt es keine Sanktion fürs schlechte Arbeiten - fehlgeschlagene Prognosen behindern die weitere Auftragslage für ein Institut nicht. Und dann gibt es sehr wohl Anreize für Manipulationen. Einerseits natürlich immer dann, wenn die Politik selber die Umfrage in Auftrag gibt. Da kommen schon immer wieder mal sehr verdächtige Ergebnisse raus. Und andererseits ist es natürlich interessant, "spannende" Zahlen zu liefern, die das Umfrageinstitut in die Schlagzeilen bringen.
Eine Prognose der Art "es hat sich nichts Wesentliches verändert" oder "wir können nichts außerhalb der Meßtoleranz feststellen" ist doch fast unverkäuflich.
Aber die Medien reißen sich um Umfragen mit Nachrichtenwert. FORSA ist doch fast berüchtigt dafür, daß es die SPD weitab von Wahlen in unglaubliche Popularitätstiefs fallen läßt. Um dann mit dem Näherkommen des Wahltermins eine tolle Aufholjagd zu inszenieren. Am Ende ist FORSA dann wieder bei den anderen Instituten - hat aber viel mehr Schlagzeilen geliefert als die Konkurrenz, die keine besonderen Vorkommnisse gemeldet hat.
Spannend ist auch immer, wenn ein Institut gleich nach einem politischen Ereignis die "Wählerwirkung" melden kann. Wenn zwei Tage nach einem Interview, einem Kurswechsel, einer Personalentscheidung schon gemeldet wird, wie stark die Partei gewonnen oder verloren hat, das ist schlagzeilenträchtig. Aber wohl meist gelogen.
In Antwort auf:Wenn verschiedene denselben Wert zu messen versuchen, und es kommt ungefähr dasselbe heraus - ist das ein Grund für Mißtrauen?
Aber ja - nämlich dann, wenn die Genauigkeit der Meßgeräte so eine Übereinstimmung gar nicht hergibt.
Kleiner Exkurs: Im physikalischen Grundpraktikum mußten wir lange Meßreihen zu bekannten Phänomenen wie Fallbeschleunigung etc. abliefern, um daraus dann nach statistischer Mittelung die entsprechenden Gesetzmäßigkeiten abzuleiten (die wir natürlich schon aus der Schule kannten, aber eben nicht experimentell hergeleitet).
Der fleißige Student führt einige Nachmittage lang alle Messungen durch.
Der faule dumme Student rechnet mit der Schulformel das zu erwartende Ergebnis und schreibt dann mit etwas Abweichung z. B. 50 geratene Meßwerte auf. Und fliegt sofort auf, weil die Assistenten genau wissen, daß so eine gute Meßreihe mit den eher mäßigen Geräten des Instituts überhaupt nicht möglich ist. Genau so ist das mit den Umfrage-Instituten: Die unvermeidlichen Fehler einer Sonntags-Umfrage lassen so "saubere" Ergebnisse wie üblicherweise gemeldet überhaupt nicht zu. Jedes einzelne Umfrageergebnis wäre noch möglich, aber in der Masse sind sie völlig unplausibel.
Um die Geschichte abzuschließen: Der faule intelligente Student macht wenigstens ein halbes Dutzend Experimente, um zu sehen, ob das überhaupt wie gedacht funktioniert und um ein Gefühl für die erreichbare Genauigkeit zu bekommen. Und DANN fälscht er die restlichen Experimente, läßt sich aber die Ergebnisse vom Zufallsgenerator so berechnen, daß sie statistisch plausibel sind. Anschließend darf er die gesparten Nachmittage im Schwimmbad genießen, weil er mindestens so viel von Physik gelernt hat wie der fleißige Student, plus Statistikkenntnisse ;-)
In Antwort auf:Das Ergebnis stimmte bis auf weniger als einen Prozentpunkt mit dem popular vote überein.
Ich will ja nicht mehr als nötig angeben - aber mit etwas politischem Gefühl kann man das bei den meisten Wahlen auch ohne Umfrage halbwegs richtig raten. Eine "normale" Wahl wie z. B. die letztens in Niedersachsen ist eigentlich leicht prognostizierbar: Der populäre MP bleibt im Amt, kann das Ausnahmeergebnis vom letzten Mal aber nicht halten, usw.
Und wo es überraschende Effekte gibt (wie in Hessen) oder es knapp zugeht (kommt Partei X über 5%) - da sind auch die Institute hilflos.
In Antwort auf:Eine andere Frage ist, warum eigentlich die Exit Polls so oft schlechte Daten liefern.
Dazu habe ich leider überhaupt keine Idee. Da die meisten Probleme der normalen Sonntagsfrage bei Exit Polls wegfallen, sollten die deutlich zuverlässiger sein.
Zitat von ZettelDaraus irgend etwas über die Wahlaussichten abzuleiten wäre so, als würde man aus dem schönen Wetter am heutigen 12. Mai schließen, daß auch am 4. November die Sonne scheinen wird.
Das sieht mir schwer nach einer nach dem ersten Term abgebrochenen Taylorreihenentwicklung aus. Interessanter wäre aber, die Reihe erst nach dem dritten Term abzubrechen, also auch noch erste und zweite Ableitung mit einzubeziehen. Was in der Physik tattäglich funktioniert, kann ja bei Demoskopie nicht verkehrt sein, oder? Könnte aber sein, daß dann unsere Prognose noch mehr zugunsten von Obama ausfällt.
Zitat von ZettelDaraus irgend etwas über die Wahlaussichten abzuleiten wäre so, als würde man aus dem schönen Wetter am heutigen 12. Mai schließen, daß auch am 4. November die Sonne scheinen wird.
Das sieht mir schwer nach einer nach dem ersten Term abgebrochenen Taylorreihenentwicklung aus. Interessanter wäre aber, die Reihe erst nach dem dritten Term abzubrechen, also auch noch erste und zweite Ableitung mit einzubeziehen. Was in der Physik tattäglich funktioniert, kann ja bei Demoskopie nicht verkehrt sein, oder? Könnte aber sein, daß dann unsere Prognose noch mehr zugunsten von Obama ausfällt.
Klingt interessant, lieber Diskus - nur habe ich es nicht verstanden. Welche Funktion ist es denn, die Sie als Taylorreihe ausdrücken wollen?
Oh, ich habe mich tatsächlich etwas ungenau ausgedrückt. Ich meine damit eine unbekannte Funktion, die mir sagen kann, wie das Wahlergebnis der US-Präsidentschaftswahlen sein werden oder eine andere, die mir sagt, wie das Wetter im Herbst wird. Ich sage nicht, daß ich sie kenne. Aber ich kann probieren, sie über eine Taylorreihe zu nähern. Das Prinzip ist ja ganz einfach.
1. Nehmen wir an, wir haben exakt einen Punkt zur Verfügung, z.B. das Wetter von heute oder ein Umfrageergebnis für den Politiker Obama. Nehmen wir weiter an, jemand fragt Sie, wie die weitere Entwicklung (des Wetters, der Wahlzustimmung) wohl sein wird. Ohne weitere Informationen werden Sie schlauerweise sagen: Das wird sich gar nicht ändern. In mehreren Monaten wird es noch genauso sein wie heute. Das ist der erste Term der Taylorreihe.
2. Das stimmt natürlich nicht. Nehmen wir nun an, jemand sagt Ihnen, wie das Wetter (die Wahlzustimmung eines Kandidaten) gestern war. Was tun Sie nun mit Ihrer Vorhersage? Sie behaupten nun, der Trend setze sich linear fort. Das ist der zweite Term der Taylorreihe.
3. Auch ein linearer Trend ist vermutlich ungeeignet, um unsere vermutlich äußerst kompliziert aussehende Funktion anzunähern. Daher nehmen wir noch an, jemand sagt Ihnen, wie sich der Trend ändert (also die zweite Ableitung der Funktion). Das ist der dritte Term der Taylorreihe.
So geht das immer lustig weiter. Einfache Funktionen kann man schon durch wenige Terme gut nähern. Ein alltägliches Handwerksstück der Physik. Wäre doch schön, wenn Wetter und Politik genauso handzuhaben wären, oder nicht? :-)
Dem möchte ich beipflichten, eine so schöne Erklärung hätte ich in meinem Grundstudium wohl gebrauchen können, dann hätte ich weit weniger Panik gehabt, dass in der Prüfung Taylorentwicklung drankommen könnte.
Zitat von ZettelFast möchte ich sagen: Schade, daß jemand mit einem solchen Talent als Hochschullehrer nur an einem MPI ist, ohne Lehrverpflichtung. Sehr herzlich, Zettel
Danke für die Blumen. Die Erklärung war aber nicht von mir selbst erdacht, sondern ein Standardweg, diese Reihe zu erklären. Und nebenbei: Wir müssen seit neuestem im Rahmen integrierter Doktorandenprogramme auch Lehrveranstaltungen an der Uni anbieten. Die Weigerung der MPG, Personal für solcherlei Aktivitäten zu binden, ist also zumindest hier dahin. Keine Ahnung, wie das in anderen Städten aussieht.
Zitat von DiskusWir müssen seit neuestem im Rahmen integrierter Doktorandenprogramme auch Lehrveranstaltungen an der Uni anbieten. Die Weigerung der MPG, Personal für solcherlei Aktivitäten zu binden, ist also zumindest hier dahin.
Vielleicht erzählen Sie dann mal über Ihre Erfahrungen?
Ich kann mich noch gut an meine erste Lehrveranstaltung erinnern. Das war im WS 1965/66. Ich war, nach gerade bestandenem Examen, nur Wissenschaftliche Hilfskraft und hätte gar nicht unterrichten dürfen. Aber mein Chef mußte zu einem Kongreß und sagte: Zettel, dann halten eben Sie das Seminar.
Das habe ich herzklopfend gemacht, und später sagten mir Studenten: Das war ja besser als beim Professor! Das war ein sehr schöner Tag für mich, denn so ein Erstling kommt ja nicht wieder.
Und wie schon geschrieben, lieber Diskus: Nach meiner Erfahrung, von der Sie sehen, daß sie a bisserl länglich ist, schadet es keinem Forscher, wenn er auch lehrt. Vieles wird einem erst wirklich klar, wenn man es lehren muß.
Auf dem Gymnasium hatte ich mal einen Lehrer, der ein wirkliches Sprachgenie war. Immer, wenn er eine neue Sprache lernen wollte, bot er dazu eine AG an.
Zitat von Zettels RaumWahrscheinlicher ist es aber, daß gegenwärtig Obama einen kleinen Vorsprung hat. Vor zwei Wochen war es noch anders. In zwei Wochen kann es wieder anders sein. Daraus irgend etwas über die Wahlaussichten abzuleiten wäre so, als würde man aus dem schönen Wetter am heutigen 12. Mai schließen, daß auch am 4. November die Sonne scheinen wird.
Es ist so gekommen, wie ich es erwartet hatte; sogar noch schneller. Hier kann man die Daten des Gallup Daily Tracking sehen, inzwischen fortgeführt bis zum 15. Mai.
Wie man sieht (zur zweiten Graphik scrollen), war der Vorsprung von Obama vor McCain am 11. Mai am größten gewesen (47 zu 43). Das war die Momentaufnahme gewesen, die von "Welt Online", "Spiegel Online" und anderen groß gemeldet wurde.
Seither hat dieser Vorsprung Tag für Tag abgenommen, und am 15. Mai hatte McCain wieder einen Vorsprung vor Obama von 47 zu 45.
Clinton dagegen liegt immer noch einige Prozentpunkte vor McCain. Aber auch das ist halt eine Momentaufnahme.
Nur neigen unsere Medien eben in ihrer Mehrheit eben dazu, diejenigen Momentaufnahmen zu Berichten zu verarbeiten, in denen ein linker Kandidat vorn liegt. Ich möchte wetten, daß der jetzige Vorsprung von McCain vor Obama in keiner deutschen Zeitung gemeldet wird.
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