Diese Meckerecke ist die Reaktion auf eine Sendung der ARD.
Ich hatte mich auf sie gefreut. Und wie erbärmlich war das!
Ein Promi nach dem anderen durfte auftreten. Die meisten brechteten so, wie man seit einem halben Jahrhundert brechtet. Trugen dem Publikum das, was dieses xfach gehört hatte und vermutlich auswendig konnte, so vor, als handle es sich bei diesem mit Vorzugskarten versorgten Publikum um ein naives Proletariat, das es zu agitieren gälte.
Zitat von TurbofeeSie sang in einem Saal vor Publikum, hatte rote Haare, könnte nach meiner Schätzung zwischen 60 und 70 Jahre alt sein, vielleicht sogar älter, und sang ein Lied. War das Milva?
Könnte sie gut gewesen sein, liebe Turbofee. Hier ist sie:
Und hier ist ihre offizielle WebSite. Und hier ist mein Lieblingslied von ihr. Zwar ein bescheuerter Text - aber wie sie das singt, das hat schon was.
Und Brecht singt sie auch schon seit Jahrzehnten. Aber nicht in diesem offiziellen Stil à la Lotte Lenya, Gisela May usw. Sondern eben à la Milva.
Und wenn's auch noch auf italienisch ist, dann ist es richtig schön.
In der FAZ antwortet Marcel Reich-Ranicki jetzt auf die Frage, ob Brecht ein politischer Dichter gewesen sei. Daraus diese hübsche Kennzeichnung Brechts:
Er glaubte, daß seine Stücke um ihrer künstlerischen Wirkung willen auf pädagogische Ingredienzen angewiesen seien und ohne politische Intentionen nicht auskommen könnten. Nicht der Kampf war seine Sache, sondern das Spiel. Als Lehrer wollte er unbedingt gelten. Aber letztlich war er doch kein Lehrer und kein Volkserzieher. Er war ein leidenschaftlicher Verführer.
Genauso sehe ich Brecht auch. Die Art, wie er mit seinen Mitarbeitern umging, wie er mit seinen vielen Frauen umging, wie er sein Publikum sah - es lief alles darauf hinaus: Schaut, was ich kann, der Brecht! Lernt von mir! Und es möge euch Freude machen, mich zu haben, den Großen Brecht - als euren Meister, Liebhaber, euren Autoren, euren Lehrer!
Es gibt unter den Schriftstellern die Stillen, die das Publikum scheuen, es nur sozusagen virtuell ansprechen - Keller, Flaubert, Nietzsche, Fontane, Kafka, Musil, Benn, Wolfgang Koeppen, Arno Schmidt, W.G. Sebald sind Beispiele.
Und es gibt diejenigen, die den großen Auftritt lieben - Goethe, Schiller, Gerhart Hauptmann, Günter Grass und eben Brecht sind Beispiele.
Und ich denke, es ist kein Zufall, daß sich die in ihrem Wesen Theatralischen eben auch zum Theater hingezogen fühlen. Der still-zurückgezogene Theaterautor ist ebenso eine Seltenheit wie der Lyriker, den es in die Öffentlichkeit drängt.
Wie immer bei solchen Einteilungen gibt es natürlich Ausnahmen. Thomas Mann beispielsweise, der den Großen Auftritt über alles liebte, hat meines Wissens keine Theaterstücke geschrieben. Kleist war ein Stiller und doch Dramatiker. Und Grass hat zwar einige Theaterstücke geschrieben, aber damit nicht sehr viel Erfolg gehabt.
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