Was bisher in ZR über den Wahlkampf in den USA zu lesen war, erschien ziemlich verstreut, wie es sich gerade ergab. (Mal sehen, wenn ich Zeit habe, stelle ich die Beiträge vielleicht einmal thematisch im Überblick zusammen).
Ich hatte mir seit längerem vorgenommen, daß das anders wird, sobald die beiden Kandidaten feststehen. Ab heute also gibt es diese neue Serie "Der 44. Präsident der USA".
Und wie es so geht - Hillary bekommt nur noch einen kleinen Abschnitt in dem Artikel.
Erschreckend, wenn ich mir ueberlege wie die deutsche bloggende Intelligentsia dem Heilsbringer Obama folgt. Wo ist denn da bitte das Hinterfragen, das Kritische, die Dialektik und all der ganze wortreiche, soziologische kram, der sonst ueber einen ausgeschuettet wird?
Obama wird hoffentlich nicht gewinnen. Wenn doch, ist eigentlich nur die Frage, ob er bis zum Erkennen der Realitaet viel Schaden im Porzelanladen anrichtet (Russland, Iran, Cuba, Chavez, China, Mordkorea). Dagny bleibt erstmal bei der Fussballprognose ehe sie sich an eine Praesidentenprognose macht.
Lieber Zettel, ist ja interessant, dass Obama nun einen weiteren Imagewechsel vollziehen will. Fragt sich nur, ob das funktioniert. Die Kampagne von Kerry ist 2004 vor allem daran gescheitert, dass die Wähler ihn als nicht verlässlich genug angesehen haben. Im Moment versuchen die Republikaner eher, Obama als Linksaußen darzustellen. Sie selber haben ja schonmal Baracks "voting-record" im Senat angesprochen und es ist wirklich erstaunlich, was für Fanatiker er seine Freunde nennt. Haben Sie schon von dem neuen Skandalpriester gehört, Pater Pfleger? Das soll früher auch ein enger Freund von ihm gewesen sein, jetzt hat er sich von ihm distanziert. Dieser Pater Pfleger hat eine "Predigt" in der Trinity-Church gehalten, in der er ua sinngemäß formuliert hat, dass Weiße solange für die Sklaverei schuldig sein werden, wie sie die Vorteile daraus nicht aufgeben. Solange sie ihre Aktienpakete etc. behielten, seien sie verantwortlich zu machen. Nach meiner zugegebenermaßen sehr kritischen Interpretation ist das fast ein Aufruf zur Zerstörung der westlichen Zivilisation. Denn er behauptet implizit, dass die Errungenschaften Amerikas und des Westens wesentlich auf Verbrechen gegründet sind. Schon irgendwie beängstigend, zumal Henry Kissinger mal gesagt hat, dass amerikanische Präsidenten kaum Chancen haben,im Amt zu wachsen. Es bleibe aufgrund des wahnsinnigen Drucks keine Zeit für Reflexion. Herzlich, Chripa
Wow, ich hab gerade bei littlegreenfootballs.com ein aktuelles Zitat von ihm gefunden, dass von ausgewachsenem Größenwahn zeugt: "I am absolutely certain that generations from now, we will be able to look back and tell our children that this was the moment when we began to provide care for the sick and good jobs to the jobless; this was the moment when the rise of the oceans began to slow and our planet began to heal."
Das ist nur klassische Rhetorik, die in Deutschland nach '45 abgestorben ist. Bei solchen Sprüchen geht es nicht um Fakten sondern das ganz große Pathos und die Überhöhung einer Mission. Das soll nur Emotionen wecken und die Anhänger mit einem netten Gefühl versorgen. Ich bezweifle, daß er selbst an diese Worte glaubt. Ebenso wenig wie andere Redner glauben dürften, Amerika wäre wirklich "Gods own choosen country" und "the new city on the hill".
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Das Transkript der Rede von Obama ist jetzt in der New York Times zu lesen. Ich habe den Text noch einmal nachgelesen, um zu überprüfen, daß der Eindruck, den ich beim Hören hatte, zutreffend gewesen war.
Er war es. Es ist wirklich ein neuer Obama, der da auftritt. Nicht nur lobt er Clinton überschwenglich, nicht nur fehlt das Anheizen des Publikums, sondern auch zu den Themen klingt er auf einmal ganz anders.
So hatte er bekanntlich immer wieder versprochen, sofort nach seinem Amtsantritt würden er mit dem Truppenabzug aus dem Irak beginnen, und dieser werde innerhalb von 16 Monaten beendet sein. Obama jetzt zum Irak:
Zitat von Barack ObamaWe must be as careful getting out of Iraq as we were careless getting in, but we -- but start leaving we must.
It's time for Iraqis to take responsibility for their future. It's time to rebuild our military and give our veterans the care and the benefits they deserve when they come home.
Kein Wort mehr von einem Zeitplan, stattdessen ein "be careful".
Und statt der Ankündigung, binnen eines Jahres Ahmadinedschad, Castro, Kim und Chávez persönlich zu einem je einzelnen Gespräch zu treffen, heißt es jetzt auf einmal:
Zitat von Barack ObamaChange, Minnesota, is realizing that meeting today's threats requires not just our firepower, but the power of our diplomacy: tough, direct diplomacy, where the president of the United States isn't afraid to let any petty dictator know where America stands and what we stand for.
Kein "Yes, we can" mehr; erst recht nicht in dieser das Publikum anstachelnden, sich wiederholenden Form. Nichts mehr davon, daß es keine roten und blauen Staaten gebe, sondern nur Vereinigte Staaten, daß es keine Schwarzen und Weißen gebe, sondern nur Amerikaner. Alles weg, alles hinter dem frischgebackenen Staatsmann Obama liegend.
Das einzige, was noch von seiner Erlöser-Attitüde blieb, war diese Passage ganz am Schluß der Rede:
Zitat von Barack ObamaBecause if we are willing to work for it, and fight for it, and believe in it, then I am absolutely certain that, generations from now, we will be able to look back and tell our children that this was the moment when we began to provide care for the sick and good jobs to the jobless...
(APPLAUSE)
... this was the moment when the rise of the oceans began to slow and our planet began to heal...
(APPLAUSE)
... this was the moment when we ended a war, and secured our nation, and restored our image as the last, best hope on Earth.
(APPLAUSE)
This was the moment, this was the time when we came together to remake this great nation so that it may always reflect our very best selves and our highest ideals.
Da allerdings blitze noch der alte Heilsbringer auf.
Zitat von califaxDas ist nur klassische Rhetorik, die in Deutschland nach '45 abgestorben ist.
Das stimmt zwar, lieber Califax. Aber von Clinton oder gar McCain hat man eben so etwas nie gehört.
Wenn ich die Kandidaten im Geist Revue passieren lasse, was ihre Neigung zu, sagen wir, rhetorischem Schmus angeht, dann sieht die Rangreihe ungefähr so aus: Obama - Edwards - Romney - Clinton - Huckabee - McCain. Die anderen habe ich zu selten gehört, um sie in dieser Hinsicht beurteilen zu können.
Am meisten hat mich gewundert, wie wenig Schmus von Huckabee zu hören war, immerhin einem Geistlichen.
Aber Obama, das ist auch für amerikanische Verhältnisse - soweit ich sie beurteilen kann - eine Marke für sich. Jemand hat mal in der deutschen Presse geschrieben, das seien mehr Predigten als Wahlreden.
Damit ist es offenbar jetzt vorbei. Die er damit fangen wollte, hat er gefangen. Jetzt geht es im um die, die diese Masche nicht erreicht.
Ich bin ja gespannt, ob diese klassische Überhöhungsrhetorik bald auch in den USA abstirbt oder zumindest geschwächt wird. Die Zeiten, in denen Reden gehalten und vergessen worden, sind ja weitestgehend vorbei. Heute gibt es das Internet, die Blogger, digitale Videoarchive. Und es gibt den (leicht idiotischen) Drang in der amerikanischen Politik, "Flip-Flopper" zu attackieren. Da wird dem einen oder anderen die Rhetorik noch auf die Füße fallen. Möglicherweise kommt daher schon die Zurückhaltung der anderen Bewerber. Ich bin da wirklich gespannt, wie es sich entwickeln wird.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Zitat von Chripaist ja interessant, dass Obama nun einen weiteren Imagewechsel vollziehen will.
Ja, danach sieht es wirklich aus. Ich habe inzwischen das Transkript gefunden und einige Passagen daraus gepostet. Darunter auch die, die Sie schon gebracht hatten; bitte entschuldigen Sie die Redundanz.
Zitat von ChripaFragt sich nur, ob das funktioniert. Die Kampagne von Kerry ist 2004 vor allem daran gescheitert, dass die Wähler ihn als nicht verlässlich genug angesehen haben.
Würde mich nicht wundern, wenn die McCain-Leute schon an etwas Ähnlichem arbeiten würden wie damals dieser "Flip-Flop"-Kampagne gegen Kerry.
Zitat von ChripaIm Moment versuchen die Republikaner eher, Obama als Linksaußen darzustellen. Sie selber haben ja schonmal Baracks "voting-record" im Senat angesprochen und es ist wirklich erstaunlich, was für Fanatiker er seine Freunde nennt. Haben Sie schon von dem neuen Skandalpriester gehört, Pater Pfleger? Das soll früher auch ein enger Freund von ihm gewesen sein, jetzt hat er sich von ihm distanziert.
Ich habe Videos in CNN gesehen. Ein katholischer Priester, der die Baptisten offenbar an Pathos übertreffen möchte. Ein Weißer, der eine schwarze Gemeinde hat und so "schwarz" redet wie der Reverend Jeremiah Wright. Schon sehr eigenartig.
Zitat von ChripaDieser Pater Pfleger hat eine "Predigt" in der Trinity-Church gehalten, in der er ua sinngemäß formuliert hat, dass Weiße solange für die Sklaverei schuldig sein werden, wie sie die Vorteile daraus nicht aufgeben. Solange sie ihre Aktienpakete etc. behielten, seien sie verantwortlich zu machen. Nach meiner zugegebenermaßen sehr kritischen Interpretation ist das fast ein Aufruf zur Zerstörung der westlichen Zivilisation. Denn er behauptet implizit, dass die Errungenschaften Amerikas und des Westens wesentlich auf Verbrechen gegründet sind.
Daß Obama diesem Milieu entstammt, ist ja gar nicht zu betreiten. Unklar ist aber offensichtlich, ob er sich eigentlich daraus gelöst hat.
Er hat Wright mit dickem Lob überzogen, ja auch mit seinem Buch. Er hat ihn auch noch mit dieser Rede verteidigt, von der einige Kommentatoren fanden, sie gehöre in die Schulbücher. Und als Wright dann nichts anderes getan hat, als seine Behauptungen öffentlich zu wiederholen, fand Obama das auf einmal inakzeptabel. Das erscheint mir alles nicht sehr glaubwürdig. Es riecht nach Opportunismus.
Zitat von ChripaSchon irgendwie beängstigend, zumal Henry Kissinger mal gesagt hat, dass amerikanische Präsidenten kaum Chancen haben,im Amt zu wachsen. Es bleibe aufgrund des wahnsinnigen Drucks keine Zeit für Reflexion.
Dieses Zitat kannte ich nicht; es ist sehr interessant.
Könnte allerdings sein, daß er dabei Richard Nixon vor Augen hatte, dem er loyal diente, den er aber wohl nicht beeinflussen konnte.
Ich vermute, daß George W. Bush zu den Ausnahmen gehört. Er begann seine erste Amtszeit als ein konservativer Innenpolitiker, und dann zwang ihn 9/11 zu einem gründlichen Überdenken der US-Außenpolitik.
Ich weiß, lieber Chripa, daß ich mit meiner positiven Beurteilung der Außenpolitik von Bush ziemlich allein stehe, auch unter Liberalen. Vielleicht irre ich mich ja auch. Ich denke, es wird sich erst in etlichen Jahren zeigen, ob er ein Hasardeur war oder einer, der erkannte, daß die USA sich auf Dauer nur durch eine Ausbreitung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vor dem Terrorismus schützen können.
In Pennsylvania Ave steht ein interessanter Beitrag über angebliche weißenfeindliche Äußerungen von Michelle Obama.
Dieser Blog ist ausgesprochen zuverlässig und gründlich redigiert, und es wird auch in diesem Fall darauf verwiesen, daß es sich nur um Gerüchte handelt. Immerhin gehört zu den Gerüchten, daß ein Mitschnitt dieser Äußerungen existieren soll.
Wenn das so ist, wird er wahrscheinlich früher oder später gesendet werden. Ich sehe das so, wie in der Antwort an Chripa geschrieben: Daß Schwarze solche Ressentiments haben, ist ja verständlich. Aber jemand mit solchen Ressentiments ist nicht zum Präsidenten geeignet; auch nicht zur First Lady.
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