Interessanter Bericht, dear Reader. Ich hatte von diesen Minutemen schon gelesen, wußte aber nichts Näheres. Also habe ich mich erst mal in der Wikipedia kundig gemacht über die ursprünglichen Minutemen, die Miliz, die im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg kämpfte. Und dann dieses Minutemen-Projekt an der mexikanischen Grenze. Rentner, Veteranen usw., die sich als Freiwillige für die Überwachung der Grenze zur Verfügung stellen.
Was mir an dem Bericht der NYT am meisten aufgefallen ist, das ist seine Sachlichkeit und Objektivität. In einer deutschen Zeitung würde, wenn überhaupt über so etwas berichtet werden würde, sozusagen durch jede Zeile hindurchschimmern, wie schlecht oder böse man das zu finden hat. Nichts davon in der Reportage der NYT.
Ich habe noch ein paar Zitate daraus zusammengestellt und nicht wörtlich übersetzt, aber sinngemäß zusammengefaßt:
Craig describes himself as a 57-year-old Spartan, a decorated war veteran, a Buddhist, a damaged and lonesome man, a lover of books who can pull bits of philosophy from the corners of his confinement.
sieht sich als Spartaner, ein hochdekorierter Kriegsteilnehmer, Buddhist, ein beschädigter und einsamer Mensch, ein Buchliebhaber, an Philosophie interessiert
He did poorly in school and thought he would prove himself as a warrior. He enlisted as a paratrooper and lost his left eye in Vietnam. By his account, he came home to mockery and derision and this knocked him sideways.
Fallschirmjäger in Vietnam, dort ein Auge eingebüßt, bei der Heimkehr mit Hohn empfangen
So he drifted. Sailed. Fished. Pounded nails. Made music in Puerto Rico. Knew a few women and forgot a few women. Finally, in his later years, he grew roots on this hill. He makes his morning toilet with a bucket and a shovel.
Aus der Bahn geworfen, alle möglichen Jobs
“I never got that 1945 reception,” he says from beneath the shadow of his canvas brim. “Maybe now I’m doing something the American people appreciate.”
Er wurde nicht begrüßt wie die Heimkehrer 1945. Jetzt versucht er etwas zu tun, womit er die Wertschätzung des amerikanischen Volks gewinnen kann
(...)
And while the Minutemen do carry guns, the Border Patrol says there have been no reports of immigrants being shot or abused by them since they began their campaign more than a year ago.
Mr. Craig, in turn, says he has been robbed, sniped at and pelted with stones by smugglers coming across the border. There are chips in his windshield.
“A society that cannot enforce its most basic rules is not a society at all,” he says.
Die Minutemen tragen zwar Waffen, aber laut Grenzpolizei hat noch nie jemand von ihnen auf einen Einwanderer geschossen oder ihn mißhandelt. Craig berichtet aber, daß er umgekehrt von Schmugglern ausgeraubt und mit Steinen beworfen wurde.
Eine Gesellschaft, die ihre Grundregeln nicht durchsetzen kann, ist keine Gesellschaft, sagt er.
(...)
“But what I really found out was how messed up the border situation really is,” he says. “I’m not saying we are at war. But in the course of human history, wars have always started because of one tribe pushing into the traditional boundaries of another.”
Er hat erst vor Ort erfahren, wie verfahren die Situation an der Grenze ist. Wir leben nicht im Kriegszustand, sagt er, aber Kriege haben in der ganzen Geschichte immer damit angefangen, daß ein Stamm das Land eines anderen wollte
(...)
Wie ist so etwas zu bewerten, dear Reader?
Jedenfalls offenbar ein Schicksal, wie es der Rambo-Film schildert. Ein Mann, der in Vietnam für sein Vaterland gekämpft und ein Auge verloren hat, und dem dieses Vaterland (außer einer Kriegsversehrtenrente) keinen Dank wußte.
Aus europäischer Sicht mag dieses Minutemen-Projekt wie die Selbstjustiz durchgeknallter Rechtsextremisten aussehen (und so wurden sie in den Medien, aus deren Berichten ich meine bisherigen Kenntnisse hatte, auch durchweg dargestellt).
Aber man kann das ja auch als einen Teil der amerikanischen Tradition sehen, daß die Bürger sich für ihre eigenen Angelegenheiten verantwortlich fühlen. Die Minutemen tun nichts Gesetzloses. Im Gegenteil, sie tragen - jedenfalls nach ihrem Selbstverständnis - dazu bei, dem Gesetz Geltung zu verschaffen.
Ich würde gern mal so jemanden kennenlernen; zu verstehen versuchen, what makes him tick.
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