Nichts gegen Sozialwissenschaftler und Kriminologen, die den Ursachen von Verbrechen nachspüren. Aber oft übersehen sie und ihre Nachbeter die offensichtlichste Ursache für ein Verbrechen: Ein Mensch entscheidet sich aus freiem Willen für das Böse.
Dafür hat er, so argumentiere ich, nicht Verständnis verdient, sondern eine Strafe; eine Strafe, die ihn und andere (vielleicht) davon überzeugt, daß das Verbrechen nicht eine Frage der Ehre ist.
Ich dachte, es gibt keinen freien Willen?!? Der gleiche Determinismus, der bestimmt, daß Deutschland Europameister wird, bestimmt auch, daß die Gesellschaft mich nicht respektiert und ich daher gleich ein Bier trinke. Oder habe ich da jetzt was falsch verstanden?
Sie haben natürlich Recht, lieber Zettel. Das Determinismusargument zieht überhaupt nicht. Weg in den Bau mit solchen Kerlen. Und lange genug drin lassen. In unserer Familie hätte es fast einen Todesfall wegen in ihrer Ehre verletzter Kurden gegeben. Es war reiner Zufall, daß die Messerstiche wichtige Organe meiner Schwester intakt gelassen haben. Das Urteil war vier Jahre auf Bewährung, weil der Richter überzeugt war, der arme Täter sei in seiner Jugend verkehrt geprägt worden und zudem vom Pflaumenbaum gefallen. Das ist kein Witz, sondern die bittere Wahrheit. Eigentlich unfaßbar. Abgeschoben wurde der Herr auch nicht, sondern betreibt jetzt einen äußerst gutgehenden Dönerimbiß.
„Das Böse“ ist aber ein Begriff, der bei uns nur Unverständnis, ja Empörung hervorruft. Das Ungreifbare, das Dunkle, der letzte Grund, der mit diesem Begriff gerade nicht erklärt wird (weil er nicht erklärt werden kann, denn er gründet in der freien Entscheidung und hat keine letzte Ursache) und der damit auch das Ursache-Wirkungsprinzip transzendiert, ist in unserer säkularen Welt einerseits rational nicht akzeptabel. Andererseits rührt er doch an ruhende religiöse Gefühle und macht Angst. Angst vor dem Numinosen sozusagen.
Außerdem muss man ja immer alles höchst differenziert sehen und über jemanden zu urteilen – noch dazu aus der Ferne – ist äußerst verrufen. Man wird damit sofort als intolerant und überheblich eingeschätzt. Eine (linke) Freundin wollte mir letztens noch nicht einmal die Frage „War Hitler böse?“ mit „ja“ beantworten. Das sei zu undifferenziert und sie könne sich prinzipiell nicht anmaßen derart pauschal über andere Menschen zu urteilen.
Eine Gesellschaft, die nicht einmal einen Ehrenmord als „böse“ bezeichnen kann, hat natürlich allerhöchste Schwierigkeiten z.B. die Vernichtungsphantasien eines Ahmadinejad als echt und böse zu erkennen: Ahmadinejad hat einfach keine rationalen Grund, Israel vernichten zu wollen (schließlich haben die ihm nichts getan) – also können seine Drohungen nicht ernst genommen werden, sie sind irgendwie nicht real.
Tatsächlich könnte man daraus folgern, dass der Verlust der ernsten Religiosität (freier Wille, Gewissen, das sich auf eine Moral beruft, die letztendlich im Transzendenten gründet) einer breiten Bevölkerung langfristig zu einer Art moralischen Urteilsunfähigkeit führt.
Hallo Diskus, die Quintessenz steht eigentlich im 4. Absatz. Zu Ihrer Nachfrage: Ich denke, man kann keine innerweltliche Definition vom "Bösen" abgeben, d.h. keine Definition, die nicht über unser Ursache-Wirkungs-Denken (Ursache: Stoß, Wirkung: Flasche kippt um; Ursache: psychische Probleme, Hänseleien, Wirkung: Amoklauf) hinaus gehen, ohne das nicht in irgendeiner Weise mindestens entfernt religiös zu begründen. Und das zählt bei uns nicht mehr als seriös. Alles muss wissenschaftlich erklärbar sein, aber das 'Böse' deutet auf etwas, was sich der Erklärbarkeit entzieht. Deshalb ja auch die Empörung über Bushs berühmten Ausdruck "Achse des Bösen". Das wird v.a. bei uns einfach nicht verstanden. Die Assoziation ist: tiefstes Mittelalter, Kreuzzüge, Fanatismus! Dabei trifft es den Sachverhalt eigentlich ganz gut.
Denken Sie, man sollte den Straftatbestand des Bösen einführen? Wir sind uns, denke ich, einig, daß es ein sehr schwammiger Begriff ist. Man kann ihn über Assoziationen erfassen, aber schwer präzise begreifen. Böse ist, was schlecht ist. Das stimmt sogar ethymologisch. Sie plädieren also, wenn ich Sie richtig verstanden habe, gegen allzu wissenschaftliche Herangehensweise beim Beurteilen von Schuld und für mehr Diffusivität? Das könnte riskant sein. Auch die Ansicht, Moral beruhe im wesentlichen auf Religion und könne ohne sie nicht existieren, halte ich für falsch und schlecht (aber nicht böse ;-) ). Ich kann durchaus ohne die Annahme irgendeines Gottes darauf verzichten, Ihnen den Rückspiegel abzubrechen oder eine Oma vor den Zug zu schieben.
Zitat von DiskusIch kann durchaus ohne die Annahme irgendeines Gottes darauf verzichten, Ihnen den Rückspiegel abzubrechen oder eine Oma vor den Zug zu schieben.
Können Sie, aber Sie können Moral an sich dann nicht begründen, weil sie dann relativ ist. Warum wird ist sie dann relativ? Weil sie bedingt ist durch Kultur, Erziehung usw ... so hat jede Moral ihre Berechtigung, auch die der Nazis. Warum sollte die eine Moral 'berechtigter' sein als die andere? Das zu besprechen würde jetzt eine sehr lange Diskussion geben, die ich im Moment rein aus Zeitgründen nicht führen möchte...
Zitat von DiskusDenken Sie, man sollte den Straftatbestand des Bösen einführen?
Nein, nein, da haben Sie mich falsch verstanden. Ich habe nicht von Recht und Gesetz gesprochen. Sondern von der Frage, ob es das Böse gibt und wenn ja: was es ist, wenn es etwas anderes sein soll als eine unausweichliche Folge von schwieriger Kindheit etc (in letzterem Fall wäre das Böse nämlich komplett wegerklärbar und Hr. Ciftlik hätte mit seinen Aussagen zum Ehrenmörder das Böse komplett wegerklärt (entschuldigt).
Zitat von DiskusIch dachte, es gibt keinen freien Willen?!? Der gleiche Determinismus, der bestimmt, daß Deutschland Europameister wird, bestimmt auch, daß die Gesellschaft mich nicht respektiert und ich daher gleich ein Bier trinke. Oder habe ich da jetzt was falsch verstanden?
Na gut, weil Spanien und Rußland heute ein wirklich schönes Spiel gezeigt haben, gibt's Strafermäßigung. Es genügt der Beitrag zu Kant. Über Kant scheint mir auch die heutige Philosophy of Mind in diesem Punkt noch nicht hinausgekommen zu sein; hinter ihm zurück sind freilich viele Biologen und Physiologen, die dazu auch eine Meinung haben.
Zitat von DiskusDas Urteil war vier Jahre auf Bewährung, weil der Richter überzeugt war, der arme Täter sei in seiner Jugend verkehrt geprägt worden und zudem vom Pflaumenbaum gefallen. Das ist kein Witz, sondern die bittere Wahrheit.
Wenn man erst einmal auf diesem sozialwissenschaftlichen Trip ist, statt nach Schuld nach verursachenden Faktoren zu fragen, dann kommt logischerweise so etwas heraus.
Dh wirklich logisch ist dann auch ein Urteil von vier Jahren nicht. Wirklich logisch wäre es, sich im Namen der Gesellschaft beim Täter zu entschuldigen, daß man ihn als Gesellschaft so schlecht hat werden lassen und ihm zu versprechen, daß man das wieder gutmachen wird, indem man ihm die besten Therapien angedeihen läßt.
Zitat von DiskusIch kann durchaus ohne die Annahme irgendeines Gottes darauf verzichten, Ihnen den Rückspiegel abzubrechen oder eine Oma vor den Zug zu schieben.
Können Sie, aber Sie können Moral an sich dann nicht begründen, weil sie dann relativ ist.
Hallo Diskus, von mir doch noch ein Beitrag, ich kanns einfach nicht lassen … ;-) Hier (http://derfuchsbau.wordpress.com/2007/10...r/#comment-1384) haben ein paar Leute schon einmal kontrovers über das Thema Moral und Gott diskutiert, also da kannst Du meine Argumente nachlesen.
„Religion“ ist offensichtlich immer ein Reizwort und zunächst einmal auch gar nicht nötig.
Zunächst reicht es, von der Tatsache, dass wir Menschen immer auch in moralischen Kategorien denken, darauf zu schließen, dass es absolute Werte gibt, die übergeordnet für alle Menschen gelten und potentiell von allen Menschen erkannt werden können, unabhängig von Religion und Bildung.
Von der Tatsache, dass diese Werte absolut sein müssen, um nicht relativ zu sein (und damit subjektiv und wertlos), muss man zwangsweise darauf schließen, dass es ‚etwas Absolutes’ geben muss. Das muss man noch nicht Gott nennen. Es könnte auch sozusagen ein rein geistiges, herumwaberndes ‚Irgendetwas’ sein.
Der Schritt zu einem Gott, der auch das Personsein umfasst, also mindestens persönlich ist, ist dann nur ein weiterer, logischer Schritt.
Eine Religion wie der Katholizismus entfaltet sozusagen aus diesen theologischen Grundrechenarten des Glaubens weitere Glaubenswahrheiten, ähnlich wie in der Mathematik aus den mathematischen Grundrechenarten komplizierte Differentialgleichungen u.a. abgeleitet werden. Noch ähnlicher als die Mathematik zur Theologie ist die Physik, die einerseits die mathematischen Gesetze der reinen Logik, andererseits aber auch die Beobachtungen aus der Natur (vergleichbar i.d. Theologie mit den Heiligen Schriften) als vorgegebene Phänomene zur Grundlage hat und woraus dann so einfach aussehende Gleichungen wie e=m*c2 abgeleitet werden, die theologisch mit Dogmen vergleichbar sind. Diese Gleichung (vgl. Dogma) sieht äußerlich zwar einfach aus, aber ihr gingen komplexe Überlegungen und Berechnungen voraus und e=m*c2 ist nicht intuitiv vom Menschen erfassbar, die Wahrheit von e=m*c2 muss sozusagen geglaubt werden, außer ein Mensch befasst sich intensiv mit der Physik und kann e=m*c2 auch rechnerisch und naturwissenschaftlich nachvollziehen (wie ein Theologe, der die Überlegungen, die zu einem Dogma führten, nachvollziehen kann). Während e=m*c2 nicht intuitiv erfassbar ist, ist z.B. die Schwerkraft intuitiv vom Menschen erfassbar, weil er tagtäglich damit umgeht und sie erlebt – das ist vergleichbar mit der Moral, die der Mensch tagtäglich erlebt und anwendet.
Zuletzt möchte ich noch sagen, dass die Berücksichtigung von sozialen Hintergründen, Erkenntnisse der Psychologie etc. sinnvoll ist und dass ich nicht dafür bin, diese aufzugeben. Allerdings denke ich, dass wir stark dazu tendieren, nur noch diese Erkenntnisse gelten zu lassen und damit Schuld wegzuerklären, zu entschuldigen.
Außerdem noch zum Thema Moral: dass es absolute Werte geben muss, heißt nicht, dass unserer Moralvorstellungen nicht kulturell geprägt sein können und je nach Kultur auch unterschiedlich ausfallen. Es gibt aber so eine Art moralischen Kompass, den alle Menschen aller Kultur teilen, der heißt ungefähr: das Böse darf man nicht tun, das Gute soll man tun etc., in den "Menschenrechten" sind einige dieser absolut geltenden moralischen Werte zusammengefasst. Die Menschheit versucht sozusagen immer, die absoluten Werte zu verwirklichen, kann sich dabei aber auch irren und Fehler machen. Die absoluten Werte werden nicht von allen Menschen und Kulturen zu jeder Zeit gleichermaßen erkannt.
Guten Morgen, liebe Ex-blond. Ich habe über Ihren Vorwurf nachgedacht, ich könne nicht begründen, weswegen ich Ihnen den Rückspiegel nicht abbreche und keine Oma vor den Zug schiebe. Kann ich natürlich doch. Ohne irgendetwas Transzendentes anzunehmen. Die einzige Grundlage meiner Moral ist "Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg auch keinem anderen zu." Kombiniert mit Empathie ist das die einzige Grundlage für Moral. Warum reicht das aus? Weil Menschen sich verdammt ähnlich sind. Wir teilen schon 99,8% aller genetischen Information mit Schimpansen und müssen zwischen das Komma und die 8 noch einige weitere 9en klemmen, um auf die genetische Übereinstimmung mit anderen Menschen zu kommen. Wir alle spüren Schmerz und besitzen gern etwas. Wir alle werden nicht gern vor den Zug geschoben und keiner freut sich, wenn ihm irgendwas geklaut wird.
Moral hat sich entwickelt, damit eine Sippe funktioniert. Wenn Sie so wollen, nennen Sie Ihre Gene Gott. Ich nenne Sie Gene. Aber es gibt genügend achtbare Wissenschaftler, die tatsächlich Gene für Gott halten und Genetik mithin für Theologie. 1. Nelkin, D. & Lindee, M. S. The DNA Mystique: The Gene as Cultural Icon (W. H. Freeman, New York, 1995). 2. Henderson, G. Is DNA God? The Pharos 2–6 (Winter, 1988). 3. Avise, J. The Genetic Gods (Harvard Univ. Press, Cambridge, Massachusetts, 1998).
Vielleicht sind die Gene auch die Seele? Sie haben jedenfalls alle Kennzeichen von dieser
In Antwort auf:(http://www.nature.com/nrg/journal/v2/n7/...1_555a.html#B18): In its metaphorical construction, DNA shares striking qualities with the Christian soul. It seems relatively independent of the body, giving the body life, power and true identity. DNA, like the soul, bears the marks of good and evil. A man might look fine to the outside world, but despite external appearances, if he is evil or ill, it will be marked in his soul — or in his genes. And DNA, an invisible entity, seems to be immortal, containing in it everything needed to bring the body back.
So, und jetzt zur Religion: Ich leugne strikt, daß Physik und Theologie irgendetwas fundamentales gemein haben. Die Physik stellt einen Satz von Beobachtungen zur Verfügung, die jeder Hanswurst leicht nachprüfen kann. Sogar die Annahmen der Relativitätstheorie sind einfach und unfaßbar plausibel. Ich sage nicht, daß sie trivial sind. Die Theologie läuft stets darauf hinaus, daß man an einen Punkt gelangt, wo man gar nichts mehr nachprüfen kann. Man kann nichts veri- und nichts falsifizieren. Man ist stets darauf beschränkt, eine Grundannahme zu glauben; die nämlich, daß außerhalb dessen, was wir sehen oder sichtbar machen können, etwas existiert. Das aber ist im besten Sinne Humbug (c.f. H.G. Frankfurt "On Bullshit" für Definitionen von Humbug).
Feynman
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11.06.2008 10:48
#11 RE: Zettels Meckerecke: Mord, weil der Respekt fehlte
Zitat von Diskus Die Theologie läuft stets darauf hinaus, daß man an einen Punkt gelangt, wo man gar nichts mehr nachprüfen kann.
Ebenso die Physik, z.B. Superstringtheorie.
____________________________________________________ ..., people ignored the fact that democracy cannot be permanently maintained when free enterprise, free trade, and economic freedom do not exist. Ludwig von Mises
In Antwort auf:Ebenso die Physik, z.B. Superstringtheorie.
Nein, das trifft nicht zu. Die Verfasser der Superstringtheorie stellen (genau wie Einstein damals) durchaus dar, unter welchen Voraussetzungen man diese Theorie ad acta legen müßte. In jedem Fall ist die Superstringtheorie prinzipiell falsifizierbar, was in krassem Gegensatz zu theologischen Dogmata steht. Die Superstringtheorie macht Voraussagen zur Ruhemasse von Teilchen, dunkler Materie und Entropie von schwarzen Löchern. Experimente zur Prüfung dieser Theorie sind auf dem Weg und, verlassen Sie sich drauf, niemand wird einfach behaupten "Sie ist wahr und glaubt jetzt dran!", wenn sie unglaubwürdig geworden ist. Auch ein krasser Gegensatz zur Theologie.
Ich weiss nicht, ob der Begriff böse wirklich zielführend ist. Kein Mensch ist aus seiner eigenen Perspektive heraus böse, denn alles Handeln entspricht der inneren Ratio, die sich jedoch fundamental von der Ratio anderer unterscheidet. Was böse ist, ist ein absolut subjektiver Begriff und kein Mensch wird sich davon überzeugen lassen, dass er böse ist (allenfalls davon, dass er in der Vergangenheit, aus einer heutigen, neuen Perspektive heraus, böse Dinge getan hat).
Es erscheint mir ein logischer Widerspruch zu sein, bei einem Täter danach zu fragen, ob er selber um die Verwerflichkeit seiner Tat wusste, sozusagen bewusst böse gehandelt hat, denn das erscheint mir bei einem gesunden Geist gar nicht möglich zu sein (wenn es als böse emfunden wird, wird es nicht getan). Es bringt auch eine moralische Wertung in eine Tat, die sich auf der den inneren Zustand des Täter bezieht, die ich zumindest für fragwürdig halte. So soll ein Täter aus beispielsweise arabischem Umfeld mit starker häuslicher Gewaltprägung weniger verwerflich handeln, wenn er seine Schwester umbringt, als wenn die selbe Tat von einem "nativen" Deutschen aus bürgerlichem Hause begangen wird. Warum soll das ein Unterschied sein ? Beide Mörder hatten offensichtlich eine Prägung, die die Tat nicht als im eigenen, ethischen Emfinden, als verwerflich eingestuft wurde. Wie kann es dann einen Unterschied machen ? Der eine müsste sozusagen mehr "um die Verwerflichkeit der Handlung" wissen müssen, als der andere. Aber warum denn ? Irgendetwas muss doch auch den anderen dazu bewogen haben, diese verschrobene ethische Sicht der Dinge einzunehmen. Darf es einen Unterschied machen, ob diese Prägung durch einen offensichtlichen oder einen nicht offensichtlichen Hintergrund erfolgt ist ?
str1977
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11.06.2008 11:16
#14 RE: Zettels Meckerecke: Mord, weil der Respekt fehlte
Was mir bei der Berichterstattung oder Kommentierung von "Ehrenmorden" wieder und wieder sauer aufstößt ist, das weniger die Tatsache des Mordes thematisiert wird also die Einschränkungen, die den Töchtern und Schwestern vorher auferlegt werden.
So kürzlich in einer Diskussion im Radio, als jene junge Frau kurz nach ihrem 18. Geburtstag ermordet wurde, weil sie "zu deutsch leben wollte". Den Diskutanten (eine türkischstämmige Aktivistin war auch dabei) ging es vor allem darum, wie schlimm es doch sei, wie der Vater die Tochter zuvor unterdrückt habe, was sie alles nicht durfte etc.
Nun, wir mögen das so sehen. Wir mögen finden, daß man eine 17jährige nicht wie ein Kind behandeln sollte, eben auch um sie bei der anstehenden Volljährigkeit nicht ins kalte Wasser springen zu lassen. Das ist alles völlig richtig.
Aber, wir hatten es ja hier in einem anderen Thread, Erziehung ist Elternsache und diese entscheiden selbst, wie sie vorgehen. Auch wenn sie sich schlecht entscheiden, es ist ihre Sache, soll Volljährigkeit noch eine Bedeutung haben.
Nur, seine Tochter umzubringen ist eben unter keinen Umständen akzeptabel. Dazu hat niemand ein Recht, weder vor noch nach dem achtzehnten Geburtstag. Das sollte uns viel mehr aufbringen als z.B. ein Discoverbot.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.
Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
str1977
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11.06.2008 11:28
#15 RE: Zettels Meckerecke: Mord, weil der Respekt fehlte
Zitat von DiskusDenken Sie, man sollte den Straftatbestand des Bösen einführen?
Den gibt es doch schon. Bei jeder Straftat steht unsichtbar dabei: Das ist böse, also laß es sein!
Zitat von DiskusSie plädieren also, wenn ich Sie richtig verstanden habe, gegen allzu wissenschaftliche Herangehensweise beim Beurteilen von Schuld und für mehr Diffusivität?
So habe ich ex-blond nicht verstanden. Es ging er um den Begriff des Bösen an sich. Und auch daraum, daß viele "moderne" Zeitgenossen davor zurückschrecken, diesen Begriff zu verwenden (auch wenn sie natürlich ständig irgendetwas verurteilen) und in der Konsequenz versuchen, es wegzuerklären.
Bruder bringt Schwester um. Aber schuld ist nicht er, sondern die Umstände, die ihn dazu gebracht haben. Böse sind nicht seine Handlungen, sondern die Gesellschaft.
In Antwort auf:Auch die Ansicht, Moral beruhe im wesentlichen auf Religion und könne ohne sie nicht existieren, halte ich für falsch und schlecht (aber nicht böse ;-) ). Ich kann durchaus ohne die Annahme irgendeines Gottes darauf verzichten, Ihnen den Rückspiegel abzubrechen oder eine Oma vor den Zug zu schieben.
Das ist schön für Sie. Nur hört sich ein "kann darauf verzichten" eben doch nach Präferenz oder Geschmacksfrage an, evt. sogar nach Selbstkontrolle im Sinne von "Ja, ich trinke gerne Kaffee. Aber ich komme auch mal ohne aus." Das ist natürlich nicht Ihre Absicht, aber ex-blond hat schon recht, wenn Sie sagt, daß eine Moral ohne (vorsichtig gesagt) metaphysisch-naturrechtliche Verankerung eine unvernünftige Moral ist, eine Moral die nicht vernünftig begründet ist und daher ebenso sehr befolgt wie mißachtet werden könnte.
Was die Definition des Bösen angeht: meiner Ansicht nach (und da bin ich nicht allein), ist das Böse das Fehlen oder die Perversion des Guten. Das Böse an sich existiert nicht, sondern ist ein Parasit des Guten.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.
Zitat von DiskusIch habe über Ihren Vorwurf nachgedacht, ich könne nicht begründen, weswegen ich Ihnen den Rückspiegel nicht abbreche und keine Oma vor den Zug schiebe. Kann ich natürlich doch. Ohne irgendetwas Transzendentes anzunehmen. Die einzige Grundlage meiner Moral ist "Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg auch keinem anderen zu." Kombiniert mit Empathie ist das die einzige Grundlage für Moral. Warum reicht das aus? Weil Menschen sich verdammt ähnlich sind. (…)Wir alle werden nicht gern vor den Zug geschoben und keiner freut sich, wenn ihm irgendwas geklaut wird. (…) Moral hat sich entwickelt, damit eine Sippe funktioniert.
Guten Morgen lieber Diskus,
Mit all dem haben Sie natürlich Recht. Aber wir sprechen von verschiedenen Dingen.
Sie sprechen nämlich selbst von „meiner Moral“ und begründen, a) warum diese für den Fortbestand des Menschen sinnvoll ist und b) dass diese für alle Menschen einsichtig sein muss. Das heißt, sie bleiben mit Ihrer Begründung auf der Ursache-Wirkungs-Ebene. Und auf dieser Ebene könnte es neben Ihrer Moral auch eine andere Moral geben, nämlich z.B. die des Nationalsozialismus (um ein deutliches Beispiel einer anderen, aber begründbaren Moral zu nennen). Warum sollte nach dieser Logik eine Moral, die nicht der ganzen Menschheit, sondern nur den Deutschen ein Überlebensrecht zugesteht, schlechter oder gar böse sein.
Ich spreche aber davon, was eigentlich dahinter steht, wenn wir von Moral sprechen, also davon, was wir immer schon voraussetzen wenn wir von „Schuld“, „Moral“, „gut“ und „böse“ sprechen. Sie selbst setzen in Ihrer Argumentation auch Werte absolut. Und zwar den Wert, dass die Menschheit es wert ist, erhalten zu werden und dass jeder Mensch Rechte hat (Recht auf Leben, Eigentum). Diese Verabsolutierung ist es, um die es mir geht. Wir kommen ohne diese gar nicht aus. Wir setzen unausgesprochen voraus, dass es absolute Werte gibt, die immer und für alle gelten. Die aber nicht immer und nicht immer von allen erkannt werden. In der Begründung Ihrer Moral implizieren Sie ja selbst dass 1. es gut ist, wenn die Sippe funktioniert und 2. Empathie eine Tugend ist, die für alle Menschen gilt. Sie verabsolutieren diese Werte. Weitere Ausführungen zu diesen Gedanken und Ausführungen zu ihren eigenen Gedanken (wenigstens ungefähr) in der von mir oben verlinkten Diskussion im „Fuchsbau“.
Zu Gott und den Genen: Das wäre eine eigene Diskussion, ob Gott von der Welt grundsätzlich verschieden ist, oder ob Gott mit der Welt grundsätzlich eins ist oder ob es eine Art Einheit in Vielheit gibt, also irgendwie beides gleichzeitig gilt: So ähnlich, wie man auch von der Einheit eines Liebespaars spricht, die einerseits zwei verschiedene Personen sind, andererseits eine harmonische Einheit bilden, welche mehr ist als nur die Summer zweier Personen. In diese Kategorie fällt auch der Gedanke der Trinität (Vater, Sohn, Heiliger Geist). Überhaupt denke ich, da Gott zwar verschieden, aber auch gleichzeitig eins mit der Welt ist, gibt es keinen Widerspruch zwischen Naturwissenschaften und Religion (incl. Wundern).
Deshalb:
Zitat von Diskus„Vielleicht sind die Gene auch die Seele?“
Möglich. Ich halte das nicht für prinzipiell ausgeschlossen.
str1977
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11.06.2008 11:35
#17 RE: Zettels Meckerecke: Mord, weil der Respekt fehlte
Zitat von ZettelDh wirklich logisch ist dann auch ein Urteil von vier Jahren nicht. Wirklich logisch wäre es, sich im Namen der Gesellschaft beim Täter zu entschuldigen, daß man ihn als Gesellschaft so schlecht hat werden lassen und ihm zu versprechen, daß man das wieder gutmachen wird, indem man ihm die besten Therapien angedeihen läßt.
Dazu wäre noch anzumerken, daß zwei Arten mit Verbrechen umzugehen gibt:
*Strafe/Vergeltung: ein Verbrecher wird bestraft, seiner Schuld angemessen. Er wird in seiner Person und Verantwortlichkeit ernstgenommen. *Therapie: der Verbrecher wird als armes, krankes Opfer gesehen (hier geht es nicht um die Tatsächlich Geisteskranken, wo das angebracht ist, sondern um die vielen anderen) und muß therapiert werden.
Das zweite Model ist schon mit begrenzten Freiheitsstrafen unvereinbar, weil da kann ja derjenige einfach Zeit absitzen ohne geheilt zu sein.
Aber noch schlimmer: wenn es um Therapiekandidaten geht, warum sollte man dann auf das Verbrechen warten. Warum nicht vorbeugend einweisen etc.
Diese allgemeine Therapiehaltung führt meines Erachtens schnurstracks zum Totalitarismus.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.
Zitat von LlarianBeide Mörder hatten offensichtlich eine Prägung, die die Tat nicht als im eigenen, ethischen Emfinden, als verwerflich eingestuft wurde.
Das ist es eben. Wenn die Prägung die ausreichende Erklärung ist dafür, dass ein Mensch einen Ehrenmord (oder ein anderes Verbrechen) begeht, dann ist nicht der Mörder, sondern die Prägung 'schuld'. Der freie menschliche Wille wird hier nicht beachtet.
Natürlich gibt es ein Spannungsverhältnis zwischen freiem Willen und Prägung, Psychogenese etc.
"Böse" und "gut" sind Begriffe, die nur im Zusammenhang mit dem freien Willen, der sich an einer absoluten Moral (siehe meine letzten Posts an Diskus) orientiert, Sinn machen.
"Schlecht" ist daher ein Begriff ohne moralische Wertung.
Nach Ihrer Logik sind alle Verbrechen schlecht, nicht aber böse.
Zitat von str1977Was die Definition des Bösen angeht: meiner Ansicht nach (und da bin ich nicht allein), ist das Böse das Fehlen oder die Perversion des Guten. Das Böse an sich existiert nicht, sondern ist ein Parasit des Guten.
Da sind wir ganz nah beieinander, ich würde es so ausdrücken:
Das Böse ist die bewusste Abwendung vom Guten.
Weshalb ja auch nur der Mensch, nicht aber ein Tier oder eine Naturkatastrophe "böse" sein kann. Und das Gute ragt hier gewissermaßen in metapyhsische Dimensionen hinein. Das erwähne ich nur, um Missverständnissen bei den Mitlesern zuvorzukommen ;-)
Feynman
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11.06.2008 11:54
#20 RE: Zettels Meckerecke: Mord, weil der Respekt fehlte
In Antwort auf:Ebenso die Physik, z.B. Superstringtheorie.
Nein, das trifft nicht zu. Die Verfasser der Superstringtheorie stellen (genau wie Einstein damals) durchaus dar, unter welchen Voraussetzungen man diese Theorie ad acta legen müßte. In jedem Fall ist die Superstringtheorie prinzipiell falsifizierbar, was in krassem Gegensatz zu theologischen Dogmata steht. Die Superstringtheorie macht Voraussagen zur Ruhemasse von Teilchen, dunkler Materie und Entropie von schwarzen Löchern. Experimente zur Prüfung dieser Theorie sind auf dem Weg und, verlassen Sie sich drauf, niemand wird einfach behaupten "Sie ist wahr und glaubt jetzt dran!", wenn sie unglaubwürdig geworden ist. Auch ein krasser Gegensatz zur Theologie.
Da gebe ich Ihnen recht. Aber Theologie ist keine Naturwissenschaft, daher sollte man sich keine überprüfbaren Aussagen erwarten. Momentan sind die Theoretiker den Experimentalphysikern voraus. Ob überhaupt alle Aussagen der neuen Theorie in näherer Zukunft falsifizierbar sind, darf bezweifelt werden.
Herzlich Feynman
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Zitat von LlarianIch leugne strikt, daß Physik und Theologie irgendetwas fundamentales gemein haben.
Ich habe die beiden verglichen. Und ganz ehrlich gesagt (ich weiß dass Folgendes kein gutes Diskussionsstilmittel ist weil Unterstellung) denke ich, dass Sie nicht genau wissen, was Theologie, insbesondere Fundamentaltheologie eigentlich genau ist.
str1977
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11.06.2008 12:06
#22 RE: Zettels Meckerecke: Mord, weil der Respekt fehlte
Zitat von Diskus...ich könne nicht begründen, weswegen ich Ihnen den Rückspiegel nicht abbreche und keine Oma vor den Zug schiebe. Kann ich natürlich doch. Ohne irgendetwas Transzendentes anzunehmen. Die einzige Grundlage meiner Moral ist "Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg auch keinem anderen zu." Kombiniert mit Empathie ist das die einzige Grundlage für Moral. Warum reicht das aus? Weil Menschen sich verdammt ähnlich sind.
Nein, das reicht eben nicht aus. Denn die Goldene Regel ist für sich gesehen auch nur eine Meinung, eine Präferenz. Man könnte mit genauso guter Begrüngung sagen:
"Tu anderen an, was sie dir tun wollen, aber tu es zuerst."
oder:
"Was du nicht willst, daß man dir tu, füg anderen nur zu, wenn du sicher bist, nicht erwischt zu werden."
In Antwort auf:Moral hat sich entwickelt, damit eine Sippe funktioniert.
Das ist eine Meinung. Aber das hilft Ihnen auch nicht weiter, wenn Sie mit jemanden konfrontiert sind, der eben diese Moral nicht befolgen will.
Ganz abgesehen davon: der "Ehrenmörder" vom Anfang mordet ja genau deshalb, um die Sippe funktionable zu halten.
In Antwort auf:Wenn Sie so wollen, nennen Sie Ihre Gene Gott. Ich nenne Sie Gene. Aber es gibt genügend achtbare Wissenschaftler, die tatsächlich Gene für Gott halten und Genetik mithin für Theologie.
Naja, wie achtbar diese sind, daran habe ich meine Zweifel. Wäre eine Gen-religion (was wohlgemerkt eine neue Religion wäre) nicht nur Selbstanbetung?
Bei Theologen müßte man übrigens immer die Religions- bzw. Konfessionszugehörigkeit hinzufügen, weil es eine allgemeine, universale Theologie nicht gibt. Oder handelt sich um Philosophen?
In Antwort auf:Vielleicht sind die Gene auch die Seele? Sie haben jedenfalls alle Kennzeichen von dieser Zitat:(http://www.nature.com/nrg/journal/v2/n7/...1_555a.html#B18): In its metaphorical construction, DNA shares striking qualities with the Christian soul. It seems relatively independent of the body, giving the body life, power and true identity. DNA, like the soul, bears the marks of good and evil. A man might look fine to the outside world, but despite external appearances, if he is evil or ill, it will be marked in his soul — or in his genes. And DNA, an invisible entity, seems to be immortal, containing in it everything needed to bring the body back.
Das schon eher, denn christlich (und nicht cartesianisch) gesprochen, ist die Seele die Form/Idee des Menschen, die den Körper mit all seinen Teilen erst zu einer Einheit, einer Person macht.
Aber obiges ist materialistisch gewendet. Können wir wirklich sagen, daß ein genetisch "fehlerfreier" Mensch schon perfekt ist?
In Antwort auf:So, und jetzt zur Religion: Ich leugne strikt, daß Physik und Theologie irgendetwas fundamentales gemein haben.
Mal vorausgeschickt: Religion und Theologie ist nicht das gleiche.
-Theologie ist eine Wissenschaft, die philosophische Methoden auf eine als gegebene Offenbarung anwendet und darauf Schlüsse zieht und Reflexionen anstellt (daher gibt es keine Einheit zwischen Theologen verschiedener Religionen und Konfessionen, die über die Grundlage uneins sind). -Religion im allgemeinen ist eine allgemeine Dimension der menschlichen Existenz, nach einem höheren, transzendenten zu fragen. -Im speziellen, gibt es viele Religionen. Aber ehrlicherweise sollte man den Begriff nicht auf solche beschränken, die etwas übernatürliches annehmen.
-Auch die Physik (wie alle Naturwissenschaft) wendet philosophische Methoden auf eine Grundlage an, nämlich die Beobachtung der Natur via Experiment. Aber auch sie basiert auf bestimmten Axiomen, die nicht zu hinterfragen sind. Und manche sind identisch mit denen der (christlichen) Theologie (z.B. die Annahme das die Welt überhaupt vernünftig ist (Der Islam sieht das ganz anders.) Was auch nicht verwunderlich ist, wenn man die Entstehung der modernenen Naturwissenschaften aus der Philosophie unter dem Einfluß christlicher Theologie kennt. Ich nenne nur die Idee, die Natur sei ein zweites Buch, durch das man zu Gotteserkenntnis kommen könne.
Sie sagen, die Grundannahmen der Relativitätstheorie sind plausibel. Nun viele Grundannahmen der Theologie sind das auch. (Gut manche wiederum nicht - das Christentum z.B. ist da schon recht anspruchsvoll was die Spezifika angeht, aber bei denen geht es wiederum nicht um solche Trivialitäten wie die Existenz Gottes oder einer absoluten, naturrechtlichen Moral.)
In Antwort auf:Die Theologie läuft stets darauf hinaus, daß man an einen Punkt gelangt, wo man gar nichts mehr nachprüfen kann. Man kann nichts veri- und nichts falsifizieren.
Das gilt für jedes Vernünfteln. Irgendwo ist immer Schluß. Irgendwo stößt man auf die Vorannahmen, die man nicht hinterfragen kann ohne das ganze Gebilde in Frage zu stellen. Man kann es auch glauben nennen.
Was das Verifizieren und Falsifizieren angeht: dieses gelingt bei beiden Wissenschaften nur im Rahmen der jeweiligen Methodik. Ein Theologe kann sehr gut im Rahmen der Theologie Hypothesen und Theorien falsifizieren. Jeder katholische Theologie wird z.B. anhand der wissenschaftlichen Methodik einen Drewermann oder einen Küng falsifizieren können. Wohlgemerkt: auf der Grundlage katholischer Theologie. (Bei der protestantischen Theologie wird das, obwohl weniger stringent, allgemein auch gehen.) Und ein Physiker kann einen Hohlwelttheoretiker auch nur im Rahmen der eigenen Methodik falsifizieren.
In Antwort auf:Man ist stets darauf beschränkt, eine Grundannahme zu glauben; die nämlich, daß außerhalb dessen, was wir sehen oder sichtbar machen können, etwas existiert.
Aber das ist nicht der Unterschied zwischen Wissenschaft und Theologie, sondern zwischen einem blanken Materialismus oder Naturalismus, der eben die Existenz dieses anderen leugnet, und der Ansicht (die irgendwie keinen richtigen Namen hat, Supranaturalismus klingt mir komisch), das Materie nicht alles ist. Die Naturwissenschaft kann dazu nichts sagen, denn es ist eine philosophische Frage.
In Antwort auf:Das aber ist im besten Sinne Humbug (c.f. H.G. Frankfurt "On Bullshit" für Definitionen von Humbug).
Oh je. Leider halte ich Herrn Frankfurt's Buch kann für ein ernstzunehmendes Werk.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.
In Antwort auf: Und auf dieser Ebene könnte es neben Ihrer Moral auch eine andere Moral geben, nämlich z.B. die des Nationalsozialismus (um ein deutliches Beispiel einer anderen, aber begründbaren Moral zu nennen). Warum sollte nach dieser Logik eine Moral, die nicht der ganzen Menschheit, sondern nur den Deutschen ein Überlebensrecht zugesteht, schlechter oder gar böse sein.
Momentchen. Da steckt ein Denkfehler drin. Auch Nichtdeutsche sind Menschen, die fühlen. Ich sage: "... füg auch keinem anderen zu." und nicht "... füg auch anderen Deutschen nicht zu." Jeder Nationalsozialist wird in tiefe argumentative Schwierigkeiten gelangen, wenn er die Menge aller relevanten anderen auf nur eine Teilmenge aller beschränkt. Die Beschränkung an sich kann leicht als nicht sinnvoll überführt werden. Sie erkennen richtig: In der simplen Annahme, daß andere Menschen so fühlen wie ich, steckt schon die Deklaration der Menschenrechte mit drin. Da brauche ich überhaupt nichts Transzendentes zu. Und wir müssen uns überhaupt keine Gedanken machen, daß irgendjemand mit einer logischeren Moralauffassung kommt. Je mehr Zusatzannahmen gemacht werden müssen, desto mehr lastet auch der Druck von Rechtfertigung auf einer Theorie.
In Antwort auf:Weitere Ausführungen zu diesen Gedanken und Ausführungen zu ihren eigenen Gedanken (wenigstens ungefähr) in der von mir oben verlinkten Diskussion im „Fuchsbau“.
Habe ich bereits gelesen. Hochinteressant. Ich stimme aber nicht hundertprozentig zu. Wollen wir das hier ausdiskutieren?
In Antwort auf:Überhaupt denke ich, da Gott zwar verschieden, aber auch gleichzeitig eins mit der Welt ist, gibt es keinen Widerspruch zwischen Naturwissenschaften und Religion (incl. Wundern).
Doch, gibt es. Wunder beschreiben immerhin genau, daß zu einem gegebenen Zeitpunkt alle oder viele Naturgesetze außer Kraft gesetzt wurden. Einen stärkeren Widerspruch gibt es fast gar nicht.
str1977
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11.06.2008 12:15
#24 RE: Zettels Meckerecke: Mord, weil der Respekt fehlte
Zitat von LlarianEs erscheint mir ein logischer Widerspruch zu sein, bei einem Täter danach zu fragen, ob er selber um die Verwerflichkeit seiner Tat wusste, sozusagen bewusst böse gehandelt hat, denn das erscheint mir bei einem gesunden Geist gar nicht möglich zu sein (wenn es als böse emfunden wird, wird es nicht getan).
Dann sind sie (wie Sokrates und Thomas von Aquin vor ihnen) eine Intellektualist, der die Erkenntnis als bestimmende Fakultät des Menschen ansieht. Im Gegensatz zum Voluntarismus, der den Willen betont.
Und ich stimmen Ihnen da zu, solange man zwischen einen rein intellektuellen Kennen und dem wirklichen Zu-Herzen-nehmen unterscheidet. Letzters ist meiner Meinung nach die hier entscheidene Erkenntnis.
Es gibt sehr wohl viele, die zwar rein intellektuell wissen, daß etwas moralisch falsch ist, aber es dennoch tun.
In Antwort auf:So soll ein Täter aus beispielsweise arabischem Umfeld mit starker häuslicher Gewaltprägung weniger verwerflich handeln, wenn er seine Schwester umbringt, als wenn die selbe Tat von einem "nativen" Deutschen aus bürgerlichem Hause begangen wird. Warum soll das ein Unterschied sein?
Wenn sie einer relativistischen, kulturalistischen Anschauung (siehe das Interview) folgen, dann ist es natürlich ein Unterschied. Aber sie scheinen es auf das Individuum selbst runterzubrechen. Nun, das ist natürlich das Ende jeder Moral. Dann aber gibt es meines Erachtens nach auch keine Grundlage dafür, dem Mörder etwas vorzuwerfen.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.
Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Feynman
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11.06.2008 12:20
#25 RE: Zettels Meckerecke: Mord, weil der Respekt fehlte
Zitat von DiskusWunder beschreiben immerhin genau, daß zu einem gegebenen Zeitpunkt alle oder viele Naturgesetze außer Kraft gesetzt wurden.
Wirklich? Sind Wunder physikalisch unmöglich oder nur extrem unwahrscheinlich?
Herzlich Feynman
____________________________________________________ ..., people ignored the fact that democracy cannot be permanently maintained when free enterprise, free trade, and economic freedom do not exist. Ludwig von Mises
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