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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 32 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.06.2008 03:12
Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten

Heute steht es in der NYT. Ob es in die deutsche Presse kommt, weiß ich nicht. Also berichte ich mit einem "Zitat des Tages" darüber: Die Sonde "Phoenix" hat Bodenproben des Mars mit dem Ergebnis analysiert, daß dieser Boden ungefähr dem im Garten eines Reihenhauses entspricht; mit einem pH-Wert, der den Anbau von Spargel nahelegt. Aber sollte man deshalb gleich eine bemannte Mission zum Mars schicken?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.06.2008 10:31
#2 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten

Zitat von Zettel
Heute steht es in der NYT. Ob es in die deutsche Presse kommt, weiß ich nicht.

Jetzt steht es auch in "Spiegel Online". Allerdings mußten dessen Leser etwas länger warten als die von ZR :

Zitat von Spiegel Online
27. Juni 2008, 10:15 Uhr
CHEMISCHE ANALYSE
Mars-Boden ist lebensfreundlich



Und "... überrascht über den relativ hohen Säuregehalt mit einem Ph-Wert von 8 bis 9" waren die Leser von ZR auch nicht.

Da hatte offenbar jemand in der Agentur oder bei SpOn erstens keine Chemie in der Schule und zweitens "alkaline" und "acid" nicht auseinanderhalten können.



Feynman ( gelöscht )
Beiträge:

27.06.2008 14:06
#3 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten
Lieber Zettel

Bei Ausgaben in der bemannten Raumfahrt handelt es sich bislang ausschließlich um staatliche Gelder. Ein Liberaler, der für einen schlanken Staat ist, sollte das kritisch sehen. Von Libertären ganz zu schweigen.

Erfreulich: Mit SpaceSipTwo (http://en.wikipedia.org/wiki/Scaled_Composites_SpaceShipTwo) ist ein privates Raumschiff im Anflug, das noch auf suborbitale Flüge beschränkt ist, aber immerhin einen mehrminütigen Sturzflug (=schwerelos) bietet.

Herzlich Feynman

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..., people ignored the fact that democracy cannot be permanently maintained when free enterprise, free trade, and economic freedom do not exist. Ludwig von Mises

Kane Offline




Beiträge: 133

27.06.2008 14:48
#4 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten


Endlich mal ein Thema, wo ich ganz anderer Meinung als Zettel bin

Ich bin für bemannte Raumfahrt.

Ich stehe aber NASA und ESA natürlich sehr skeptisch gegenüber und hoffe auf viele Impulse aus dem privaten Bereich.
Feynman hat schon da ein Beispiel gegeben.

Meiner Meinung ist das Geld, welches für die bemannte Raumfahrt ausgegeben wurde und wird, nur Peanuts im Vergleich zu anderen Ausgabeposten.(Trotz der unglaublichen Ineffizienz der staatlichen Raumfahrtagenturen)
Ich glaube allein durch die europäischen Landwirtschaftsubventionen eines Jahres könnte man 10-mal zum Mars hin und zurückfliegen.


Nee...ich bin da ganz entschieden anderer Meinung als Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.06.2008 16:00
#5 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten

Zitat von Kane

Endlich mal ein Thema, wo ich ganz anderer Meinung als Zettel bin
Ich bin für bemannte Raumfahrt.

Freut mich, lieber Kane. Ich habe bedauert, daß in letzter Zeit eine gewisse Fliege a bisserl selten über den Bildschirm flitzte )
Zitat von Kane
Meiner Meinung ist das Geld, welches für die bemannte Raumfahrt ausgegeben wurde und wird, nur Peanuts im Vergleich zu anderen Ausgabeposten.(Trotz der unglaublichen Ineffizienz der staatlichen Raumfahrtagenturen)

Aber es würde die tollsten Dinge erlauben, wenn man es für die unbemannte Raumfahrt ausgeben würde. Allein Hubble hat ein Vielfaches mehr an wissenschaftlichen Erkenntnissen geliefert als die ganze bemannte Raumfahrt in fast einem halben Jahrhundert.
Zitat von Kane
Nee...ich bin da ganz entschieden anderer Meinung als Zettel

Dann nenne ich, lieber Kane, nochmal mein Hauptargument:

Die bemannte Raumfahrt beruht auf einem Mißverständnis. Bis ins 20. Jahrhundert mußte man, um eine Gegend zu erforschen, Menschen dorthin schicken. So, wie man, um eine Nachricht zu übertragen, bis zur Erfindung des Telegraphen einen Menschen auf den Weg schicken mußte (von exotischen Lösungen wie den Rauchzeichen der Indianer und der Pfeifsprache der Kanarier mal abgesehen).

Heute käme niemand mehr auf den Gedanken, man müsse Reitende Boten à la Pony Express auf den Weg bringen, um eine Nachricht von der amerikanischen Ostküste an die Westküste zu bringen. So, scheint mir, brauchen wir auch heute nicht mehr Menschen, um das Weltall (naja, den erdnahen, allenfalls a bisserl vom interplanetaren Raum unseres Sonnensystems) zu erforschen.



In der ISS, lieber Kane, sind die Astronauten nach wie vor den größten Teil ihrer Zeit damit beschäftigt, entweder die Station zu warten/auszubauen oder etwas zu erforschen, was zu erforschen nur erforderlich ist, weil man eben Menschen in den Weltraum schickt. Was sie darüber hinaus tun, könnte man überwiegend auch in unbemannten Satelliten tun.

Was will man erforschen, wenn wieder Astronauten auf dem Mond herumstapfen? Gesteinsproben aller Art haben die Apollo-Astronauten eingesammelt. Die Astronauten werden vermutlich hauptsächlich automatische Meßstationen einrichten, die dann unbemannt weiterarbeiten .



Und gar Mars! Das Raumschiff wird aus Gewichtsgründen kaum größer sein können als eine Gefängniszelle; darin sind die Astronauten endlose sechs Monate eingesperrt, in denen sie so gut wie nichts zu tun haben. Die Kommunikation wird immer schwieriger werden; am Ende der Reise ist das Funksignal ungefähr eine Viertel Stunde unterwegs. Wenn der Astronaut fragt: "Wie ist denn das Wetter in Houston?", dann dauert es also eine geschlagene halbe Stunde, bis die Antwort von Mission Control da ist: "Heiß".

Und wenn die Astronauten dann angekommen sind, dann wird wieder, wie bei der ISS, die meiste Zeit dafür draufgehen, daß sie ihre "Station" (einen kleinen Container, den man vorher hingeschickt hat) einrichten, daß sie Meßgeräte aufstellen und Bodenproben entnehmen - so, wie das jetzt Phoenix tut, so, wie das die Apollo-Astronauten gemacht haben.

Aber werden wir nicht eines Tages auf dem Mars ein Erd-Klima schaffen ("Terraforming") und ihn kolonisieren? Ich finde, wir sollten erst mal auf der Erde ein schönes Klima schaffen und die Erde kolonisieren.

Herzlich, Zettel







Zettel Offline




Beiträge: 20.200

27.06.2008 16:15
#6 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten

Zitat von Feynman
Bei Ausgaben in der bemannten Raumfahrt handelt es sich bislang ausschließlich um staatliche Gelder. Ein Liberaler, der für einen schlanken Staat ist, sollte das kritisch sehen. Von Libertären ganz zu schweigen.

Ich bin liberalkonservativ, für mich gilt das nicht.

Aber im Ernst: Die Ausgaben für die Raumfahrt sind ja in deren ersten Jahrzehnten ganz überwiegend Rüstungsausgaben gewesen; eine rein "friedliche" Raumfahrt gab es nur bei den Raumsonden zu den Planeten. Selbst die Mondfahrt diente nach einigen Plänen dem Ziel, dort eine permanente Station zu errichten, um von da die Erde zu beherrschen.

Die russichen bemannten Stationen, von denen man wußte (Saljut), hatten ihre militärischen Gegenstücke, von deren Existenz außer den Russen selbst nur die westlichen Geheimdienste wußten. Bis hin zu Mir war die ganze zivile bemannte Raumfahrt nur ein Abfallprodukt der militärischen; hüben wie drüben.

Und es ging natürlich um nationales Prestige; deshalb die Mars- und Venusmissionen. So, wie das jetzt neu aufgenommene Mondprogramm der USA allein dadurch motiviert ist, daß die Chinesen auf den Mond wollen.



Auch die Anwendungen, die heute - wie Wetter- Navitations- und Kommunikationssatelliten - satte private Gewinne abwerfen, waren ursprünglich primär militärisch. Wenn ich mich nicht sehr irre, wurde das erste System von Navigationssatelliten von der US Navy eingerichtet, und auch das GPS-System war ja zunächst miltiärisch.

Und fürs Militär - und für nationales Prestige - ist, lieber Feynman, nun mal der Staat zuständig.

Herzlich, Zettel

Feynman ( gelöscht )
Beiträge:

27.06.2008 19:18
#7 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten
Auch ein schönes Beispiel: Mit dem Geld, das eine bebannte Reparatur-/Updatemission für das Hubble gekostet hat, hätte man stattdessen ein weiters Hubble in die Umlaufbahn schießen können. Die Idee ist nicht von mir: http://www.bernd-leitenberger.de/bemannte-raumfahrt.shtml

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Omni Offline



Beiträge: 255

28.06.2008 12:44
#8 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten
Herr Lesch hat in seiner Sendung "Alpha Centauri" mal für bemannte Raumfahrt und für eine bemannte Marsmission argumentiert. Die Argumentation lautete etwa so:
Das amerikanische Mondprogramm habe den technischen und vor allem organisatorischen Fortschritt der (westlichen) Menschheit forciert. Benötige man in der Zukunft ein gesamtmenschheitliches Programm (für was auch immer...Asteroidenabwehr vielleicht?), dann würden Programme wie eine bemannte Marsmission den Weg dazu ebnen, weil sie Strukturen und Menschen mit Erfahrungen in solchen Großprogrammen schaffen.
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.06.2008 14:53
#9 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten

Zitat von Omni
Herr Lesch hat in seiner Sendung "Alpha Centauri" mal für bemannte Raumfahrt und für eine bemannte Marsmission argumentiert.

Schön, lieber Omni, daß diese Sendung hier einmal erwähnt wird. Ein Musterbeispiel für eine Wissenschaftssendung im TV. (Von Leschs Ausflügen in die Philosophie und Theologie, wenn uch mit kundiger Hilfe, bin ich nicht ganz so beeindruckt).
Zitat von Omni
Das amerikanische Mondprogramm habe den technischen und vor allem organisatorischen Fortschritt der (westlichen) Menschheit forciert. Benötige man in der Zukunft ein gesamtmenschheitliches Programm (für was auch immer...Asteroidenabwehr vielleicht?), dann würden Programme wie eine bemannte Marsmission den Weg dazu ebnen, weil sie Strukturen und Menschen mit Erfahrungen in solchen Großprogrammen schaffen.

Warum aber den Umweg über ein Marsprogramm gehen? Ein Großprogramm zur Asteroidenabwehr schiene mir sehr sinnvoll. Die Gefahr, daß ein Asteroid auf der Erde großen Schaden anrichtet (er muß ja nicht immer im unbewohnten Sibirien herabfallen, oder in einen Ozean), dürfte deutlich größer sein als die eines atomaren GAU. Aber vermutlich muß erst einmal ein Asteroid oder Komet an der Erde vorbeigeschrammt sein, bis man in der Öffentlichkeit die Gefahr erkennt.

Noch eine Anmerkung zum Projekt Apollo: Technologisch war am wichtigesten vielleicht die Miniaturisierung der Computer, für die es keinen Druck gegeben hatte, solange diese gut gekühlt in großen Räumen stehen konnten. Aber das hing im Grunde nicht daran, daß in den Kapseln Menschen saßen, statt daß sie mit Geräten vollgestopft waren.

Letzten Endes, lieber Omni, gibt es für die bemannte Raumfahrt, glaube ich, nur die einzige Rechtfertigung, daß sie die Phantasie anregt und damit Geld locker macht.

Das mit der Phantasie ist freilich so eine Sache. Es nützt sich schnell ab. Shuttle-Missionen zur ISS finden heutzutage nur noch Beachtung, wenn etwas schief geht, oder wenn eine nationale Komponente im Spiel ist, wie bei der Montage von Columbus.



Und die Marsmission? Ich stelle mir vor, wie in den ersten Tagen, vielleicht Wochen, täglich über das Befinden der Astronauten berichtet wird. Irgendwann entschwinden sie dann und treiben das restliche halbe Jahr unbeachtet in Richtung Mars. Dann wird es wieder ein paar aufregende Tage geben, wenn sie landen oder auch nicht, und wenn sie ihre Arbeit beginnen. Und das wird's dann gewesen sein, bis zum Rückflug; so Gott will.

Das Verrückte ist ja, daß es gar nix durch diese Leute zu erforschen gibt. Wenn früher Forscher in unbekanntes Terrain aufbrachen, dann schilderten sie der atemlos lauschenden Welt, wie es dort war. Wenn die Astronauten auf dem Mars landen, wird jeder Quadratzentimeter des Terrains vermessen sein, auf dem sie niedergehen, wird jeder Felsen und jeder Berg in ihrer Umgebung bekannt sein, wird man bereits alles über den Boden, das Klima wissen.

Sie fliegen hin, um hinzufliegen. Nur darum.

Herzlich, Zettel


Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.06.2008 15:38
#10 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten

Zitat von Feynman
Die Idee ist nicht von mir: http://www.bernd-leitenberger.de/bemannte-raumfahrt.shtml

Danke, lieber Feynman, für den Hinweis auf diese informative Site. Ich haben einen Link dazu in den Artikel in ZR eingebaut.

Herzlich, Zettel

Feynman ( gelöscht )
Beiträge:

28.06.2008 19:41
#11 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten

Zitat von Zettel
Noch eine Anmerkung zum Projekt Apollo: Technologisch war am wichtigesten vielleicht die Miniaturisierung der Computer, für die es keinen Druck gegeben hatte, solange diese gut gekühlt in großen Räumen stehen konnten. Aber das hing im Grunde nicht daran, daß in den Kapseln Menschen saßen, statt daß sie mit Geräten vollgestopft waren.



Im militärischen Bereich gab es sicher auch einige Anwendungsmöglichkeiten für miniaturisierte Elektronik, Lenkflugkörper zum Beispiel.

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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.06.2008 20:12
#12 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten

Zitat von Feynman
Im militärischen Bereich gab es sicher auch einige Anwendungsmöglichkeiten für miniaturisierte Elektronik, Lenkflugkörper zum Beispiel.

Stimmt. Aber in der Raumfahrt gab es einen besonders großen Druck. Man kämpfte um jedes Gramm Gewicht bei der Nutzlast.

Da hatte die bemannte Raumfahrt insofern ihr Gutes, als sie die Entwicklung schubstarker Raketen vorangetrieben hat. Vor allem in den USA, wo man im militärischen Bereich nicht so schubstarke Raketen hatte wie die Russen.

Die das freilich auch nur durch die Bündelung zahlreicher Triebwerke in der ersten Stufe erreicht haben, wie das dann die Amerikaner mit der Saturn V nachgemacht haben.

Ich vermute, lieber Feynman, daß man später einmal die bemannte Raumfahrt, wenn sie längst Geschichte ist, als eine vorübergehende Erscheinung ansehen wird. Sagen wir, wie die Straßenbeleuchtung mit Gaslampen oder den Zeppelin.

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

28.06.2008 20:40
#13 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten

In Antwort auf:
Ich vermute, lieber Feynman, daß man später einmal die bemannte Raumfahrt, wenn sie längst Geschichte ist, als eine vorübergehende Erscheinung ansehen wird. Sagen wir, wie die Straßenbeleuchtung mit Gaslampen oder den Zeppelin.

Es ist sehr schade, dass wir beide das Ende einer Wette darauf nicht erleben werden, aber ich halte hundertprozent dagegen, lieber Zettel. Ich bin sicher, bemannte Raumfahrt wird eines Tages so normal sein, wie heute das Fliegen. Das dumme ist eher, dass es noch einige hundert Jahre dauern kann, bis es soweit ist (insofern könnte eine Wette darüber wohl nichtmal von unseren Ururenkeln eingelöst werden).

Das ist auch meines Erachtens eine geradezu zwangsnotwendige Entwicklung, selbst unter der Vernachlässigung sämtlicher romantischer Science-Fiction Ideen. Die Erde ist endlich. Sowohl von ihrem Platz als auch von ihrem Rohstoffvorrat. Es wird die selben Bestrebungen geben, wie bereits vor 500 Jahren schon einmal erlebt. Erst geht es darum Rohstoffe zu gewinnen, dann um eine Erweiterung des Herschaftsbereiches wie auch die genau gegenteilige Bestrebung aus dem Herrschaftsbereich eines anderen herauszukommen. Denn einen Zweck kann die nicht bemannte Raumfahrt nie erfüllen: Den Menschen fortzuversetzen.
Und mir fällt kein Grund ein, warum der Mensch sich in hundert Jahren anders verhalten sollte als vor 300 Jahren.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

28.06.2008 22:09
#14 Raumfahrt, Bodenschätze, technischer Fortschritt Antworten

Zitat von Llarian
Es ist sehr schade, dass wir beide das Ende einer Wette darauf nicht erleben werden, aber ich halte hundertprozent dagegen, lieber Zettel.

Ja, das sind die schönsten Diskussionen, bei denen man nicht entscheiden kann, wer Recht hat.

Zitat von Llarian
Und mir fällt kein Grund ein, warum der Mensch sich in hundert Jahren anders verhalten sollte als vor 300 Jahren.

Und mir, lieber Llarian, fällt kein Grund ein, warum sie sich genauso verhalten sollte.

Gucken wir uns einmal die Bilder über die "Stadt der Zukunft" an, die vor einem Jahrhundert oder einem halben im Schwange waren. Wenn sie aus den Zwanziger Jahren stammten, dann sah man den Himmel bedeckt mit Zeppelinen, den Untergrund durchzogen mit Rohrpost-Leitungen, auf den Straßen eine elektrische Straßenbahn hinter der anderen. Wenn sie aus den Fünfziger Jahren stammten, dann sah man die Bürger in Fluggeräten durch die Straßen fliegen.

Man hat immer den Fehler gemacht, die Zukunft als "more of the same" vorzustellen, nur schneller, besser, weiter, mehr. Und so neigen wir auch alle dazu, historische Entwicklungen in die Zukunft zu extrapolieren.



Gewiß sind die Rohstoffe endlich. Aber sie vom Mond oder gar vom Mars zu holen, wäre so extrem teuer, daß es sich noch eher lohnen würde, jede weggeworfene Büroklammer zu recylen. Man würde für den Transport mehr an Rohstoffen und Energie verbrauchen, als man gewinnen könnte!

Ich denke, man findet ganz neue Wege, die ohne die herkömmlichen Rohstoffe auskommen. So, wie es jetzt mit erneuerbaren Energien geschieht.



Ich glaube, lieber Llarian, bei allen diesen Überlegungen über Rohstoffe aus dem All oder gar dessen "Besiedlung" übersehen wir physische Randbedingungen. In Simulationen geht das alles wunderbar. Aber in der Realität spielen nun einmal Realzeit und der reale Raum eine Rolle (siehe die in dem Artikel erwähnte Laufzeit eines Signals vom und zum Mars), und es spielt reale Energie eine Rolle.

Es gibt halt physische Grenzen. Ja schon auf Erden: Die Übertragung von Information, für deren physische Grenzen im Erdmaßstab kaum eine Rolle spielen, hat sich im letzten halben Jahrhundert ungeheuer entwickelt. Der Transport von Menschen aber nicht. Die heutigen Vekehrsflugzeuge sind nur unerheblich schneller als die Düsenflugzeuge vor fünfzig Jahren. Sie sind größer und komfortabler geworden; aber von Frankfurt nach New York dauert es ungefähr noch genauso lang.

Man hat versucht, das durch Überschallverkehrsflugzeuge zu ändern. Da war aber schon eine Grenze erreicht. Das US-Überschallvekehrsflugzeug wurde gar nicht erst gebaut, und die "Concorde" ist inzwischen Geschichte. Erst recht ist es abwegig, zu meinen, man würde eines Tages in einer suborbitalen Bahn von Hamburg nach Singapur geschossen werden.

Ich bin vom technischen Fortschritt und dessen Segnungen sehr überzeugt, liebe Llarian. Aber meist verläuft er, indem ganz neue Lösungen gefunden werden, und nicht, indem man das Bisherige nur besser macht.

Herzlich, Zettel

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

29.06.2008 12:24
#15 RE: Raumfahrt, Bodenschätze, technischer Fortschritt Antworten

Lieber Zettel

Sie enttäuschen mich, Sie sind doch sonst ein realistischer und weit blickender Mann. In Sachen bemannter Raumfahrt jedoch haben Sie beide Gaben verlassen. Da muss ich Kane in seiner Einschätzung absolut Recht geben.

Bis ins 20. Jahrhundert mußte man, um eine Gegend zu erforschen, Menschen dorthin schicken. .......................... So, scheint mir, brauchen wir auch heute nicht mehr Menschen, um das Weltall (naja, den erdnahen, allenfalls a bisserl vom interplanetaren Raum unseres Sonnensystems) zu erforschen.

Die Aussage ist genauso, als würden Sie mir erklären, es reiche mit einem Hubble auf der Zugspitze zu stehen, um mir erklären zu können wie in Rom der Kaffee schmeckt.

Ein Teleskop wie Hubble ist zwar großartig, es scheitert aber schon an einfachsten Dingen, zum Beispiel auf die Rückseite eines Planeten zu blicken von der Durchdringung von Atmosphären ganz zu schweigen.


So, wie man, um eine Nachricht zu übertragen, bis zur Erfindung des Telegraphen einen Menschen auf den Weg schicken mußte (von exotischen Lösungen wie den Rauchzeichen der Indianer und der Pfeifsprache der Kanarier mal abgesehen).

Die Aussage enthält übrigens einen Denkfehler, man musste nicht nur Men-schen als Boten schicken, ohne dass Menschen am Zielort mal gewesen sind, hätte es auch den Telegraphen dorthin nicht geben können.

Nein lieber Zettel, es war immer so, und es wird immer so bleiben, will ich des Pudels Kern entdecken, dann muss ich persönlich hin.

Wo hätten wir je Amerika entdeckt, wenn nicht eine spanische Regierung so weitsichtig (geldgierig) gewesen wäre, Kolumbus auf die Reise zu schicken?

Wo stünden wir heute, wenn überhaupt nie jemand den Mut gehabt hätte, ein Boot zu bauen um neue Ufer zu entdecken und statt dessen nur mit dem Fernglas am Strand gestanden hätte?

Wo wären die nordischen Länder einschließlich Deutschland besiedelt worden, wenn nicht mutige Menschen in der Frühzeit den Weg vom warmen Afrika und Italien über die eiskalten Alpen gewagt hätten?

Und gar Mars! Das Raumschiff wird aus Gewichtsgründen kaum größer sein können als eine Gefängniszelle;

Auch das lieber Zettel ist ein Trugschluss. Die internationale Raumstationen wird ja genau aus diesen Gründen gebaut. Damit ist es nämlich möglich, für Fernreisen die notwendigen Materialien und auch den Brennstoff erst mal mit mehreren Flügen dorthin zu bringen, um dann dort ein entsprechendes und zwar großes Raumfahrzeug zusammen zu bauen und von dort zu starten.
Deshalb wird die ISS ja auch Weltraumbahnhof genannt.

Außerdem ist ihr Denken in Sachen bemannte Raumfahrt viel zu kurz angelegt.
Hier geht es darum erst einmal bessere Techniken zu entwickeln, kurz gesagt zu üben.
Die ersten klapprigen Holzboote der Menschheit konnten sich auch nicht mit einem modernen Ozeanriesen messen und es hat Jahrhunderte gedauert bis die Entwicklung so weit fortgeschritten war.

Also muss man ja wohl in Sachen Entwicklung vernünftiger Raumschiffe auch eine entsprechende Üb- und Entwicklungszeit veranschlagen.

Nur nebenbei bemerkt, die Wissenschaft versucht seit über 50 Jahren einen Kernfusionsreaktor zu entwickeln, auch dort sind wir noch lange nicht am Ende.
Es wäre aber völlig falsch, deshalb die Forschung und Entwicklung einzustellen.

Erst recht ist es abwegig, zu meinen, man würde eines Tages in einer suborbitalen Bahn von Hamburg nach Singapur geschossen werden.

Diese Ihre Aussage erinnert mich stark an diese allesamt falschen Aussagen, die Nola schon mal listete:

“Es gibt keinen Grund dafür, dass jemand einen Computer zu Hause haben wollte.”
Ken Olson, Präsident von Digital Equipment Corp., 1977

“Ich denke das es einen Weltmarkt für vielleicht 5 Computer gibt.”
Thomas Watson, CEO von IBM, 1943

“Auf das Fernsehen sollten wir keine Träume vergeuden, weil es sich einfach nicht finanzieren lässt.”
Lee De Forest, Vater des Radios, 1926

Warum glauben Sie, dass es abwegig ist, nur weil wir es derzeit noch nicht beherrschen?

Gucken wir uns einmal die Bilder über die "Stadt der Zukunft" an, die vor einem Jahrhundert oder einem halben im Schwange waren. Wenn sie aus den Zwanziger Jahren stammten, dann sah man den Himmel bedeckt mit Zeppelinen, den Untergrund durchzogen mit Rohrpost-Leitungen, auf den Straßen eine elektrische Straßenbahn hinter der anderen. Wenn sie aus den Fünfziger Jahren stammten, dann sah man die Bürger in Fluggeräten durch die Straßen fliegen.

Man hat immer den Fehler gemacht, die Zukunft als "more of the same" vorzustellen, nur schneller, besser, weiter, mehr. Und so neigen wir auch alle dazu, historische Entwicklungen in die Zukunft zu extrapolieren.


Gewiß sind die Rohstoffe endlich. Aber sie vom Mond oder gar vom Mars zu holen, wäre so extrem teuer, daß es sich noch eher lohnen würde, jede weggeworfene Büroklammer zu recylen. Man würde für den Transport mehr an Rohstoffen und Energie verbrauchen, als man gewinnen könnte!

Lieber Zettel, Sie machen bei all Ihren Gegenargumenten genau den von Ihnen beschriebenen Fehler, das heutige Machbare auf die Zukunft hochzurechnen, sogar was die Preise angeht.

Aber werden wir nicht eines Tages auf dem Mars ein Erd-Klima schaffen ("Ter-raforming") und ihn kolonisieren? Ich finde, wir sollten erst mal auf der Erde ein schönes Klima schaffen und die Erde kolonisieren.

Auch dies halte ich für eine völlig falsche Annahme. Die Erde ist für die Menschheit wie das Ei für das Küken. Nach einer entsprechenden Entwicklungszeit muss man es verlassen sonst stirbt man, weil die Ressourcen endlich sind.
Würde die Menschheit sich darauf konzentrieren nur auf der Erde leben zu wollen dann ist der Punkt absehbar, wo sie sich nicht mehr weiterentwickeln kann, ja sogar zurück entwickeln würde. Aber Stillstand bedeutet Tod.

Dieses Naturgesetz werden alle grünen Wunschträume und Fantastereien niemals aushebeln.

Nein lieber Zettel die bemannte Raumfahrt ist absolut zwingend, wir benötigen auch noch erhebliche Zeit um dort die notwendige Technik zu entwickeln und damit ist sie keine Generationenaufgabe, sondern eine Zukunftsaufgabe für die Menschheit, die auf Jahrhunderte angelegt ist.

So ähnlich wie der Bau des Kölner Doms fast 800 Jahre dauerte.

Warum aber den Umweg über ein Marsprogramm gehen?

Es ist kein Umweg lieber Zettel, es ist einfach nur der logische zweite Schritt, nachdem wir als erstes den Schritt auf den Mond wagten und geschafft haben.

Außerdem sollte klar sein, wenn ich über die Abwehr von Meteoriten nachdenke, dann ist jeder Kilometer den ich als Beobachter von der Erde entfernt sitze ein gewonnener Kilometer ist, sprich gewonnene Zeit, weil durch diesen Beobachter das Problem mit einem anfliegenden Meteoriten früher erkannt werden kann und damit auch die Möglichkeit geschaffen ist, viel früher zu handeln.
Eine entsprechende Station auf dem Mars könnte hier über Leben oder Tod der Menschheit entscheiden.

Ich bin vom technischen Fortschritt und dessen Segnungen sehr überzeugt, liebe Llarian. Aber meist verläuft er, indem ganz neue Lösungen gefunden wer-den, und nicht, indem man das Bisherige nur besser macht.

Ganz genau lieber Zettel und genau deshalb wird die Menschheit genau wie sie es in der Vergangenheit schon geschafft hat für alle Weltraumprobleme wie Schwerkraft, Entfernung, Geschwindigkeit, Energie und effizientere Triebwerke eine Lösung finden.

Herzlich
M. Schneider

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.06.2008 15:47
#16 RE: Raumfahrt, Bodenschätze, technischer Fortschritt Antworten

Lieber M. Schneider,

vielleicht können wir uns zunächst darauf verständen, daß wir über die Zukunft reden. Und da wir sie nicht kennen, sind wir beide auf Vermutungen und Plausibilitätsüberlegungen angewiesen, nicht wahr?

Also können wir, wenn wir nicht allzu dumm argumentieren, beide Recht haben, Sie oder vielleicht auch ich. Ich denke, es wäre gut, daß wir uns das klarmachen.

Zitat von M.Schneider
Bis ins 20. Jahrhundert mußte man, um eine Gegend zu erforschen, Menschen dorthin schicken. .......................... So, scheint mir, brauchen wir auch heute nicht mehr Menschen, um das Weltall (naja, den erdnahen, allenfalls a bisserl vom interplanetaren Raum unseres Sonnensystems) zu erforschen.

(...) Ein Teleskop wie Hubble ist zwar großartig, es scheitert aber schon an einfachsten Dingen, zum Beispiel auf die Rückseite eines Planeten zu blicken von der Durchdringung von Atmosphären ganz zu schweigen.

Rückseite eines Planeten? Die kehrt er uns ja von Zeit zu Zeit zu, weil Planeten die Angewohnheit haben, sich um ihre Achse zu drehen. Wenn auch sehr unterschiedlich schnell. Der Jupiter wirbelt in zehn Stunden um seine Achse, die Venus braucht acht Monate.

Was nun den Mond angeht, der in der Tat eine gebundene Rotation in Bezug auf die Erde hat: Die ersten Bilder von seiner Rückseite wurden von einer sowjetischen unbemannten Sonde gemacht, ich glaube, es war Luna III. Und eine genaue Kartierung des Mondes wurde auch mit unbemannten Sonden vorgenommen. Es gibt schlechterdings nichts in Bezug auf den Mond, was man nicht unbemannt erforschen könnte.

Und "Durchdringung der Atmosphäre"? Für die Kartierung der Oberfläche der Venus macht man das mit Radar. Ansonsten schickt man unbemannte Sonden hin; freilich nicht ganz einfach, wegen des hohen atmosphärischen Drucks. Der freilich auch, von den Temperaturen ganz abgesehen, auch Menschen den Aufenthalt auf der Venus nicht eben angenehm machen würde (in Dantes Hölle war es bedeutend netter).
Zitat von M.Schneider
So, wie man, um eine Nachricht zu übertragen, bis zur Erfindung des Telegraphen einen Menschen auf den Weg schicken mußte (von exotischen Lösungen wie den Rauchzeichen der Indianer und der Pfeifsprache der Kanarier mal abgesehen).

Die Aussage enthält übrigens einen Denkfehler, man musste nicht nur Menschen als Boten schicken, ohne dass Menschen am Zielort mal gewesen sind, hätte es auch den Telegraphen dorthin nicht geben können.

Aber das räume ich doch gern ein, lieber M. Schneider. Für den Telegraphen. Nur ist es eben bei Sonden anders. Die können von dort senden, wo nie ein Mensch war. Sogar von außerhalb des Sonnensystems, wenn man das will.
Zitat von M.Schneider
Und gar Mars! Das Raumschiff wird aus Gewichtsgründen kaum größer sein können als eine Gefängniszelle;

Auch das lieber Zettel ist ein Trugschluss. Die internationale Raumstationen wird ja genau aus diesen Gründen gebaut. Damit ist es nämlich möglich, für Fernreisen die notwendigen Materialien und auch den Brennstoff erst mal mit mehreren Flügen dorthin zu bringen, um dann dort ein entsprechendes und zwar großes Raumfahrzeug zusammen zu bauen und von dort zu starten.

Von der ISS aus zum Mars? Davon habe ich noch nie etwas gehört. Lesen Sie bitte einmal hier nach, was der Stand der Dinge ist. Die NASA hat bisher keine konkreten Pläne bekanntgegeben, obwohl in einem Entwurf von dem Jahr 2037 für die erste bemannte Mars-Mission die Rede ist - vermutlich nur, weil das gerade 30 Jahre vom Zeitpunkt des Entwurfs waren.

Die ernsthafteste "Machbarkeitsstudie" dürfte im Augenblick das Projekt "Mars for Less" sein. Es sieht vor, daß - jeweils direkt von der Erde, also ohne Zusammenbau im Orbit - zunächst die Marsstation und dann das Fahrzeug mit der Besatzung geschickt wird. Hier finden Sie Berechnungen, wonach die erforderliche Masse mit einer zweistufigen Rakete in die Marsbahn geschossen werden kann. (In dieser Version sollten sogar Kapsel und Station gemeinsam gestartet werden).

Der Zusammenbau im Orbit, den Sie erwähnen, wird in becheidenem Maß bei dem neuen Mondprojekt im Rahmen des Systems "Constellation" stattfinden. Dabei wird die Mannschaftskapsel mit einer sicheren Ares I-Feststoffrakete und der Versorgungsteil sowie das Mondelandefahrzeug mit einer schubstärkeren, aber nicht ganz so sicheren Ares-V-Rakete in eine niedrige Erdumlaufbahn geschossen, wo die beiden Teile für den Mondflug vereint werden. Aber das ist es auch schon; die ISS ist nicht einbezogen.

Der Sinn dieses Zusammenbaus im Orbit ist es weniger, dadurch Schubkraft bei der Startrakete einzusparen. Sondern eine der Erfahrungen des Shuttle-Projekts ist es, daß an bemannte Raketen andere Anforderungen zu stellen sind als an unbemannte. Die einen müssen sehr sicher, aber nicht schubstark sein, bei den anderen ist es umgekehrt. Das Shuttle krankte daran, daß es beides sein sollte. Deshalb entwickelt man jetzt parallel die Ares I und die Ares V.

Warum macht man es nicht so, wie Sie es beschreiben und wie es ja früher die Science Fiction beherrschte? Das Hauptproblem dürfte der erforderliche Schub für den Einschuß in die Bahn zum Mars sein. Dieser - und damit der erforderliche Treibstoff, die Stärke der Motoren usw. - hängt von der Gesamtmasse ab, die man zum Mars bringen will, auch wenn man erst nach deren Zusammenbau im Orbit startet. Man muß dann ja immer noch von der Orbitalgeschwindigkeit auf die Fluchtgeschwindigkeit beschleunigen. Deshalb wird die Mannschaftszelle im Marsfahrzeug nicht viel größer als eine Gefängniszelle sein können.
Zitat von M.Schneider
Erst recht ist es abwegig, zu meinen, man würde eines Tages in einer suborbitalen Bahn von Hamburg nach Singapur geschossen werden.

Diese Ihre Aussage erinnert mich stark an diese allesamt falschen Aussagen, die Nola schon mal listete

Das verstehe ich schon, lieber M. Schneider. Aber nicht jede solche Assoziation ist richtig.
Zitat von M.Schneider
Erst recht ist es abwegig, zu meinen, man würde eines Tages in einer suborbitalen Bahn von Hamburg nach Singapur geschossen werden.

Warum glauben Sie, dass es abwegig ist, nur weil wir es derzeit noch nicht beherrschen?

Weil die Kosten in keinem Verhältnis zum Aufwand stehen würden; weil die g-Belastung der Passagiere bei der Anfangsbeschleunigung und vor allem beim Wiedereintritt zu groß wäre; weil die Umweltbelastung durch den immensen Treibstoffverbrauch, wenn solche Raketen einen regulären Verkehrsbetrieb aufnehmen würden, unvertretbar wäre; weil es in einer Zeit, in der man weltweit Informationen in bester Qualität ohne Zeitverlust elektronisch übertragen kann, keinen Sinn macht, sich physisch von A nach B zu begeben, wenn die Zeit eilt.
Zitat von M.Schneider
Gewiß sind die Rohstoffe endlich. Aber sie vom Mond oder gar vom Mars zu holen, wäre so extrem teuer, daß es sich noch eher lohnen würde, jede weggeworfene Büroklammer zu recylen. Man würde für den Transport mehr an Rohstoffen und Energie verbrauchen, als man gewinnen könnte!

Lieber Zettel, Sie machen bei all Ihren Gegenargumenten genau den von Ihnen beschriebenen Fehler, das heutige Machbare auf die Zukunft hochzurechnen, sogar was die Preise angeht.

Nein. Denn es geht ja nicht um die absoluten Preise, sondern um Preisrelationen. Rohstoffe vom Mond zu holen könnte sich nur dann rechnen, wenn diese auf der Erde extrem teuer wären. Sind sie das, dann wäre aber auch die Energie extrem teuer, die man benötigte, um die erforderlichen Massen auf die erforderliche Geschwindigkeit zu beschleunigen. Es ist, also würde man mit dem Schinken nach der Wurst werfen.
Zitat von M.Schneider
Aber werden wir nicht eines Tages auf dem Mars ein Erd-Klima schaffen ("Terraforming") und ihn kolonisieren? Ich finde, wir sollten erst mal auf der Erde ein schönes Klima schaffen und die Erde kolonisieren.

Auch dies halte ich für eine völlig falsche Annahme. Die Erde ist für die Menschheit wie das Ei für das Küken. Nach einer entsprechenden Entwicklungszeit muss man es verlassen sonst stirbt man, weil die Ressourcen endlich sind.

Es sei denn, man macht es wie die Pflanzen. Die recyclen einen Teil ihrer Ressourcen, indem sie vermodern und wieder zu Erde werden, die neue Pflanze ernährt. Und den anderen Teil beziehen sie von der Sonne.

Die irgendwann die Hauptreihe verlassen, zu einem Roten Riesen und dann zu einem Weißen Zwerg werden wird. Dann alledings, lieber M. Schneider, ist es wirklich zappeduster. Leider auch auf dem Mars.

Aber bis dahin ist es noch ein Weilchen, und erst mal steht ja das Spiel unserer Jungs in Wien an.

Herzlich, Zettel

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

30.06.2008 10:22
#17 RE: Raumfahrt, Bodenschätze, technischer Fortschritt Antworten

Lieber Zettel

vielleicht können wir uns zunächst darauf verständen, daß wir über die Zukunft reden. Und da wir sie nicht kennen, sind wir beide auf Vermutungen und Plausibilitätsüberlegungen angewiesen, nicht wahr?

Nein, die Argumentation ist eine ganz andere und sehr viel einfachere-. Man fragte mal einen Bergsteiger, warum er denn immer auf Berge klettern würde, seine lakonische Antwort war, weil sie da sind.

Und so ist es mit dem Universum auch, wir fliegen ins Universum weil es da ist, weil der Forscherdrang der in uns angelegt ist gar keine andere Möglichkeit zulässt. Die Menschheit würde es sich niemals nehmen lassen, persönlich hin zu fliegen. Und von daher stellt sich einfach die Frage ob der bemannte Raumflug sinnvoll ist schon auf dieser einfachen Basis nicht.

Rückseite eines Planeten? Die kehrt er uns ja von Zeit zu Zeit zu, weil Planeten die Angewohnheit haben, sich um ihre Achse zu drehen.

Nun lieber Zettel Sie interpretieren das was ich sage immer zu kurz, ich meinte damit nur marginal unser eigenes Sonnensystem und ich meinte auch nur bedingt, die Rückseite des Planeten zu fotografieren, als vielmehr die Tatsache, dass uns ein solcher Planeten die freie Sicht auf das was hinter ihm steht, verdecken kann.

Von der ISS aus zum Mars? Davon habe ich noch nie etwas gehört. Lesen Sie bitte einmal hier nach, was der Stand der Dinge ist.

Lieber Zettel auch wieder was ich sagte, sehen Sie es nicht so kurzfristig.
Sie können hundertprozentig sicher sein, dass es in der Zukunft so laufen wird, dass man für weiter entfernte Missionen von einem Weltraumbahnhof startet.
Die Gründe nennen Sie ja selber. Die Traglasten unserer derzeitigen Raketen sind einfach zu gering, Raumfahrzeuge mit Platz und somit Gewicht benötigen deutlich mehr Treibstoff als wir derzeit mit einem Start hoch schaffen können.
Es spielt gar keine Rolle, ob man vorgezogen noch andere Pläne hat, auf längere Sicht gibt es keine andere Möglichkeit, es sei denn wir machen entscheidende Erfindungen in Sachen Antrieb oder gar Neutralisation von Schwerkraft.

Weil die Kosten in keinem Verhältnis zum Aufwand stehen würden; weil die g-Belastung der Passagiere bei der Anfangsbeschleunigung und vor allem beim Wiedereintritt zu groß wäre; weil die Umweltbelastung durch den immensen Treibstoffverbrauch, wenn solche Raketen einen regulären Verkehrsbetrieb aufnehmen würden, unvertretbar wäre; weil es in einer Zeit, in der man weltweit Informationen in bester Qualität ohne Zeitverlust elektronisch übertragen kann, keinen Sinn macht, sich physisch von A nach B zu begeben, wenn die Zeit eilt.

Das sind alles Argumente die nicht greifen. Kosten? Vor 20 Jahren hätte mit gleichem Argument niemand geglaubt dass es einen A 380 geben wird. Gibt es aber. Brennstoffverbrauch? Ist eine relative Größe, ein A 380 verbraucht pro Person weniger Kerosin als ein 1/4 so großes Flugzeug, obwohl er so groß ist.
G. Belastung? Möglich, ist aber in Trockenübung kaum abschätzbar, warten wir es also ab.
Keinen Sinn sich physisch von A. nach B. zu begeben?
Dem widerspricht schon die Tatsache, dass der Flugverkehr sich von Jahr zu Jahr immer mehr ausweitet. In meinem Beruf würde es auch nichts nutzen, Sie können einfach nicht über eine Internetverbindung bauen und Sie können nicht mal eine Überwachung dieser Bautätigkeit durchführen. Sie müssen hinfliegen.

Nein. Denn es geht ja nicht um die absoluten Preise, sondern um Preisrelationen. Rohstoffe vom Mond zu holen könnte sich nur dann rechnen, wenn diese auf der Erde extrem teuer wären. Sind sie das, dann wäre aber auch die Energie extrem teuer, die man benötigte, um die erforderlichen Massen auf die erforderliche Geschwindigkeit zu beschleunigen. Es ist, also würde man mit dem Schinken nach der Wurst werfen.

Nein lieber Zettel, Preise spielen überhaupt keine Rolle in der Überlegung, sondern lediglich die einfache Feststellung dass die Ressourcen auf der Erde endlich sind. Eine sich weiterentwickelnden Menschheit wird hier zwingend an Grenzen kommen und die sind auch nicht durch Recycling beherrschbar. Damit kann man etwas strecken, aber nicht mehr.
Haben wir zum Beispiel Brennstoffe verbraucht, dabei ist es völlig egal ob wir von fossilen oder atomaren Brennstoffen reden, dann bekommen wir sie auch nicht recycelt.
Niemand stellt aus COx, NOx, SOx, und H2O, um nur die Hauptbestandteile der Rauchgase zu nennen, wieder Erdöl oder Kohle her.

Wir verbrauchen den Dotter des Eies, wir wandeln damit hochwertige in niederwertige Stoffe. Ist der Dotter verbraucht, brauchen wir externen Nachschub, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Herzlich M. Schneider

M.Schneider Offline



Beiträge: 672

30.06.2008 15:58
#18 RE: Raumfahrt, Bodenschätze, technischer Fortschritt Antworten

Lieber Zettel

Von der ISS aus zum Mars? Davon habe ich noch nie etwas gehört.

Hier sind solche Pläne, das Ganze zu splitten und dann zusammenzubauen z.B. zu lesen.

http://www.sueddeutsche.de/wissen/artikel/928/145595/

Herzlich
M.Schneider

Zettel Offline




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30.06.2008 16:36
#19 RE: Raumfahrt, Bodenschätze, technischer Fortschritt Antworten

Zitat von M.Schneider
Und so ist es mit dem Universum auch, wir fliegen ins Universum weil es da ist, weil der Forscherdrang der in uns angelegt ist gar keine andere Möglichkeit zulässt. Die Menschheit würde es sich niemals nehmen lassen, persönlich hin zu fliegen. Und von daher stellt sich einfach die Frage ob der bemannte Raumflug sinnvoll ist schon auf dieser einfachen Basis nicht.

Lieber M. Schneider, sie artikulieren da einen Glauben. Und über Glauben kann man bekanntlich nicht streiten, sollte man jedenfalls nicht.

Ich glaube nicht, daß die Zahl der Menschen auf der Erde erheblich über neun Milliarden wachsen wird; und ich sehe nicht, daß sie sich nicht, solange es sie gibt, gut auf der Erde einrichten könnte. Das ist halt mein Glaube: Ich glaube, daß der Entdeckungsdrang in der Tat nach immer mehr Erkenntnissen über das Universum verlangt. Ich glaube nicht, daß man sich, um diesen Drang zu befriedigen, physisch dorthin begeben muß.
Zitat von M.Schneider
Rückseite eines Planeten? Die kehrt er uns ja von Zeit zu Zeit zu, weil Planeten die Angewohnheit haben, sich um ihre Achse zu drehen.
Nun lieber Zettel Sie interpretieren das was ich sage immer zu kurz, ich meinte damit nur marginal unser eigenes Sonnensystem und ich meinte auch nur bedingt, die Rückseite des Planeten zu fotografieren, als vielmehr die Tatsache, dass uns ein solcher Planeten die freie Sicht auf das was hinter ihm steht, verdecken kann.

Nehmen Sie mir die Beckmesserei nicht übel, lieber M. Schneider, aber ein Planet kann keine Sicht verdecken, weil er ja, wie auch die Erde, ständig in Bewegung ist. Und Exoplaneten kann man - außer unter ganz besonderen Bedingungen - eh nicht sehen, sondern nur aus Bahn-Anomalien auf ihre Existenz schließen. Würde man sie so sehen können, daß man Vorder- und Rückseite unterscheiden könnte, dann würde man immer - natürlich in zeitlichem Abstand - beide sehen können, selbst wenn solch ein Planet sich nicht um die eigene Achse drehte, weil er ja sein Zentralgestirn umläuft.
Zitat von M.Schneider
Von der ISS aus zum Mars? Davon habe ich noch nie etwas gehört. Lesen Sie bitte einmal hier nach, was der Stand der Dinge ist.
Lieber Zettel auch wieder was ich sagte, sehen Sie es nicht so kurzfristig. Sie können hundertprozentig sicher sein, dass es in der Zukunft so laufen wird, dass man für weiter entfernte Missionen von einem Weltraumbahnhof startet.

Hm, Sie hatten allerdings von der ISS geschrieben.
Zitat von M.Schneider
Die Gründe nennen Sie ja selber. Die Traglasten unserer derzeitigen Raketen sind einfach zu gering, Raumfahrzeuge mit Platz und somit Gewicht benötigen deutlich mehr Treibstoff als wir derzeit mit einem Start hoch schaffen können.

Das stimmt. Aber deshalb ist es eben unökonomisch, solche großen Raumfahrzeuge zu bauen. Alles, was man erforschen will, kann man mit Sonden erforschen, die eine Masse von einigen Tonnen haben. Davon geht das meiste auf den Treibstoff für die Steuerung unterwegs und für das Abbremsen am Ziel drauf, für die Fallschirmsysteme, die Landevorrichtung usw.

Vor allem braucht man für den Rückstart vom Mars zur Erde sehr viel Treibstoff, weil dessen Masse ja a bisserl größer ist als die des Mondes.

Das ist ein ganz erhebliches Problem; man diskutiert deshalb, für eine bemannte Mission eventuell auf dem Mars selbst Treibstoff zu gewinnen.
Zitat von M.Schneider
Es spielt gar keine Rolle, ob man vorgezogen noch andere Pläne hat, auf längere Sicht gibt es keine andere Möglichkeit, es sei denn wir machen entscheidende Erfindungen in Sachen Antrieb oder gar Neutralisation von Schwerkraft.

Oder wir bleiben auf der Erde und erforschen das Planetensystem ebenso mit Instrumenten, wie wir das mit dem Rest des Weltalls auch tun.
Zitat von M.Schneider
Dem widerspricht schon die Tatsache, dass der Flugverkehr sich von Jahr zu Jahr immer mehr ausweitet. In meinem Beruf würde es auch nichts nutzen, Sie können einfach nicht über eine Internetverbindung bauen und Sie können nicht mal eine Überwachung dieser Bautätigkeit durchführen. Sie müssen hinfliegen.

Aber gewiß, lieber M. Schneider. Nur - was die Entwicklung des Flugverkehrs angeht, hat dies sich eben nicht hin zum Überschall-Verkehrsflugzeug vollzogen, obwohl man das in den sechziger Jahren dachte. Und was das physische Hinfliegen angeht - klar braucht man das oft. Aber wenn es so schnell sein muß, daß ein Flug auf einer suborbitalen Bahn sich rechnen würde, dann geht es eben auch ohne eine physische Reise. Konferenzen finden heute schon als weltweite Videokonferenzen statt. Man wird an der Qualität des Bildes arbeiten; vielleicht kann man es bald als Hologramm übertragen. Dann sitze Ihnen ihr Geschäftspartner in Schanghai zwar nicht physisch, aber als eine Art Gespenst gegenüber
Zitat von M.Schneider
Nein lieber Zettel, Preise spielen überhaupt keine Rolle in der Überlegung, sondern lediglich die einfache Feststellung dass die Ressourcen auf der Erde endlich sind. Eine sich weiterentwickelnden Menschheit wird hier zwingend an Grenzen kommen und die sind auch nicht durch Recycling beherrschbar. Damit kann man etwas strecken, aber nicht mehr.

Jetzt sind aber Sie es, lieber M. Schneider, der nicht genügend an den Erfindungsreichtum der Menschheit glaubt.
Zitat von M.Schneider
Wir verbrauchen den Dotter des Eies, wir wandeln damit hochwertige in niederwertige Stoffe. Ist der Dotter verbraucht, brauchen wir externen Nachschub, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Das ist eine hübsche Metapher, aber man kann es auch anders sehen: Wir leben nicht innerhalb einer Eischale, sondern in einem Schlaraffenland.

Wir müssen nur neue Löffel, Messer und Gabeln finden, um zu schlemmen.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

30.06.2008 17:11
#20 RE: Raumfahrt, Bodenschätze, technischer Fortschritt Antworten

Vielleicht kann ich ja als Verfechter einer bodenständigen und streng am Nutzen orientierten Raumfahrt zwischen Ihnen beiden vermitteln. Sie hängen die Sache nämlich ganz falsch auf, meine Herren.
Also:
Wenn man da oben Spargel anbauen kann, dann soll man es gottsverdamt nochmal auch tun. Ich nehme die ersten 12 Pfund auf Kommission mit einem Pfund Kostprobe voraus.
Meine Güte, wir reden hier über Gemüse, da muss man doch ackern und ernten und so weiter.

Klug und fleißig - Illusion
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The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.06.2008 17:16
#21 RE: Raumfahrt, Bodenschätze, technischer Fortschritt Antworten

Zitat von M.Schneider
Hier sind solche Pläne, das Ganze zu splitten und dann zusammenzubauen z.B. zu lesen.
http://www.sueddeutsche.de/wissen/artikel/928/145595/

Stimmt, lieber M. Schneider. Die BBC hat das etwas ausführlicher berichtet. Danach wird erwogen, das Raumschiff aus drei bis vier Bauteilen zusammenzubauen, die jeweils mit einer Ares V in den Orbit geschossen werden sollen.

Dieses Projekt hatte ich übersehen, weil es in den sonst zuverlässigen Artikeln zu bemannten Marsflügen in der internationalen Wikipedia nicht erwähnt wird. Tut mir leid.

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

01.07.2008 00:36
#22 RE: Zitat des Tages: Spargel auf dem Mars Antworten

Lieber Zettel,

nach dem ich die wirklich schöne Diskussion noch einmal gelesen habe, ist mir ein Gedanke geblieben, den ich noch gerne artikulieren möchte, der aber nur begrenzt in eine sachliche Diskussion passt. Vielleicht deshalb auch ganz gut am Ende.

Der Gedanke ist simpel: Ich will dahin. Ich wollte da schon immer hin. Und ich werde vermutlich auch immer dahin wollen. Das mag eine romantische Vorstellung sein, die von jemandem geprägt ist, der mit Captain Future und Captain Kirk groß wurde, aber dennoch können solche Vorstellungen eine ganz massive Motivation sein, seine Bemühungen (oder auch sein Geld) in eine bestimmte Richtung zu lenken. Und ich glaube, dass ich damit alles andere als alleine bin.
Sie erklären (ich hoffe, das so richtig verstanden zu haben, ich will nichts falsches unterstellen) ihre Ablehnung der bemannten Raumfahrt mit einem Nutzen/Kosten Argument. Die unbemannte Raumfahrt ist billiger. Das stimmt. Das ist das Tauchen mit Robotern allerdings auch.
Ich bin Sporttaucher. Das ist eine in gewissem Sinne vollkommen sinnlose Beschäftigung. Man dringt in eine für den Menschen lebensfeindliche Umgebung ein, das ganze kostet eine ganze Stange Geld und ist überdies nicht einmal besonders gesund. Und dennoch gibt es haufenweise Menschen, die nicht mehr aufhören können, nachdem sie einmal tauchen waren (wenn Sie das nicht kennen, probieren Sie es mal !). Genauso würde ich auch gerne ins All fliegen. Ich weiss, das werde ich kaum erleben, weil wir technisch noch nicht soweit sind. Aber wenn meine Enkel vielleicht mal ganz ähnlich sind und die Technik weiter ist, kann ich mir vorstellen, dass die nicht nur dahin wollen, sondern auch dahin kommen.

Aber ich sagte ja, das ist nicht wirklich diskutierbar, weils keinem wirklich rationalen Argument folgt sondern einem Wunsch. Ich habe dennoch den Eindruck, dass ich diesen Wunsch mit sehr vielen anderen Menschen teile.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.07.2008 01:52
#23 Faszination der Raumfahrt Antworten

Lieber Llarian,

Sie sprechen da einen sehr interessanten Aspekt an, und wer weiß - vielleicht ist das ja gar nicht das Ende dieser Diskussion, sondern der Anfang eines neuen Subthreads.

Ich kann ihre Begeisterung gut nachvollziehen, weil ich sie - in gewisser Weise, denn es war wohl doch etwas anders - auch hatte und habe.

Ich habe ja schon gelegentlich erwähnt, daß ich mich seit meiner Kindheit für Astronomie interessiere und das fast auch studiert hätte. Als es losging mit der Raumfahrt - erst einmal der unbemannten - war ich also Feuer und Flamme.

Ich habe vom Tag des Starts von Sputnik I an alle erreichbaren Zeitungsausschnitte zur Raumfahrt gesammelt; die vier Ordner besitze ich noch. Auf Seite eins prangt die Schlagzeile der "Welt" vom 5. Oktober 1957: "Der Erdsatellit erregt die Welt". So habe ich das dann weiterverfolgt zur bemannten Raumfahrt; ich kann Ihnen noch heute die Namen der sieben ersten amerikanischen Astronauten aufsagen, und auch die der meisten russischen dieser ersten Jahre.

Also, das hat mich alles sehr begeistert. Vielleicht nicht aus genau den Motiven, die Sie schildern. Das Gefühl, im Raum zu sein, so wie das Gefühl des Tauchens, das hat mich weniger interessiert. Ich fand schon damals den wissenschaftlichen Aspekt aufregend, diese ständig neuen Entdeckungen, die man machte. Aber das Gefühl des "Aufbruchs zu neuen Ufern" war schon stark, das gebe ich gern zu.

Und das ist, glaube ich - und da sind wir wohl einer Meinung - ein sehr ursprüngliches Gefühl. Wenn man evolutionsbiologisch spekulieren will, dann könnte man vermuten: Es ist ein Ur-Gefühl, weil das Wandern schon des Hominiden Lust war, oder jedenfalls eine Notwendigkeit für ihn. Unsere Geschichte als Spezies begann mit der "Auswanderung" aus dem tropischen Regenwald in die Savanne; und immer ist der Mensch einer gewesen, der zu neuen Ufern aufbrechen mußte. Das Aufbrechen zu neuen Grenzen liegt uns im Blut.

Filme mit diesem Motiv sehe ich noch immer sehr gern; lese auch gern Berichte über Expeditionen in unbekannte Gefilde, wie den von Lewis und Clark, den ich kürzlich erwähnt habe.



So weit, so gut. Wenn sich dieses Gefühl, dieses Bedürfnis konkretisiert, dann geschieht das erstens meist in der Phantasie, und zweitens muß das Geschehen weit weg sein - geographisch und am besten auch noch in ferner Vergangenheit oder ferner Zukunft. Das eine waren diese Sagen von den großen Expeditionen - Odysseus (wenn dort auch nicht ganz freiwillig), Jason und die Argonauten, Sindbad der Seefahrer usw. Das andere wird in der heutigen Science Fiction verwirklicht.

Aber, lieber Llarian, sollte das wirklich bestimmen, für welche technischen Systeme viele Millarden Euro ausgegeben werden, oder Dollar? Genügt es nicht, diesem Bedürfnis durch Bücher, Comics, heute durch Filme aus dem Computer Rechnung zu tragen?

Ich gebe zu, daß auch heute noch die bemannte Raumfahrt mich fasziniert. Ich habe zB stundenlang der Außenbord-Aktivität (fälschlich "Weltraumspaziergang" genannt) zugeguckt, die Phoenix live und ungeschnitten übertrug, als ein deutscher Astronaut mit von der Partie war.

Aber just dabei ist mir der ganze Wahnwitz dieser bemannten Raumfahrt aufgegangen. Ich habe das schon beschrieben, in ZR oder hier: Wie die Bodenkontrolle jeden Handgriff, jede Bewegung kontrollierte. Alles war bis ins Kleinste geübt, aber da der Astronaut logischerweise nicht alles behalten konnte, agierte er wie ein Roboter, der sprachgesteuert wird: "Links sehen Sie jetzt eine Schraube. Diese drehen Sie fünf mal nach links und lösen sie dann." In diesem Stil, stundenlang.

So, lieber Llarian, wird es auch auf dem Mars sein. Alles wird genauestens bekannt sein, bevor auch nur ein Astronaut seinen Fuß auf den Boden des Mars gesetzt hat. Schon jetzt ist er mindestens so gut vermessen wie die Erde. Man wird jedes Staubkorn im Bereich der Landestelle kennen, wird alles über das Klima, über den Boden usw. wissen.

Und das zeigt eben, daß wir es gar nicht mit einem klassischen Abenteuer, mit einer Expedition in Unbekanntes, zu tun haben. Wir haben es mit einem Wahnsinnsflug in Bekanntes zu tun, unternommen nur, damit man damit prahlen kann, es getan zu haben.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.07.2008 02:20
#24 RE: Faszination der Raumfahrt Antworten

Und hier, lieber Llarian, noch ein Schmankerl für Sie:

http://www.weltraumtouristik.de/buchung.htm#Edge_of_Space

Herzlich, Zettel

Llarian Offline



Beiträge: 7.127

01.07.2008 11:35
#25 RE: Faszination der Raumfahrt Antworten

Lieber Zettel,

In Antwort auf:
Aber, lieber Llarian, sollte das wirklich bestimmen, für welche technischen Systeme viele Millarden Euro ausgegeben werden, oder Dollar? Genügt es nicht, diesem Bedürfnis durch Bücher, Comics, heute durch Filme aus dem Computer Rechnung zu tragen?

Mir nicht. Wobei Sie mich bitte nicht falsch verstehen, ich halte gar nichts davon für meine Ideen oder Ziele Steuergelder zu verschwenden. Es gibt mit Sicherheit Millionen Menschen in Deutschland, die nicht das geringste Interesse an bemannter Raumfahrt haben und die haben ein gutes Recht nicht dafür zahlen zu müssen. Ich glaube ohnehin dass die privaten das irgendwann besser lösen als der Staat.
Es ist nicht (ganz) das selbe etwas selber zu erleben, als es im Fernsehen oder einem Buch zu verfolgen. Nichtmal ein Computerspiel kann das vermitteln (und die können das schon in aller Regel besser als Filme). Ich kenne Filme und Unterwasseraufnahmen, die weit besser sind als alles was man als normaler Taucher zu sehen bekommt. Das ist dennoch nicht das selbe, wie selbst dagewesen zu sein, selber die Strömung gespürt zu haben und mit dem Oktopus gespielt zu haben (DAS ist etwas, was man unbedingt mal machen sollte.). Ich würde einige dafür geben das zu erleben, was White oder Leonow in ihren ersten wirklichen Freiflügen im Orbit erlebt haben. Ich glaube nicht, dass irgendein Buch mit das vermitteln könnte.

Was nun das roboterhafte betrifft, so gebe ich Ihnen absolut recht: Da ist wenig Selbstständigkeit da. Aber es ist auch eine sehr junge Disziplin. Zur Zeit sind die Dinge, die Menschen von Maschinen abheben (Verantwortung oder Kreaktivität beispielsweise) in der Raumfahrt kaum gefragt. Weil wir noch rumstümpern. Ganz ähnlich wie die Luftfahrt vor einem Jahrhundert froh war, wenn die Piloten ihre Stunts überstanden. Ich würde das, was wir heute als bemannte Raumfahrt bezeichnen, eher als Kindergarten sehen. Wir üben. Wir spielen. Aber wir lernen auch. Es wäre ja auch nicht fair die Fliegerei anhand der ersten Flugversuche zu bewerten.
Im Moment sind Astronauten nicht viel mehr als Laborkaninchen. Aber das muss nicht so bleiben.

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