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ZETTELS KLEINES ZIMMER

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Dieses Thema hat 15 Antworten
und wurde 756 mal aufgerufen
 The Outside of the Asylum
califax Offline




Beiträge: 1.502

29.07.2008 13:52
EU Antworten

Es gibt verschiedene Blickwinkel auf Europa, die verschiedenen Auffassungen über Machtverhältnisse, Legitimation und Zukunft der EU entsprechen. Hier gibt's ein Gebrabbel über europäische Facetten, Aussichten und Strategie.

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The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.07.2008 19:20
#2 RE: EU Antworten

Lieber Califax,

aus den vielen diskussionswürdigen Gedanken in diesem interessanten Artikel greife ich jetzt einmal diesen heraus:

Zitat von Califax
Außerhalb der großen Debatten gibt es die Idee einer stark föderal strukturierten Bundesrepublik Europa. Dabei sollen die Mitgliedsstaaten nur die Politik nach Außen, also Militär, Geheimdienst, Außenhandel, Zölle, Diplomatie, etc. an das europäische Zentrum abgeben. Hinzu kommen auf freiwilliger Basis durch jeweilige Verträge zwischen Zentrum und Mitgliedsstaat bestimmte Kooperationen, die, wie etwa bei der europaweiten Strafverfolgung, Aufgaben stemmen, die den Einzelstaat überfordern.

Eine solche föderale Republik bräuchte eine starke parlamentarische Kontrolle über sowohl nationale als auch europaweite Wahlen. Eine starke Exekutive sollte eine einheitliche Außenpolitik sicherstellen. Eine potentiell kriegerische Exekutive müsste durch die parlamentarische Kontrolle an die Leine gelegt werden. Ein Ausgleich zwischen kleinen und großen Staaten wäre dringend notwendig. Dies könnte auf der Basis eines Zweikammersystems mit direkt gewählter Kammer (dieselbe Anzahl Stimmen pro Wahlkreis in der ganzen EU) und einem Senat (dieselbe Anzahl Stimmen pro Mitgliedsstaat) geschehen.

Diese Idee liegt im Tiefschlaf.

Das ist noch freundlich ausgedrückt. Man könnte auch von Schlafes Bruder sprechen.

Was Sie da beschreiben, das ist ja ein Modell nach dem Vorbild der USA. Auch aus meiner Sicht wäre das das einzige vernünftige Ziel; mit einer allerdings noch größeren Autonomie der Bundesstaaten als in den USA. Denn die kulturellen Unterschiede sind ja größer als die zwischen den Staaten der USA; auch wird es keine gemeinsame Sprache geben.



Warum wurde und wird ein solches Modell gar nicht ernsthaft diskutiert? Ich vermute, weil es mit Europa ähnlich geht wie mit der türkischen Einwanderung nach Deutschland: Da passiert ein Prozeß; ungeplant, von niemandem eigentlich so gewollt, "naturwüchsig".

Es ist ja bezeichnend, daß nicht, wie bei den USA, eine Verfassungsdikussion am Anfang stand. Sondern erst ein halbes Jahrhundert nach dem Beginn des Prozesses hat man sich am Kopf zu kratzen begonnen und gefragt: Teufel, was wollen wir eigentlich, wo soll denn das Ganze hinführen?

Und inzwischen ist, naturwüchsig, schon längst diese Bürokratie entstanden, die sich die Macht nicht mehr wird nehmen lassen.

Also, ich fürchte, lieber Califax, dieses vernünftige Modell hat kaum noch eine Chance. Wir können nur noch hoffen, daß der Vertrag von Lissabon doch noch scheitert (eine naive Hoffnung, fürchte ich) und daß dann endlich eine europaweite Diskussion darüber einsetzt, was wir wollen.

Wir, die Europäer. Die sich ja mehr und mehr als die Objekte und nicht als das Subjekt dieses Prozesses vorkommen.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

29.07.2008 20:11
#3 RE: EU Antworten

Zitat von Zettel

Also, ich fürchte, lieber Califax, dieses vernünftige Modell hat kaum noch eine Chance. Wir können nur noch hoffen, daß der Vertrag von Lissabon doch noch scheitert (eine naive Hoffnung, fürchte ich) und daß dann endlich eine europaweite Diskussion darüber einsetzt, was wir wollen.
Wir, die Europäer. Die sich ja mehr und mehr als die Objekte und nicht als das Subjekt dieses Prozesses vorkommen.



Ich glaube wirklich, daß es der Avantgarde nicht gelingen wird, ihre Legitimationskrise zu stoppen. Diese Krise wird früher oder später zu Resultaten an den Wahlurnen führen. Bei Volksbefragungen ist das jetzt schon der Fall. Der Trend wird sich auf Parlamentswahlen ausdehnen. Damit werden die in der Bevölkerung längst vorhandenen Zentrifugalkräfte Einfluß auf die Politik nehmen. Je später die EU-Ebene mit ernstzunehmenden und glaubhaften Konzessionen beginnt, desto heftiger wird sie durchgerüttelt werden.
In der Zwischenzeit sollten wir alle mit unseren begrenzten Mittelchen dafür sorgen, daß die Idee eines starken ausgewogenen Föderalismus in immer mehr Köpfe hineinkommt. Daß zumindestens bewusst wird (oder bleibt), daß es eben nicht nur die Totalentscheidung EU oder nicht EU gibt, sondern sehr wohl eine gute und bürgernahe Verfassung möglich ist.

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The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.07.2008 23:45
#4 RE: EU Antworten

Zitat von califax
Ich glaube wirklich, daß es der Avantgarde nicht gelingen wird, ihre Legitimationskrise zu stoppen. Diese Krise wird früher oder später zu Resultaten an den Wahlurnen führen. Bei Volksbefragungen ist das jetzt schon der Fall. Der Trend wird sich auf Parlamentswahlen ausdehnen. Damit werden die in der Bevölkerung längst vorhandenen Zentrifugalkräfte Einfluß auf die Politik nehmen. Je später die EU-Ebene mit ernstzunehmenden und glaubhaften Konzessionen beginnt, desto heftiger wird sie durchgerüttelt werden.

Das fürchte ich auch. Das Fatale ist, daß die Bürokratisierung in und durch Brüssel zusammentrifft mit dem Versuch, via Ökologie eine formierte Einheitsgesellschaft zu schaffen.

Das führt zu Gegenbewegungen, wie man sie ja schon jetzt in allerlei populistischen Varianten sehen kann. Da verschmilzt der klassische Rechts- mit dem Linksextremismus, und dieser mit einem im Grunde liberalen Aufbegehren gegen die Arroganz der Macht.
Zitat von califax
In der Zwischenzeit sollten wir alle mit unseren begrenzten Mittelchen dafür sorgen, daß die Idee eines starken ausgewogenen Föderalismus in immer mehr Köpfe hineinkommt. Daß zumindestens bewusst wird (oder bleibt), daß es eben nicht nur die Totalentscheidung EU oder nicht EU gibt, sondern sehr wohl eine gute und bürgernahe Verfassung möglich ist.

Wir könnten ja einmal ein wenig spielen und - entlang der Punkte, die Sie in Ihrem Artikel genannt haben - überlegen, wie denn die Kernpunkte einer solchen Verfassung aussehen sollten.

Als Ausgangspunkt kommt meines Erachtens nur die US-Verfassung in Frage. Und schon mit dieser Einsichrt ist man natürlich in einer hoffnungslosen Außenseiter-Position.

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

30.07.2008 00:26
#5 RE: EU Antworten

Zitat von Zettel

Zitat von califax

In der Zwischenzeit sollten wir alle mit unseren begrenzten Mittelchen dafür sorgen, daß die Idee eines starken ausgewogenen Föderalismus in immer mehr Köpfe hineinkommt. Daß zumindestens bewusst wird (oder bleibt), daß es eben nicht nur die Totalentscheidung EU oder nicht EU gibt, sondern sehr wohl eine gute und bürgernahe Verfassung möglich ist.


Wir könnten ja einmal ein wenig spielen und - entlang der Punkte, die Sie in Ihrem Artikel genannt haben - überlegen, wie denn die Kernpunkte einer solchen Verfassung aussehen sollten.
Als Ausgangspunkt kommt meines Erachtens nur die US-Verfassung in Frage. Und schon mit dieser Einsichrt ist man natürlich in einer hoffnungslosen Außenseiter-Position.



Wer will schon eine Amerikanisierung? :)
Ich jedenfalls nicht. Die US-Verfassung ist gut, musste aber im Laufe der Zeit durch viele Amendments aktualisiert werden. Sie ist ja auch in einer anderen Zeit entstanden. Und Europäer sind keine Amerikaner.
Allerdings kann man aus der US-Verfassung wie auch aus vielen europäischen Verfassungsprojekten in Vergangenheit und Gegenwart ein paar Dinge lernen.
Das wichtigste ist die stabilisierende Wirkung einer geschickt austarierten Gewaltenteilung. Sie zwingt zu jeweils zeitgemäßen Interpretationen der Verfassung, die den jeweiligen moralischen Auffassungen der Bevölkerung folgt.
Diese Austarierung ist das Wichtigste an einer Verfassung. Ohne sie kann man auch fundamentale Verfassungsgrundsätze wie die Menschenrechte aushebeln.
Bei der Struktur einer zukunftsfähigen EU glaube ich an das Zweikammersystem. Das Parlament sollte aus Wahlkreisen mit der jeweils gleichen Wählerzahl bestimmt werden. Die Form der Wahlkreise soll dem Diktat eines möglichst gleichmäßigen Radius in alle Richtungen folgen. Das ist elastisch genug für die Geographie, ermöglicht aber erfolgreiche Klagen gegen parteiischen Wahlkreiszuschnitt. Gezählt wird nach relativer Mehrheit ohne Liste. Kleine Parteien haben so eine Chance, Kandidaten müssen sich vor ihren Wählern beweisen, einer Zersplitterung des Parlaments wirken die schiere Größe der Wahlkreise und der Zwang zu Koalitionen in der Parlamentsarbeit entgegen.
Die zweite Kammer ist der Senat. Jeder EU-Mitgliedsstaat entsendet 3 Senatoren in den Senat. Es sind 3, damit sie sich in schwierigen Fragen auf eine Mehrheit oder eine sehr explizite Enthaltung einigen können. Jeder Mitgliedsstaat entscheidet selbst in nationaler Souveränität, wie seine Senatoren bestimmt werden.

Alle Entscheidungen der EU-Legislative müssen von beiden Kammen mit mindestens jeweils absoluter Mehrheit beschlossen werden. Die Entscheidung im bereich der Kompetenzkompetenz benötigt eine zweifache Zweidrittelmehrheit plus Volksabstimmung in allen Mitgliedsstaaten.

Beide Kammern einigen sich auf die Mitglieder und die Fähigkeiten der Exekutive in beidseitiger absoluter Mehrheit. Jede Entscheidung in diesem Bereich soll durch eine ebensolche Mehrheit rückgängig gemacht werden können.

Die Exekutive muss alle Verträge, die sie abschließt, durch die beiden Kammern bestätigen lassen, damit sie gültig werden. Die Kompetenz der europäischen Legislative, Exekutive und Judikative beschränkt sich auf die gemeinsame Vertretung der Interesse der EU-Bürger gegenüber dem nicht zur EU gehörigen Ausland.
Die Sonderjudikative des höchsten europäischen Gerichtshofes dient zusätzlich der Einhaltung der EU-Verfassung.

Wenn ein Mitgliedsstaat der EU es ausdrücklich und öffentlich wünscht, kann in einem öffentlichen, nicht geheimen Verfahren zwischen diesem Mitgliedsstaat und den beiden Kammern der EU ein Vertrag geschlossen werden, der die EU-Exekutive ermächtigt, in diesem Staat zur Lösung eines dringenden Problems dieses Staates unterstützend tätig zu werden.

Die Finanzierung der EU-Exekutive unterliegt der Kontrolle und Zustimmung beider EU-Kammern.

Die Organe der EU werden durch eigene Steuererhebung finanziert. Diese Steuern sind in den Mitgliedsstaaten als EU-Steuern klar kenntlich zu machen. Andere Zahlungen von Mitgliedsstaaten an die EU sind untersagt, sofern sie nicht als Vertragsstrafen fällig werden.

So, jetzt hab ich keine Lust mehr zu tippen für heute. Ist ein Anfang zum Zerlegen und Ergänzen.

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The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.07.2008 16:27
#6 Wahlmodus und Zweikammernsystem Antworten

Zitat von califax
Bei der Struktur einer zukunftsfähigen EU glaube ich an das Zweikammersystem. Das Parlament sollte aus Wahlkreisen mit der jeweils gleichen Wählerzahl bestimmt werden. Die Form der Wahlkreise soll dem Diktat eines möglichst gleichmäßigen Radius in alle Richtungen folgen. Das ist elastisch genug für die Geographie, ermöglicht aber erfolgreiche Klagen gegen parteiischen Wahlkreiszuschnitt.

Da waren die Väter der US-Verfassung eben auch genial: Die Zusammensetzung des Repräsentantenhauses berücksichtigt das Prinzip der Gleichgewichtigkeit aller Wählerstimmen. Die des Senats berücksichtigt das Prinzip der Gleichgewichtigkeit aller Bundesstaaten. Genau so sollte es die EU auch machen.
Zitat von califax
Gezählt wird nach relativer Mehrheit ohne Liste. Kleine Parteien haben so eine Chance, Kandidaten müssen sich vor ihren Wählern beweisen, einer Zersplitterung des Parlaments wirken die schiere Größe der Wahlkreise und der Zwang zu Koalitionen in der Parlamentsarbeit entgegen.

Ich bin ja, lieber Califax, hekanntermaßen ein Anhänger des Mehrheitswahlrechts. Und zwar nach französischem Vorbild; also mit zwei Wahlgängen. Das gibt durch Bündnisse für den zweiten Wahlgang auch kleinen Parteien ihre Chance. Aber eben nur in einem Bündnis, so daß stabile Regierungen programmiert sind.
Zitat von califax
Die zweite Kammer ist der Senat. Jeder EU-Mitgliedsstaat entsendet 3 Senatoren in den Senat. Es sind 3, damit sie sich in schwierigen Fragen auf eine Mehrheit oder eine sehr explizite Enthaltung einigen können. Jeder Mitgliedsstaat entscheidet selbst in nationaler Souveränität, wie seine Senatoren bestimmt werden.

Es sollten vielleicht mehr als zwei sein. Aber nicht wegen der Notwendigkeit einer Einigung. Denn - und das halte ich für einen wichtigen Punkt, lieber Califax - der Senat sollte nicht so etwas wie unser Bundesrat sein.

Die Senatoren sind nicht Vertreter ihrer Staaten. Sie sind in diesen gewählt, aber sie vertreten die Interessen der Gesamtheit.

So etwas wie einen Bundesrat gibt es in den USA nicht, und aus einem sehr guten Grund: Entweder ist etwas Angelegenheit der einzelnen Staaten; dann sollen sie das auch selbst und lokal entscheiden. Oder es ist Angelegenheit des Bundes. Dann geht es die Staaten nichts an.

Natürlich gibt es konkurrierende Gesetzgebung. Wer zuständig ist, das muß entweder im Vorhinein geregelt sein (nach dem Subsidiaritätsprinzip, versteht sich), oder das Verfassungsricht muß es regeln, falls es einmal Streit gibt.

Naja, lieber Califax, das sind so Überlegungen. Zum Geist der Zeit passen sie nicht. Aber als Gedankenspiele - an denen sich vielleicht auch andere hier im Forum beteiligen mögen? - finde ich sie interessant.

Zumindest hilft das, sich klar darüber zu werden, was man politisch eigentlich will. Jedenfalls geht es mir oft so, daß ich sozusagen meine Meinung erst entdecke, wenn ich eine konkrete Frage beantworten muß (oder möchte).

Herzlich, Zettel

califax Offline




Beiträge: 1.502

08.06.2009 17:57
#7 RE: Wahlmodus und Zweikammernsystem Antworten

Ich kann es nicht lassen.
Das Thema sitzt fest bei mir und will nicht aus dem Kopf.

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The Outside of the Asylum

Robert Z. Offline



Beiträge: 146

08.06.2009 20:01
#8 RE: Wahlmodus und Zweikammernsystem Antworten

In Antwort auf:
[...]der Senat sollte nicht so etwas wie unser Bundesrat sein.

Die Senatoren sind nicht Vertreter ihrer Staaten. Sie sind in diesen gewählt, aber sie vertreten die Interessen der Gesamtheit.

So etwas wie einen Bundesrat gibt es in den USA nicht, und aus einem sehr guten Grund: Entweder ist etwas Angelegenheit der einzelnen Staaten; dann sollen sie das auch selbst und lokal entscheiden. Oder es ist Angelegenheit des Bundes. Dann geht es die Staaten nichts an.


Da bin ich genau gegenteiliger Ansicht. Ich finde, der EU-Senat sollte genau so etwas sein wie unser Bundesrat - und nicht so etwas wie der US-Senat.

Soweit ich weiß waren die US-Senatoren ursprünglich als Botschafter ihres Staates gedacht. Sie sollten verhindern, daß der Bund sich in Kompetenzen der Staaten einmischt. Im Laufe der Zeit wurden in immer mehr Staaten die Senatoren direkt gewählt statt durch die Staatsparlamente. Das lag wohl hauptsächlich daran, daß sich Staats-Representantenhaus und Staats-Senat oft nicht einigen konnten und die Senatsposten des jeweiligen Staates dann jahrelang vakant blieben (dabei wäre die Lösung so einfach gewesen: jede Kammer wählt einen der beiden Senatoren). Inzwischen sehen sich die Senatoren eher als "Super-Abgeordnete" der Bundesebene, und sie arbeiten fleißig an der Ausweitung der Bundeskompetenzen mit.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

08.06.2009 20:17
#9 RE: Wahlmodus und Zweikammernsystem Antworten

Zitat von Robert Z.
Soweit ich weiß waren die US-Senatoren ursprünglich als Botschafter ihres Staates gedacht. Sie sollten verhindern, daß der Bund sich in Kompetenzen der Staaten einmischt. Im Laufe der Zeit wurden in immer mehr Staaten die Senatoren direkt gewählt statt durch die Staatsparlamente. Das lag wohl hauptsächlich daran, daß sich Staats-Representantenhaus und Staats-Senat oft nicht einigen konnten und die Senatsposten des jeweiligen Staates dann jahrelang vakant blieben (dabei wäre die Lösung so einfach gewesen: jede Kammer wählt einen der beiden Senatoren). Inzwischen sehen sich die Senatoren eher als "Super-Abgeordnete" der Bundesebene, und sie arbeiten fleißig an der Ausweitung der Bundeskompetenzen mit.

Ich kannte, lieber Robert, diese historische Entwicklung nicht. Danke für die Informationen.

Mir scheint aber nach wie vor die jetzige Verfassungslage günstig zu sein. Was in der Kompetenz der Staaten oder Länder liegt, das sollen diese allein entscheiden. Auf Bundesebene sollte es allein um Bundesinteressen gehen.

Herzlich, Zettel

Robert Z. Offline



Beiträge: 146

08.06.2009 20:42
#10 RE: EU Antworten

In Antwort auf:
Bei der Struktur einer zukunftsfähigen EU glaube ich an das Zweikammersystem. Das Parlament sollte aus Wahlkreisen mit der jeweils gleichen Wählerzahl bestimmt werden. Die Form der Wahlkreise soll dem Diktat eines möglichst gleichmäßigen Radius in alle Richtungen folgen. Das ist elastisch genug für die Geographie, ermöglicht aber erfolgreiche Klagen gegen parteiischen Wahlkreiszuschnitt. Gezählt wird nach relativer Mehrheit ohne Liste. Kleine Parteien haben so eine Chance, Kandidaten müssen sich vor ihren Wählern beweisen, einer Zersplitterung des Parlaments wirken die schiere Größe der Wahlkreise und der Zwang zu Koalitionen in der Parlamentsarbeit entgegen.


Finde ich ganz gut. Allerdings würde ich ein reines Verhältniswahlrecht mit europäischen Listen und absoluter Gleichwertigkeit aller Stimmen (egal ob aus Malta oder aus Deutschland) bevorzugen. Wahlkreise halte ich in Zeiten von Auto, Flugzeug und Internet für verzichtbar. Die Parteien werden schon auf eine gleichmäßige Verteilung ihrer Kandidaten achten, wenn den Wählern dies wichtig ist.

Parteien sollten möglichst europäisch sein, darauf könnte man mit einer europaweiten Sperrklausel von vielleicht 3% hinarbeiten.

In Antwort auf:

Die zweite Kammer ist der Senat. Jeder EU-Mitgliedsstaat entsendet 3 Senatoren in den Senat. Es sind 3, damit sie sich in schwierigen Fragen auf eine Mehrheit oder eine sehr explizite Enthaltung einigen können. Jeder Mitgliedsstaat entscheidet selbst in nationaler Souveränität, wie seine Senatoren bestimmt werden.



Ich würde eine Bundesrats-ähnliche Konstruktion bevorzugen. Die Senatoren sollten entweder Angehörige oder Abgesannte ihrer Regierung sein, oder notfalls von ihren nationalen Parlamenten gewählt. Eine Direktwahl sollte m.E. vermieden werden, siehe meine Antwort auf Zettels Posting.

In Antwort auf:

Alle Entscheidungen der EU-Legislative müssen von beiden Kammen mit mindestens jeweils absoluter Mehrheit beschlossen werden. Die Entscheidung im bereich der Kompetenzkompetenz benötigt eine zweifache Zweidrittelmehrheit plus Volksabstimmung in allen Mitgliedsstaaten.



Gefällt mir.

In Antwort auf:

Beide Kammern einigen sich auf die Mitglieder und die Fähigkeiten der Exekutive in beidseitiger absoluter Mehrheit. Jede Entscheidung in diesem Bereich soll durch eine ebensolche Mehrheit rückgängig gemacht werden können.



Hier sehe ich die Gefahr einer Lähmung durch "Cohabitation", wenn die Mehrheiten in beiden Kammern verschieden sind. Eine klare Zurechenbarkeit der Kompetenzen fände ich besser, also Wahl nur durch das Parlament. Abwahl sollte nur konstruktiv möglich sein, also durch gleichzeitge Wahl eines Nachfolgers.

Aufhören muß in jedem Fall das bisherige Geschacher a'la "1 Kommissar pro Staat, und die Regierung dieses Staates ernennt ihn". Der Regierungschef (gewählt durch das Parlament) sollte das selber bestimmen.

In Antwort auf:

Die Exekutive muss alle Verträge, die sie abschließt, durch die beiden Kammern bestätigen lassen, damit sie gültig werden.



Gut.

In Antwort auf:

Die Kompetenz der europäischen Legislative, Exekutive und Judikative beschränkt sich auf die gemeinsame Vertretung der Interesse der EU-Bürger gegenüber dem nicht zur EU gehörigen Ausland.



Ich bin zwar für eine subsidiare EU, aber das wäre mir vielleicht etwas zu weing. Kein Binnenmarkt z.B.?

In Antwort auf:

Die Sonderjudikative des höchsten europäischen Gerichtshofes dient zusätzlich der Einhaltung der EU-Verfassung.



Damit kommen wir zu einem wichtigen und oft wenig beachteten Punkt: wo kommen die Richter her? Die bisherige Regelung (1 Richter pro Staat, Ernennung durch die jeweilige Regierung, 6 Jahre Amtszeit, beliebig oft wiederernennbar) fördert regierungsfreundliche Urteile. Wichtig wäre m.E.: demokratische Legitimation, aber kein "Filibustering" oder dröge Dauerkompromisse, sondern zurechenbare und daher vom Wähler beurteilbare Ernennungen, auf lange Amtszeit (ohne Wiederernennung) oder Lebenszeit. Mein Vorschlag:

Es gibt 12 Richter. Ihre Amtszeit der Richter beträgt 15 Jahre, Wiederwahl ist nicht zulässig. Alle fünf Jahre werden 2 Richter durch das Parlament und 2 durch den Senat neu gewählt. Dabei genügt eine absolute Mehrheit. Bei Rücktritt oder Tod wird entsprechend früher neu gewählt. Um die Sache ins Rollen zu bringen haben beim ersten Satz Richter je 4 Amtszeiten von 5 und 10 Jahren.

In Antwort auf:

Wenn ein Mitgliedsstaat der EU es ausdrücklich und öffentlich wünscht, kann in einem öffentlichen, nicht geheimen Verfahren zwischen diesem Mitgliedsstaat und den beiden Kammern der EU ein Vertrag geschlossen werden, der die EU-Exekutive ermächtigt, in diesem Staat zur Lösung eines dringenden Problems dieses Staates unterstützend tätig zu werden.



Ich würde im Gegenteil genau solche Kompetenzabtretungen lieber verbieten. Eine solche Option ist ein süßen Gift, das die Staaten zur freiwilligen Kompetenzaufgabe verleitet.

In Antwort auf:

Die Finanzierung der EU-Exekutive unterliegt der Kontrolle und Zustimmung beider EU-Kammern.



Da ich eine Wahl der Regierung nur durch das Parlament bevorzuge muß ich konsequenterweise auch die Haushaltshoheit beim Parlament ansiedeln, sonst droht durch Haushaltsblockade ein "destruktives Misstrauensvotum" durch den Senat.

In Antwort auf:

Die Organe der EU werden durch eigene Steuererhebung finanziert. Diese Steuern sind in den Mitgliedsstaaten als EU-Steuern klar kenntlich zu machen. Andere Zahlungen von Mitgliedsstaaten an die EU sind untersagt, sofern sie nicht als Vertragsstrafen fällig werden.


Konnexität - finde ich gut. Sollte auch bei uns zwischen Bund und Ländern eingefügt werden.

Abschließend: mir ist klar, daß sich mein Modell recht stark an das deutsche System anlehnt. Aber das finde ich auch ziemlich gut.

califax Offline




Beiträge: 1.502

08.06.2009 23:53
#11 RE: EU Antworten

Zitat von Robert Z.

Finde ich ganz gut. Allerdings würde ich ein reines Verhältniswahlrecht mit europäischen Listen und absoluter Gleichwertigkeit aller Stimmen (egal ob aus Malta oder aus Deutschland) bevorzugen. Wahlkreise halte ich in Zeiten von Auto, Flugzeug und Internet für verzichtbar. Die Parteien werden schon auf eine gleichmäßige Verteilung ihrer Kandidaten achten, wenn den Wählern dies wichtig ist.



Ich halte Wahlkreise ganz im Gegenteil für äußerst wichtig. Sie ordnen Personen Wählern zu und verhindern, daß sich die Kandidaten hinter ihren Parteien verstecken.
Politik wird nicht von anonymen abstrakten Massen gemacht sondern von Menschen mit Werten, Überzeugungen und Zielen. Diese Menschen sollen sich den Wählern persönlich vorstellen. Sie sollen zu persönlichem Kontakt gezwungen werden, sie sollen gezwungen werden, wenigstens für den Wahlkampf durch Schrift und Wort ihre Politik zu rechtfertigen.
Dieser Rechtfertigungszwang, das Prinzip, daß die Bürger einen der ihren senden, ist das Grundprinzip der repräsentativen Demokratie.
Vertrauen in die Listen habe ich nicht. Denn die Besetzung der Listen erfolgt in parteiinternen Machtkämpfen und gibt damit parteiinterne Machtstrukturen und Kompromisse, nicht aber die Ansichten und Werte der Kandidaten wieder. Ein Blick nach Hessen, wo die linksextreme Inquisition innerhalb der SPD immer noch arbeitet, zeigt deutlich, was ich meine.
Die EU-Wahl gerade war ein weiteres Beispiel. Nur Listen. Keiner der Kandidaten an aussichtsreicher STelle ist in meiner Nähe gewesen. Keiner hat sich die Mühe gemacht, um mich zu werben oder mir seine Ansichten mitzuteilen. Ich weiß noch nicht einmal, wie diese Leute bisher abgestimmt haben. Nicht einmalschriftlich haben die Leute sich mir als Wähler gegenüber erklärt - mit Ausnahme von Koch-Mehrin, die für mich eigentlich nicht wählbar ist. Die ich aber schlucken muß, damit andere Liberale, die ich unterstützen möchte, eine Chance auf das haben, was die holde Silvana von meiner Stimme übrigläßt. Ich will die nicht wählen. Ich hätte vielleicht den Typen auf Listenplatz 88 gewählt, weil er auf mich den Eindruck macht, wirklich liberal und individualistisch zu denken, und zu einer Generation gehört, die m.E. in den Parlamenten unterrepräsentiert ist. Aber der brauchte sich gar nicht erst vorzustellen un hat es auch nicht getan. Er steht auf der Liste, aber zu weit unten.

Das ist kein gutes Wahlsystem sondern eine Farce.

Abgeordnete sollen ihrem Gewissen und ihren Wählern verantwortlich sein, nicht aber dem parteiinternen Hinterzimmerausschuß, der sie auf einer Liste verschiebt.
Durch die gleiche Anzahl Wähler pro Wahlkreis und das Ausbremsen kreativer Wahlkreiszuschnitte kann die Gleichwertigkeit aller Wahlstimmen hinreichend genau gewährleistet werden.

In Antwort auf:

Parteien sollten möglichst europäisch sein, darauf könnte man mit einer europaweiten Sperrklausel von vielleicht 3% hinarbeiten.



Das ergibt sich von selbst. Die nationalen Parteien finden sich jetzt schon im EU-Parlament zu ideologisch motivierten Fraktionen zusammen: Sozialisten, Faschisten, Liberale, Konservative, Grüne. Jetzt wird es erstmal noch zusätzlich eine Fraktion der Zentrifugalkräfte geben. Wer weiß, wie lange.
Die genaue Größe der Mindestquote ist so ein Ding, für das es keine gute Faustregel gibt. Sie soll nur sicherstellen, daß die Volkskammer nicht durch Zersplitterung nur noch Minderheitsvoten zustandebringt.

In Antwort auf:

In Antwort auf:

Die zweite Kammer ist der Senat. Jeder EU-Mitgliedsstaat entsendet 3 Senatoren in den Senat. Es sind 3, damit sie sich in schwierigen Fragen auf eine Mehrheit oder eine sehr explizite Enthaltung einigen können. Jeder Mitgliedsstaat entscheidet selbst in nationaler Souveränität, wie seine Senatoren bestimmt werden.



Ich würde eine Bundesrats-ähnliche Konstruktion bevorzugen. Die Senatoren sollten entweder Angehörige oder Abgesannte ihrer Regierung sein, oder notfalls von ihren nationalen Parlamenten gewählt. Eine Direktwahl sollte m.E. vermieden werden, siehe meine Antwort auf Zettels Posting.



Ich bin inzwischen der Meinung, daß die Senatoren direkt gewählt werden sollten. Meinetwegen kann die Auswahl der Senatoren auch nach nationalem Recht geschehen. Das wäre aber eine Rückfallposition.
Sind die Senatoren nur von ihrer Regierung abhängig, so ist der Senat im schlechtesten Falle nichts anderes als die derzeitige EU-Kommission mit anderem Namen, im besten Falle eine Geisel nationaler und regionaler Wahlkämpfe!
Die Senatoren sollen dem Volk verantwortlich sein, ohne sich hinter Regierungen und undurchsichtigen Gremien verstecken zu können. Sie sollen unabhängig von nationalen Wahlkämpfen sein, da es sehr wohl sein kann, daß der populärste Kandidat für einen Senatsposten kein guter Freund einer innenpolitisch populären Nationalregierung ist. Außerdem kann es in Fragen der EU-weiten Politik wichtig sein, daß ein Senator eben NICHT die temporären Interessen seiner Nationalregierung teilt. Man denke beispielsweise nur an Entscheidungen in militärischen Fragen, Unternehmensrettungen, etc. und nationale Wahlkämpfe, die ja in einer großen EU ständig irgendwo stattfinden.
Der Senat soll voll arbeitsfähig sein, obwohl ständig in irgendeinem Mitgliedsstaat irgendein Wahlkampf stattfindet.
Für nationale Sorgen und Zentrifugalkräfte ist besser gesorgt, wenn die Kompetenzen von Volkskammer und Senat klar und streng begrenzt werden, wie in meinem neuen Entwurf. Dort ist de EU nur für Außen- und Sicherheitspolitik zuständig - ihre natürliche Rolle. Im Innern sind alle EU-Initiativen von der expliziten Zustimmung der Mitgliedsstaaten abhängig - Sie gelten nur da, wo die nationale Regierung explizit das Angebot annimmt. So können sich die Regierungen in den allermeisten Fragen nicht mehr hinter Brüssel verstecken.
Gleichzeitig wird die europäische Entwicklung im Inneren wieder stärker an den Willen der Wähler gebunden.

In Antwort auf:

In Antwort auf:

Alle Entscheidungen der EU-Legislative müssen von beiden Kammen mit mindestens jeweils absoluter Mehrheit beschlossen werden. Die Entscheidung im bereich der Kompetenzkompetenz benötigt eine zweifache Zweidrittelmehrheit plus Volksabstimmung in allen Mitgliedsstaaten.



Gefällt mir.



Hat sich geändert. Die Kompetenzkompetenz muß aber weiterhin an die Zustimmung beider Kammern und eine Volksabstimmung gebunden werden. Hier liegt schließlich verfassungsrechtlicher Sprengstoff.

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In Antwort auf:

Beide Kammern einigen sich auf die Mitglieder und die Fähigkeiten der Exekutive in beidseitiger absoluter Mehrheit. Jede Entscheidung in diesem Bereich soll durch eine ebensolche Mehrheit rückgängig gemacht werden können.



Hier sehe ich die Gefahr einer Lähmung durch "Cohabitation", wenn die Mehrheiten in beiden Kammern verschieden sind. Eine klare Zurechenbarkeit der Kompetenzen fände ich besser, also Wahl nur durch das Parlament. Abwahl sollte nur konstruktiv möglich sein, also durch gleichzeitge Wahl eines Nachfolgers.



Siehe neues Konstrukt. Der direkt gewählte Präsident heuert und feuert, benötigt aber für Einstellungen die Zustimmung der Kammern. Außerdem können die Kammern Personal feuern, wenn dieses die Beschlüsse der Kammern mißachtet.

In Antwort auf:

In Antwort auf:

Die Kompetenz der europäischen Legislative, Exekutive und Judikative beschränkt sich auf die gemeinsame Vertretung der Interesse der EU-Bürger gegenüber dem nicht zur EU gehörigen Ausland.



Ich bin zwar für eine subsidiare EU, aber das wäre mir vielleicht etwas zu weing. Kein Binnenmarkt z.B.?



Der Binnenmarkt und die Industrie- und Handelsnormen basieren auf Vertragswerken des Staatenbunds. Es gibt keinen Grund, warum die Mitgliedsstaaten aus diesen Verträgen aussteigen sollten, bloß weil die Verfassung sich ändert. Der neue Entwurf verbietet innereuropäische Zölle und Strafsteuern.

In Antwort auf:

In Antwort auf:

Die Sonderjudikative des höchsten europäischen Gerichtshofes dient zusätzlich der Einhaltung der EU-Verfassung.



Damit kommen wir zu einem wichtigen und oft wenig beachteten Punkt: wo kommen die Richter her?




Davon hab ich sowas von keinen blassen Schimmer...
Immerhin haben wir dank Dir jetzt einen Vorschlag.

In Antwort auf:

In Antwort auf:

Wenn ein Mitgliedsstaat der EU es ausdrücklich und öffentlich wünscht, kann in einem öffentlichen, nicht geheimen Verfahren zwischen diesem Mitgliedsstaat und den beiden Kammern der EU ein Vertrag geschlossen werden, der die EU-Exekutive ermächtigt, in diesem Staat zur Lösung eines dringenden Problems dieses Staates unterstützend tätig zu werden.



Ich würde im Gegenteil genau solche Kompetenzabtretungen lieber verbieten. Eine solche Option ist ein süßen Gift, das die Staaten zur freiwilligen Kompetenzaufgabe verleitet.



Dieses Vertragswerkzeug ist aber notwendig. Es ist die Basis des Binnenmarktes, gemeinsamer Normen, übernationaler Förderprogramme, und so weiter. Letztere können beispielsweise für gemeinsame Rüstungsanstrengungen oder zur Eindämmung zu starker innereuropäischer Wanderungsbewegungen (Einebnung von Wohlstandsgefälle) nötig sein. Ein anderes Beispiel wäre z.B. Geheimdienstarbeit oder die Verfolgung von Straftätern über nationale Grenzen hinweg.

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Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

09.06.2009 14:00
#12 RE: EU Antworten

Zitat von califax
Abgeordnete sollen ihrem Gewissen und ihren Wählern verantwortlich sein, nicht aber dem parteiinternen Hinterzimmerausschuß, der sie auf einer Liste verschiebt.


Das ist extrem wichtig - auf diese Art und Weise haben sich die Parteien schließlich diesen Staat zur Beute gemacht!

Robert Z. Offline



Beiträge: 146

09.06.2009 22:39
#13 RE: EU Antworten

In Antwort auf:
Ich halte Wahlkreise ganz im Gegenteil für äußerst wichtig. Sie ordnen Personen Wählern zu und verhindern, daß sich die Kandidaten hinter ihren Parteien verstecken.


Nun gut, die Macht der Parteien eindämmen ist natürlich ein Argument. Mehrheitswahl (im Sinne von: 1-Personen-Wahlkreise, zur Wahl reicht relative Mehrheit im 1. Wahlgang wie bei der Erststimme Bundestagswahl, oder man braucht absolute Mehrheit und notfalls eine Stichwahl zwischen den beiden besten des ersten Wahlgangs, wie bei den meisten Bürgermeisterwahlen) empfinde ich aber immer als etwas "undemokratisch" . Bei uns hätte man praktisch nur die Wahl zwischen Union und SPD...

Natürlich gibt es Auswege: Zettels Vorschlag (2 Wahlgänge, im 1. braucht absolute Mehrheit, im 2. reicht die relative, im 2. Wahlgang antreten darf jeder) wäre eine Möglichkeit, die zu "Bündnissen" im 2. Wahlgang führen würde. Noch besser fände ich Mehrpersonenwahlkreise. In diesem würden z.B. 10 Abgeordnete gewählt, die Wähler hätten entsprechend 10 Stimmen und könnten sie beliebig auf alle Kandidaten verteilen (auch mehrere Stimmen pro Kandidat). Dann werden die Sitze zuerst auf die Parteien verteilt und dann auf die Kandidaten der Parteien unterverteilt. Mit diesem System hätten auch kleine Parteien (und parteilose Einzelbewerber) eine faire Chance und die Wähler hätten vollen Einfluss auf die personelle Zusammensetzung der "Listen". Eine Sperrklausel würde sich bei Direktwahlen natürlich erübrigen. Die Kandidatenzahl könnte variabel sein (z.B.: Parlament hat 500 Abgeordnete, Deutschland 8 10-Personenwahlkreise, die Niederlande 2 8-Personenwahlkreise usw).

Zum Rest: das gefällt mir immer besser, je mehr ich darüber nachdenke.

califax Offline




Beiträge: 1.502

09.06.2009 23:18
#14 RE: EU Antworten
Zitat von Robert Z.

Nun gut, die Macht der Parteien eindämmen ist natürlich ein Argument. Mehrheitswahl (im Sinne von: 1-Personen-Wahlkreise, zur Wahl reicht relative Mehrheit im 1. Wahlgang wie bei der Erststimme Bundestagswahl, oder man braucht absolute Mehrheit und notfalls eine Stichwahl zwischen den beiden besten des ersten Wahlgangs, wie bei den meisten Bürgermeisterwahlen) empfinde ich aber immer als etwas "undemokratisch" . Bei uns hätte man praktisch nur die Wahl zwischen Union und SPD...



Wenn es gelingt, die Unabhängigkeit der Abgeordneten vonn ihren Parteien zu stärken, ist es wurscht, welcher Partei sie angehören. Ich habe gewisse politische Überzeugungen und Werte, die ich vertreten sehen möchte.
Welcher Partei der Abgeordnete angehört, der sie vertritt oder bekämpft, ist nicht relevant. Die FDP hat mir mit ihrer Liste EU-Abgeordnete reingewürgt, die ich in einer Direktwahl nie gewählt hätte.
Die Union zu wählen fällt mir im schlimmsten Alptraum nicht ein. Aber Friedrich Merz? Der bekäme meine Stimme.
Von der SPD bin ich so entsetzt, daß ich sie auf absehbare Zeit nicht mehr wählen kann. Aber der Tauss hätte meine Stimme.

Werden die Abgeordneten von der zu strengen Parteidisziplin befreit und stärker an Gewissen und Wähler herangeführt, kann es wurscht sein, ob man nur zwischen Union und SPD oder wie in Deutschneudorf nur zwischen FDP und FDP wählen kann. Dann zählt das antretende Personal.

Zitat von Robert Z.

Noch besser fände ich Mehrpersonenwahlkreise. In diesem würden z.B. 10 Abgeordnete gewählt, die Wähler hätten entsprechend 10 Stimmen und könnten sie beliebig auf alle Kandidaten verteilen (auch mehrere Stimmen pro Kandidat). Dann werden die Sitze zuerst auf die Parteien verteilt und dann auf die Kandidaten der Parteien unterverteilt. Mit diesem System hätten auch kleine Parteien (und parteilose Einzelbewerber) eine faire Chance und die Wähler hätten vollen Einfluss auf die personelle Zusammensetzung der "Listen". Eine Sperrklausel würde sich bei Direktwahlen natürlich erübrigen. Die Kandidatenzahl könnte variabel sein (z.B.: Parlament hat 500 Abgeordnete, Deutschland 8 10-Personenwahlkreise, die Niederlande 2 8-Personenwahlkreise usw).



Eine Verteilung der Sitze auf die Parteien lehne ich ab, da hier wieder ein Listensystem besteht.
Gewählt werden Abgeordnete. Diese schließen sich zu Parteien und Netzwerken zusammen, wie es ihren Überzeugungen und Bedürfnissen entspricht.
Im Listensystem ist es genau andersrum: Die Parteien stellen sich zur Wahl und schicken abhängige Angestellte, die sie nach Belieben auswechseln. Im Listensystem gibt es keine Gewissensfreiheit, nur soldatische Disziplin. Siehe Hessen-SPD.
Ein Mehrpersonenwahlkreis, in dem jeder Kandidat für sich selbst antritt, wäre vielleicht nicht übel. Man könnte dann schön Stimmen verteilen, und die ersten kämen rein. Mir würde das als Wähler Spaß machen.
Aber dann hätte der erste Sieger die gleiche Gewichtung wie derjenige, der gerade noch durchgerutscht ist, was die Mehrheitsverhältnisse in der Bevölkerung des Wahlkreises plattquetscht und verfälscht.
Außerdem bräuchte man größere Wahlkreise, da das zu wählende Gremium ja auf eine praktikable Größe beschränkt werden muß.
Das wiederum erschwert den Wahlkampf für die Kandidaten ganz enorm und stellt höhere Anforderungen an die finanzielle und personelle Ausstattung der Wahlkampfteams. Und das ist wieder ein Problem für kleine Parteien.

Zitat von Robert Z.

Zum Rest: das gefällt mir immer besser, je mehr ich darüber nachdenke.


Es ist ein faszinierendes Thema, stimmts?
Viel mehr Menschen sollten darüber nachdenken. Immerhin ist die Verfassung Europas für uns und unsere Nachkommen extrem wichtig, wird sogar darüber mitentscheiden, ob die EU überhaupt überlebt oder an Rußland, Islamismus und nationalen Zentrifugalkräften zerbricht.

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<hl>
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Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

10.06.2009 13:34
#15 RE: EU Antworten

Zitat von califax
Ich halte Wahlkreise ganz im Gegenteil für äußerst wichtig. Sie ordnen Personen Wählern zu und verhindern, daß sich die Kandidaten hinter ihren Parteien verstecken.


Ich stimme Ihnen zu, lieber califax. Und ich denke auch, dass in einem "Europa der Regionen" die Vertretung der Umgebung des Wählers zur Identifikation beiträgt. Auch wenn Seehofer meint, die Renaissance der CSU liegt ausschließlich an ihm - eine Begründung dafür, dass die CSU bei der Europawahl im Vergleich zur Landtagswahl wieder so deutlich zulegen konnte ist diejenige, dass die Ortsangaben der Kandidaten auf dem Stimmzettel (die ersten Zehn sind abgedruckt) alle aus Bayern kommen, und bei 7 Bezirken ist auch noch mindestens einer aus der Region dabei.

Gruß Petz

califax Offline




Beiträge: 1.502

10.06.2009 13:54
#16 RE: EU Antworten

Zitat von Meister Petz
Und ich denke auch, dass in einem "Europa der Regionen" die Vertretung der Umgebung des Wählers zur Identifikation beiträgt. Auch wenn Seehofer meint, die Renaissance der CSU liegt ausschließlich an ihm - eine Begründung dafür, dass die CSU bei der Europawahl im Vergleich zur Landtagswahl wieder so deutlich zulegen konnte ist diejenige, dass die Ortsangaben der Kandidaten auf dem Stimmzettel (die ersten Zehn sind abgedruckt) alle aus Bayern kommen, und bei 7 Bezirken ist auch noch mindestens einer aus der Region dabei.


Das, kombiniert mit einem hervorragendem Wahlkampf, ganz einfach und simpel mit der Botschaft, man werde vor allem Bayerns Interessen in der EU vertreten. Das mag für Nationale und Nichtbayern mal wieder eigenbrötlerisch und abstoßend wirken, ist aber genau das, was die bairischen Wähler haben wollen.
Klar, NRW ist auch irgendwie wichtig. Aber im Alltag kommt's drauf an, wie Bayern dasteht. Um NRW sollen sich doch bitte die Leute aus NRW kümmern.

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