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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 53 Antworten
und wurde 4.021 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2 | 3
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.07.2008 00:22
Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen Antworten
... äh ... Wolfgang Clement.

Und hier etwas über die Hintergründe des Ausschlusses; in Bochum-Hamme und in Düsseldorf.
dirk Offline



Beiträge: 1.538

31.07.2008 00:55
#2 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen Antworten

Grauenvoll. Da ist einem die Linke ja noch sympathischer - die sind professioneller. Wenn da nicht etwas grundlegendes passiert - aber was sollte das sein? Eine Rückkehr Schröders? - ist die Partei bald tot.

Wichtig wäre dann eine entsprechende Strategie der anderen Parteien wie der FDP und vor allem der CDU. Die CDU muss einen leichten, gefühlten Linksruck machen, der es Mittelschichtler, die bisher SPD wählten, erleichtert CDU zu wählen. Zum Beispiel über Bildung, Energiekosten, vielleicht Familienpolitik. Ich würde jedenfalls jetzt keine Studiengebührendebatte führen wollen. Zu riskant, zu polarisierend. Da trifft es sich ganz gut, dass die CDU eine moderierende Kanzlerin hat. Auf gar keinen Fall jetzt einen flächendeckenden Mindestlohn einführen - das würde der SPD nur als Erfolg zu gute kommen und der Linkspartei Dampf wegnehmen.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.07.2008 01:47
#3 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen Antworten

Zitat von dirk
Grauenvoll. Da ist einem die Linke ja noch sympathischer - die sind professioneller. Wenn da nicht etwas grundlegendes passiert - aber was sollte das sein? Eine Rückkehr Schröders? - ist die Partei bald tot.

Ich bin ja, lieber Dirk, anders als vielleicht andere Liberale, der Meinung, daß ohne eine starke SPD unsere Demokratie nicht funktionieren kann. In die Lücke würden die Grünen und vor allem die Kommunisten stoßen.

Deshalb macht mir die zu befürchtende Selbstzerstörung der SPD schon große Sorgen.

Es ist der reine Wahnwitz, einen Mann wie Clement wegen einer solchen Sache auszuschließen; zumal er mit seiner Warnung vor Ypsilanti ja Recht behalten hat.

Aber es paßt halt. Die SPD hat das, was ihr Schröder aufgezwungen hat, abgeschüttelt wie ein Hund das Wasser, wenn er aus dem Teich kommt.

Und jedenfalls im Augenblick ist sie eine Nahles-Partei. Was Clement jetzt passiert ist, kann morgen Steinbrück oder Steinmeier blühen.

Herzlich, Zettel

dirk Offline



Beiträge: 1.538

31.07.2008 02:50
#4 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen Antworten

In Antwort auf:

Ich bin ja, lieber Dirk, anders als vielleicht andere Liberale, der Meinung, daß ohne eine starke SPD unsere Demokratie nicht funktionieren kann. In die Lücke würden die Grünen und vor allem die Kommunisten stoßen.
Oder eben die CDU. Wie in Bayern. Weder Linke noch Grüne würden von der Bevölkerung als Seniorpartner einer Koalition akzeptiert werden. Mittelfristig profitiert das bürgerliche Lager. Und eine Nahles oder Ypsilanti SPD kann mir gestohlen bleiben. Die braucht es in einer Demokratie nicht.

Vielleicht ergibt sich durch die dann etwas volkstümlichere CDU keine ganz so eindeutige schwarz gelbe Politik, wie man sie 2005 erhalten hätte - aber dafür gab und gibt es erstens keine Mehrheit und zweitens hat sich die CDU davon ohnehin schon verabschiedet.

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

31.07.2008 06:50
#5 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen Antworten

Lieber Zettel,

In Antwort auf:
... ist ohnehin nicht mehr die politische Heimat eines Mannes wie Wolfgang Clement.


das habe ich mich bei dem Zirkus die ganze Zeit gefragt, was er noch in der SPD will.

MfG

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.07.2008 09:04
#6 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen Antworten

Zitat von dirk
Zitat von Zettel

Ich bin ja, lieber Dirk, anders als vielleicht andere Liberale, der Meinung, daß ohne eine starke SPD unsere Demokratie nicht funktionieren kann. In die Lücke würden die Grünen und vor allem die Kommunisten stoßen.

Oder eben die CDU. Wie in Bayern.

Bayern ist Bayern, lieber Dirk.

Eine CDU mit fünfzig plus x wird es nicht geben. Es könnte, wenn die SPD zerfällt, eine schwarzgelbe Mehrheit geben. Aber irgendwann wird ja wieder Wechselstimmung herrschen, vielleicht Krisenstimmung. Und was dann?

Dann steht in funktionierenden Demokratien eine staatstreue Opposition bereit; wie jetzt im UK, wo Labour am Ende ist; so, wie 1997 die Konservativen am Ende gewesen waren.



Was also, wenn dann bei uns eine schwarzgelbe Regierung durch die Opposition ersetzt werden muß?

Im Osten ist jetzt schon zu beobachten, wie die alte SED die SPD als linke Volkspartei ablöst. Dort besteht bereits die konkrete Gefahr, daß eine politische Kraft, die eine andere Gesellschaft will, in die Machtpositionen rückt; teils ist das ja schon geschehen.

Im Westen ist es noch nicht so weit. Aber die Kommunisten sind auch hier im Vormarsch. In der italienischen Nachkriegsrepublik, in der französischen Vierten Republik (ich habe an sie gerade in einem anderen Beitrag erinnert) waren die Kommunisten die größte linke Partei; mit der Folge, daß es kein demokratisches Wechselspiel zwischen Regierung und Opposition geben konnte.

Beide Länder hatten Glück; es ist nicht zum Aufbau des Sozialismus gekommen. Beiden war das keineswegs in die Wiege gelegt. Die Nato spielte eine entscheidende Rolle, die Ost-West-Konfrontation.

Unter den heutigen Verhältnissen, lieber Dirk, gebe ich langfristig den Kommunisten, die unverdrossen am Weg in eine neue DDR arbeiten, eine realistische Chance, daß sie es schaffen könnten. Jedenfalls, wenn die SPD, die immer das Bollwerk gegen den Linksextremismus gewesen ist, in dieser Funktion ausfällt. Deshalb mache ich mir Sorgen um die SPD.

Herzlich, Zettel

Chripa Offline



Beiträge: 132

31.07.2008 09:18
#7 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen Antworten

Lieber Zettel,
eigentlich haben Sie Recht. Bei der SPD sind die Maßstäbe schon ziemlich
durcheinander geraten.Aber was der Kritik von Clement einen unangenehmen
Beigeschmack gab, war, dass er gleichzeitig bei RWE tätig ist.
http://www.manager-magazin.de/koepfe/per...,400604,00.html
Es verdingen sich überhaupt sehr viele Politiker nach ihrem Ausscheiden
bei staatsnahen oder staatsabhängigen Firmen. Man darf vermuten, dass die
fachliche Kompetenz nicht immer das maßgebliche Einstellungskriterium ist.
Ich finde das viel schlimmer als zB irgendwelche Pseudo-Affären um Bonusmeilen.
Der ehemalige Sprecher der parlamentarischen Linken, von Larcher, ist übrigens
auch rausgeflogen, weil er zur Wahl der PDS aufgerufen hat.
http://www.focus.de/politik/deutschland/...aid_269201.html
Da werden Sie jetzt wohl argumentieren, die Kommunisten seien ja nicht mit der CDU
vergleichbar. Das sehen die meisten in der SPD aber anders. Auch der Rauswurf Clements
ist ja deshalb so unverschämt, weil er (aus unserer Sicht) etwas Vernünftiges gesagt hat.
Davon abgesehen:
Demokratietheoretisch gesehen ist ein Parteiausschluss natürlich ein ziemlich
starker Eingriff, weil wir nunmal in einer Parteiendemokratie leben.
Ich habe dieses Reden über einen Untergang der SPD lange für albern gehalten,
mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher. Wenn man sich die "Führungsreserve"
anguckt (Gabriel,Nahles,Wowereit,Heil,Drohsel usw.), kann einem Angst und Bange werden.
Herzlich,
Chripa

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.07.2008 09:37
#8 Clement und die RWE Antworten

Lieber Chripa,

ich stimme Ihnen zu, nur nicht in diesem Punkt:

Zitat von Chripa
Aber was der Kritik von Clement einen unangenehmen
Beigeschmack gab, war, dass er gleichzeitig bei RWE tätig ist.
http://www.manager-magazin.de/koepfe/per...,400604,00.html
Es verdingen sich überhaupt sehr viele Politiker nach ihrem Ausscheiden
bei staatsnahen oder staatsabhängigen Firmen. Man darf vermuten, dass die
fachliche Kompetenz nicht immer das maßgebliche Einstellungskriterium ist.
Ich finde das viel schlimmer als zB irgendwelche Pseudo-Affären um Bonusmeilen.

In den USA ist es allgemein üblich, daß man von der Politik in die Wirtschaft wechselt und wieder zurück.

Ich kann daran nichts Anstößiges finden; zumal ja auch zwischen Gewerkschaften und Politik eine rege Mobilität zu verzeichnen ist. (Anstößig wird es allerdings, wenn ein ehemaliger Kanzler sofort nach Ende seiner Amtszeit in den Dienst einer auswärtigen Macht tritt).

Fachliche Kompetenz? Ein Konzern braucht nicht nur Techniker und Kaufleute, sondern auch Generalisten wie Clement.

Mich hat es, lieber Chripa, sehr gestört, daß in kaum einer Meldung zum Fall Clement der Hinweis auf seine Tätigkeit für die RWE fehlt. Ja, schließt diese denn aus, daß er sich aufgrund seiner wirtschafts- und energiepolitischen Kompetenz negativ über die Folgen der von Ypsilanti geplanten Energiepolitik geäußert hat (zugleich Stillegung von Biblis und keine neuen Kohlekraftwerke)?

Mich hat dieser ständige Verweis geärgert, weil man es ja anderswo nicht so handhabt. Man könnte ja zB bei jeder gewerkschaftsfreundlichen Äußerung eines SPD-Politikers auch melden, daß er selbst Mitglied dieser oder jener Gewerkschaft ist.

Oder umgekehrt: Wenn Bsirskes Ver.di jetzt die Lufthansa bestreikt - warum schreibt man nicht, daß Bsirske Mitglied der "Grünen" ist? Liegt der Verdacht, daß er eigentlich grüne Politik macht und nicht Gewerkschaftspolitik, nicht genauso nahe, wie daß Clement gar nicht als SPD-Politiker, sondern als RWE-Mann gesprochen hat?

Herzlich, Zettel

Chripa Offline



Beiträge: 132

31.07.2008 10:00
#9 RE: Clement und die RWE Antworten

Lieber Zettel,
der Vergleich mit den Gewerkschaftsmitgliedern hat natürlich
was für sich. Und der Fall Clement regt mich auch gar nicht
mal so auf, weil der immerhin ein guter Jurist ist und wahrscheinlich
auch wirklich was von Wirtschaft versteht. Es kommt halt immer auf den
Einzelfall an. Manche Ex-Politiker leisten wahrscheinlich gute Arbeit.
Ein Beispiel war Lothar Späth bei Jenoptik.
Aber erstens haben wir die Mobilität nur in eine Richtung, von der Politik
in die Wirtschaft, fast nie umgekehrt. Zweitens finde ich es nunmal nicht gut,
wenn irgendwelche Lehrer und Sozialarbeiter auf einmal "in die Wirtschaft gehen"
und da ihre Kontakte verkaufen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Gunda_R%C3%B6stel
Denn ich glaube nicht, dass die wegen ihrer Management-
Fähigkeiten angestellt werden, sondern nur, um Türen zu öffnen. Je mehr "Vitamin B"
aber eine Rolle spielt, desto undurchsichtiger und auch unökonomischer wird das ganze
Geschäft. Eine weitere Gefahr sehe ich darin, dass die unternehmerischen Entscheidungen
aufgrund dieser Verbindungen nicht mehr nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten getroffen
werden. Beispielsweise könnten nötige Kündigungen herausgeschoben werden, was dann langfristig
den ganzen Betrieb gefährdet. Zuletzt glaube ich, dass gerade staatsabhängige Firmen,
zB die Energiebranche, deshalb Politiker anheuern, um sich besser gegen die immer stärker
werdende staatliche Bevormundung zu schützen. Das finde ich problematisch.
Herzlich,
Chripa


Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

31.07.2008 11:59
#10 RE: Clement und die RWE Antworten

Zitat von Chripa
Und der Fall Clement regt mich auch gar nicht
mal so auf, weil der immerhin ein guter Jurist ist und wahrscheinlich
auch wirklich was von Wirtschaft versteht.


Lieber Chripa, ist er echt ein guter Jurist? Clement hat zwar ein Jurastudium absolviert, ist aber nie als Jurist in Erscheinung getreten, weder als Rechts- oder Staatsanwalt, noch als Wirtschaftsjurist. Die meiste Zeit seines Lebens war er als Journalist und Politiker tätig.

http://www.hwk-duesseldorf.de/veranstalt...itaclement.html

Gruß Petz

dirk Offline



Beiträge: 1.538

31.07.2008 12:52
#11 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen Antworten

In Antwort auf:
Im Westen ist es noch nicht so weit. Aber die Kommunisten sind auch hier im Vormarsch. In der italienischen Nachkriegsrepublik, in der französischen Vierten Republik (ich habe an sie gerade in einem anderen Beitrag erinnert) waren die Kommunisten die größte linke Partei; mit der Folge, daß es kein demokratisches Wechselspiel zwischen Regierung und Opposition geben konnte.


So habe ich darüber noch nicht nachgedacht. Sie haben recht. Zwar mag eine kommunistisch geführte Regierung heute und in der nächsten Legislaturperiode keine Unterstützung finden, aber das - und das ist ein Risik - kann sich ändern.

Das ist ein Grund den Niedergang der SPD zu bedauern, aber jetzt, da sind nun ganz unten angekommen sind, weine ich denen keine Träne nach. Zumal es vermutlich aussichtslos wäre.

In Antwort auf:
Mich hat es, lieber Chripa, sehr gestört, daß in kaum einer Meldung zum Fall Clement der Hinweis auf seine Tätigkeit für die RWE fehlt.
Exakt das hat es mich auch. Um genauer zu sein. Ein bloßer Hinweis auf die RWE Tätigkeit wäre noch nicht einmal Schlimm gewesen, aber er diente immer als Ersatz für die inhaltliche Auseinandersetzung. Clement ist Funktionär bei RWE und damit brauchen wir uns gar nicht mit seinen Gedanken beschäftigen. So einfach ist die Welt.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.07.2008 15:19
#12 Was wird der Fall Clement in der SPD auslösen? Antworten

Zitat von RexCramer
Lieber Zettel,
In Antwort auf:
... ist ohnehin nicht mehr die politische Heimat eines Mannes wie Wolfgang Clement.

das habe ich mich bei dem Zirkus die ganze Zeit gefragt, was er noch in der SPD will.

Es ist, lieber RexCramer, interessant zu sehen, wie sich in der SPD die Genossen sortieren.

Die einen - Müntefering, Rainer Wend, Gabriel zum Beispiel - sind entsetzt. Die anderen - der "Vordenker" der Volksfront Erhard Eppler, der Öko-Guru Hermann Scheer - sind sehr angetan. Siehe zum Beispiel hier und hier.

Es könnte sein, daß jetzt in der SPD der Prozeß beginnt, von dem ich seit langem denke, daß er unvermeidlich ist: Der Machtkampf zwischen den Vertretern der SPD als einer Partei der linken Mitte und denjenigen, die wie Nahles, Ypsilanti, Eppler und Scheer die Volksfront ansteuern.

Früher wäre das so ausgegangen, daß eine dieser beiden Fraktionen gesiegt und die andere sich gebeugt hätte; so war das beim Godesberger Programm, so war es bei den Notstandsgesetzen. Heute kann man wohl nicht mehr ausschließen, daß die SPD zerbricht.

Der Unterschied ist, daß damals die Kommunisten schwach und politisch isoliert waren. Heute sind sie stark und sitzen oder saßen bereits in Landesregierungen. Ihre Strategie, die Linke in der SPD an die Macht zu bringen und sich dann mit einer so gewendeten SPD zu verbünden, könnte aufgehen.

Dann wird nicht nur Clement ausgeschlossen werden. Dann werden auch viele andere, die noch die alte, demokratische SPD repräsentieren, ausgeschlossen werden, von sich aus gehen oder sich, wie schon lange Helmut Schmidt, auf eine rein formale Mitgliedschaft zurückziehen, weil sie zu alt sind, um noch auszutreten.

Herzlich, Zettel

Martin Offline



Beiträge: 4.129

31.07.2008 15:49
#13 RE: Clement und die RWE Antworten
Zitat von Chripa
Denn ich glaube nicht, dass die wegen ihrer Management-
Fähigkeiten angestellt werden, sondern nur, um Türen zu öffnen. Je mehr "Vitamin B"
aber eine Rolle spielt, desto undurchsichtiger und auch unökonomischer wird das ganze
Geschäft. Eine weitere Gefahr sehe ich darin, dass die unternehmerischen Entscheidungen
aufgrund dieser Verbindungen nicht mehr nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten getroffen
werden. Beispielsweise könnten nötige Kündigungen herausgeschoben werden, was dann langfristig
den ganzen Betrieb gefährdet. Zuletzt glaube ich, dass gerade staatsabhängige Firmen,
zB die Energiebranche, deshalb Politiker anheuern, um sich besser gegen die immer stärker
werdende staatliche Bevormundung zu schützen. Das finde ich problematisch.
Herzlich,
Chripa


Chripa,

selbstverständlich werden Politiker wie Clemens wegen ihrer Vernetzung im Regierungs- und Parteienumfeld eingestellt. Bei Clemens dürfte auch die Vernetzung im wirtschaftlichen Umfeld hinzukommen.

Für einen Betrieb, der in einem Umfeld starker politischer Einmischung operiert, ist die Vernetzung in dieses Umfeld lebenswichtig.

Stellen Sie sich mal vor, wie die deutsche Wirtschaft beispielsweise im EU-Dschungel effektiv an Fördergelder oder internationale Ausschreibungen käme, ohne innerhalb der EU Administration vernetzte Helfer. Deutschland würde seine Beiträge bezahlen, die deutsche Wirtschaft hätte davon nichts.

Natürlich liegen darin auch Gefahren, aber wegen lauter Gefahrenvermeidung in die Röhre gucken wäre eine noch größere Gefahr. Wer das nicht gerne sieht, der muss eigentlich für einen Steuer-verschlankten Staat plädieren, mit einem Minimum an Regulierung. Denn: Je tiefer der Eingriff in die Wirtschft, desto größer ist der Bedarf der Wirtschaft an kompetenter Beratung.
califax Offline




Beiträge: 1.502

31.07.2008 16:10
#14 RE: Clement und die RWE Antworten

Als ehemaliger Minister hat man zudem Einblick in die Bürokratie und kann dabei helfen, Anträge so zu formulieren, daß sie ins Getriebe der Ämter passen, und bestimmte Einwände, Auflagen und Entscheidungen zu prognostizieren. Da große Industrieprojekte in Deutschland ohne ständige Einmischung der Politik gar nicht mehr denkbar sind, kann das darüber entscheiden, ob man am Ende eine millionenschwere Investitionsruine oder eine erfolgreiche Produktionsstätte hat.
Siehe Hamburg. (Stichwort Kohlekraftwerk und Aluhütte)

Klug und fleißig - Illusion
Dumm und faul - das eher schon
Klug und faul - der meisten Laster
Dumm und fleißig - ein Desaster

The Outside of the Asylum

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

31.07.2008 18:15
#15 RE: Clement und die RWE Antworten

Zitat von califax
Als ehemaliger Minister hat man zudem Einblick in die Bürokratie und kann dabei helfen, Anträge so zu formulieren, daß sie ins Getriebe der Ämter passen, und bestimmte Einwände, Auflagen und Entscheidungen zu prognostizieren.

Das scheint mir ein wichtiger Punkt zu sein. Es geht eben nicht nur um persönliche Kontakte.

Übrigens ist das ja nicht nur bei Ex-Ministern so. Pensionierte Offiziere gehen in die Rüstungsindustrie, Sportler am Ende ihrer Karriere in die Sportartikelindustrie, Klinikärzte wechseln in die Pharmaindustrie usw.

Im rotgrünen Bereich ist die Verfilzung gang und gäbe. Leute gehen von Greenpeace in die Politik, wie Monika Griffahn. Der von Ypsilanti als Minister vorgesehene Hermann Scheer ist Präsident von EUROSOLAR. Die Verfilzung zwischen SPD und Gewerkschaften ist bekannt; ich habe sie schon erwähnt.

Das alles findet kaum Erwähnung. Nur wenn Clement sich zur Energiepolitik äußert, wird sofort unterstellt, er tue das nicht aus sachlichen Motiven, sondern im Auftrag oder jedenfalls zum Nutzen von RWE.

Herzlich, Zettel

Chripa Offline



Beiträge: 132

31.07.2008 22:51
#16 RE: Clement und die RWE Antworten

Hallo Meister Petz,
ich weiß nicht, was für eine Note er im Staatsexamen gehabt hat oder so.
Aber ich hab mich mal mit einem Beamten aus seinem damaligen Ministerium
unterhalten, der meinte, dass er schon was auf dem Kasten hat.
Davon abgesehen war er ja auch mal Leiter der Staatskanzlei, als Johannes
Rau noch Ministerpräsident war. Halten Sie mich für naiv, aber ich glaube,
dass man in der Bürokratie nicht so weit aufsteigt, wenn man nicht fleißig
und intelligent ist. Mehr weiß ich wie gesagt auch nicht darüber.
Viele Grüße,
Chripa

Chripa Offline



Beiträge: 132

31.07.2008 23:03
#17 RE: Clement und die RWE Antworten

Ich glaube auch, dass zB Energieunternehmen in unserer jetzigen Lage
gut beraten sind, sich Politiker anzustellen.
In anderen Teilen der Welt ist es wahrscheinlich auch vernünftig, Behörden zu
bestechen oder Schutzgeld zu zahlen. Aber dass das anscheinend bei uns nötig ist,
regt mich ja gerade so auf. Vielleicht habe ich das in meinen vorigen Beiträgen
nicht deutlich genug gemacht. Über die einzelnen Leute beschwere ich mich gar nicht
so sehr. Auch wenn man schon fragen kann, ob ihre Dienste nicht mit ihren Diäten
abgegolten sein müssten, denn, wie Sie selber schreiben, werden die Gehälter ja
vor allem wegen der Netzwerke gezahlt.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.08.2008 00:23
#18 RE: Clement und die RWE Antworten

Zitat von Meister Petz
Lieber Chripa, ist er echt ein guter Jurist? Clement hat zwar ein Jurastudium absolviert, ist aber nie als Jurist in Erscheinung getreten, weder als Rechts- oder Staatsanwalt, noch als Wirtschaftsjurist.

Immerhin war er vier Jahr lang Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Prozeßrecht der Uni Marburg. Das wird man, soviel ich weiß, im allgemeinen nur mit einem Prädikatsexamen.

Ich schätze Clement sehr, lieber Petz; er ist für mich der Prototyp desjenigen Sozialdemokraten, dessentwegen - RexCramer hat sich ja kürzlich darüber verwundert - Zettel einmal in der SPD gewesen ist.

Es gab sie ja, diese Sozialdemokratie, die der Aufklärung verpflichtet war und nicht dem Marxismus. Die technik- und wissenschaftsfreundlich war, unideologisch, sachorientiert.

Clement ist, oder solle man sagen war, einer der letzten dieser Art. An ihre Stelle sind Karrieristen wie Schröder und Steinmeier getreten, Ideologen wie Nahles und Ypsilanti. Wobei das eine das andere nicht ausschließt.

Herzlich, Zettel

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

01.08.2008 00:58
#19 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen Antworten

Leider ist es nunmal so, Zettel, daß "parteischädigendes Verhalten" ganz formal definiert wird.

Und dazu gehört, im Wahlkampf sich gegen die eigene Partei zu äußern. Gut Clement hat das nur implizit getan - er hat ja zumindest im zitierten Ausschnitt nicht gefordert Frau Ypsilanti nicht zu wählen sondern nur angemerkt, was das bedeuten würde. Aber im Endeffekt hat er damit die eigene Spitzenkandidatin unterminiert.

Wenn ich nun auch den Parteiausschluß für eine Überreaktion halte (und das obwohl ich nie Sympathien für Herrn Clement hatte), rein formal hat er "parteischädigendes Verhalten" geübt und Frau Ypsilanti nicht. Ansonsten fügen Sie bitte alle Politiker an, die jemals ihr Wort gebrochen haben: von Erich Mende über Helmut Kohl bis hin zu ich weiß nicht wem.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.

Aber beide sind aus Stein gemacht.

Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

01.08.2008 01:57
#20 RE: Was wird der Fall Clement in der SPD auslösen? Antworten

Lieber Zettel,

Zitat von Zettel
Die einen - Müntefering, Rainer Wend, Gabriel zum Beispiel - sind entsetzt. Die anderen - der "Vordenker" der Volksfront Erhard Eppler, der Öko-Guru Hermann Scheer - sind sehr angetan.


entsetzt dürfte auch Clement sein - nämlich über den Zustand der SPD, in dem sie sich heute befindet. Aus seiner Sicht wußte er sich offenbar nicht mehr anders zu helfen, als per Holzhammermethode darauf hinzuweisen, auf welchen Abgrund diejenigen zusteuern, die jetzt die Fäden in der Hand halten (intern wird schon lange niemand mehr zugehört haben, siehe auch Müntefering). Das wird ihm nun zum Verhängnis.
Es ist eben das Herzblut, weshalb er noch kämpft für die "alte" SPD. Das ist wahrscheinlich die einzige Motivation, weshalb er das Theater überhaupt mitmacht und nicht einfach ausgetreten ist. Mit der heutigen SPD hat er allerdings nichts mehr zu tun.

Zitat von Zettel
Es könnte sein, daß jetzt in der SPD der Prozeß beginnt, von dem ich seit langem denke, daß er unvermeidlich ist: Der Machtkampf zwischen den Vertretern der SPD als einer Partei der linken Mitte und denjenigen, die wie Nahles, Ypsilanti, Eppler und Scheer die Volksfront ansteuern.


Mir scheint, daß dieser Machtkampf bereits vorbei ist und die Sieger längst feststehen.

Zitat von Zettel
Früher wäre das so ausgegangen, daß eine dieser beiden Fraktionen gesiegt und die andere sich gebeugt hätte; so war das beim Godesberger Programm, so war es bei den Notstandsgesetzen. Heute kann man wohl nicht mehr ausschließen, daß die SPD zerbricht.


Wenn man bedenkt, mit was für Bandagen inzwischen gekämpft wird, liegt dieser Schluß nahe.

Zitat von Zettel
Der Unterschied ist, daß damals die Kommunisten schwach und politisch isoliert waren. Heute sind sie stark und sitzen oder saßen bereits in Landesregierungen. Ihre Strategie, die Linke in der SPD an die Macht zu bringen und sich dann mit einer so gewendeten SPD zu verbünden, könnte aufgehen.


Tja, nur fehlt dann noch eine Komponente: die Grünen. Das ist ein Punkt, der mich sowieso in dieser Sache immer erstaunt hat: Daß die Grünen ein oder der potenzielle Koalitionspartner für die SPD sind, ist klar, aber bei all den Debatten um Rot-Rot-Grün fragt scheinbar niemand nach deren Position, noch haben wir nennenswerte Meinungsäußerungen ihrerseits gehört, wie sie dazu stehen. Sie werden automatisch eingerechnet. Warum? Sind die Grünen so machtgeil, daß sich diese Frage gar nicht erst stellt? Wird das stillschweigend unterstellt? Falls ja, ist es schon interessant, daß sich dagegen niemand wehrt. Wenn sie es nicht sind, genauso.

MfG

P.S.: Ich bleibe dabei, daß ich dieser SPD keine Träne nachweinen werde.

Llarian Offline



Beiträge: 7.109

01.08.2008 02:36
#21 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen Antworten

Das passt nicht. Wenn sich parteischädigendes Verhalten so formal definieren lässt, dann muss man nicht "im Endeffekt die eigene Spitzenkandidatin unterminieren". Der Endeffekt ist gerade der Widerspruch zum Verstoss gegen eine Formaldefinition, für definitives Verhalten brauche ich keinen Endeffekt.

Wenn parteischädogendes Verhalten so formal definiert wird, dann werden Sie sicher die allgemeingültige Definition mit Quelle zitieren können.

Llarian Offline



Beiträge: 7.109

01.08.2008 02:48
#22 RE: Was wird der Fall Clement in der SPD auslösen? Antworten

In Antwort auf:
Daß die Grünen ein oder der potenzielle Koalitionspartner für die SPD sind, ist klar, aber bei all den Debatten um Rot-Rot-Grün fragt scheinbar niemand nach deren Position, noch haben wir nennenswerte Meinungsäußerungen ihrerseits gehört, wie sie dazu stehen. Sie werden automatisch eingerechnet. Warum?


Ich denke vor allem deswegen, weil die Positionen der Grünen bekannt sind und denen der SED jetzt nicht so entfernt liegen. Jürgen Trittin wäre, wenn es die Grünen nicht gäbe, heute ganz normales Mitglied der SED (vermutlich sogar der kommunistischen Plattform) und Leute wie Claudia Roth, Bütikofer oder Beck passen genauso in diese Riege. Das ist m.E. nach keine Frage der Machtgeilheit sondern die von übereinstimmenden Positionen. Wo unterscheiden sich denn SED und Grüne ? Doch allenfalls in Marginalien, die grundsätzliche Sicht der Welt ist geradezu zwillingshaft, vom bösen Kapitalisten bis zum alles kontrollierenden, totalitären Staatsverständnis.
In Antwort auf:

P.S.: Ich bleibe dabei, daß ich dieser SPD keine Träne nachweinen werde.

Da halte ich gegen: Schlimmer geht immer. Im Moment ist es der SPD noch peinlich mit der SED was zusammen zu machen. Noch ist die SPD nicht völlig nach links abgekippt. Wenn das passiert, verlieren wir gleich doppelt, denn zum einen wäre eine Volksfront nur eine Frage der Zeit, zum anderen wird die CDU noch mehr sozialdemokratische Positionen aufnehmen als heute schon. So oder so, umso weiter die SPD nach links rutscht, umso mehr rutscht auch die ganze BRD dahin.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.08.2008 07:24
#23 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen Antworten

Zitat von str1977
Leider ist es nunmal so, Zettel, daß "parteischädigendes Verhalten" ganz formal definiert wird. Und dazu gehört, im Wahlkampf sich gegen die eigene Partei zu äußern. Gut Clement hat das nur implizit getan - er hat ja zumindest im zitierten Ausschnitt nicht gefordert Frau Ypsilanti nicht zu wählen sondern nur angemerkt, was das bedeuten würde.

Eben. Und deshalb hätte man, wenn man es ganz formal sieht, ihn nicht aus der Partei werfen müssen.

Es hat nach der Verkündung der Agenda 2010 weit negativere Äußerungen von Parteimitgliedern über das Führungspersonal der SPD gegeben und viele Äußerungen des Inhalts, diese Partei könne man gegenwärtig nicht wählen. Meines Wissens hat das in keinem einzigen Fall zum Parteiausschluß geführt. Nicht einmal Oskar Lafontaine, der gegen seine Partei regelrecht gehetzt hat, ist ausgeschlossen worden.

Das zeigt des Spielraum. Und es beweist, lieber str1977, daß der Parteiausschluß von Clement eine politische und nicht einfach eine juristische Entscheidung gewesen ist.

Natürlich ist der Ausschluß formal vertretbar. Aber er war nicht formal zwingend. Einen Mann mit den Verdiensten von Clement, der seiner Partei immer loyal gedient hatte (zuletzt, als er sich von Schröder in die Pflicht nehmen ließ und von Düsseldorf nach Berlin wechselte), wegen einer solchen Äußerung auszuschließen, ist ein massives politisches Signal.

Zumal selbst dann, wenn er juristisch hätte verurteilt werden "müssen", ja immer noch das "Strafmaß" Ermessenssache ist. Die Schiedskommission des UB Bochum hat ja nur eine Rüge ausgesprochen.

Im Morgenmagazin des ZDF hat gerade Patricia Schäfer darauf hingewiesen, daß just in diesen Tagen sich wieder einmal an den Arbeitslosigkeitsstatistiken zeigt, wie erfolgreich die Poltik Clements als Wirtschafts- und Sozialminister gewesen ist.

Die SPD müßte ihn eigentlich ehren, statt ihm einen Tritt zu geben.
Zitat von str1977
Wenn ich nun auch den Parteiausschluß für eine Überreaktion halte (und das obwohl ich nie Sympathien für Herrn Clement hatte), rein formal hat er "parteischädigendes Verhalten" geübt und Frau Ypsilanti nicht. Ansonsten fügen Sie bitte alle Politiker an, die jemals ihr Wort gebrochen haben: von Erich Mende über Helmut Kohl bis hin zu ich weiß nicht wem.

Liebe str1977, daß der Hinweis auf Ypsilanti satirischen Charakter hatte, wird Ihnen nicht entgangen sein; sonst hätte ich das ja nicht als "Meldung" in den Titel gesetzt.

Natürlich haben Sie Recht, daß Frau Ypsilanti sich nicht explizit gegen ihre Partei geäußert hat. Sie hat lediglich Äußerungen getan, deren Wirkung ihre Partei massiv geschädigt hat.

Was Erich Mende angeht, haben Sie Recht. Er hat im Wahlkampf versprochen, nicht mehr mit Adenauer, sondern nur mit einem neuen Kanzler (nach Lage der Dinge damals, 1961, Erhard) zu koalieren und hat sich nicht ganz daran gehalten.

Nicht ganz, denn es gab (nach meiner Erinnerung, ich habe das jetzt nicht verifiziert) eine Koalitionsvereinbarung, die einen Rücktritt Adenauers im Lauf der Legislaturperiode vorsah. Insofern konnte Mende mit einem gewissen Recht argumentieren, er hätte die Rücktrittsforderung durchgesetzt, nur eben mit einer Verzögerung in der Wirksamkeit. Er selbst wurde auch, wie versprochen, unter Adenauer nicht Minister.

Gleichwohl hat das der FDP so massiv geschadet, daß ihr noch jetzt - nach fast einem halben Jahrhundert! - der Ruf der "Umfallerpartei" anhaftet.

Und Mendes Karriere hatte nach diesem "Umfall" ihren Zenith überschritten, bevor sie richtig begonnen hatte, auch wenn er später unter Erhard kurz Minister war.

Er war freilich auch, als Liberalkonservativer, einer massiven Pressekampagne ausgesetzt. Am Ende landete er in der CDU, wo er aber keine herausragende Rolle mehr spielte.

Mende war eine der großen poltischen Potenzen der fünfziger/sechziger Jahre. Aber es blieb bei der Potenz.

Bei Kohl sehe ich keinen Wortbruch; welches Versprechen soll er gebrochen haben?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




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01.08.2008 07:53
#24 (Persönliches) zur SPD Antworten

Zitat von RexCramer
entsetzt dürfte auch Clement sein - nämlich über den Zustand der SPD, in dem sie sich heute befindet. Aus seiner Sicht wußte er sich offenbar nicht mehr anders zu helfen, als per Holzhammermethode darauf hinzuweisen, auf welchen Abgrund diejenigen zusteuern, die jetzt die Fäden in der Hand halten (intern wird schon lange niemand mehr zugehört haben, siehe auch Müntefering).

In der Tat, lieber RexCramer. Es gab ja schon vor diesem Interview, das ihm jetzt vorgeworfen wird, öffentliche Warnungen von Clement vor einem Zusammengehen mit den Kommunisten.

Mit seiner Provokation wollte er die Partei wachrütteln, ihr also helfen und nicht sie schädigen.
Zitat von RexCramer
Es ist eben das Herzblut, weshalb er noch kämpft für die "alte" SPD. Das ist wahrscheinlich die einzige Motivation, weshalb er das Theater überhaupt mitmacht und nicht einfach ausgetreten ist. Mit der heutigen SPD hat er allerdings nichts mehr zu tun.

Ich kann das nachvollziehen. Ich war nur weniger als zehn Jahre aktiv in der SPD und habe nie ein höheres Amt angestrebt als das des Bildungsobmanns in meinem Ortsverein.

Dennoch ist es mir sehr schwer gefallen, aus dieser Partei auszutreten, der man ja auch emotional verbunden war. Ich war jahrelang Karteileiche, bevor dann der Auftritt Lafontaines auf dem Mannheimer Parteitag und die besoffene Reaktion der Delegierten darauf mich so empörten, daß ich am Morgen danach mein Parteibuch zurückgegeben habe.

Das ist mit Clement, der sein Leben dieser Partei gewidmet hat, überhaupt nicht vergleichbar. Aber ich kann, wie gesagt, sein Zögern verstehen. Wie auch, daß Helmut Schmidt formal in der Partei bleibt.



Bei dieser Gelegenheit: Sie haben, lieber RexCramer, sich kürzlich verwundert gezeigt, daß ich einmal in der SPD gewesen bin. Ich bin Ihnen noch ein paar Sätze dazu schuldig.

Wer, wie ich, in den fünfziger Jahren politisch zu denken begonnen hat (den "Spiegel" habe ich als Achtjähriger regelmäßig zu lesen begonnen; er war in der "Lesemappe", die wir wöchentlich bekamen), für den war die SPD die Partei der Aufklärung. Die FDP war - vor der Zeit der Düsseldorfer "Jungtürken", lange vor den Freiburger Thesen - eine ganz überwiegend nationalliberale bis nationalkonservative Partei; trotz Thomas Dehler, den ich damals verehrt habe. Ihr Wahlkampfemblem war lange ein stilisierter schwarzer Reichsadler auf gelbem Feld.

Die SPD hatte viele liberale Männer, Männer der Aufklärung. Ich habe sie immer mal wieder aufgezählt und will das nicht wiederholen. Carlo Schmid, Adolf Arndt, Fritz Bauer, Heinz Kühn gehörten zu denen, die mich am meisten beeindruckt haben. Alles Männer im Geist Helmut Schmidts.

Dann, ab ungefähr 1966/67, bin ich natürlich auch vom Geist der Zeit erfaßt worden. Ich habe das ja einmal in einer kleinen Serie beschrieben.

Mir schwebte damals vor, daß diese sich anbahnende Bewegung zu dem führen würde können, was die SPD dann ja auch plakatiert hat: "Wir schaffen das moderne Deutschland".

Da spielte auch der Kampf gegen den Klerikalismus der Adenauer-Zeit eine erhebliche Rolle. Um ein Beispiel zu geben: Als ich 1965 an der Uni anfing, hatte ich einen Kollegen, der in NRW nicht wußte, in welche Schule er seine Kinder einschulen lassen sollte. Er war nämlich konfessionslos, und es gab damals nur katholische und evangelische Bekenntnisschulen. Staatliche, wohlgemerkt. "Gemeinschaftsschule" bedeutet damals, daß beide Konfessionen auf dieselbe Schule gingen wie in Berlin und Hessen. In NRW gab es das bei der Grundschule nicht.

Oder, ein anderes Beispiel: Meine Mutter war Gerichtsgutachterin und hatte eine Frau zu begutachten, die vor Gericht stand, weil sie es erlaubt hatte, daß ihr Enkel eine Nacht mit einem Mädchen verbrachte. Das war Kuppelei, und darauf stand Gefängnis.

Die SPD war, weit konsequenter als die FDP, antiklerikal. Sie war die Partei der Aufklärung, der Vernunft. Deshalb bin ich damals in die SPD eingetreten. Auch in bewußter Absetzung von vielen anderen an der Uni, die sich irgendwo links von der SPD engagiert haben.

Mit denen habe ich mich damals auseinandergesetzt und zB Marx studiert; davon zehre ich noch heute.

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01.08.2008 08:06
#25 Die Grünen Antworten

Zitat von Llarian
Ich denke vor allem deswegen, weil die Positionen der Grünen bekannt sind und denen der SED jetzt nicht so entfernt liegen. Jürgen Trittin wäre, wenn es die Grünen nicht gäbe, heute ganz normales Mitglied der SED (vermutlich sogar der kommunistischen Plattform) und Leute wie Claudia Roth, Bütikofer oder Beck passen genauso in diese Riege. Das ist m.E. nach keine Frage der Machtgeilheit sondern die von übereinstimmenden Positionen. Wo unterscheiden sich denn SED und Grüne ? Doch allenfalls in Marginalien, die grundsätzliche Sicht der Welt ist geradezu zwillingshaft, vom bösen Kapitalisten bis zum alles kontrollierenden, totalitären Staatsverständnis.

Für die Genannten, lieber Llarian, stimme ich zu.

Das ist übrigens eine deutsche Besonderheit, daß durch den Entrismus nach dem Scheitern der K-Gruppen massenhaft Kommunisten in diese grüne Partei eingetreten sind und sie zeitweise unter ihre Kontrolle gebracht haben. In Frankreich zB sind die Verts wirklich Umweltschützer.

Die eigentlich Grünen, also die Umweltschützer - Petra Kelly und ihr General Bastian, der Bauer Baldur Springmann, einer der ersten Ökobauern, der Umwelttheoretiker Gruhl - wurden schnell kaltgestellt.

Aber diese Kommunisten machen heute nicht mehr die ganze Partei aus.

Das liegt teils daran, daß viele, die als naive Umweltschützer in die Partei eingetreten sind, auch im Privatleben verbürgerlichten und heute dem wohlhabenden linksliberalen Bürgertum angehören (an den Unis laufen massenhaft diese Art von Grünen herum).

Zum anderen hat sich das Bündnis 90 den Grünen angeschlossen statt der FDP, was eine große Eselei war. Immerhin sind dadurch Demokraten in diese Partei gelangt, die mit dem Kommunismus weiß Gott nichts am Hut haben.

Wie in der SPD sind freilich im Augenblick die Linken dabei, die Partei der Grünen fest in den Griff zu bekommen; insofern gebe ich Ihnen Recht. Der Nürnberger Parteitag war da ein Signal. Liberale gehen entweder (wie Oswald Metzger) oder passen sich an (wie Fritz Kuhn). Von der Finanzexpertin Scheel habel ich lange nichts mehr gehört.

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