Zitat von LlarianIch denke vor allem deswegen, weil die Positionen der Grünen bekannt sind und denen der SED jetzt nicht so entfernt liegen. Jürgen Trittin wäre, wenn es die Grünen nicht gäbe, heute ganz normales Mitglied der SED (vermutlich sogar der kommunistischen Plattform) und Leute wie Claudia Roth, Bütikofer oder Beck passen genauso in diese Riege. Das ist m.E. nach keine Frage der Machtgeilheit sondern die von übereinstimmenden Positionen. Wo unterscheiden sich denn SED und Grüne ? Doch allenfalls in Marginalien, die grundsätzliche Sicht der Welt ist geradezu zwillingshaft, vom bösen Kapitalisten bis zum alles kontrollierenden, totalitären Staatsverständnis.
bzgl. der von ihnen genannten Personen stimme ich ihnen voll zu. Daß von denen kein Widerspruch kommt, ist völlig klar. Aber es gab/gibt eben auch viele andere Grüne, wie die von Zettel schon erwähnten Metzger oder Scheel, denen es darum geht, Ökologie mit Marktwirtschaft zu verbinden usw. Und das ist eben die Gruppe, von der man auch absolut nichts hört - was mich wundert.
Zitat von LlarianDa halte ich gegen: Schlimmer geht immer. Im Moment ist es der SPD noch peinlich mit der SED was zusammen zu machen. Noch ist die SPD nicht völlig nach links abgekippt. Wenn das passiert, verlieren wir gleich doppelt, denn zum einen wäre eine Volksfront nur eine Frage der Zeit, zum anderen wird die CDU noch mehr sozialdemokratische Positionen aufnehmen als heute schon. So oder so, umso weiter die SPD nach links rutscht, umso mehr rutscht auch die ganze BRD dahin.
Ihre Beobachtung ist richtig, was den Rutsch nach links angeht. Ich hatte natürlich nicht vor, diesen Punkt zu ignorieren, sondern es schwingt dabei immer die Hoffung mit, daß umso mehr Bürger aufwachen und erkennen, was wirklich passiert, je tiefer der Karren in den Dreck gefahren wird, damit es eine Umkehr geben kann. Ich wünsche mir also nicht den Untergang der SPD, einen weiteren Linksruck oder dergleichen, sondern eine Gegenreaktion als Folge aus deren Irrweg.
Zitat von ZettelMit seiner Provokation wollte er die Partei wachrütteln, ihr also helfen und nicht sie schädigen.
tja, nur hat das niemand gemerkt. Man darf sich eben nicht ablenken lassen, wenn man damit beschäftigt ist, die Welt zu retten ...
Zitat von ZettelIch kann das nachvollziehen. Ich war nur weniger als zehn Jahre aktiv in der SPD und habe nie ein höheres Amt angestrebt als das des Bildungsobmanns in meinem Ortsverein.
das erklärt den äußerst gut verlaufenen Heilungsprozeß.
Zitat von Zettel[Plauderei aus dem Nähkästchen]
Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich lese diese Rückblicke immer wieder gerne, vor allem aus einer Zeit, die ich nicht erlebt habe.
die Gemeinsamkeit der Grünen liegt, da stimme ich zu, nicht unbedingt darin, dass es alles Sozialisten oder gar Kommunisten wären. Was sie aber eigentlich durch die Bank eint ist, dass sie Kollektivisten sind, die staatliche Zwangslösungen favorisieren und einen elitären Machtanspruch verwirklichen wollen. Für mich ist der Unterschied zwischen grün und dunkelrot hauptsächich darin begründet, dass die einen die Welt retten wollen, indem sie alle gleich machen und den Armen vor den bösen Kapitalisten schützen wollen, die anderen wollen die Welt retten, indem sie die Natur retten und vor den bösen Kapitalisten schützen wollen. Der "Idealismus" Anspruch mag sich dabei leicht unterscheiden, die Zielsetzung ist sich aber derart ähnlich, dass man beide Parteien locker unter einen Hut packen könnte.
Das ist auch kein Widerspruch zum linksliberalen Bürgertum (da ich selbst noch an der Uni arbeite, kenne ich da auch eine ganze Menge entsprechende Leute). Ich habe sehr oft die Beobachtung gemacht, dass individuelle Freiheiten dort oft genau so weit gesehen werden, wie der eigene Hut reicht (was ja auch menschlich naheliegend ist). Freiheiten werden vertreten und verteidigt, so lange es einen selbst betrifft. Das hört aber auch genau an der Stelle auf. Einfaches Beispiel: Das Bürgerrecht auf Datenschutz im Netz wird mit Zähnen und Klauen verteidigt, das Urheberrecht muss hinter dem Recht auf freie Meinungsäusserung zurückstehen (eine sehr liberale Position, die ich auch teile). Das ist eine Freiheit die viele dieser Leute betrifft. Aber keine käme auf die Idee das Steuergeheimnis eines Herr Ackermann zu verteidigen, oder einen Skandal darin zu sehen, dass ein deutscher Geheimdienst per Bestechung illegale Daten aus dem Ausland beschafft. Denn dieses Recht betrifft diese Leute nicht. Auf den Punkt gebracht: Auch sich liberal wähnendes, grünes Bürgertum ist nicht im Kern liberal. Es wähnt sich so, weil es die eigenen Freiheiten verteidigt. Liberalität bedeutet aber die Freiheiten des anderen zu verteidigen. Sorry, wenn das jetzt ein kleines bissel vom Thema abwich, es floss so aus den Tasten.... :)
Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich lese diese Rückblicke immer wieder gerne, vor allem aus einer Zeit, die ich nicht erlebt habe.
Das freut mich, lieber RexCramer.
Was uns, was vor allem die jüngere Generation von den Altvorderen unterscheidet, das ist ja, daß wir über Bild- und Tondokumente ein ganz anderes Bild der Vergangenheit haben.
Wie Kaiser Wilhelm II ritt, gestikulierte, sprach, das können wir uns ansehen. Von Bismarck haben wir nur Fotos, von Friedrich II nur gemalte Porträts. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wird alles dokumentiert und festgehalten.
Aber ich habe oft den Eindruck, daß über alte Wochenschauen, Reden, TV-Auftritte von Politikern doch nur ein sehr oberflächliches Bild vermittelt wird.
Besser ist es schon, sich alte Spielfilme anzusehen. Oder TV-Serien wie "Der Kommissar"; das wird ja im Augenblick sonntags auf 3Sat wiederholt. Da bekommt man Einblicke in den Alltag. Oder die Romane realistischer Schriftsteller zu lesen, zB "Das steinerne Herz" von Arno Schmidt oder "Ehen in Philippsburg" von Martin Walser.
Aber so ganz kann das die Oral History alles nicht ersetzen; und deshalb plaudere ich gelegentlich ganz gern. Wobei ich Wiederholungen zu entschuldigen bzw. zu überlesen bitte; es lesen hier ja immer wieder andere mit.
Wer erinnert sich noch an den Absturz der CDU nach der Parteispendenaffäre? Damals wurde das Ende der CDU ausgerufen und ich argumentierte gar nicht erst inhaltlich mit all den radikal-Linken, die das Ende ihres Erzfeindes herbeisehnten. Ich fragte lediglich die Mitte-Links-Wähler: würdet ihr tatsächlich eine der beiden deutschen Volksparteien beerdigen wollen? Was käme denn dann? Eine absolute Mehrheit für die SPD jedenfalls nicht - was also sonst?
Und genau so wäre es ein Systemwechsel, wenn die SPD als Volkspartei verschwinden würde. Die alte Bundesrepublik gäbe es dann nicht mehr. Was käme dann? MfG Frank
Zitat von Frank2000Und genau so wäre es ein Systemwechsel, wenn die SPD als Volkspartei verschwinden würde. Die alte Bundesrepublik gäbe es dann nicht mehr. Was käme dann?
Wolfgang Clement hat, lieber Frank, nicht nur in dem Interview mit dem "Kölner Stadtanzeiger", sondern auch noch einmal in einem Interview mit der "Welt" darauf hingewiesen, daß die Sozialdemokratie in ganz Europa in einer Krise ist.
Sie wird nach meiner Überzeugung da nur herauskommen, wenn sie sich nach dem Vorbild der US-Demokraten entwickelt: Zu einer prokapitalistischen, wirtschaftsfreundlichen, sozial engagierten Partei. Andernfalls wird sie zu einer Partei der Fußkranken der Globalisierung herabsinken.
Das Problem ist, daß dann der linke Rand verlorengeht. An die orthodoxen Kommunisten wie bei uns. An noch linkere, trotzkistische Kommunisten wie in Frankreich.
Dagegen hilft nur eins: Das Mehrheitswahlrecht. Ohne Mehrheitswahlrecht werden wir Weimarer Verhältnisse bekommen, oder die Volksfront. Das schreibe ich hier, fast seit es dieses Forum gibt. Und ich fürchte immer mehr, daß ich damit Recht habe.
Vor allem würde das Mehrheitswahlrecht die Macht der Parteien zu Gunsten charismatischer Individuuen reduzieren. Netzwerke und Seilschaften sind, angesichts nicht zu vergebender Listenplätze, dann weniger bedeutsam als die Persönlichkeit.
str1977
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04.08.2008 10:31
#34 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen
Aber es ist noch jedes mal, wenn ein SPD-Mitglied vor einer Wahl gegen den eigenen Wahlvorschlag geredet hat, der Vorwurf parteischädigenden Verhaltens laut geworden.
Weil die SPD so nunmal parteischädigendes Verhalten definiert.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
str1977
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04.08.2008 10:44
#35 RE: Marginalie: SPD will Ypsilanti ausschließen
Zitat von ZettelEben. Und deshalb hätte man, wenn man es ganz formal sieht, ihn nicht aus der Partei werfen müssen.
Es hat nach der Verkündung der Agenda 2010 weit negativere Äußerungen von Parteimitgliedern über das Führungspersonal der SPD gegeben und viele Äußerungen des Inhalts, diese Partei könne man gegenwärtig nicht wählen. Meines Wissens hat das in keinem einzigen Fall zum Parteiausschluß geführt. Nicht einmal Oskar Lafontaine, der gegen seine Partei regelrecht gehetzt hat, ist ausgeschlossen worden.
Das habe ich anders in Erinnerung. Soweit ich sehen kann, hat Lafontaine damals zwar gegen die Agenda gesprochen (und vorher auch mal gegen den Kosovokrieg) aber nie gegen die SPD oder einen Wahlvorschlag und Austrittsgerüchte solange dementiert bis er dann ausgreteten ist.
Wohlgemerkt: es geht hier um die Situation: Wahlkampf, Wahlvorschlag etc. Da versteht die SPD nunmal nur wenig Spaß.
In Antwort auf:Das zeigt des Spielraum. Und es beweist, lieber str1977, daß der Parteiausschluß von Clement eine politische und nicht einfach eine juristische Entscheidung gewesen ist.
Natürlich ist der Ausschluß formal vertretbar. Aber er war nicht formal zwingend.
Eben das wollte ich ja auch sagen. Sie erweckten in Ihrem Beitrag eben den Eindruck, einer formalen Logik, die entweder den Rauswurf Clements für illegitim hält oder auch den Rauswurf von Frau Ypsilon fordern würden.
Das es Ermessenssache ist war ja meine Rede. Das ich in diesem Fall es für eine (ja, auch aus politisch bedingter Feindschaft geborene) Überreaktion halte auch.
In Antwort auf:Liebe str1977, daß der Hinweis auf Ypsilanti satirischen Charakter hatte, wird Ihnen nicht entgangen sein; sonst hätte ich das ja nicht als "Meldung" in den Titel gesetzt.
Lieber Zettel, wenn schon dann "lieber Str1977".
Ja, was Satire angeht, bin ich manchmal etwas betriebsblind. Aber vielleicht gibt es auch eine Satire-Inflation (nicht hier sondern allgemein).
In Antwort auf:Was Erich Mende angeht, haben Sie Recht. Er hat im Wahlkampf versprochen, nicht mehr mit Adenauer, sondern nur mit einem neuen Kanzler (nach Lage der Dinge damals, 1961, Erhard) zu koalieren und hat sich nicht ganz daran gehalten.
Nicht ganz, denn es gab (nach meiner Erinnerung, ich habe das jetzt nicht verifiziert) eine Koalitionsvereinbarung, die einen Rücktritt Adenauers im Lauf der Legislaturperiode vorsah.
Ihre Erinnerung trügt Sie nicht. Nur ändert das nichts daran: "Versprochen, gebrochen." Er hätte ja nicht erst großmäulig ein "Nie mit Adenauer" verkünden müssen. Man kann nicht sagen, man habe sein Versprechen nur halb gebrochen.
In Antwort auf:Bei Kohl sehe ich keinen Wortbruch; welches Versprechen soll er gebrochen haben?
Keine Steuererhöhungen für die Deutsche Einheit. Und drei Tage nach der Wahl wurden die Abgaben erhöht. Sicher, Sie können Sich formal darauf zurückziehen, daß Steuern und Abgaben nicht dasselbe sind, aber dennoch handelte es sich um eine Täuschung. (Und später wurden ohnehin die Steuern dann doch erhöht, der Soli ist ja auch eine Steuer.)
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Zitat von str1977 Sicher, Sie können Sich formal darauf zurückziehen, daß Steuern und Abgaben nicht dasselbe sind...
Hängt von der Definition ab. Die bundesdeutscche "Abgabenordnung" definiert Steuern und Gebühren als "Abgaben". Diese juristische Definition hat sich in der Bevölkerung aber nie durchgesetzt. MfG Frank
In Antwort auf:Vor allem würde das Mehrheitswahlrecht die Macht der Parteien zu Gunsten charismatischer Individuuen reduzieren.
Das ist ein Mythos. Das Mehrheitswahlrecht in GB hat so "charismatische" Typen wie Gordon Brown oder damals John Major nicht verhindert. Und die Parteiorganisation ist dort fast ähnlich mächtig - weil sichere Wahlkreise zu bekommen äquivalent zu ist zu unseren sicheren Listenplätzen.
Es gibt übrigens kein Parlament in Europa mit einer so zersplitterten Parteienlandschaft wie in GB - derzeit 10 Parteien und 2 Unabhängige.
Immerhin haben die Engländer über lange Jahre gelernt, mit dem System umzugehen. In Deutschland würde die Einführung eines solchen Wahlrechts zu unerträglichen Zuständen führen - genau so gut könnte man die Zusammensetzung der Regierung auswürfeln.
Zitat von ZettelSie wird nach meiner Überzeugung da nur herauskommen, wenn sie sich nach dem Vorbild der US-Demokraten entwickelt: Zu einer prokapitalistischen, wirtschaftsfreundlichen, sozial engagierten Partei. Andernfalls wird sie zu einer Partei der Fußkranken der Globalisierung herabsinken.
Das Problem ist, daß dann der linke Rand verlorengeht.
Nein, das Problem ist, daß dann die Menschen verlorengehen. Das Problem derzeit ist, daß die SPD nicht weiß was sie will, weil sie von Schröder geknechtet wurde und nun dagegen rebelliert, aber - eben auch durch Schröders letzten, verlogenen Wahlkampf - mit in der Regierung sitzt. Sie kommt auch nicht damit klar, daß sie faktisch die Große Koalition dominiert, d.h. die Regierungs-SPD, nicht die Basis-SPD. Da man soziale Dinge nicht errreichen bzw. verteidigen kann sucht man Ersatzbefriedigungen wie Rauchverbot, Scheidungsrecht, Kinderverstaatlichung.
Man kann der SPD nur eine rasche Opposition wünschen. Das bietet keine Garantie, das sie sich zum besten sammelt, aber in der Regierung kann es ihr nicht gelingen.
In Antwort auf:Dagegen hilft nur eins: Das Mehrheitswahlrecht. Ohne Mehrheitswahlrecht werden wir Weimarer Verhältnisse bekommen, oder die Volksfront. Das schreibe ich hier, fast seit es dieses Forum gibt. Und ich fürchte immer mehr, daß ich damit Recht habe.
Wenn der Wähler nicht so wählt, wie er soll, dann ändern wir halt die Spielregeln. Wäre es da nicht einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte sich ein Neues?
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Vor allem, wollen wir denn wirklich von Charismaten regiert werden?
Das Mehrheitswahlrecht führt immer zu einer Verzerrung des Wählerwillens, solange man es parteipolitisch betrachtet.
Die einzige Rechtfertigung eines Mehrheitswahlrecht wäre eine regionale Perspektive, d.h. ein Vertreter von Wahlkreis A, einer von Wahlkreis B.
Es ist nicht Aufgabe einer Parlamentswahl, eine stabile Regierung hervorzubringen, sondern eine akkurate Vertretung der Wähler bzw. des Wählerwillens zu erreichen.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
In Antwort auf:Es ist nicht Aufgabe einer Parlamentswahl, eine stabile Regierung hervorzubringen, sondern eine akkurate Vertretung der Wähler bzw. des Wählerwillens zu erreichen.
Da kann man streiten. Der Witz ist nur, daß das Mehrheitswahlrecht zwar die Vertretung des Wählerwillens deutlich verschlechtert, aber für die Stabilität der Regierung überhaupt nichts bringt.
In Antwort auf: Ich kann daran nichts Anstößiges finden; zumal ja auch zwischen Gewerkschaften und Politik eine rege Mobilität zu verzeichnen ist. (Anstößig wird es allerdings, wenn ein ehemaliger Kanzler sofort nach Ende seiner Amtszeit in den Dienst einer auswärtigen Macht tritt).
Was für mich impliziert, dass eine "auswärtige Macht" eher mit unserer deutschen Regierung unvereinbare Interessen vertreten kann als ein in Deutschland tätiger Energiekonzern, ein in Deutschland angemeldetes Versicherungsunternehmen, eine primär in Deutschland tätige Bank oder sonstiges. Seh' ich aber so nicht ein. Es gibt einen Haufen Themen, bei denen ich als Bürger, in dessen Interesse die Regierung eigentlich agieren sollte, ganz andere Interessen habe als ein Energieunternehmen, eine Bank, eine Versicherung. In all diesen Fällen ist es sehr wohl anstößig, wenn ein Minister von gutbezahlten Vorstands- oder Aufsichtsratposten in die Politik wechselt und zurück. Dass das in den USA betrieben wird, ist für mich keine Rechtfertigung. Ganz im Gegenteil: Bekanntermaßen hat Präsident Eisenhower in seiner Abschiedsrede vor der desaströsen Interessenverquickung von Politik und dem "militärisch-industriellen Komplex" gewarnt. Wie, wenn nicht durch fliegende Wechsel von Politik und Wirtschaft, wird eine solche Verquickung ermöglicht?
In Antwort auf: Fachliche Kompetenz? Ein Konzern braucht nicht nur Techniker und Kaufleute, sondern auch Generalisten wie Clement.
Entschuldigen Sie, aber das finde ich jetzt sehr abwegig. Ein Ex-Minister wird, wenn überhaupt, wegen seiner Kontakte, seines Einflusses, seiner Kenntnisse über das Innenleben eines Ministeriums von einem privaten Unternehmen engagiert.
In Antwort auf: Mich hat es, lieber Chripa, sehr gestört, daß in kaum einer Meldung zum Fall Clement der Hinweis auf seine Tätigkeit für die RWE fehlt. Ja, schließt diese denn aus, daß er sich aufgrund seiner wirtschafts- und energiepolitischen Kompetenz negativ über die Folgen der von Ypsilanti geplanten Energiepolitik geäußert hat (zugleich Stillegung von Biblis und keine neuen Kohlekraftwerke)?
Ne, das schließt das ganz sicher nicht aus. Es steht Ihnen frei einem Mann, der von Betreibern von Kohlekraftwerken bezahlt wird, zu glauben, wenn er über Kohlekraftwerke spricht. Aber sicher kennen auch Sie das Sprichwort vom Bock, den man nicht zum Gärtner machen sollte. In diesem Sinne würde ich jeden Artikel über Wolfgang Clement und seine Äußerungen zur Energiepolitik, der nicht darauf hinweist dass Clement von RWE bezahlt wird, kritisieren. Und ihrer nächsten Äußerung stimme ich deshalb auch zu
In Antwort auf: Man könnte ja zB bei jeder gewerkschaftsfreundlichen Äußerung eines SPD-Politikers auch melden, daß er selbst Mitglied dieser oder jener Gewerkschaft ist.
In Antwort auf: Oder umgekehrt: Wenn Bsirskes Ver.di jetzt die Lufthansa bestreikt - warum schreibt man nicht, daß Bsirske Mitglied der "Grünen" ist? Liegt der Verdacht, daß er eigentlich grüne Politik macht und nicht Gewerkschaftspolitik, nicht genauso nahe, wie daß Clement gar nicht als SPD-Politiker, sondern als RWE-Mann gesprochen hat?
Könnte sein, aber Sie sollten beachten dass der Streik durch eine Urabstimmung genehmigt wurde. Ganz davon abgesehen ist der Zusammenhang zwischen grüner Politik und wirtschaftlichem Schaden der Lufthansa schon etwas schwerer zu konstruieren als zwischen einer Äußerung Clements über Kohlekraftwerke und seiner Tätigkeit für die Betreiber von Kohlekraftwerken.
In Antwort auf:Vor allem würde das Mehrheitswahlrecht die Macht der Parteien zu Gunsten charismatischer Individuuen reduzieren.
Das ist ein Mythos.
Das Mehrheitswahlrecht in GB hat so "charismatische" Typen wie Gordon Brown oder damals John Major nicht verhindert.
Charismatisch ist wohl nicht das richtige Wort. Aber jedenfalls fördert das Persönlichkeitswahlrecht die Aufstellung von Kandidaten, von denen man erwartet, daß sie Wähler ziehen. Brown war ja populär, bevor er zeigte, daß er es nicht kann.
Zitat von R.A.Und die Parteiorganisation ist dort fast ähnlich mächtig - weil sichere Wahlkreise zu bekommen äquivalent zu ist zu unseren sicheren Listenplätzen.
Eben mit der Einschränkung, daß es notorisch erfolglose Kandidaten schwerer haben. Oder anders gesagt: Daß die Kandidaten sich mehr bemühen müssen, von den Wählern akzeptiert zu werden.
Es ist schon ein Unterschied, lieber R.A., ob auch ein Minister fürchten muß, nicht wiedergewählt zu werden, oder ob er der Wahl gelassen entgegensehen kann. Unter unserem Wahlrecht kann man auf einem sicheren Listenplatz wirklich sicher sein, ins Parlament zu kommen ("gewählt zu werden" kann man ja im Grunde nicht sagen). Im UK kann man auch in einem "sicheren Wahlkreis" untergehen wie gerade jetzt der Labour-Kandidat in Glasgow Ost.
Zitat von R.A.Es gibt übrigens kein Parlament in Europa mit einer so zersplitterten Parteienlandschaft wie in GB - derzeit 10 Parteien und 2 Unabhängige.
Und zugleich gab es bisher - außer in Kriegszeiten - nach meiner Erinnerung niemals eine Koalitionsregierung.
Zitat von R.A.Immerhin haben die Engländer über lange Jahre gelernt, mit dem System umzugehen. In Deutschland würde die Einführung eines solchen Wahlrechts zu unerträglichen Zuständen führen - genau so gut könnte man die Zusammensetzung der Regierung auswürfeln.
Welche unerträgliche Zustände meinen Sie, lieber R.A.? Es würde doch aus der Sicht des Wählers lediglich die Zweitstimme entfallen.
Und die Wahlkreise würden kleiner werden; ein zusätzlicher Vorteil, denn das bedeutet mehr Bürgernähe.
In Antwort auf:Es ist nicht Aufgabe einer Parlamentswahl, eine stabile Regierung hervorzubringen, sondern eine akkurate Vertretung der Wähler bzw. des Wählerwillens zu erreichen.
Da kann man streiten. Der Witz ist nur, daß das Mehrheitswahlrecht zwar die Vertretung des Wählerwillens deutlich verschlechtert, aber für die Stabilität der Regierung überhaupt nichts bringt.
Ja, dann wäre der Streit ja gegenstandslos.
Aber was ich oben meinte war:
Zwar geht in einem parlamentarischen System geht die Regierung aus dem Parlament hervor, aber ich kann doch diesem Sekundärzweck nicht den Primärzweck, akkurate Volksvertretung opfern. Dann doch gleich lieber ein Präsidialsystem bzw. ein System mit separaten Wahlen für die Exekutive (was aber z.B. in Israel auch nicht sooo dolle funktioniert.)
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Zitat von ZettelCharismatisch ist wohl nicht das richtige Wort. Aber jedenfalls fördert das Persönlichkeitswahlrecht die Aufstellung von Kandidaten, von denen man erwartet, daß sie Wähler ziehen. Brown war ja populär, bevor er zeigte, daß er es nicht kann.
So wie ich das in Erinnerung habe, war Gordon Brown noch nie populär.
Klar man schätzte seine wachsame Haushaltsführung und sah in ihm hier und da das Gegengewicht, wenn einem Tony Blairs Politik grade nicht paßte - Gordon Brown als Verteidiger des Pfundes gegenüber den Euro-Einführer Blair z.B. Aber viel größer war doch immer der Eindruck, hier stünde jemand drängelnd zum Sprung bereit.
Ob er es übrigens "nicht kann", will ich mal bezweifeln. Um mal zu vergleichen: ist die portugiesische Diktatur gestürzt, weil es Caetano nicht konnte? Oder weil die Zeit ohnehin gekommen war?
In Antwort auf:Eben mit der Einschränkung, daß es notorisch erfolglose Kandidaten schwerer haben. Oder anders gesagt: Daß die Kandidaten sich mehr bemühen müssen, von den Wählern akzeptiert zu werden.
Wenn es die sicheren Wahlkreise nicht gäbe, wo noch ein Besenstiel gewählt würde, wenn er der richtigen Partei angehört. (Sicher geht das auch mal schief, aber meistens nicht.) Wohlgemerkt, das ist ein Argument gegen Ihr Argument, nicht gegen das Mehrheitswahlrecht.
Es ist schon ein Unterschied, lieber R.A., ob auch ein Minister fürchten muß, nicht wiedergewählt zu werden, oder ob er der Wahl gelassen entgegensehen kann.
In Antwort auf:"gewählt zu werden" kann man ja im Grunde nicht sagen
Muß man sogar sagen, will man unsere Demokratie respektieren.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
> Unter unserem Wahlrecht kann man auf einem sicheren > Listenplatz wirklich sicher sein, ins Parlament zu kommen Das ist nicht richtig! Es gibt oft Fälle, daß eine Volkspartei so viele Direktmandate bekommt, daß überhaupt kein Listenplatz zum Zuge kommt. Das gilt mindestens einmal für alle Länder (-listen bei einer BTW), in denen es Überhangmandate gibt - ein immer häufigeres Phänomen, vor allem im Osten.
> Und zugleich gab es bisher - außer in Kriegszeiten - nach > meiner Erinnerung niemals eine Koalitionsregierung. Keine formale Koalition, wohl aber eine Minderheitsregierung in Kooperation mit einer anderen Partei.
Es ist eher Zufall, daß es nach dem Krieg in GB fast immer absolute Mehrheiten einer Partei gab - mit dem Wahlsystem hat das direkt wenig zu tun. Wobei es noch einen Effekt gibt: Bei der Mehrheitswahl schneidet ja die Regierung die Wahlkreise zu. Und sie tut dies in der Regel so, daß sie selber mit wenig Wählern viele Mandate bekommen kann (gerrymandering). Derzeit hat Labour die Wahlkreise so geschnitten, daß die Tories etwa 5% mehr Stimmen brauchen, um in den Mandaten gleichzuziehen!
Das bedeutet in der Praxis, daß eine Regierung recht schwer abzuwählen ist. Selbst wenn sie schon eine deutliche Mehrheit gegen sich hat, wird ihr die Manipulation der Wahlkreise noch eine Parlamentsmehrheit sichern. Das heißt: Eine absolute Mehrheit führt zur nächsten absoluten Mehrheit. Bis die Wählerschaft der Regierung so überdrüssig wird, daß es einen ganz krassen Umschwung gibt und auch genug "sichere" Wahlkreise fallen.
Labour ist in einem solchen Zustand. Aber es ist sehr fraglich, ob die Tories deswegen bei der nächsten Wahl eine eigene Mehrheit bekommen werden - dazu sind Liberale und SNP inzwischen zu stark.
> Welche unerträgliche Zustände meinen Sie, lieber R.A.? Bei einem so krassen Wechsel des Wahlrechts kann der Wähler sich nicht mehr auf seine Erfahrungen verlassen. Er hat nur noch begrenzt die Möglichkeit einzuschätzen, was er mit seiner Stimme erreicht, insbesondere ob sie in den Papierkorb wandert oder wirklich eine Erfolgschance hat.
Denn es ist ja nicht automatisch so, daß dann in allen Wahlkreisen nur SPD- oder CDU/CSU-Kandidaten Sieger werden. Eine schlichte Hochrechnung der alten Erststimmen hätte mit der neuen Realität nichts zu tun. Die kleinen Parteien würden nicht mehr flächendeckend Wahlwerbung betreiben (was für sie besonders ineffizient ist), sondern sich auf wenige Wahlkreise konzentrieren, ihre Hochburgen, mit den prominenten Kandidaten. In vielen Fällen würden sie damit Erfolg haben - aber es ist fast unmöglich zu prognostizieren, wo und wie oft.
In GB haben die Wähler ein ziemlich gutes taktisches Gespür entwickelt, in welchen Wahlkreisen welche Kandidaten chancenreich sind - und da wird oft nicht für den eigenen Lieblingskandidaten gestimmt, sondern über die Bande gespielt. Auch die Parteien wissen, welche Kandidaten sie am besten wo bringen. Am Ende hat das Ergebnis trotz erheblicher Verzerrungen noch tendentiell etwas mit dem Wählerwillen zu tun.
Das wäre bei der ersten Mehrheitswahl in Deutschland völlig anders. Eine Relation zwischen dem Wählervotum insgesamt und der Parlamentszusammensetzung wäre nur schwach erkennbar, mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte die Regierungsmehrheit KEINE Mehrheit in der Bevölkerung, sondern einfach nur Glück gehabt bei der chaotischen Neusortierung der Wählerschaft.
Die Legitimationsprobleme einer solchen neuen Regierung wären monströs. Man denke nur daran, wie viele Deutsche die US-Präsidentenwahl für "undemokratisch" halten, weil die leichte Verzerrung über Wahlmänner und Bundesstaaten nicht automatisch eine popular-vote-Mehrheit zu einer Präsidentenmehrheit macht. Die Verzerrungen bei einem Mehrheitswahlrecht in Deutschland wären massiv größer - das wäre nicht vermittelbar.
Wenn man überhaupt über Wahlrechtsänderungen nachdenkt, dann wäre das irische Beispiel (Single transferable vote in Mehrpersonenwahlkreisen) viel interessanter. Das archaische englische Beispiel dagegen ist (zu Recht) chancenlos, und ist ja auch in GB im Niedergang (die neuen Parlamente in Wales und Schottland benutzen es nicht mehr).
Zitat von R.A.> Unter unserem Wahlrecht kann man auf einem sicheren > Listenplatz wirklich sicher sein, ins Parlament zu kommen Das ist nicht richtig! Es gibt oft Fälle, daß eine Volkspartei so viele Direktmandate bekommt, daß überhaupt kein Listenplatz zum Zuge kommt.
Stimmt, diesen Fall hatte ich übersehen. Nur werden dann die Spitzenleute, sofern sie einen eigenen Wahlkreis haben, auch gewählt, weil eben ein solcher Fall nur bei einem großen Swing eintritt.
Aber jetzt, wo Sie darauf aufmerksam machen, erinnere ich mich an Fälle, wo bestimmte Spitzenleute in der Tat darauf verzichtet hatten, auch direkt zu kandidieren, und dann den Bach runtergingen.
Zitat von R.A.Das gilt mindestens einmal für alle Länder (-listen bei einer BTW), in denen es Überhangmandate gibt - ein immer häufigeres Phänomen, vor allem im Osten.
Ja, denn dieser Fall tritt dann ein, wenn a) eine Partei viele Direktmandate holt, b) sie aber trotzdem nicht an die fünfzig Prozent herankommt. So ist es in dem Dreiparteiensystem des Ostens.
Zitat von R.A.> Und zugleich gab es bisher - außer in Kriegszeiten - nach > meiner Erinnerung niemals eine Koalitionsregierung. Keine formale Koalition, wohl aber eine Minderheitsregierung in Kooperation mit einer anderen Partei.
Daran kann ich mich auch nicht erinnern; wann war das denn?
Zitat von R.A.Es ist eher Zufall, daß es nach dem Krieg in GB fast immer absolute Mehrheiten einer Partei gab - mit dem Wahlsystem hat das direkt wenig zu tun.
Das bezweifle ich, lieber R.A. Wenn Sie sich im UK die Anteile an den Wählerstimmen und die Sitzverteilung im Unterhaus ansehen, werden Sie immer finden, daß es einen amplification effect gibt. Der Regel ist eine absolute Mehrheit im Unterhaus, der nur eine relative Mehrheit bei den Wählerstimmen entspricht.
Zitat von R.A.Wobei es noch einen Effekt gibt: Bei der Mehrheitswahl schneidet ja die Regierung die Wahlkreise zu. Und sie tut dies in der Regel so, daß sie selber mit wenig Wählern viele Mandate bekommen kann (gerrymandering). Derzeit hat Labour die Wahlkreise so geschnitten, daß die Tories etwa 5% mehr Stimmen brauchen, um in den Mandaten gleichzuziehen!
Das hat aber nichts mit dem Mehrheitswahlrecht an sich zu tun. Auch bei uns werden ja die Zunschnitte von Wahlkreisen von Zeit zu Zeit der Bevölkerungsentwicklung angepaßt. Aber nicht willkürlich, sondern nach demographischen Kriterien.
Zitat von R.A.Das bedeutet in der Praxis, daß eine Regierung recht schwer abzuwählen ist. Selbst wenn sie schon eine deutliche Mehrheit gegen sich hat, wird ihr die Manipulation der Wahlkreise noch eine Parlamentsmehrheit sichern.
Ich bin nicht ganz sicher, aber ich habe eine dunkle Erinnerung, daß einmal (Thatcher?) in der Tat diejenige Partei im Unterhaus die Mehrheit hatte, die im popular vote hinten lag. Sonst war immer die stärkste Partei auch die Regierungspartei. Unter unserem Wahlrecht andererseits ist es leicht möglich, gegen die stärkste Partei zu regieren. In der Zeit der sozialliberalen Koalition war die SPD nur ein einziges Mal stärkste Partei (auch das aus der Erinnerung behauptet).
Zitat von R.A.Das heißt: Eine absolute Mehrheit führt zur nächsten absoluten Mehrheit.
Das ist auch so gewollt. Vor allem eines dient dazu, das Sie nicht erwähnen: Das Recht des PM, innerhalb der gesetzlichen Frist jederzeit Neuwahlen anzusetzen.
Zitat von R.A.Bis die Wählerschaft der Regierung so überdrüssig wird, daß es einen ganz krassen Umschwung gibt und auch genug "sichere" Wahlkreise fallen.
Ja, und genauso sollte es - nach meiner bescheidenen Meinung - sein: Solange die Leute leidlich mit ihrer Regierung zufrieden sind, soll diese auch weitermachen dürfen. Wenn sie ihrer überdrüssig sind, dann können sie sie abwählen.
Zitat von R.A.> Welche unerträgliche Zustände meinen Sie, lieber R.A.? Bei einem so krassen Wechsel des Wahlrechts kann der Wähler sich nicht mehr auf seine Erfahrungen verlassen. Er hat nur noch begrenzt die Möglichkeit einzuschätzen, was er mit seiner Stimme erreicht, insbesondere ob sie in den Papierkorb wandert oder wirklich eine Erfolgschance hat.
Da protestiere ich aber heftig!
Es ist doch das jetzige System, unter dem der Wähler das nicht weiß. Wer zB in Hessen die SPD wählte, wußte nicht, ob er damit der FDP in die Regierung verhilft oder die Kommunisten als Machtbeschaffer ins Spiel bringt. Wer 1998 SPD gewählt hat, vertraute vielleicht Schröders Sprüchen von der Neuen Mitte, bekam dann aber Rotgrün. Vermutlich hat kaum jemand, der 2003 die CDU gewählt hat, damit gerechnet, damit eine Regierung mit einem Arbeitsminister Scholz zu wählen.
Ansonsten gebe ich Ihnen recht - natürlich erfordert ein neues Wahlrecht vom Wähler eine gewisse Umstellung. Die Franzosen sind da schon trainiert.
Zitat von R.A.Das wäre bei der ersten Mehrheitswahl in Deutschland völlig anders. Eine Relation zwischen dem Wählervotum insgesamt und der Parlamentszusammensetzung wäre nur schwach erkennbar, mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte die Regierungsmehrheit KEINE Mehrheit in der Bevölkerung, sondern einfach nur Glück gehabt bei der chaotischen Neusortierung der Wählerschaft.
Ich plädiere ja, lieber R.A., bekanntlich für die französische Variante des Mehrheitswahlrechts. Auf diese trifft Ihre Kritik nicht zu. Im ersten Wahlgang kann jeder die Partei seiner Präferenz wählen, auch wenn sie klein ist. Für den zweiten werden Wahlbündnisse geschlossen; da weiß der Wähler also in jedem Wahlkreis, wo er dran ist.
In Antwort auf:Wenn Sie sich im UK die Anteile an den Wählerstimmen und die Sitzverteilung im Unterhaus ansehen ...
Da wird es schwierig. Die Wählerstimmen sind ja sehr vom Wahlsystem beeinflußt. In "sicheren" Wahlkreisen ist die Wahlbeteiligung eher niedrig, weil die Sache beiden Seiten klar ist und viele sich nicht die Mühe machen, noch zu wählen. Man weiß letztlich nicht, wie die "wahre" Wählerverteilung der Briten bei einer Listenwahl wäre.
In Antwort auf:Das hat aber nichts mit dem Mehrheitswahlrecht an sich zu tun.
Jein. Das Mehrheitswahlrecht sorgt dafür, daß der Wahlkreiszuschnitt entscheidend wichtig wird - während er bei uns (bis auf das Thema "3 Direktmandate statt 5%") nebensächlich ist und die Regierung sich gar nicht um einen besonderen Zuschnitt bemüht.
Letztlich gibt es kein Verfahren, um einen fairen, "objektiven" Zuschnitt zu erzwingen, Regierung bzw. alte Parlamentsmehrheit haben da immer entscheidende Einflußmöglichkeiten.
In Antwort auf:Ja, und genauso sollte es - nach meiner bescheidenen Meinung - sein: Solange die Leute leidlich mit ihrer Regierung zufrieden sind, soll diese auch weitermachen dürfen.
Ist ein legitimer Standpunkt - aber ich teile ihn absolut nicht. Ich sehe keine Berechtigung, einer Regierung einen zusätzlichen, strukturellen Vorteil einzuräumen (zusätzlich zum normalen Amtsinhaberbonus und der Möglichkeit, die staatlichen Ressourcen für die eigene Profilierung zu mißbrauchen).
Wenn man eine Regierung erst los wird, wenn sie wirklich ganz schlimm abgewirtschaftet hat - dann ist schon viel Schaden angerichtet.
In Antwort auf:Es ist doch das jetzige System, unter dem der Wähler das nicht weiß. Wer zB in Hessen die SPD wählte, wußte nicht, ob er damit der FDP in die Regierung verhilft ...
Sorry, aber das ist nun ein ganz anderes Thema. Wie Parteien oder Politiker mit ihren Versprechen oder ihrer Machtposition nach der Wahl umgehen, das hat nichts mit dem Wahlsystem zu tun.
Unser System sorgt dafür, daß der Wähler relativ direkt mit seiner Stimme die von ihm bevorzugte Position stärken kann (Ausnahme: Die 5%-Klausel ohne Ausgleich, das verzerrt auch problematisch). Bei Einführung eines Mehrheitswahlrechts ist das Ergebnis fast ausgewürfelt ...
In Antwort auf:Ich plädiere ja, lieber R.A., bekanntlich für die französische Variante des Mehrheitswahlrechts.
Dann waren wir natürlich mit der GB-Diskussion auf dem Holzweg ;-)
Das französische Modell vermeidet in der Tat die meisten hier diskutierten Probleme des britischen Wahlrechts. Aber es hat umgekehrt dann auch keine Vorteile mehr gegenüber unserem - dort gibt es genauso Koalitionsregierungen, instabile Regierungen, arrogante Parteiführungene etc.
Und das Gemauschel zwischen den Parteien vor dem zweiten Wahlkampf finde ich deutlich schlimmer als jede Koalitionsverhandlung, dem Wähler wird da entscheidend Einfluß genommen.
ich stimme Ihnen zu bzw. danke für die Informationen (nachdem Sie es geschrieben hatte, habe ich mich an Lib-Lab erinnert ).
Nur in zwei Punkten bin ich anderer Meinung:
Zitat von R.A.
In Antwort auf:Es ist doch das jetzige System, unter dem der Wähler das nicht weiß. Wer zB in Hessen die SPD wählte, wußte nicht, ob er damit der FDP in die Regierung verhilft ...
Sorry, aber das ist nun ein ganz anderes Thema. Wie Parteien oder Politiker mit ihren Versprechen oder ihrer Machtposition nach der Wahl umgehen, das hat nichts mit dem Wahlsystem zu tun.
Es geht mir nicht um Wahlversprechen, das war nur ein Beispiel. Sondern das Verhältniswahlrecht führt nun mal im Regelfall zu Koalitionsregierungen (während das Mehrheitswahlrecht im Regelfall zu einer absoluten Mehrheit führt; zur französischen Variante s.u.).
Welche Koalition herauskommt, das weiß man aber oft vor der Wahl nicht. Oft halten ja Parteien ihre Optionen ausdrücklich offen, wie das anscheinend die FDP für die kommenden Bundestagswahlen vorhat. Oder nehmen sie Hamburg: Wer von denen, die die Grünen wählten, wollte damit Ole von Beust im Amt bestätigen?
Nun zur französischen Variante. Ihr Vorteil ist, daß die Parteienvielfalt erhalten bleibt. Trotzdem gibt es als Regelfall eine stabile Mehrheit. Warum? Weil eben für den zweiten Wahlgang Bündnisse geschlossen werden, die dann logischerweise auch nach der Wahl Bestand haben.
Man kann daran kritisieren, daß dieses System zu "Lagern" führt und damit die liberale Mitte benachteiligt; François Bayrou hat das ja erfahren müssen. Aber aus meiner Sicht ist dieser Nachteil in Kauf zu nehmen, weil dieses System Extremisten aus dem Parlament hält (jedenfalls im Prinzip; in Frankreich aus historischen Gründen die Kommunisten leider nicht).
Mir scheint, lieber R.A., die Abwehr des Extremismus überhaupt der kritische Punkt zu sein. Dank des französischen Wahlsystems spielt Le Pen auf der nationalen Ebene keine Rolle.
Wir steuern in Deutschland unter dem jetzigen Wahlrecht - ich habe das ja schon oft geschrieben - auf Verhältnisse wie in der Vierten Republi, der Weimarer Republik, der italienischen Nachkriegsrepublik zu: Es regiert "die Mitte" ohne ein wirkliche demokratiesche Opposition. Die Rolle der Oppostion übernehmen die Extremisten.
So war es in diesen drei Republiken, weil die Sozialdemokraten sich weigerten, mit den Kommunisten zu paktieren. Bei uns gibt es eine Alternative: Die Volksfront.
Mein zweiter Punkt betrifft dies:
Zitat von R.A.Unser System sorgt dafür, daß der Wähler relativ direkt mit seiner Stimme die von ihm bevorzugte Position stärken kann (Ausnahme: Die 5%-Klausel ohne Ausgleich, das verzerrt auch problematisch).
Das stimmt natürlich. Nur sehe ich es nicht als Vorteil an.
Es gibt ungefähr so viele Positionen, wie es Wahlberechtigte gibt. Das Prinzip des Verhältniswahlrechts verlangt im Grunde, zu Ende gedacht, Verhältnisse wie in Israel. Aber auch bei uns haben wir mit Kommunisten, Grünen, SPD, FDP, CDU, CSU jetzt schon sechs Parteien im Bundestag. Eine rechtsextreme als Gegenstück zu den Kommunisten kann hinzukommen. Dann haben wir ein Sieben-Parteien-System; vergleichbar der Weimarer Republik.
Nur - was auf Parlamentsebene vielleicht so etwas wie eine faire Repräsentation aller Positionen ist, das führt auf Regierungsebene zu einer krassen Fehlrepräsentation. Kleine Parteien (in Israel zB die Religiösen) können das Zünglein an der Waage spielen (auch wenn das eine falsche Metapher ist).
Oder stellen wir uns vor - was wahrscheinlich ist - daß zu den Bundestagswahlen 2009 keine Partei eine bindende Koalitionsaussage macht. Wenn ich dann die FDP wähle, entscheide ich mich vielleicht damit für einen Kanzler Beck oder Steinmeier, vielleicht aber auch für Angela Merkel. Wenn jemand die Grünen wählt, kann er, wenn er Pech hat, die verhaßte Angela Merkel im Amt bestätigen. Wer die SPD wählt, weiß überhaupt nicht, welche Regierung er damit wählt.
Das ist eben, um zum ersten Punkt zurückzukommen, anders als im französischen System, wo es Wahlbündnisse gibt, und wo bisher immer eines dieser Bündnisse die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung hatte. Wer eine Partei wählte, wußte also, welche Koalition er damit wählte.
Lieber Zettel, es ist interessant, daß die "Krise der Sozialdemokratie" zu einer Diskussion über das Wahlrecht führt. Eigentlich ist es nämlich ein Unding das Wahlsystem zu ändern, um auf Veränderungen des Parteienspektrums zu reagieren oder ein gewünschtes Parteienergebnis zu erreichen (in Frankreich haben solche Wahlrechts-Manipulationen leider Tradition).
In Antwort auf:während das Mehrheitswahlrecht im Regelfall zu einer absoluten Mehrheit führt
Tut mir leid, da muß ich weiter nachhaltig widersprechen. Es gibt keinerlei logischen Zusammenhang zwischen dem Mehrheitswahlrecht und der Möglichkeit absoluter Mehrheiten im Parlament. Je nach den politischen Gegebenheiten eines Landes, insbesondere der Parteienlandschaft, kann die Wahrscheinlichkeit einer absoluten Mehrheit mit dem Mehrheitswahlrecht steigen - sie kann aber auch fallen. Z. B. dann, wenn ein Land geographisch heterogen ist, und diverse Regionalparteien existieren, die die Sitze "ihrer" jeweiligen Region gewinnen, bei einer landesweiten Verhältniswahl aber unbedeutend blieben.
In Antwort auf:Welche Koalition herauskommt, das weiß man aber oft vor der Wahl nicht.
Und das ist bei der Mehrheitswahl ganz genauso. Auch im französischen Beispiel: Vor dem ersten Wahlgang weiß man gar nichts, und die Absprachen vor dem zweiten geben auch nur grobe Orientierung - die Parteien müssen sich nicht daran halten, Wechsel sind möglich, die inhaltlichen Koalitionsthemen werden ohnehin beim Zwischendurch-Gemauschel der Bündnisse nicht wirklich geklärt.
Überhaupt: Koalitionssicherheit ist nicht unbedingt die erste Priorität. Gewisse inhaltliche Weichenstellungen sind normalerweise deutlich wichtiger.
Um mal das Hessenbeispiel zu nehmen. Wir sind uns einig, daß im konkreten Fall "Ypsilanti-Wortbruch" ihre Koalitionsabsage logisch höher gehängt war als die inhaltlichen Versprechen. Aber nehmen wir an, Ypsilanti hätte diese Frage einfach offen gelassen. Für einen sehr großen Teil der rot/grün-Wähler wäre es da m. E. wichtiger gewesen, eine linke Agenda durchzusetzen (gerade im Kontrast zur Koch-Politik) als die Frage, ob nun liberale oder kommunistische Minister mit am Tisch sitzen und 10% der Regierungspolitik verändern. Das ist eine legitime Sichtweise. Und "möglichst viel von meinen Inhalten" bekommt ein Wähler eher mit einem Verhältniswahlrecht, das dogmatische "Hauptsache, die richtige Seite gewinnt" (und nur dafür braucht man "Koalitions-Sicherheit") sollte m. E. nicht die erste Priorität bei einem Wahlsystem haben.
In Antwort auf:Aber aus meiner Sicht ist dieser Nachteil in Kauf zu nehmen, weil dieses System Extremisten aus dem Parlament hält
Tut es nicht - das Gegenbeispiel Kommunisten zeigt es doch. Die Kommunisten kommen rein und die FN nicht - das gibt gerade mal 50% "Erfolgsquote". Das System hat eben keine "Anti-Extremisten"-Komponente.
Extremisten kann man nicht über das Wahlrecht raushalten - weil keiner garantieren kann, daß die extremistischen Parteien so klein, so regional verteilt oder so strukturiert sind, daß sie gezielt vom Wahlsystem rausgefischt werden.
Extremismus kann man eben nicht strukturell beurteilen (nach dem Motto: Wer demokratisch ins Parlament gewählt wurde, ist Demokrat), sondern nur inhaltlich. Und "raushalten" kann man Extremisten nur, wenn die Demokraten gegen die Extremen zusammen halten.
Wo das nicht passiert (siehe Deutschland und Frankreich gegenüber den Kommunisten), hilft kein Wahlsystem.
In Antwort auf:Das Prinzip des Verhältniswahlrechts verlangt im Grunde, zu Ende gedacht, Verhältnisse wie in Israel.
Nicht unbedingt.
Ich hatte mich nicht klar genug ausgedrückt. Ich bin nicht gegen die 5%-Hürde. Die ist sinnvoll gegen genau diese Zersplitterung.
Ich bin gegen die 5%-Hürde OHNE Ausgleich.
Soll heißen: Eine Partei unter der Hürde darf nicht ins Parlament. Das muß aber überhaupt heißen, daß die Wähler dieser Partei für das Wahlergebnis ignoriert werden, daß ihre Stimmen in den Papierkorb wandern.
Es gibt da das System der Stimmübertragung (dem verlinkten Präferenzsystem ähnlich). Wer also für eine Partei stimmt, kann Ersatzstimmen angeben für den Fall, daß es diese Partei nicht schafft - seine Stimme kann also nicht verloren gehen.
Wir hatten schon einige Male (in Bundesländern) den krassen Fall, daß eine Partei/Koalition die Regierungsmehrheit bekam, obwohl die Gegenseite deutlich mehr Wählerstimmen errungen hatte. Einfach weil bei dieser Gegenseite ein Koalitionspartner knapp unter 5% hängen blieb, und diese Stimmen nicht übertragen werden konnten.
Solche Ergebnisse sind eigentlich krass undemokratisch und sollten (und können!) vermieden werden.
Zitat von R.A.Es gibt keinerlei logischen Zusammenhang zwischen dem Mehrheitswahlrecht und der Möglichkeit absoluter Mehrheiten im Parlament.
Kein logischer, aber ein empirischer. Ich wundere mich a bisserl, lieber R.A., daß sie das so hartnäckig bestreiten: Die beiden klassischen Länder des Mehrheitswahlrechts sind die USA und das UK. Dort sind absolute Mehrheiten die Regel. Die klassischen Länder des Verhältniswahlrechts sind Deutschland, Italien, inzwischen auch Israel. Dort sind absolute Mehrheiten die absolute Ausnahme, wenn sie überhaupt je vorkommen (1953 in Deutschland ist das einzige Beispiel, das mir einfällt).
Ein instruktives Beispiel ist übrigens Australien: Dort wird das Repräsentantenhaus nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt, und die Regel ist die absolute Mehrheit einer Partei (bzw. der festen Koalition zwischen Liberalen und National Party). Im Senat galt bis 1948 ein reines Mehrheitswahlrecht (first past the post - wie im UK). Die Folge waren Erdrutsch-Sieg der einen oder anderen Seite. Seit das Verhältniswahlrecht für den Senat eingeführt wurde, gibt es in der Regel keine absolute Mehrheit mehr, sondern die größte Partei muß sich kleinere als Koalitionspartner suchen.
Zitat von R.A.Z. B. dann, wenn ein Land geographisch heterogen ist, und diverse Regionalparteien existieren, die die Sitze "ihrer" jeweiligen Region gewinnen, bei einer landesweiten Verhältniswahl aber unbedeutend blieben.
Das gebe ich gern zu, lieber R.A. Aber es ist eben nicht der Regelfall.
Zitat von R.A.
In Antwort auf:Welche Koalition herauskommt, das weiß man aber oft vor der Wahl nicht.
Und das ist bei der Mehrheitswahl ganz genauso. Auch im französischen Beispiel: Vor dem ersten Wahlgang weiß man gar nichts, und die Absprachen vor dem zweiten geben auch nur grobe Orientierung - die Parteien müssen sich nicht daran halten, Wechsel sind möglich, die inhaltlichen Koalitionsthemen werden ohnehin beim Zwischendurch-Gemauschel der Bündnisse nicht wirklich geklärt.
Auch vor dem ersten Wahlgang stehen die Bündnisse in der Regel fest. (Anders ist das erst in jüngster Zeit durch das Auftreten von Bayrou, der versucht hat, die UDF aus diesem Bündnissystem zu lösen und damit kläglich gescheitert ist; leider). Beim zweiten Wahlgang weiß der Wähler genau, woran er ist: Es kommt nur zwischen solchen Parteien zu désistements (dem Rückzug des Kandidaten X zugunsten des Kandidaten Y), wenn die betreffenden Parteien auch eine Koalition für den Fall eines Wahlsiegs vereinbart haben.
Zitat von R.A.Um mal das Hessenbeispiel zu nehmen. Wir sind uns einig, daß im konkreten Fall "Ypsilanti-Wortbruch" ihre Koalitionsabsage logisch höher gehängt war als die inhaltlichen Versprechen. Aber nehmen wir an, Ypsilanti hätte diese Frage einfach offen gelassen. Für einen sehr großen Teil der rot/grün-Wähler wäre es da m. E. wichtiger gewesen, eine linke Agenda durchzusetzen (gerade im Kontrast zur Koch-Politik) als die Frage, ob nun liberale oder kommunistische Minister mit am Tisch sitzen und 10% der Regierungspolitik verändern.
Aber für mich als FDP-Wähler wäre es wichtiger gewesen, ob die FDP zur Durchsetzung dieser linken Agenda beiträgt oder zusammen mit Koch regiert.
Zitat von R.A.
In Antwort auf:Aber aus meiner Sicht ist dieser Nachteil in Kauf zu nehmen, weil dieses System Extremisten aus dem Parlament hält
Tut es nicht - das Gegenbeispiel Kommunisten zeigt es doch. Die Kommunisten kommen rein und die FN nicht - das gibt gerade mal 50% "Erfolgsquote". Das System hat eben keine Anti-Extremisten"-Komponente.
Lieber R.A., ich merke allmählich, worin wir uns im Kern unterscheiden: Sie denken eher systematisch, ich empirisch. Empirisch ist es eben so, daß in der Regel demokratische Parteien nicht mit Extremisten koalieren. Das war so in der italienischen Nachkriegsrepublik, in der französischen Vierten Republik, in der Weimarer Republik, in der Bundesrepublik Deutschland, in der Bundesreplik Österreich usw. usw.
Ich kenne nur zwei Ausnahmen: Die eine ist eben Frankreich, wo die "republikanische Allianz" zwischen Sozialisten und Kommunisten auf die Volksfront Mitte der dreißiger Jahre und dann die gemeinsame Résistance zurückgeht, und skandinavische Länder, in denen sich die Sozialdemokraten zeitweise von den Kommunisten tolerieren lassen.
Ich fürchte also, lieber R.A., wir argumentieren ein wenig aneinander vorbei (oder reden von verschiedenen Dingen). Sie sagen: Prinzipiell ist X möglich. Ich sage: Empirisch ist aber Y die Regel. Das eine schließt ja das andere nicht aus.
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