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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 34 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.09.2008 15:10
Seilbahnen und Bürokraten Antworten
Wieder ein Beitrag, der beim Schreiben a bisserl länger wurde als geplant, aus dem also zwei Teile geworden sind.

Im ersten Teil erläutere ich das Problem, das die Brüsseler Juristen zu lösen hatten, und erlaube mir bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung über Juristerei überhaupt.

Im zweiten Teil zitiere ich aus der Seilbahn- Verordnung und kommentiere das Zitierte ein wenig.
dirk Offline



Beiträge: 1.538

13.09.2008 23:08
#2 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

das ist eine komische konstruktion über den europäischen binnenmarkt. sieht sehr sehr nach rechtsbeugung aus. Erwähnen Sie auch die etwas seltsame Definition einer Seilbahn in Artikel 1 der Richtlinie, nach der auuh Autos gemeint sein könnten? Biiiiittteee

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

13.09.2008 23:20
#3 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Zitat von dirk
das ist eine komische konstruktion über den europäischen binnenmarkt. sieht sehr sehr nach rechtsbeugung aus. Erwähnen Sie auch die etwas seltsame Definition einer Seilbahn in Artikel 1 der Richtlinie, nach der auuh Autos gemeint sein könnten? Biiiiittteee

Kommt, lieber Dirk.

Der Text ist fast fertig, aber ich werde ihn wohl erst morgen posten.

Diese Konstruktion über den Binnenmarkt kommt mir auch sehr eigenartig vor - denn wenn das juristisch einwandfrei ist, wozu dann der ganz übrige argumentative Aufwand? Dann sind Seilbahnen ja nichts anderes als Bananen, nur viel länger.

Herzlich, Zettel

F.Alfonzo Online



Beiträge: 2.288

13.09.2008 23:52
#4 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Lieber Zettel,

wenn Sie mich fragen, sitzen in Parlamenten sowieso zu viele Juristen rum; vielleicht ist das ja die Ursache dieses Problems :-)
...ich würde mir statt dessen den ein oder anderen Ökonomen wünschen (aber die haben's erfahrungsgemäß ja nicht gerade leicht in ihren Parteien, wie einige prominente Beispiele schon gezeigt haben)

=> Vielleicht ist die Kunst der Juristerei auch nützlich, um sich in Parteien hochzuarbeiten und auf irgendwelchen Listen zu landen, hehe... Kann auf jeden Fall kein Zufall sein, dass die Juristen in Parlamenten überproportional vertreten sind.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.09.2008 00:13
#5 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Zitat von F.Alfonzo
wenn Sie mich fragen, sitzen in Parlamenten sowieso zu viele Juristen rum; vielleicht ist das ja die Ursache dieses Problems :-)
...ich würde mir statt dessen den ein oder anderen Ökonomen wünschen

Keine schlechte Idee, lieber F. Alfonzo. Aber ich glaube, die sind zu erfolgsorientiert, um es in einem Parlament lange auszuhalten.

Die Haupttätigkeit eines Juristen ist es, Gesetze anzuwenden. Die Haupttätigkeit eines Parlamentariers ist es, Gesetze zu machen.

Beide denken in Gesetzen. Sie fragen nicht, ob etwas belegt ist (wie ein Wissenschaftler), ob es im moralischen Sinn gut ist (wie ein Theologe) oder ob es erfolgreich ist (wie ein Ökonom). Sondern sie fragen, ob es gesetzeskonform ist. Ob es "geht", wie Verwaltungsjuristen gern sagen.

Herzlich, Zettel

F.Alfonzo Online



Beiträge: 2.288

14.09.2008 04:17
#6 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Ja, darauf wollte ich hinaus:

Wenn man sich mit Debatten über Gesetzesentwürfe beschätigt, wird man feststellen, dass es vor Allem um die Ausgestaltung geht (jüngstes Beispiel: Das vom BVerfG in der Luft zerfetzte 'Nichtrauchergesetz'... da fragt man dann nicht nach, ob das Gesetz grundsätzlich sinnvoll ist, sondern überlegt vor allem, wie das Gesetz umformuliert werden muss, damit die Verfassungsrichter die Schnauze halten... bitte um Korrektur, wenn ich falsch liege....

...dieses Zuständigkeitsgeschacher zwichen Kommunen, Land, Bund und EU tut sein übriges.

Ich überlege ernsthaft, für die Landtagswahl in Bayern noch schnell die 'Liechtenstein-Partei' zu gründen, Programm:
Abspaltung Bayerns von der EU und der BRD, Einführung einer auf Edelmetallen oder Edelsteinen beruhenden Währung, Anpassung des Steuersystems an Liechtenstein und schweizer Kantone wie Zug, Aufbau des Transrapid von München zum Flughafen (hey, ich bin Realist: Ohne CSUler zu bestechen ist das alles nicht möglich, hehe...), Einführung einer 'richtigen' Diät für Abgeordnete (d.h. jeder Abgeordnete bekommt eine Entschädigung für das, was er sonst verdienen könnte), ansonsten als größeres Ziel: Entmachtung der Regierung durch Bürgerentscheide, blablabla...

..sorry, aber man wird ja noch träumen dürfen...

F.Alfonzo Online



Beiträge: 2.288

14.09.2008 04:34
#7 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten
Zitat von Zettel
Keine schlechte Idee, lieber F. Alfonzo. Aber ich glaube, die sind zu erfolgsorientiert, um es in einem Parlament lange auszuhalten.


Das ist glaub ich nicht der Kern des Problems; es gibt durchaus Juristen im Bundestag, die für große Kanzleien arbeiten und trotz ihres Mandats noch ganz ordentlich verdienen, z.B. Herr Kubicki von der FDP... [edit: Sitzt der überhaupt noch im Bundestag? Naja, wenn nicht, gibt's sicher genug andere Beispiele]

Das könnten Volkswirte auch.

Das Problem ist m.E. viel eher, dass Volkswirte schon in den unteren oder mittleren Stufen der Parteikarriere Probleme bekommen werden, weil kein Parteivorstand die Erkenntnisse eines Ökonomen hören will; Parteien vertreten Interessengruppen, Volkswirte argumentieren aber nur gesamtwirtschaftlich; dabei spielt es keine Rolle, ob man Mitglied der Grünen, der SPD oder der FDP ist; wer 'gegen den Parteikurs fährt', hat keine politische Karriere.

...Um Ihnen mal meine persönlichen Motive zu schildern: Ich habe mir während des Studiums überlegt, ob ich mich eher in Richtung Mikroökonomie orientieren soll, oder eher in Richtung Makro/Finanzwissenschaften (also die 'klassische' VWL)...
...die Entscheidung war leicht: Mikro hat mich mehr interessiert; darüber hinaus:
Ein Mikro-Experte kann jederzeit irgendwo in der 'freien' Wirtschaft arbeit finden, die für ihn befriedigend ist....
Als Makro-/Finanzwissenschaftler arbeitet man für irgendein Institut, arbeitet monatelang an irgendwelchen Studien, die dann am Ende im ministerpräsidentialen Mülleimer landen, weil sie den Wahlslogans widersprechen....
Friedel B. Offline




Beiträge: 49

14.09.2008 05:42
#8 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

"Es erben sich Gesetz und Rechte wie eine ew'ge Krankheit fort. Sie schleppen von Geschlecht sich zu Geschlechte und rücken sacht von Ort zu Ort" - mit diesen einleitenden Worten erläutert Mephistopheles dem ehrfürchtig lauschenden Schüler die Grundzüge des Rechtswesens. Auch für mich als völligen Laien steckt die Juristerei voller Merkwürdigkeiten, und zwar nicht nur deshalb, weil man sie - wie ich einmal bei Sebastian Haffner gelesen habe - als einzige Wissenschaft nicht auf der Uni erlernt, sondern beim Repetitor. Am allermerkwürdigsten ist in meinen Augen das seltsame Phänomen, dass wir zwar mit einer Unzahl von Gesetzen und Verordnungen wie in einen Kokon eingesponnen sind, von ihnen aber zumeist nicht die geringste Ahnung haben - und das Leben funktioniert dennoch!!! Auf der Fahrschule beispielsweise lernen wir den Paragraphen Eins der StVO (der sich übrigens sehr gut auch als kategorischer Imperativ zu verwenden ist); vom übrigen Regelwerk erfahren wir erst dann, wenn wir von der Polizei angehalten oder gar vor Gericht gestellt werden. Doch obwohl wir keine Ahnung von der StVO oder anderen Regularien haben (dass Sie sich, lieber Zettel, durch den sprachlichen Wust der europäischen Seilbahnverordnung überhaupt haben durchbeißen können, ist allein schon aller Bewunderung wert), läuft der Verkehr weitgehend reibungslos, obgleich sich die Teilnehmer nicht an die ihnen ohnehin unbekannten Vorschriften halten, sondern ihre Fahrweise nach Verkehrsdichte, Straßenzustand, Wetterlage und ähnlichen unmittelbar wahrnehmbaren Einflussgrößen ausrichten. Ob wohl der Verkehr zum Stillstand käme, wenn wir allesamt vor Antritt der Fahrt noch einmal sämtliche mit ihm zusammenhängenden Rechtsvorschriften durchläsen und uns auch an sie hielten? Mephisto jedenfalls prophezeit für einen solchen Fall, dass Vernunft zu Unsinn und Wohltat zur Plage werde.

vivendi Offline



Beiträge: 663

14.09.2008 06:09
#9 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

In Antwort auf:
Bei Grund Nummer 5 fragt man sich erneut, was da aus dem Französischen (es kann auch jetzt wieder das Englische gewesen sein) übersetzt wurde. Die "Ausführung" von Seilbahnen wird durch widersprüchliche Regelungen erschwert, wenn die Seilbahnen grenzüberschreitend sind?


Es könnte sich auch um eine fehlerhafte Übersetzung handeln: Der Satz wird sinnvoller wenn man "Ausführung" durch "Ausfuhr" ersetzt.
Auch das ist aber keine Begründung, die die EU etwas angeht, es handelt sich um eine rein wirtschaftliche Angelegenheit. Und ich bin mir nicht sicher, ob die EU-Sicherheitsregelungen wirtschaftlicher sind als Sicherheitsregelungen die von technischen Gremien oder gar von technischen Experten der Hersteller erstellt werden. Hersteller sind immerhin bei Unfällen haftbar und haben daher ein ureigenes Interesse an maximaler Sicherheit, die sich auch als Verkaufsargument verwenden lässt.

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

14.09.2008 09:16
#10 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

In Antwort auf:
Wo sollte sie auch hinführen? Auf den Prenzlauer Berg?


Lieber Zettel,

immerhin könnte sie sich dann als "Erste öffentliche Horizontalseilbahn Europas" bewerben! Und nach berliner Standard wäre das doch schon was!

Herzlich, Thomas

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

14.09.2008 10:13
#11 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Lieber Zettel,

ich lese nun schon mehrmals mit großer Sorge die Berichte über den ansteigenden Bürokratismus in der EU, und verfolge das mit großer Sorge. Man muss aber wissen, dass das nicht immer so war, vor allem, was das Parlament angeht.

Ich habe 2002 ein Praktikum im Abgeordnetenbüro eines CSU-MdEP absolviert, und da war in Brüssel und Straßburg eine unglaubliche Aufbruchsstimmung. Der Verfassungskonvent war in vollen Zügen aktiv, die Osterweiterung stand bevor. Man hatte einfach nicht die Zeit, irgendwelchen Kleinkram zu regulieren, und so habe ich diese internationale, fortschrittliche Atmosphäre sehr genossen.

Was die Regulierung anging, so war damals schon festzustellen (ich kann nur für das Parlament sprechen), dass die Linken schon immer sehr regulierungswütig waren. Eine deutsch Grüne arbeitete damals an einem Entwurf, alle öffentlichen Auftragsvergaben europaweit auszuschreiben, was einem unglaublichen bürokratischen Monstrum gleichkommt. Es bedeutet, dass eine spanische Kommune für die Ausbesserung einer Gemeindestraße auch die Bewerbung einer finnischen Tiefbaufirma berücksichtigen muss, wenn die das günstigste Angebot macht. Damals gab es noch keinen Klimawahnsinn, weshalb die Grünen solche CO2-intensiven Ideen noch ohne Scheu vorbrachten. Ich habe nicht verfolgt, was daraus geworden ist.

Bei den Konservativen dagegen war Subsidiarität keine Leerformel, man trat tatsächlich für Kompetenzabgrenzung ein, wo es nur ging. Und man nahm im Parlament seine Kontrollfunktion ernst und versuchte, die Kommission in ihrem Regulierungseifer zu begrenzen.

Was ist seitdem passiert? Meine Vermutung ist, dass in Brüssel (und noch mehr in Straßburg) selbst eine Europamüdigkeit eingetreten ist. Der große politische Prozess dümpelt vor sich hin, die Osterweiterung spült Funktionäre aus 12 weiteren Nationen nach Brüssel, die alle aufgrund des Paritätsprinzips mit Posten und Aufgaben versorgt werden müssen. Das heißt, es gibt mehr Entscheidungsträger in Brüssel, das Entscheidungsvolumen ist aber formal gleichgeblieben. Also ist es nicht verwunderlich, dass die alle nach neuen Themen suchen, bei denen man die Kompetenz an sich ziehen kann.

Noch ein Satz zum Thema "Die EU-Kommission hat weniger Mitarbeiter als die Stadtverwaltung von Hamburg". Das ist meiner Erfahrung nach kein Widerspruch zum Europäischen Bürokratismus, denn wenn ein Brüsseler Bürokrat einen Stempel unter ein Dokument setzt, legen Heerscharen von Bürokraten in 27 Staaten los, das umzusetzen.

Gruß Petz

PS: ich war IRL in den letzten zwei Wochen sehr beschäftigt, habe also an der Debatte, die im Anschluss an meinen Eintrag gefolgt ist, nur lesend teilnehmen können. Habe mich aber trotzdem sehr gefreut. Vielen Dank!

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

14.09.2008 10:16
#12 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Zitat von Thomas Pauli

immerhin könnte sie sich dann als "Erste öffentliche Horizontalseilbahn Europas" bewerben! Und nach berliner Standard wäre das doch schon was!


Nicht einmal das, lieber Thomas. In Köln gibt es eine horizontale Seilbahn über den Rhein!
http://www.koelner-seilbahn.de/german/index.html

Aber irgendwas anderes wird Wowi schon einfallen.

Gruß Petz

Thomas Pauli Offline




Beiträge: 1.486

14.09.2008 10:55
#13 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Lieber Meister Petz,

das befürchte ich auch. Allerdings steht einer Einführung immer noch die heroische Unentschlossenheit (aka Balance of Powers) der berliner Verwaltung entgegen.

Herzlich, Thomas

Dagny Offline



Beiträge: 1.096

14.09.2008 11:30
#14 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Im Grundgesetz steht ja auch etwas von der Angleichung der Lebensverhältnisse.

Sätze wie diese ermuntern linke, zentralisten, sozialisten, und andere, welche sich das wissen anmassen, gerne zum eingriff in die befugnisse von kleineren einheiten. eine verfassung sollte ursprünglich die macht der regierung begrenzen - insofern ist das von ihnen, zettel, beschriebene verhalten brüssels nichts neues.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.09.2008 13:37
#15 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Zitat von F.Alfonzo
Zitat von Zettel
Keine schlechte Idee, lieber F. Alfonzo. Aber ich glaube, die sind zu erfolgsorientiert, um es in einem Parlament lange auszuhalten.

Das ist glaub ich nicht der Kern des Problems; es gibt durchaus Juristen im Bundestag, die für große Kanzleien arbeiten und trotz ihres Mandats noch ganz ordentlich verdienen, z.B. Herr Kubicki von der FDP... [edit: Sitzt der überhaupt noch im Bundestag? Naja, wenn nicht, gibt's sicher genug andere Beispiele]

Ich meinte, lieber F. Alfonzo, "erfolgsporientiert" nicht so sehr im Sinn des angestrebten Einkommens. Sondern nach meinem Eindruck sind Ökonomen, ähnlich wie Ingenieure, bei ihren Entscheidung darauf orientiert, daß ein bestimmtes zählbares, meßbares Ergebnis erreicht wird - daß die Maschine läuft, die der Ingenieur konstruiert, daß das Unternehmen Geld verdient.

Juristen denken in ihrem beruflichen Weltbild (auch wenn sie natürlich ebenfalls gern Geld verdienen) so nicht. Sie denken in diesem Sinn nicht erfolgsorientiert, sondern normorientiert. Für den Ingenieur und den Ökonomen ist etwas gut, wenn es etwas bringt. Für den Juristen, wenn es normgerecht ist; wenn es die Normen so auf die Realität bezieht, daß alles paßt.
Zitat von F.Alfonzo
Parteien vertreten Interessengruppen, Volkswirte argumentieren aber nur gesamtwirtschaftlich
.
Stimmt. Und das führt zu notorischen (vielleicht oft auch gezielten) Mißverständnissen. Wenn Hans-Werner Sinns IFO einen Vorschlag macht - sagen wir, den Kombilohn -, dann fragen sich jedenfalls linke Parteien nicht, ob das gesamtwirtschaftlich sinnvoll ist, sondern welchen Klassenkampf von oben Sinn da wieder treibt.
Zitat von F.Alfonzo
Mikro hat mich mehr interessiert; darüber hinaus:
Ein Mikro-Experte kann jederzeit irgendwo in der 'freien' Wirtschaft arbeit finden, die für ihn befriedigend ist....

Als Makro-/Finanzwissenschaftler arbeitet man für irgendein Institut, arbeitet monatelang an irgendwelchen Studien, die dann am Ende im ministerpräsidentialen Mülleimer landen, weil sie den Wahlslogans widersprechen....

Na, wenn das Rayson liest ...

Nebenbei: Warum hat man eigentlich VWL und BWL durch Makro- und Mikroökonomie ersetzt? Ist doch dasselbe, oder?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.09.2008 13:47
#16 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Zitat von Friedel B.
Doch obwohl wir keine Ahnung von der StVO oder anderen Regularien haben (dass Sie sich, lieber Zettel, durch den sprachlichen Wust der europäischen Seilbahnverordnung überhaupt haben durchbeißen können, ist allein schon aller Bewunderung wert), läuft der Verkehr weitgehend reibungslos, obgleich sich die Teilnehmer nicht an die ihnen ohnehin unbekannten Vorschriften halten, sondern ihre Fahrweise nach Verkehrsdichte, Straßenzustand, Wetterlage und ähnlichen unmittelbar wahrnehmbaren Einflussgrößen ausrichten.

Ja, das ist implizites gegen explizites Wissen, wie Ihr Psychologen das, glaube ich, nennt; wohl auch Selbstorganisation gegen eine von außen aufgezwungene Ordnung. (Haben nicht schon die ollen Gestaltpsychologen darüber nachgedacht?).

Wir hatten ja vor einiger Zeit darüber mal eine längere Diskussion - radikale Reformer wollen auf die meisten Vorschriften im Verkehr verzichten und verlassen sich darauf, daß niemand es darauf anlegt, einen Unfall herbeizuführen.

Vermutlich ist es wieder mal ein Optimierungsproblem: Wie müssen die äußeren Randbedingungen (die erzwingenden) so gesetzt werden, daß die innere Selbstorganisation (die spontane) optimal funktioniert? Oder andersherum gesagt: Wieviel Selbstorganisation muß zu den oktroyierten Regelungen hinzukommen, damit sie nicht kontraproduktiv werden?

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.09.2008 13:53
#17 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Zitat von vivendi
In Antwort auf:
Bei Grund Nummer 5 fragt man sich erneut, was da aus dem Französischen (es kann auch jetzt wieder das Englische gewesen sein) übersetzt wurde. Die "Ausführung" von Seilbahnen wird durch widersprüchliche Regelungen erschwert, wenn die Seilbahnen grenzüberschreitend sind?

Es könnte sich auch um eine fehlerhafte Übersetzung handeln: Der Satz wird sinnvoller wenn man "Ausführung" durch "Ausfuhr" ersetzt.

Hatte ich auch erwogen, es stand sogar schon im Manuskript. Ich habe es dann wieder gestrichen, weil das ja eigentlich erst recht keinen Sinn ergibt: Denn warum sollte ausgerechnet bei grenzüberschreitenden Seilbahnen ein besonderes Problem der Ausfuhr auftreten? Oder sind mit "grenzüberschreitenden" Seilbahnen gar nicht solche gemeint, die, sagen wir, ihre Bergstation in Deutschland und ihre Talstation in Österreich haben? Sondern Seilbahnen, die von Deutschland nach Österreich geliefert werden?

Vermutlich, lieber vivendi, sind wir die ersten, die sich darüber Gedanken machen.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.09.2008 14:03
#18 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Zitat von Dagny
eine verfassung sollte ursprünglich die macht der regierung begrenzen - insofern ist das von ihnen, zettel, beschriebene verhalten brüssels nichts neues.

Neu ist eine Verwaltung, die niemand kontrolliert. Naja, nicht wirklich neu. Wir sind da wieder auf dem Weg in den zentralistischen Verwaltungsstaat, wie er im Frankreich des 17. und 18. Jahrhunderts entwickelt wurde. In Deutschland im Osten von Preußen imitiert, im Westen von Bonaparte oktroyiert.

RexCramer ( gelöscht )
Beiträge:

14.09.2008 14:19
#19 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Lieber Zettel,

früher sind Fußballmannschaften mit der Nummer 1 bis 11 auf dem Rücken aufgelaufen. Traditionell hatte der Torwart die 1, der Spielmacher die 10, die Stürmer 9 und 11 usw. Das hatte immerhin einen Vorteil: Wenn man den Anfang verpaßt hatte und jemanden mit einer höheren Nummer rumrennen sah, wußte man automatisch, daß dieser Spieler erst eingewechselt worden war.
Bekanntlich wurde das bereits vor langer Zeit geändert, jedem Spieler konnte nun eine Nummer zugewiesen werden nach freier Wahl, die er behält. Dadurch lassen sich die Namen draufdrucken, denn Namen und Nummer passen ja immer zusammen.

Kürzlich hat die FIFA diese Regelung geändert (gilt nicht für Bundesliga- oder Europapokalspiele, denn diese unterliegen der UEFA). Jetzt dürfen die Nummern nur noch bis zur maximalen Größe des Kaders für das jeweilige Spiel vergeben werden. Das bedeutet also z. B., daß die höchste Rückennummer für die WM-Qualifikation die 18 ist, für die Endrunde die 23. Da sich der Kader der Nationalmannschaft ständig verändert, fallen die Namen flach, da die Durchnummerierung quasi für jedes Spiel neu erfolgen muß. Die Startelf muß aber nicht die 1-11 tragen, sondern das ist wieder beliebig - nur eben mit der Einschränkung, welche die höchste Nummer zu sein hat.

In Antwort auf:
"Das ist doch ein Rückschritt. Die Nummer war auch immer eine Identifikation für den Fan, ein Service", kritisierte Bundestrainer Joachim Löw. "Wir haben auf die Problematik hingewiesen, dass es in der Praxis nicht mehr möglich ist, mit Namens-Schriftzügen aufzulaufen", erklärte DFB-Sprecher Harald Stenger. Bis 90 Minuten vor Anpfiff muss das Aufgebot der Teams gemeldet werden, bei Verletzungs-Fragen kann die Entscheidung über einen Einsatz aber auch erst kurz vor dem Spiel fallen.

...

"Ein Lukas Podolski stand für die 20. Jetzt darf er die nicht mehr tragen. Aber ob ein Spieler die 34 oder 37 trägt, wen stört das? Selbst wenn er mit der 99 spielt, tut er niemandem weh", begründete der Bundestrainer seinen Ärger. Zudem gehören seinem Kader bei Doppel-Spieltagen wie im September in der Regel 21 bis 23 Spieler an, so dass eine Durchnummerierung des Aufgebots in diesem Fall auch nicht möglich ist.


http://sport.ard.de/sp/fussball/news2008...streit_loew.jsp

Und was bringt nun diese neue Regelung? Absolut überhaupt nichts!
Warum hat man sie eingeführt? Das weiß niemand ...

M. E. gibt es für so einen Schwachsinn nur eine denkbare Erklärung:
Es gibt bei der FIFA irgendein Gremium, das für solche Regeländerungen zuständig ist. Da es nunmal im Fußball nicht soviel zu verändern gibt, aber damit niemand auf die Idee kommt, unangenehme Fragen zu stellen, ob man diese Leute überhaupt braucht, muß eben ab und zu ein Beschluß her als Arbeitsnachweis.




Und so kommt mir auch zunehmend die EU vor: Neben dem, daß sich offenbar die Gründe nur noch aus den Fingern gesogen werden - wie von Ihnen ausgeführt - und die EU-Bürokraten munter Kompetenzen an sich reißen, neben der Frage nach der Ebene, auf der eine Entscheidung am besten getroffen werden sollte, die hier ausgehebelt wird, macht mir noch mehr Angst, daß es inzwischen soweit ist, daß die EU überhaupt so tief ins Detail geht. Anders ausgedrückt: Haben die nichts anderes zu tun?
Meister Petz hat es schon angedeutet, daß der Hinweis auf die absolute Größe eines bürokratischen Apparates nicht zur Beruhigung taugt. Entscheidend ist nicht, ob die EU mehr oder weniger Bürokraten als Hamburg hat, sondern die relative Größe zu deren Aufgabenbereich. Ernst wird es für die Bürger immer dann, wenn Bürokraten nicht ausgelastet sind, sie aber an ihren gutdotierten Jobs hängen, was naturgemäß der Fall ist. Merke: Eine einmal geschaffene Behörde schafft sich ihre Aufgaben selbst!
Anders kann ich mir das immer stärkere Eindringen der EU in die Freiheiten von Bürgern und Unternehmen kaum mehr erklären. Eine Entwicklung, die nichts Gutes verheißt.

Wie kann man die Bürokraten noch aufhalten oder wenigstens bremsen? Jedenfalls nicht durch eine Wahl ...

MfG

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.09.2008 14:22
#20 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Zitat von Meister Petz
Ich habe 2002 ein Praktikum im Abgeordnetenbüro eines CSU-MdEP absolviert, und da war in Brüssel und Straßburg eine unglaubliche Aufbruchsstimmung. Der Verfassungskonvent war in vollen Zügen aktiv, die Osterweiterung stand bevor. Man hatte einfach nicht die Zeit, irgendwelchen Kleinkram zu regulieren, und so habe ich diese internationale, fortschrittliche Atmosphäre sehr genossen.

Interessant, lieber Petz. Das hätte ich nicht gedacht. Ich habe mir das viel verschnarchter vorgestellt.
Zitat von Meister Petz
Was die Regulierung anging, so war damals schon festzustellen (ich kann nur für das Parlament sprechen), dass die Linken schon immer sehr regulierungswütig waren.

Ich habe den Eindruck, daß die Linken, vor allem die Grünen und die Kommunisten, im Begriff sind, sich zu Europa neu zu orientieren.

Anfangs sah man in der EU ein Instrument des Kapitals, der "Neoliberalen". Inzwischen merkt man wohl immer mehr, daß viele der Tippelschritte zum Sozialismus auf der europäischen Ebene leichter zu gehen sind als auf der nationalen. Es ist ja bezeichnend, daß Frau Svensson einer Anti-Europa-Bewegung vorstand (und wohl immer noch deren stellvertretende Vorsitzende ist) und zugleich in Brüssel eifrig Gender-Politik macht.
Zitat von Meister Petz
Bei den Konservativen dagegen war Subsidiarität keine Leerformel, man trat tatsächlich für Kompetenzabgrenzung ein, wo es nur ging. Und man nahm im Parlament seine Kontrollfunktion ernst und versuchte, die Kommission in ihrem Regulierungseifer zu begrenzen.

Davon ist, scheint mir, wenig an die Öffentlichkeit gedrungen. Die alte Schwäche der Konservativen - sie tun Gutes, reden aber nicht darüber.
Zitat von Meister Petz
Das heißt, es gibt mehr Entscheidungsträger in Brüssel, das Entscheidungsvolumen ist aber formal gleichgeblieben. Also ist es nicht verwunderlich, dass die alle nach neuen Themen suchen, bei denen man die Kompetenz an sich ziehen kann.

Das leuchtet mir ein. Das Musterbeispiel ist der EuGH - mit jedem Beitritt gibt es dort einen Richter mehr!
Zitat von Meister Petz
Noch ein Satz zum Thema "Die EU-Kommission hat weniger Mitarbeiter als die Stadtverwaltung von Hamburg". Das ist meiner Erfahrung nach kein Widerspruch zum Europäischen Bürokratismus, denn wenn ein Brüsseler Bürokrat einen Stempel unter ein Dokument setzt, legen Heerscharen von Bürokraten in 27 Staaten los, das umzusetzen.

Exakt. Genau das wollte ich auch schon irgendwo früher in dieser Diskussion schreiben. Die EU-Bürokraten sind sozusagen der Generalstab, die nationalen Bürokraten die Truppe.
Zitat von Meister Petz
ich war IRL in den letzten zwei Wochen sehr beschäftigt, habe also an der Debatte, die im Anschluss an meinen Eintrag gefolgt ist, nur lesend teilnehmen können. Habe mich aber trotzdem sehr gefreut. Vielen Dank!
Und ich habe mich eigentlich ständig für die Anregungen zu bedanken, die ich hier aufnehme und in ZR umsetze.

Wenn Sie, lieber Meister, in letzter Zeit nicht so viel im Kleinen Zimmer sein konnten - vielleicht ist Ihnen dann meine Antwort zu Dennett entgangen? Ich fand den Text, den Sie verlinkt hatten, sehr anregend. Wenn Sie mal Zeit haben sollten, würde mich Ihr Kommentar interessieren.

Wie natürlich auch der aller Anderen, die gerne mal in die Katakomben der Philosophie steigen.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

14.09.2008 14:32
#21 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Zitat von RexCramer
Ernst wird es für die Bürger immer dann, wenn Bürokraten nicht ausgelastet sind, sie aber an ihren gutdotierten Jobs hängen, was naturgemäß der Fall ist. Merke: Eine einmal geschaffene Behörde schafft sich ihre Aufgaben selbst!

So ist es, lieber RexCramer, und ich finde, Sie haben das ausgezeichnet beschrieben.

Mich würde interessieren, einmal im Detail zu erfahren, wie es eigentlich zu solch einer Direktive kommt.

Oft geht ja wohl die Initiative von Interessengruppen aus - von militanten Nichtrrauchern und Tierschützern, von FeministInnen usw. Wie genau der Transmissionsriemen zur Kommission und ins Straßburger Parlament ist, weiß ich nicht. Es scheint aber sehr, sehr informell zuzugehen, wie das halt bei Lobbyarbeit zu sein pflegt.

Irgendwann muß dann wohl die Bürokratie sozusagen den Köder annehmen. Und damit ist dann - scheint mir - in der Regel schon alles entschieden. Wenn erst einmal die zuständigen Referate mit, sagen wir, den Seilbahnen befaßt sind, dann kann ja das Ziel nur der Nachweis sein, daß die Alpenländer (in denen es ja eigentlich schon ziemlich lang Seilbahnen gibt) hoffnungslos mit der Aufgabe überfordert sind, für deren Sicherheit selbst zu sorgen.

Herzlich, Zettel

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

14.09.2008 14:38
#22 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

Zitat von F.Alfonzo
jüngstes Beispiel: Das vom BVerfG in der Luft zerfetzte 'Nichtrauchergesetz'... da fragt man dann nicht nach, ob das Gesetz grundsätzlich sinnvoll ist, sondern überlegt vor allem, wie das Gesetz umformuliert werden muss, damit die Verfassungsrichter die Schnauze halten... bitte um Korrektur, wenn ich falsch liege....


Ja. Korrektur. Sie liegen falsch.

Das Bundesverfassungsgericht hat ja in seinem unsäglichen "Urteil" (welches Unrecht für Recht erklärt und Partikularinteressen, die keinen Anspruch auf Befriedigung haben, zu Rechten) eben nicht das Gesetzt grundsätzlich zerissen - und nur das hätte ein Zereissen durch den Gesetzgeber begründen können, es aber gleichzeitig auch überflüssig gemacht - sondern eben nur bestimmte Elemente. Und denen muß nun Rechnung getragen werde.

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.
Aber beide sind aus Stein gemacht.

Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.

Liberalismus ist die Ideologie, die wenn etwas droht zu verderben, nicht nur nichts unternimmt sondern auch andere von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

Meister Petz Offline




Beiträge: 3.923

14.09.2008 14:43
#23 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten
Zitat von Zettel
Das hätte ich nicht gedacht. Ich habe mir das viel verschnarchter vorgestellt.


Ich denke, lieber Zettel, ich habe eine ganz gute Zeit erwischt. Aber ich kann wie gesagt nur für das Parlament sprechen. Ich denke, in den anderen Organen ist es auch etwas dröger. Was ich von der Kommission mitbekommen habe, pflegt sie einen ziemlichen Elitarismus innerhalb der Brüsseler Community, und vom Rat bekommt man abgesehen von den zwie Konferenzen pro Vorsitzperiode wenig mit.

Zitat von Zettel

Davon ist, scheint mir, wenig an die Öffentlichkeit gedrungen. Die alte Schwäche der Konservativen - sie tun Gutes, reden aber nicht darüber.


Ich kann mich an zumindest einen Fall erinnern, der durchaus an die Öffentlichkeit gedrungen ist, und zwar das Feiertagsfahrverbot für LKWs. Da ist Deutschland sehr stark dafür eingetreten, die Kompetenz bei den Mitgliedsstaaten verbleibt. In dieser Sache wurde übriegns auf allen Seiten streng nach nationalen Interessen gehandelt. Die Transitländer Deutschland, Österreich und Frankreich waren gegen eine Vereinheitlichung, während z. B. die Holländer ihre Tulpenlaster am liebsten 365 Tage im Jahr durch ganz Europa bewegen wollten.

Auch erinnere ich mich, dass die CSU-Europagruppe natürlich speziell für Kompetenzabgrenzung eintrat, das war nicht durch die Bank bei allen Konservativen so. Aber die CSU hat halt schon aus Deutschland das Föderalismus-Gen in sich :)

Zitat von Zettel
Wenn Sie mal Zeit haben sollten, würde mich Ihr Kommentar interessieren.
Wie natürlich auch der aller Anderen, die gerne mal in die Katakomben der Philosophie steigen.


Habe ihn sogar gelesen, aber mich bis jetzt noch nicht zeitlich in der Lage gefunden, eine so kompetente Antwort zu verfassen, wie er es verdient hat. Will ich aber nachholen.

Ebenfalls und einen herzlichen Gruß, Petz
FAB. Offline



Beiträge: 523

14.09.2008 14:47
#24 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten

In Antwort auf:
Juristen denken in ihrem beruflichen Weltbild (auch wenn sie natürlich ebenfalls gern Geld verdienen) so nicht. Sie denken in diesem Sinn nicht erfolgsorientiert, sondern normorientiert. Für den Ingenieur und den Ökonomen ist etwas gut, wenn es etwas bringt. Für den Juristen, wenn es normgerecht ist; wenn es die Normen so auf die Realität bezieht, daß alles paßt.


Das greift m.E. etwas zu kurz. Es mag am ehesten noch für Richter gelten. Die große Mehrzahl der praktizierenden Juristen sind, in der einen oder anderen Form, Interessenvertreter, und orientieren sich am Erfolg dieser Interessenvertretung. Gut ist, was etwas bringt: die Durchsetzung der Interessen meines Mandanten. Dabei sind Normen kein Selbstzweck, sondern Werkzeug, mit dem gearbeitet werden will.

Und um den Richtern gerecht zu werden: Auch ein guter Richter strebt einen Erfolg an, nämlich, unter Anwendung der ihm zur Verfügung stehenden Normen eine Entscheidung zu finden und nachvollziehbar zu begründen, die eine angemessene Balance zwischen Einzelfallgerechtigkeit und Verallgemeinerbarkeit hält. Das ist teils diffizile Arbeit, die durch schlechtes Werkzeug ebenfalls erschwert wird.

Weshalb ich auch ausschließe, daß speziell EU-Normen von praktisch tätigen Juristen formuliert werden - dafür sind sie einfach Werkzeuge von zu schlechter Qualität. (Wer schon einmal zur Bearbeitung eines simplen Produkthaftungsfalles durch drei verschiedene Verordnungen nebst elf Anhängen, Änderungsverordnungen und Durchführungsgesetzen mit teils schlicht unverständlichen Formulierungen gejagt wurde, weiß, was ich meine.)

dirk Offline



Beiträge: 1.538

14.09.2008 15:14
#25 RE: Seilbahnen und Bürokraten Antworten
Lieber Zettel, jetzt haben Sie ihnuns doch vorenthalten, den Artikel 1 Absatz 2. Dort findet sich nämlich die wahre Definition einer Seilbahn:

"Im Sinne dieser Richtlinie sind Seilbahnen für den Personenverkehr Anlagen aus mehreren Bauteilen, die geplant, gebaut, montiert und in Betrieb genommen werden, um Personen zu befördern. "

Ein Auto? Eine Eisenbahn? Nein, alles Seilbahnen.
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