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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 28 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
michael76 Offline



Beiträge: 32

29.09.2008 22:41
#26 RE: Marginalie: Rechtsruck in Österreich Antworten

Eine wirklich ausgezeichnete Analyse von Philipp.

Das, was mich verrückt macht, ist diese extreme Sturheit innerhalb der Großparteien. Es gibt von der SPÖ einen Parteitagsbeschluss, dass keine Koalition mit der FPÖ/BZÖ eingegangen werden darf. Und mit Josef Pröll wurde gerade eben ein prominenter Befürworter der Großen Koalition als neuer ÖVP-Obmann gewählt.

Mir fällt dazu nur der alte Spruch ein: Wahnsinn ist, wenn man immer wieder das Gleiche tut, aber andere Resultate erwartet.


http://sohalt.wordpress.com/

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

29.09.2008 22:51
#27 RE: Marginalie: Rechtsruck in Österreich Antworten

Danke, lieber Philipp, für diesen sehr informativen Beitrag. Ein paar Anmerkungen:

Zitat von Philipp
Entscheidend ist die institutionelle Konstruktion der Zweiten Republik: Der im Ständestaat entfaltete Hass zwischen Christsozialen und Sozialisten wurde mit dem Mittel des großkoalitionären Kompromisses in einen nur scheinbar aufgelösten Widerspruch gezwungen.

Diesen Zusammenhang hatte ich noch nicht gesehen.

Es gab ja in der Bundesrepublik (Deutschland) etwas Ähnliches in der Nachkriegszeit - die "Gemeinsamkeit der Demokraten". Aber das führte bis 1966 nie in eine Große Koalition; und diese war ja auch nur aus der Not geboren und verschwand bald wieder.
Zitat von Philipp
Einzigartig für das österreichische System ist außerdem die Sozialpartnerschaft, wo seit jeher die Gesetzesinhalte außerparlamentarisch in Hinterzimmern zwischen den Vertretern der Kammern und Bünde ausverhandelt werden; der Parlamentarismus ist dadurch weitgehend ausgehebelt, denn durch den Klubzwang sind die Parlamentarier mehr Abnickmaschinen als Volksvertreter: Wer von einem Parteiapparat alimentiert wird, begehrt allzu selten gegen von oben oktroyierte Meinungen auf.

Ja, das ist mir vor einiger Zeit aufgefallen, als ich nachgesehen habe, wer denn eigentlich dieser Fritz Dinkhauser ist und ich dabei auf die "Arbeitskammern" gestoßen bin.
Zitat von Philipp
In Österreich ist der Glaube an den Allversorgungsstaat immer noch allzu stark ausgeprägt. Dass die SPÖ die Wahl doch noch auf Platz Eins beendete, liegt insbesondere daran, dass Werner Faymann es verstand, durch den Gestus des gutmütigen Großkoalitionärs, der das Vereinende stets über das Trennende stellt, das Bedürfnis der BürgerInnen nach einem starken Staat anzusprechen.

Und das, lieber Philipp, ist ein Punkt, wo ich den Zusammenhang mit der k.u.k. Tradition für naheliegend halte: In einem Vielvölkerstaat muß der Staat nun einmal die Rolle des Moderators spielen, der das Vereinende stets über das Trennende stellt. Wurschtigkeit hat ja als ihre positive Seite oft Toleranz und eine freundliche Unaggressivität.

Übrigens - könnte es sein, daß Österreich mit seiner langen Tradition des Zusammenlebens verschiedener Kulturen dadurch auch leichter mit dem Problem der aktuellen Einwanderung fertig wird?
Zitat von Philipp
Wer die große Koalition befürwortet, stärkt indirekt die Rechtspopulisten.

Ja, das ist eine vertrackte Situation: Wen Rote und Schwarze eine Koalition bilden, dann stärkt das die Opposition. Das ist ja auch jetzt in Deutschland so. Wenn aber mit deren Parteien niemand ins Bett steigen will, dann kann es ja logischerweise immer nur eine Große Koalition geben.

Aus der Ferne kann ich nicht sehen, daß FPÖ und BZÖ Parteien wären, die etwas gegen den demokratischen Rechtsstaat hätten. Darin gleichen sie - soweit ich das sehe - den Grünen auf der Linken; und darin unterscheiden sie sich eben von Rechtsextremisten wie der NPD oder dem FN, oder auf der Linken bei uns der umgetauften SED.

Insofern verstehe ich nicht, warum eine dieser Parteien, oder auch beide, nicht koalitionsfähig sein sollten. Mit der FPÖ hat das ja die ÖVP einmal probiert. Mit der Wirkung, daß europaweit die Linke über Österreich herfiel, als herrsche dort der blanke Faschismus. Da echauffierten sich dieselben Leute, die heute nichts dabei finden, mit den Kommunisten zu koalieren.
Zitat von Philipp
Was Österreich bräuchte, ist eine ehrliche Debatte über eine Veränderung der institutionellen Rahmenbedingungen: Bruch mit der großkoalitionären Tradition, Schwächung der Sozialpartnerschaft, Belebung des Parlamentarismus, Reform des Wahlrechts.

Klingt mir sehr vertraut, lieber Philipp. In Deutschland haben wir immerhin eine Liberale Partei, die den Namen verdient. Daß bei Ihnen anscheinend der Liberalismus nur im Doppelpack mit Rechtspopulismus zu haben ist - das scheint mir wirklich eine Lücke im Angebot zu sein.
Zitat von Philipp
Falls es den einen oder anderen wirklich interessiert: Auf meinem Blog verfolge ich das innenpolitische Geschehen kommentierend: http://wahlen2008.blogspot.com/

Fand ich sehr interessant und empfehle es zur Lektüre.

Herzlich, Zettel

Philipp Offline



Beiträge: 78

30.09.2008 00:00
#28 RE: Marginalie: Rechtsruck in Österreich Antworten
In Antwort auf:
Zettel

Übrigens - könnte es sein, daß Österreich mit seiner langen Tradition des Zusammenlebens verschiedener Kulturen dadurch auch leichter mit dem Problem der aktuellen Einwanderung fertig wird?


So wie hierzulande mit der sogenannten "Ausländerfrage" umgegangen wird, scheint nicht mehr recht viel Verständnis für die historischen Wurzeln des Vielvölkerstaates vorhanden zu sein. Der Erfolg der rechtspopulistischen Parteien gründet nicht zuletzt in der perfiden Methode, die Themen Migration und Sicherheit aneinander zu koppeln. FPÖ und BZÖ haben gezielt die Ängste, die Verunsicherung der Bevölkerung instrumentalisiert: Wenn Herr Strache oder Herr Haider über Zuwanderung sprechen, dann immer nur im Kontext dessen, was sie als "legitimes Sicherheitsbedürfnis" der Bevölkerung ausmachen. Diese Vorgehensweise hat Erfolg, weil die anderen Parteien die inhaltliche Auseinandersetzung verweigern. Das Thema Migration wurde im Wahlkampf zu dieser Nationalratswahl sträflich vernachlässigt; dementsprechend ungehindert punktete das rechte Lager mit ihren Slogans Marke "Österreich den Österreichern / Willst du eine Wohnung haben, musst du nur ein Kopftuch tragen". Die Ignoranz gegenüber Problemen, die sich durch Migration tatsächlich ergeben - ebenso wie die Nichtbeachtung der Gestaltungsmöglichkeiten von Zuwanderung -, wie etwa die traditionsbedingte Unterdrückung von Frauen oder das Entstehen von Parallelgesellschaften bei misslungener Integration, eröffnet das Feld für rechtspopulistische Polemiken aller Art. Aber das ist wohl kein österreichisches Spezifikum.

In Antwort auf:
Aus der Ferne kann ich nicht sehen, daß FPÖ und BZÖ Parteien wären, die etwas gegen den demokratischen Rechtsstaat hätten. Darin gleichen sie - soweit ich das sehe - den Grünen auf der Linken; und darin unterscheiden sie sich eben von Rechtsextremisten wie der NPD oder dem FN, oder auf der Linken bei uns der umgetauften SED.


Nun ja, das demokratische Verständnis rechter Politiker mutet bisweilen doch recht, nun ja, abstrus an. Wenn Herr Strache die Forderung der FPÖ auf Aufhebung des Verbotsgesetzes (http://wahlen2008.blogspot.com/2008/09/d...m-auge-der.html) damit argumentiert, dass so die Demokratie gerettet werden könne, lässt das tief blicken. Auch die Rechtspopulisten in Österreich suchen die demokratischen Prinzipien für ihre Zwecke auszuspielen.

Die FPÖ propagiert ebenso wie das BZÖ eine überwiegend sozialistische Wirtschafts- und Sozialpolitik. Wohin die kleinen Einschränkungen von Freiheit, wohin die schrittweise Aushebelung der Marktwirtschaft führt, hat Friedrich Hayek in "Der Weg zur Knechtschaft" veranschaulicht. Aber über Sozialismus brauche ich hier, in diesem Forum, wohl niemandem etwas zu erzählen.

In der Progagierung sozialistischer Inhalte aber unterscheidet sich das rechte Lager kaum von der Sozialdemokratie: Linkspopulisten aller Coleur propagieren hierzulande die Illusion des so viele Bereiche wie möglich effizient steuernden und verwaltenden Staates. Die SPÖ beispielsweise verlangt aufgrund der Finanzkrise dezidiert nach mehr Staat und weniger privat, und das nicht nur im Bereich der Kontrolle von Finanzspekulationen. BZÖ und FPÖ propagieren einen staatlich verordneten Preisstopp für Treibstoff. Alle faseln sie von einer Entlastung des Mittelstandes. Doch rot-blau-orange versteht sich primär als Vertreter des "kleinen Mannes". Und das spürt man als Vertreter ebendieses Mittelstandes allzu schmerzlich am eigenen Leib.

Man kann sich noch so oft einen aufrichtigen Demokraten nennen, entscheidend ist und bleibt, ob man Demokratie nicht nur predigt, sondern lebt. Da ist bei Haider, der seit Jahren in der Ortstafelfrage Verfassungsrecht mit Händen und Füßen tritt, sicherlich besonderer Zweifel angebracht.

In Antwort auf:
Insofern verstehe ich nicht, warum eine dieser Parteien, oder auch beide, nicht koalitionsfähig sein sollten. Mit der FPÖ hat das ja die ÖVP einmal probiert. Mit der Wirkung, daß europaweit die Linke über Österreich herfiel, als herrsche dort der blanke Faschismus. Da echauffierten sich dieselben Leute, die heute nichts dabei finden, mit den Kommunisten zu koalieren.


Die hysterische Überreaktion, mit der sich die linksintellektuellen Moralaposteln im Jahr 2000 in einen Rauschzustand hyperventilierten, ist uns wohl noch allen in guter Erinnerung. Auch diesmal gibt es ja bereits grenzdebile Aussagen über eine sich anbahnende Wiedererrichtung der Naziherrschaft.

Warum das Dritte Lager nicht regierungsfähig sein soll, warum eine schwarz-blau-orange Regierung so viel schlimmer sein soll als eine Neuauflage der großen Koalition, kann ich ebenso wenig verstehen wie Sie, lieber Zettel. Ich fürchte, auch keiner der moralisch ach so erhabenen Mahner wird es argumentieren können.

In Antwort auf:
Klingt mir sehr vertraut, lieber Philipp. In Deutschland haben wir immerhin eine Liberale Partei, die den Namen verdient. Daß bei Ihnen anscheinend der Liberalismus nur im Doppelpack mit Rechtspopulismus zu haben ist - das scheint mir wirklich eine Lücke im Angebot zu sein.


Die Frage, warum der parteipolitische Liberalismus in Österreich inexistent ist, wäre eine eigene Diskussion wert. Ich weiß hierbei allerdings zu wenig über die Geschichte, über die Entstehung und den Werdegang der FDP, um Vergleiche mit der Situation in Deutschland anstellen zu können.

http://wahlen2008.blogspot.com/

Nola ( gelöscht )
Beiträge:

11.10.2008 07:02
#29 RE: Marginalie: Rechtsruck in Österreich Antworten
BZÖ-Chef Landeshauptmann Jörg Haider tödlich verunglückt


Der Kärntner Landeshauptmann und BZÖ-Chef Jörg Haider ist am Samstag in den frühen Morgenstunden in Klagenfurt bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Haider war nach Angaben der Polizei auf der Rosentaler Straße im Süden der Landeshauptstadt mit seinem Dienstwagen von der Straße abgekommen. Das Auto dürfte sich überschlagen haben, Haider, der allein im Fahrzeug war, erlitt schwerste Verletzungen im Kopf- und Brustbereich, denen er wenig später erlag.

edit:
Hompage (http://www.bzoe.at/) der BZÖ / Haider

♥lich Nola

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