Düstere Zeiten ? Ja, kann man sagen. Aber das ist nicht so spezifisch für Österreich. Nationale Parteien legen derweil in einigen europäischen Ländern massiv zu. Die Vlaams Belang in Belgien, die SVP in der Schweiz, die Forza Italia in Italien. Deutschland scheint aufgrund seiner Panik vor allem was rechts ist, nicht in diese Reihe zu gehören. Vielleicht hat sich in Deutschland aber auch einfach noch keine Partei gebildet, die den rechten Rand glaubhaft aufsammeln kann.
Aber international ist Österreich nicht so isoliert.
Zitat von LlarianDüstere Zeiten ? Ja, kann man sagen. Aber das ist nicht so spezifisch für Österreich. Nationale Parteien legen derweil in einigen europäischen Ländern massiv zu. Die Vlaams Belang in Belgien, die SVP in der Schweiz, die Forza Italia in Italien.
Ich sehe da eigentlich wenig Nationalismus, lieber Llarian, und viele Unterschiede zwischen diesen drei Parteien.
Über die SVP haben wir ja hier einmal diskutiert; es ist - soweit ich das verstanden habe - eine etwas eigenwillige, konservative und wohl auch a bisserl liberale Partei. Weder populistisch noch gar nationalistisch.
Zum Vlaams Belang kann ich nichts sagen. Ich nehme an, daß bei seinem Erfolg der ethnische Konflikt in Belgien, der gern als "Sprachenstreit" mißverstanden wird, eine Rolle spielt. Und natürlich das Problem der Zuwanderung.
Forza Italia ist eine Partei der rechten Mitte, vergleichbar der CDU, der UMP in Frankreich, den Konservativen im UK. Die Nachfolgepartei der Democrazia Cristiana.
In der österreichischen Politik kenne ich mich so wenig aus wie in der schweizerischen. Wie rechts ist die FPÖ? Sie ist ja bei uns als fast schon eine Nazi-Partei verteufelt worden; ich kann sie nicht beurteilen. Noch weniger das BZÖ; worin unterscheiden sich die beiden überhaupt, außer daß Haider die eine verlassen und, wenn ich es richtig weiß, die andere mitgegründet hat?
Also, ich sehe eigentlich kein Erstarken des Nationalismus in Europa, lieber Llarian. Die einzige nationalistische Partei mit einem gewissen Zulauf, die mir geläufig ist, ist der französische Front National. Und der hat eine spezifische Vorgeschichte, die bis in die Zeit von Vichy reicht. Damals spaltete sich das französische Nationalbewußtsein sozusagen auf, und das Erbe von Vichy hat Le Pen angetreten.
Zitat von LlarianVielleicht hat sich in Deutschland aber auch einfach noch keine Partei gebildet, die den rechten Rand glaubhaft aufsammeln kann.
Mir scheint zunehmend, daß die Protestwähler, die von Vlaamse Belang, FN usw. aufgesammelt wurden, in Deutschland von den Kommunisten aufgesammelt werden.
Was wir meines Erachtens dringend brauchen, ist eine Stärkung - man könnte fast sagen, die Wiederherstellung - des konservativen Flügels der Union. Kein demokratischer Rechtsstaat kommt auf Dauer ohne eine konservative, demokratisch und staatstreu gesonnene politische Strömung aus. Wenn man dieser das Wasser abgräbt, dann wird irgendwann die extreme Rechte davon profitieren.
Das gehört zu dem, was mir in Deutschland Sorgen macht, lieber Llarian.
Und auch die Parallele zwischen den beiden heutigen Wahlen: Die beiden großen Volksparteien schrumpfen. Wir gehen in Deutschland wie in Österreich Weimarer Verhältnissen entgegen; Verhältnissen wie in der Französischen Vierten Republik.
Ich schreibe es immer wieder, und ich fürchte immer mehr, daß ich recht habe.
Zitat von FAB.Düstere Zeiten? Inwiefern und wieso? So selbstverständlich, daß ich das ohne weitere Erläuterung verstünde, erscheint mir das nicht.
Für weitere Erläuterungen, lieber FAB., fehlte mir leider die Zeit. Ich hat ORF2 eingeschaltet und habe, während die Hochrechnungen liefen, den kleinen Artikel geschrieben; aus a bisserl Ehrgeiz heraus, schneller zu sein als zB "Spiegel- Online".
Für mehr als einen Satz Kommentar reichte es da nicht. Zumal auch noch meine Frau im Garten mit dem Kaffee wartete.
Einiges habe ich, lieber FAB., schon in meiner Antwort an Llarian geschrieben.
Ich fürchte, daß in Österreich wie auch in Deutschland das Zwei- oder Dreiparteiensystem zerbricht, das in den Nachkriegsjahrzehnten Stabilität gebracht hat. Am linken wie am rechten Rand entstehen starke Parteien. Die Mitte splittert sich auf, wie jetzt in Bayern. Kurz, Weimarer Verhältnisse.
Das führt zu unnatürlichen Koalitionen, zu ständigen Regierungskrisen, zu immer mehr Unzufriedenheit der Bürger. Was wieder diese Parteien an den Rändern stärkt.
Am Ende muß nicht nicht die Machtübernahme von Extremisten der einen oder anderen Couleur stehen. Aber für möglich halte ich das. Und für wahrscheinlich eine lange Agonie des demokratischen Rechtsstaats.
Es hilft nur - ceterum censeo - das Mehrheitswahlrecht. Aber wie hat Franz-Josef Strauß in seiner Sonthofener Rede gesagt? "Es muß erst noch viel tiefer sinken", bevor man sich zu einer Änderung aufrafft.
die Bürger sind nun mal klüger als es den großen ehemaligen Volksparteien recht ist und geben nach einigen Warnschüssen Kostproben ihres Könnens ab. Es sind die einfachen Dinge, die dazu bewegen den (vormals) kleinen Parteien, die Stimme zu geben: Es ist die EU-Bürokratie, die Zuwanderung, der Gesundheitsfaschismus (das Rauchverbot hat der CSU mindestens 5% der Stimmen gekostet), die Besserwisserei, die Volkserziehung, die Unbelehrbarkeit und die Lügen.
Da nutzt es der CDU/CSU auch nicht den konservativen Flügel zu stärken, Huber/Beckstein sind die konservative Alternative zu Seehofer.
In Antwort auf:In der österreichischen Politik kenne ich mich so wenig aus wie in der schweizerischen. Wie rechts ist die FPÖ? Sie ist ja bei uns als fast schon eine Nazi-Partei verteufelt worden; ich kann sie nicht beurteilen. Noch weniger das BZÖ; worin unterscheiden sich die beiden überhaupt, außer daß Haider die eine verlassen und, wenn ich es richtig weiß, die andere mitgegründet hat?
Die FPÖ ist genauso links oder rechts wie die SPÖ. Was der SPÖ-Wähler nur hinter vorgehaltener Hand sagt, ist bei Strache und Haider Programm. Mittelstand/Stimmvieh entlasten, Reiche belasten (bei der KPÖ enteignen) ist quer durch die Parteilandschaft Wahlprogramm. Wirtschaftlich stehen alle Parteien mehr oder weniger links und populistisch. Und wenn der Herr Professor meint seine Partei ist nicht populistisch, naja, dann kommt mir persönlich das ...
In Antwort auf:Zitat Pentas Die FPÖ ist genauso links oder rechts wie die SPÖ. Was der SPÖ-Wähler nur hinter vorgehaltener Hand sagt, ist bei Strache und Haider Programm.
Das ist im Grunde genommen bei uns genauso. Warum überläßt man die Themen, um die jeder weis, die jeder Bürger ausspricht, warum also überläßt man dieses Bürgerbegehren den Rechtspopulisten? Da ist sie wieder die historische Feigheit. Man läßt die Rechtsextremen alles abarbeiten, übernimmt dann davon die gemäßigte Version und ist wieder fein raus. Dem Wähler würde es gefallen, wenn "seine" Themen von "seiner" Partei ernstgenommen werden würden. So ist er faktisch gezwungen, sich die Rechten- oder auch Linksextremen anzuhören. Er wird geradezu in dessen Arme getrieben.
Zitat von C.die Bürger sind nun mal klüger als es den großen ehemaligen Volksparteien recht ist und geben nach einigen Warnschüssen Kostproben ihres Könnens ab.
Schön gesagt, dear C.
Das ist ja alles nicht neu. In der Erhard-Rezession in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre wäre die NPD fast in den Bundestag gekommen.
Von Schill bis Lafontaine gibt es immer mal Demagogen, die solche Protestwellen auf ihre Mühlen lenken können. In Frankreich gibt es eine solche Protestpartei seit den fünfziger Jahren; erst die Poujadisten, bei denen Le Pen seine Sporen verdient hat, dann der FN. In den fünfziger oder sechziger Jahren gab es in Dänemark mal eine "Steuerverweigerungspartei".
Oft sind die Träger solcher Bewegungen die kleinen Selbständigen, die sich (zu Recht) zwischen Gewerkschaften und Großunternehmen zerrieben fühlen. Der Ärger richtet sich vor allem gegen die Großkopfeten, die selbst nicht von wirtschaftlichen Umwälzungen betroffen sind, diese aber dem Kleinen Mann kalt lächelnd aufbürden. Und die arrogant den Kleinen Mann kujonieren, wie mit dem Rauchverbot.
Ich finde das alles nur allzu verständlich, dear C., und vieles kommt ja auch in ZR und hier im Forum immer wieder zur Sprache. Nur ist ja niemandem (außer ein paar Extremisten) damit gedient, wenn Staaten wie Deutschland und jetzt Österreich faktisch unregierbar werden.
Zitat von C.Es sind die einfachen Dinge, die dazu bewegen den (vormals) kleinen Parteien, die Stimme zu geben: Es ist die EU-Bürokratie, die Zuwanderung, der Gesundheitsfaschismus (das Rauchverbot hat der CSU mindestens 5% der Stimmen gekostet), die Besserwisserei, die Volkserziehung, die Unbelehrbarkeit und die Lügen.
Du sagst es.
Zitat von C.Da nutzt es der CDU/CSU auch nicht den konservativen Flügel zu stärken, Huber/Beckstein sind die konservative Alternative zu Seehofer.
Ja, da hast du ebenfalls Recht. Es sind zwei verschiedene, allerdings miteinander zusammenhängende Probleme - solche populistische Bewegungen und die klassischen Konservativen, derer sich die CDU weitgehend entledigt hat.
Übrigens habe ich zu einem der letzten großen Konservativen der CDU, Alfred Dregger, kürzlich die Anmerkung von Schäuble gelesen: Dregger hätte niemals für den Einsatz in Afghanistan gestimmt, weil er als Kriegsteilnehmer im Zweiten Weltkrieg jeden Krieg verabscheute.
Das war der Mann, der von der linken Propaganda als halber Faschist hingestellt wurde! So, wie Konservative wie Strauß, Jäger, Filbinger, Lübke, Oberländer, Jenninger, Hohmann.
Diese jahrzehntelange linke Agitprop hat die CDU so lange bearbeitet, bis sie ihren konservativen Flügel faktisch amputiert hat. Den klügeren unter den linken Agitatoren dürfte das genau zupaß kommen: Wenn rechts von der CDU eine Partei entsteht, die man als faschistisch diffamieren kann, dann hat die Antifa beste Entfaltungsbedingungen.
Zitat von GorgasalWo finden Liberale in Österreich jetzt noch eine politische Heimat? Das Liberale Forum ist ja effektiv eingegangen.
Es war, glaube ich, bei den letzten Wahlen gar nicht angetreten gewesen. Wie von den anderen österreichischen Parteien habe ich auch vom Liberalen Forum keine klare Vorstellung. Sind das Leute aus dem ganzen liberalen Spektrum, die aus der FPÖ ausgetreten sind, als dort Haider das Ruder übernahm? Oder ist es eher ein linksliberales Grüppchen?
Das Letztere scheint mir wahrscheinlicher. Denn gestern Nacht gab es bei ORF2 eine "Elefantenrunde", in der der Vorsitzende der Grünen meinte, daß das Liberale Forum seine Partei Stimmen gekostet hätte, daß man um dieselben Wähler konkurriert hätte.
Aber wie auch immer - mich wundert das auch, lieber Gorgasal, daß es in Österreich offenbar weder eine erwähnenswete liberale noch eine erwähnenswerte kommunistische Strömung gibt.
Und die FPÖ - laut Analyse der Wählerwanderungen hat sie hauptsächlich von SPÖ Stimmen gewonnen! Also, die Vorstellung, daß das finstere Rechte wären, ist offenbar falsch; jedenfalls, was die Wähler angeht. Das sind ganz überwiegend Denkzettel-Wähler.
Was ja besonders erstaunlich ist, weil Österreich eine niedrige Arbeitslosigkeit hat und es dort doch auch sonst wirtschaftlich gut läuft.
Wenn ich es recht mitbekommen habe, hat die FPÖ vor allem unter den Jugendlichen gut abgeschnitten und ist dort jetzt die stärkste Partei.
Was ich verstehen kann, wenn ich gesehen habe, mit welcher Müdigkeit die drei Spitzenleute von ÖVP, SPÖ und der Grünen in dieser "Elefantenrunde" agiert haben. Die einzigen beiden, die so etwas wie Vitalität erkennen ließen, waren Haider und Strache.
Die anderen drei wirkten auf mich ungefähr wie der Kaiser Franz Josef in "Sissi", der eine wie der andere.
In Antwort auf:Oder ist es eher ein linksliberales Grüppchen?
Grüppchen trifft es ganz gut. Linksliberal auch, obwohl im Parteiprogramm Punkte drinnenstehen, womit man die hiesigen Linken verscheuchen dürfte, Stichwort Euroarmee.
Lieber Zettel, ich darf Sie beruhigen: Ich kenne einige FPÖ-Wähler, und darunter ist keine einzige finstere Gestalt, im Gegenteil: Das sind kluge, tüchtige Leute, die voll im Leben stehen! Leider haben Sie bezüglich Liberalismus recht. Es gibt keine liberale Politik in Österreich. Das LIF (Liberales Forum) hat es mit Links-Populismus versucht, was in die Hose ging. Allen ernstes wurden zB die bedingungslose Grundsicherung gefordert und höhere Besteuerung für vermögende Bürger. Worin sich das von linken Programmen unterscheidet? Keine Ahnung. Und genau das ist das Problem: Warum sollte man ein LIF wählen, wenn man genauso gut fast jede andere Partei wählen könnte? Denn von rechts nach links sind die Unterschiede höchst marginal: Da wie dort wird ständig von "sozial" und "gerecht" gefaselt, was im Endeffekt auf höhere Steuern und Abgaben und Beschneidung von Freiheiten hinausläuft. Es ist hoffnungslos: Die Leute wollen nicht selbst- sondern fremdbestimmt leben.
Zettel: "Nur ist ja niemandem (außer ein paar Extremisten) damit gedient, wenn Staaten wie Deutschland und jetzt Österreich faktisch unregierbar werden."
Die Unregierbarkeit Österreichs ist in der politischen Architektur des Landes begründet. Das Hauptproblem ist, dass es sich weder innerhalb der Politikerkaste noch in der Bevölkerung herumgesprochen hat, dass die große Koalition, die künftig nur noch eine kleine sein wird, etwas für Notfälle und Krisenzeiten ist.
Die SPÖ war der kleinste unter den großen Verlierern. Dass Herrn Faymann daraufhin nichts besseres einfällt, als gleich wieder von der Koalition der Verlierer zu schwärmen, spricht für sich: Solange man nicht zu der Einsicht kommt, dass der im großkoalitionären Proporzsystem angelegte Stillstand das rechte Lager mit Proteststimmen stärken wird, ist jeglicher moralischer Tadel über einen politischen "Rechtsruck", wie er sich gestern abgespielt hat, wohlfeil und wertlos.
Österreich wird heute ebenso wenig im Nazisumpf versinken wie 1999, nachdem die FPÖ sich zur zweitstärksten politischen Kraft mauserte. Doch wen es ehrlich anekelt, dass das dritte Lager mit einem Parteiprogramm, das sich aus (latentem) Rassismus und kurzsichtigem Populismus speist, reüssiert, muss sich endlich eingestehen: Die Existenz der großen Koalition ist der Erfolgsgarant eines Haider, dessen kometenhafter Aufstieg auch in den 90er-Jahren schon von Polemiken gegen die großkoalitionär-sozialpartnerschaftliche Packelei getragen war. Eine funktionierende Regierung ist der größte Feind von Rechtspopulisten.
In den 90ern ist unsere ganze Familie immer wieder in die österreichischen Alpen zum Wandern gefahren. Wenn wir wegen schlchten Wetters abends nicht bettreif waren, haben wir den Fernseher eingeschaltet und Nachrichten geschaut. Das normale Programm war schon einschläfernd. Beamte in Zeitlupe auf Valium. Aber die Nachrichten aus der österreichischen Politik erst! Dagegen war Kohl ein echter Wildfang.
Der Witz mit dem Schneckenfangen ist bekant, oder?
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Als Erstes Pentas, die FPÖ als nicht Rechts zu bezeichnen bzw nicht weiter als auch die SPÖ halte ich für gefählich. Wenn sich HC Strache auch sehr Staatspolitisch zu geben versuchte in den TV Duellen. Man kann Die FPÖ zwar nicht mit der NPD vergleichen aber wer einmal auf einer ihrer Wahlveranstaltungen war weiß das sie sehr wohl Rechts ist. Das BZÖ (die wahrscheinlich Vierte Kraft in Österreich) hat sich von der FPÖ abgespalten und wird von Jörg Haider geführt, der sich in diesem Wahlkampf als "Landadeliger" zu geben versuchte (Eine Rolle die Ihn als Landeshauptmann sehr gut gefällt). Deren Programm mag nicht ganz so weit rechts sein vor allem in der Ausländerfrage waren ja Beide im Wahlkampf sehr zurückhaltend, für ihre Verhältnisse aber ist Sie stehen ebenfalls sehr weit Rechts. Das LIF ist ebenfalls eine Abspaltung der FPÖ und die Einschätzung dass es linksliberal ist teile ich.
Ich halte nichts von der Links/Rechts-Definition wie sie üblicherweise gebräulich ist, ich halte ausnahmlos alle Parteien für mehr oder weniger links, nach der Definition von Kuehnelt-Leddihn. Ich halte die SPÖ, falls sie in die nächste Regierung kommt, für gefährlicher als die FPö, wenn diese nicht in der Regierung sind. Umgekehrt ist die SPÖ harmlos, sollte sie nicht in der Regierung sein. Zum Fürchten waren meiner Meinung nach mehr die Gegendemonstranten auf den FPÖ Veranstaltungen. Mir reicht aber schon das normale FPÖ-Publikum um soetwas zu meiden.
Zitat von RainerDenn von rechts nach links sind die Unterschiede höchst marginal
Ja, das war mir bei dieser "Elefantenrunde" gestern Abend auch aufgefallen.
Klischees stimmen halt manchmal, und für mich hat diese Diskussion das Bild von Österreich bestätigt, das ich habe, seit ich den "Mann ohne Eigenschaften" gelesen habe.
Das waren alles intelligente, nette, oft auch ironische Leute, die freundlich miteinander plauderten. Keine Spur von den Angriffen, von den ideologisch gefärbten Auseinandersetzungen, die es bei solchen Diskussionen in Deutschland gibt.
Für die Grünen saß da ein sanfter älterer Herr, dem das alles so egal schien, daß die Moderatorin sich Mühe geben mußte, ihn gelegentlich durch eine Frage aus seinem Zustand aufzuschrecken.
Für die ÖVP ein Männlein mit Dreitagebart, das bewußt leise redete, um umso eindringlicher zu wirken, und mit sanfter Ironie allen anderen klarmachte, daß sie von nix was verstehen, schon gar nicht von Finanzpolitik.
Für die SPÖ saß da einer, von dem ich auch manchmal den Eindruck hatte, da säße gar nicht er, sondern seine Wachsfigur aus dem Kabinett der Madame Tussaud.
Selbst das Haider Jörgerl wirkte irgendwie wie mit gebremstem Schaum, wenn auch lebhafter als diese drei. Und der Strache? Also, als Autoverkäufer kann ich mir den gut vorstellen. Allein die Augen.
Zitat von PhilippZettel: "Nur ist ja niemandem (außer ein paar Extremisten) damit gedient, wenn Staaten wie Deutschland und jetzt Österreich faktisch unregierbar werden."
Die Unregierbarkeit Österreichs ist in der politischen Architektur des Landes begründet. Das Hauptproblem ist, dass es sich weder innerhalb der Politikerkaste noch in der Bevölkerung herumgesprochen hat, dass die große Koalition, die künftig nur noch eine kleine sein wird, etwas für Notfälle und Krisenzeiten ist.
Ich frage mich, lieber Philipp, wo das, was Sie "politische Architektur" nennen, eigentlich seine Wurzeln hat.
Ist es - wie ich halb im Scherz gerade in meiner Antwort an Rainer geschrieben habe - vielleicht wirklich noch diese ironisch-wurschtige k.u.k. Mentalität? Dieses "es wird sich schon ausgehen"? Das, was Thomas Bernhard (von dem, neben Musil, mein Österreich-Bild besonders geprägt ist) so in Zorn versetzt hat, daß er ja fast nur "Entrüstungen" zu Papier bringen konnte?
Oder ist es die Nachkriegszeit, in der es Österreich mit Schwejk'schem Geschick gelang, nicht geteilt zu werden und am Ende sogar eine erträgliche Neutralität zu erlangen? Im Inneren ergänzt durch den "Proporz", der zu Zeiten der Kanzlers Raab und Kreisky ja wohl das ganze Land durchzog?
Ich freue mich, lieber Philipp, daß hier etliche Österreicher schreiben, und erhoffe mir von i(I)hnen neue Einsichten.
Zitat von PentasZum Fürchten waren meiner Meinung nach mehr die Gegendemonstranten auf den FPÖ Veranstaltungen.
Das würde mich interessieren, lieber Pentas: Gibt es in Österreich auch, wie jüngst in Köln, diesen linken Pöbel der "Autonomen", der "Antifa" usw., der mit SA-Methoden gegen alle vorgeht, die nicht seiner Meinung ist?
Nach den Vorfällen in Köln, von denen ja auch FPÖ-Politiker betroffen waren, haben diese gesagt, so etwas sei in Österreich undenkbar. (Vor allem wohl die Art, in der die Polizei die linke SA hat gewähren lassen).
Gibt es in Österreich nicht einen linken Pöbel dieses Ausmaßes, oder fehlen in Österreich Politiker wie Schramma, die mit diesem Pöbel gemeinsame Sache machen? Oder stimmt gar nicht, was die FPÖ-Leute gesagt haben?
Zettel:"Ist es - wie ich halb im Scherz gerade in meiner Antwort an Rainer geschrieben habe - vielleicht wirklich noch diese ironisch-wurschtige k.u.k. Mentalität? Dieses "es wird sich schon ausgehen"? Das, was Thomas Bernhard (von dem, neben Musil, mein Österreich-Bild besonders geprägt ist) so in Zorn versetzt hat, daß er ja fast nur "Entrüstungen" zu Papier bringen konnte?"
Die Obrigkeitshörigkeit der österreichischen BürgerInnen, die sich in der Affirmation der politischen Rahmenbedingungen durchschlägt, ist historisch gewachsen; sie wurzelt selbstverständlich auch in der k.u.k-Zeit. Entscheidend ist die institutionelle Konstruktion der Zweiten Republik: Der im Ständestaat entfaltete Hass zwischen Christsozialen und Sozialisten wurde mit dem Mittel des großkoalitionären Kompromisses in einen nur scheinbar aufgelösten Widerspruch gezwungen. Einzigartig für das österreichische System ist außerdem die Sozialpartnerschaft, wo seit jeher die Gesetzesinhalte außerparlamentarisch in Hinterzimmern zwischen den Vertretern der Kammern und Bünde ausverhandelt werden; der Parlamentarismus ist dadurch weitgehend ausgehebelt, denn durch den Klubzwang sind die Parlamentarier mehr Abnickmaschinen als Volksvertreter: Wer von einem Parteiapparat alimentiert wird, begehrt allzu selten gegen von oben oktroyierte Meinungen auf.
Dieses politische System funktionierte, solange die Großparteien der staatstragenden Verpflichtung gewichtiger politischer Entscheidungen für den Wiederaufbau nachzukommen hatten. Die letzten anderthalb Jahre haben jedoch gezeigt, dass die große Koalition spätestens seit 1995 regelmäßig an ihrem eigenen Anspruch, mit der Zweidrittelmehrheit große Projekte durchzusetzen, famos scheitert. Das Kabinett Gusenbauer war eine Zumutung an die Intelligenz der Wähler. Die Stärkung des rechten Lagers ist zwar ungustiös, vor diesem Hintergrund aber nur allzu verständlich.
In Österreich ist der Glaube an den Allversorgungsstaat immer noch allzu stark ausgeprägt. Dass die SPÖ die Wahl doch noch auf Platz Eins beendete, liegt insbesondere daran, dass Werner Faymann es verstand, durch den Gestus des gutmütigen Großkoalitionärs, der das Vereinende stets über das Trennende stellt, das Bedürfnis der BürgerInnen nach einem starken Staat anzusprechen. Insbesondere bei den Pensionisten punktete die SPÖ; Faymann hatte noch vor der Wahl in populistischer Manier eine Pensionserhöhung durchgeboxt.
Die große Koalition ist eine politische Gewohnheit. Nach der sogenannten Wende 2000 war die Entrüstung über das Erstarken des Dritten Lagers insbesondere deshalb so überzogen, weil viele selbst ernannte moralische Autoritäten die Felle großkoalitionärer Gemütlichkeit davonschwimmen sahen; nicht zu Unrecht, wie Wolfgang Schüssel als Bundeskanzler beweisen sollte, der wenigstens so etwas ähnliches wie Reformwille zeigte, gleichwohl auch schwarz-blau scheiterte, als es darum ging, Proporz und Freunderlwirtschaft zurückzudrängen.
Woran die große Koalition scheitern muss, ist ihre Verdammtheit, so viele Partikularinteressen nicht nur innerhalb der eigenen Parteistrukturen, sondern innerhalb des die Großparteien verbindenden Proporzsystems zu bedienen. Deshalb ist es geradezu absurd, dass Faymann meint, er werde in einer Neuauflage von Rot-schwarz beweisen, dass das Scheitern der letzten anderthalb Jahre nicht an der Regierungsform selbst, sondern nur an den handelnden Personen lag. Der Dauerstreit seit Jänner 2006 löste angewidertes Abwenden vom politischen Geschehen aus. Und unter der Oberfläche des Zwists eröffnete sich eine Ebene inhaltlicher Blockade, die die Umsetzung der dringend notwendigen Reformen wie etwa im Verwaltungsbereich verunmöglichte.
Noch nicht einmal die Zweidrittelmehrheit kann Rot-schwarz nunmehr aufweisen. Damit entfällt auch das "Argument", wonach nur die große Koalition mit Verfassungsmehrheit Großes zu leisten imstande sei. Aber so etabliert das großkoalitionäre Denken in Österreich ist, wird es trotz alledem aller Voraussicht nach zu einer Fortsetzung der Koalition der Verlierer kommen. Mir fällt kein Grund ein, warum eine Minderheitsregierung zwischen Sozialdemokraten und FPÖ schlimmer sein sollte als eine große Koalition. Die moralische Entrüstung über den Rechtsruck im Lande hat bigotten Charakter: Wer die große Koalition befürwortet, stärkt indirekt die Rechtspopulisten.
Was Österreich bräuchte, ist eine ehrliche Debatte über eine Veränderung der institutionellen Rahmenbedingungen: Bruch mit der großkoalitionären Tradition, Schwächung der Sozialpartnerschaft, Belebung des Parlamentarismus, Reform des Wahlrechts.
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