Möglich, daß deutsche Medien darüber berichtet haben - mir jedenfalls ist die Sache erst bekannt geworden, als ich heute den Newsletter von "Rußland Aktuell" bekam: Rußland streckt offensichtlich die Hand nach dem ehemaligen Nato-Stützpunkt Keflavik aus.
Ich kommentiere das im Kontext der Georgien-Krise und möchte bei dieser Gelegenheit vermelden, daß der dritte Teil des Artikels über Georgien und den russischen Imperialismus nicht in Vergessenheit geraten ist. Ich bin nur dabei, dazu erst noch das ausgezeichnete Buch Sebastian Haffners über die deutsch-russischen Beziehungen im 20. Jahrhunderts ("Der Teufelspakt") zu lesen.
Tja, stellt sich nun die Frage, ob sich ein NATO-Land findet, daß diesen Stützpunkt wieder in Betrieb nimmt (und entsprechend dafür zahlt). Denn den finanziell klammen Isländern wäre ja nicht zu verdenken, daß sie auf diese Einnahmemöglichkeit verzichten, wenn die Bündnispartner desinteressiert sind.
Zitat von R.A.Tja, stellt sich nun die Frage, ob sich ein NATO-Land findet, daß diesen Stützpunkt wieder in Betrieb nimmt (und entsprechend dafür zahlt). Denn den finanziell klammen Isländern wäre ja nicht zu verdenken, daß sie auf diese Einnahmemöglichkeit verzichten, wenn die Bündnispartner desinteressiert sind.
Klar. Island hat sich die NATO-Mitgliedschaft meines wissens immer wieder mit einer ausdehung der 3-sm-Zone zur 200 sm- ausschliesslichen Wirtschaftszone bezahlen lassen. Cod War statt Cold War (Cod heisst Kabeljau und der Cod War zu deutsch Kabeljau-Krieg mit dem UK)
Zitat von DagnyDagny hat das beim A-Team vor ein paar Tagen aufgegriffen nachdem David Farrer bei Freedom-and-Whisky darueber berichtet hatte.
Oh, das hatte ich leider übersehen, liebe Dagny. Ich habe den Artikel um einen Hinweis auf diesen Artikel ergänzt.
Übrigens scheinen die Verhandlungen über den Kredit weiter im Gang zu sein. Die letzte Sitzung, auf der über die Höhe des Kredits verhandelt werden sollte, fand laut der verlinkten Meldung am vergangenen Freitag statt.
Daß das Thema nicht mehr Aufsehen erregte, ist bezeichnend. Rußland ist dabei, in seine alte Rolle als der militärische Gegenspieler des Westens zurückzukehren - aber den Westen scheint das nicht weiter zu interessieren.
"Daß das Thema nicht mehr Aufsehen erregte, ist bezeichnend. Rußland ist dabei, in seine alte Rolle als der militärische Gegenspieler des Westens zurückzukehren - aber den Westen scheint das nicht weiter zu interessieren."
Vielleicht. Kann aber auch daran liegen dass man die vor sich hin rostende, weitgehend nicht einsatzbereite russische Marine und Luftwaffe als potentiellen Gegner nicht allzu ernst nimmt. Ein Beispiel: Russland fliegt wieder "Aufklaerungsfluege" nahe am und auch mal "versehentlich" im NATO-Luftraum. Allerdings mit den gleichen alten Tuploev Bear - Turboprop-Bombern, die bereits Anfng der 80er Jahre voellig veraltet waren. Survivability im Ernstfall gleich Null. Aehnlich sieht es bei der Marine aus - der einstige Stolz der sowjetischen Marine, die Flugzeugtraeger der Kiev-Klasse, die nuklearen battle cruisers der Kirov-Klasse, die U-Boote der Typhoon, Alpha und Akula-Klasse: veraltet, verrostet und weitgehend nicht einsatzbereit. Da hilft auch eine Basis in Island nichts wenn die hardware fehlt.
Zitat von john jKann aber auch daran liegen dass man die vor sich hin rostende, weitgehend nicht einsatzbereite russische Marine und Luftwaffe als potentiellen Gegner nicht allzu ernst nimmt. Ein Beispiel: Russland fliegt wieder "Aufklaerungsfluege" nahe am und auch mal "versehentlich" im NATO-Luftraum. Allerdings mit den gleichen alten Tuploev Bear - Turboprop-Bombern, die bereits Anfng der 80er Jahre voellig veraltet waren. Survivability im Ernstfall gleich Null. Aehnlich sieht es bei der Marine aus - der einstige Stolz der sowjetischen Marine, die Flugzeugtraeger der Kiev-Klasse, die nuklearen battle cruisers der Kirov-Klasse, die U-Boote der Typhoon, Alpha und Akula-Klasse: veraltet, verrostet und weitgehend nicht einsatzbereit. Da hilft auch eine Basis in Island nichts wenn die hardware fehlt.
Das stimmt, lieber John - for the time being. Nur betreibt Putin ja, finanziert aus den Erdöl- und Gaseinkünften, eine gigantische Aufrüstung. Lesen Sie einmal, was er im Februar dazu laut der London Times gesagt hat. Hier kann man Einzelheiten über Putins Aufrüstungsprogramm lesen, das bis 2015 einen Umfang von 200 Milliarden Dollar haben soll.
Damit wird Rußland noch lange nicht mit den USA gleichziehen, das stimmt. Aber aus meiner Sicht ist entscheidend die Frage, welche politische Strategie denn hinter dieser gewaltigen Aufrüstung steckt.
Ich sehe im Augenblick keine andere Antwort als die, daß Putin sich nicht mit der Rolle eines großen europäischen Lands, gleichberechtigt mit anderen wie Deutschland, GB und Frankreich, zufriedengeben will. Er will, so scheint es, Rußland wieder zur Großmacht machen. Mit Wiedergewinnung der Kolonien und Vasallenstaaten, mit geopolitischen Interessen weltweit.
Zitat von john jRussland fliegt wieder "Aufklaerungsfluege" nahe am und auch mal "versehentlich" im NATO-Luftraum. Allerdings mit den gleichen alten Tuploev Bear - Turboprop-Bombern, die bereits Anfng der 80er Jahre voellig veraltet waren.
Mal abgesehen, dass die Tu-95/142 etwa mit einer B-52 vergleichbar ist, ist ein Blick auf die sowjetische "Marinebomber"-Doktrin hilfreich: http://www.ausairpower.net/TE-Sov-ASuW.html
200 Milliarden Dollar - das hoert sich natuerlich nach einer Menge an, aber wenn man bedenkt dass Russland damit rund 25 Jahre militaerische und technische Stagnation - von 1990 bis 2015 - aufholen muss, dann relativiert sich das auch wieder. Zumal die alte SU ja bereits in den 80er Jahren dem Westen technologisch weit unterlegen war.
Und eine politische Strategie ist eine Sache, aber ob Russland auch die Mittel (finanziell, oekonomisch, militaerisch) hat um diese Strategie umzusetzen? Und ob Russland diese Mittel in den naechsten Jahren bereitstellen kann ist m.E. mehr als fraglich. Die russische Oel- und Gasindustrie hat noch rund 5 bis maximal 7 "gute" Jahre vor sich - bevor umfangreiche Investitionen notwending sind um die Foerdermengen nicht rasant abstuerzen zu lassen. Russland is living on borrowed time.
@Pentas: Ich will mich nicht ueber specifications einzelner Modelle streiten - es reicht dass die US Navy im Verbund mit ihren Allierten jeden Ozean in kuerzester Zeit "feindfrei" machen kann - daran aendern auch bspw eine Handvoll Backfires nichts, zumal deren Wartungszustand und damit die Einsatzbereitschaft sehr fraglich sein duerfte.
Ja, die Navy ist mächtig, das heißt aber auch dass es viele potentielle Ziele gibt. Wie die Erfahrungen im Golf Ende der 80er gezeigt haben, kann auch ein unterlegender Gegner erhebliche Schäden verursachen. Die Argentinier haben 1982 mit 6 gestarteten Seezielflugkörpern 3 britische Schiffe getroffen, 2 davon waren Totalverluste.
"Ja, die Navy ist mächtig, das heißt aber auch dass es viele potentielle Ziele gibt. Wie die Erfahrungen im Golf Ende der 80er gezeigt haben, kann auch ein unterlegender Gegner erhebliche Schäden verursachen."
Naja, Schaeden ja, aber erheblich? Und ein Golf ist kein Ozean.
"Die Argentinier haben 1982 mit 6 gestarteten Seezielflugkörpern 3 britische Schiffe getroffen, 2 davon waren Totalverluste."
Und den Krieg um die Falklands trotzdem verloren...
Wie gesagt, ob Russland die Mittel hat eine eventuelle Strategie, die hinter dem angeblichen Interesse an Island steht, auch durchzufuehren halte ich nicht fuer wahrscheinlich.
Zitat von john jNaja, Schaeden ja, aber erheblich? Und ein Golf ist kein Ozean.
Immerhin der schwerste Schaden den die Navy in den letzten 50+ Jahren einstecken musste. (Von Unfällen einmal abgesehen.) Ozeane wären auch das Jagdgebiet russischer SS(G)Ns.
Zitat von john jUnd den Krieg um die Falklands trotzdem verloren...
Wenige Flugkörper können schon viel anrichten. Und die Russen haben ausreichend davon.
Lieber Thomas, da bin ich überfragt. Die englische Wiki gibt aber eine Antwort:
In Antwort auf:Regardless of the above entry, the IUSS is alive and well. Commander Undersea Surveillance (CUS) onboard the NAS Oceana Dam Neck Annex operates under the operational guidance of COMPACTFLT and the Center for Naval Meteorology (CNMOC). Naval Ocean Processing Facilities in Oak Harbor, Washington, and Virginia Beach, Virginia, still monitor SOSUS and FDS, and they provide SURTASS connectivity around the world
Ich bin wirklich kein Experte auf diesem Gebiet aber ich denke schon dass auch die ASW-capabilities der US Navy zu den besten der Welt zaehlen. Ausserdem stellt sich wie gesagt immer noch die Frage wieviele russische U-boote noch voll einsatzfaehig sind. Mangelnde Wartung etc ist nach meinem zugegeben begrenzten Wissensstand vor allem fuer Nuklear-U-boote ein limiting factor was die Einsatzbereitschaft betrifft.
Vllt koennen wir uns ja generell darauf einigen dass die Marine der SU in den 70ern und 80ern einen wesentlich staerkeren Gegner darstellte (was Anzahl an Einheiten, Ausbildung und Moral der Crews, Zustand etc betrifft) als die russische Marine von 2008?
Zitat von john jVllt koennen wir uns ja generell darauf einigen dass die Marine der SU in den 70ern und 80ern einen wesentlich staerkeren Gegner darstellte... als die russische Marine von 2008?
Auf jeden Fall.
Es kann also tatsächlich sein, daß die NATO das Vorrückversuche der Russen in Richtung Island einfach mit einem Schulterzucken abgetan hat, weil sie darin keine Bedrohung sieht. Und das könnte eine realistische Beurteilung sein.
Trotzdem bin ich politisch nicht sehr glücklich damit, so etwas zuzulassen.
Noch sind die Russen bzw die russischen Streitkraefte ja nicht in Island. Und ich kann mir auch nicht vorstellen dass das wirklich passiert - dass eine auslaendische, bestenfalls misstrauisch neutrale Macht eine Basis in einem NATO-Land unterhalten darf/kann/soll.
Zitat von john jNoch sind die Russen bzw die russischen Streitkraefte ja nicht in Island. Und ich kann mir auch nicht vorstellen dass das wirklich passiert - dass eine auslaendische, bestenfalls misstrauisch neutrale Macht eine Basis in einem NATO-Land unterhalten darf/kann/soll.
Offenbar haben die isländischen Behörden die betreffenden Gerüchte, die wohl auf den "Spectator" zurückgehen, von sich gewiesen.
Aber wie in meinem Artikel beschrieben - interessanter ist, daß die Russen überhaupt Interesse haben. In diesem Zusammenhang ist interessant, was der Economist über die militärische Lage in dieser Region schreibt. Der Original-Artikel ist etwas mühsam nur als PDF zu bekommen, ich zitiere deshalb diesen Abdruck in einer US-Zeitung:
Zitat von The Economist What Russia might want in exchange is unclear. But it is unlikely to be nothing.
That highlights worries elsewhere, particularly in Norway, where fighter jets scramble on average once a week to intercept Russian warplanes buzzing close to their country. The Kremlin's aircraft and ships do not quite break international law. But they commit what a senior official terms "breaches of etiquette."
These have included naval maneuvers in the midst of Norway's oil and gas platforms in the North Sea (...)
Russian planes and ships may be old, but training and upkeep have improved and some of the weapons they carry are increasingly modern, such as a new long-range cruise missile. (...)
Norway is the only old European NATO member bordering Russia. Its military planners are disappointed by their allies' tepid response to Russian provocation -- for instance when a rogue Russian trawler briefly kidnapped Norwegian fishing inspectors in 2005.
At stake are not just fish, hydrocarbons and minerals: Melting ice means that the Arctic, once largely a dead end, may become a strategic route to East Asia.
How to deal with Russia after its war with Georgia in August has become a key issue for NATO, whose defense ministers met in Budapest on Oct. 9. America wants the alliance to drop its taboo on making contingency plans to defend members that feel threatened by Russia, such as Estonia.
Hier wird, lieber John, der Zusammenhang mit Georgien und Estland deutlich, den ich in dem Artikel auch angesprochen hatte.
Gut möglich, daß es mit Keflavik nichts wird für die Russen. Aber ihre Strategie ist darauf gerichtet, im Raum Estland - Finnland - Norwegen - Island wieder eine militärisch dominierende Rolle zu spielen. Mit der eisfreier werdenden Arktis als dem großen Preis.
Zitat von The EconomistAmerica wants the alliance to drop its taboo on making contingency plans to defend members that feel threatened by Russia, such as Estonia.
Öhm, missverstehe ich das falsch? Steht da wirklich, es sei "taboo", Pläne für den Fall einer russischen Bedrohung auszuarbeiten?
Was bitteschön machen die Leute bei der NATO, wenn nicht das? Heiteres Beamtenmikado?
Zitat von The EconomistAmerica wants the alliance to drop its taboo on making contingency plans to defend members that feel threatened by Russia, such as Estonia.
Öhm, missverstehe ich das falsch? Steht da wirklich, es sei "taboo", Pläne für den Fall einer russischen Bedrohung auszuarbeiten? Was bitteschön machen die Leute bei der NATO, wenn nicht das? Heiteres Beamtenmikado?
Soweit ich das überblicke, lieber Gorgasal, hat sich die Nato überhaupt noch nicht auf das eingestellt, was in den vergangenen Jahren in Rußland passiert ist. Rußland hat ja auch nach wie vor eine Permanente Mission bei der Nato.
Madeleine Albright, die in den entscheidenden Jahren (1996 bis 2001) ja für die US-Politik gegenüber Rußland zuständig war, hat das kürzlich in jener Diskussion gesagt, in der sich sie, Kissinger, Baker und Powell über die Guten Alten Zeiten unterhielten: Man sei davon ausgegangen, die Nato in eine Art kollektives Sicherheitssystem umzuwandeln, mit Rußland als Partner, vielleicht zukünftigem Mitglied.
Damit sollte - was ja auch gelungen ist, vor allem durch das Eingreifen in Ex-Jugoslawien - verhindert werden, daß nach dem Zerfall der UdSSR Ost- und Südosteuropa in Wirren und Kriegen versinken.
Daß das demokratisch gewordene Rußland das als Bedrohung empfinden oder seinerseits Nato-Staaten bedrohen würde, erschien offenbar Albright damals abwegig.
Auch ich habe bis vor wenigen Jahren gedacht, daß Rußland trotz aller Schwierigkeiten auf dem Weg zu einem friedlichen, demokratischen Staat wäre. Erst als Putin begann, überall, wo er es konnte, Konflikte zu schüren, als die russische Aufrüstung bekannt wurde, als er dann rüde auf der Sicherheitskonferenz in München auftrat, ist mir klargeworden, daß Rußland im Begriff war, einen völlig anderen Weg zu gehen: Den zurück zur Weltmacht.
Die Nato ist als Bündnis langsam in ihren Entscheidungen. In vielen ihrer Länder regieren Sozialisten, die das entweder nicht wahrhaben wollen oder es ganz gern sehen, weil - das war ja die Strategie Schröders und Fischers - nur ein von Europa abgekoppeltes und mit Rußland verbündetes Europa reif für den Sozialismus ist.
Auch Georgien hat offenbar noch nicht gereicht, um zu einem Umdenken zu führen. Wahrscheinlich wird es dazu erst kommen, wenn Putin sich die Ukraine und/oder Estland einzuverleiben versucht.
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