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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 1 Antworten
und wurde 431 mal aufgerufen
 Pro und Contra
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.08.2006 19:14
Ein spannendes Interview über Musik Antworten

Als Antwort auf diesen Beitrag von Reader:

Zitat von Reader
Ich habe vor kurzem ein sehr interessantes Interview gehört mit Professor Daniel Levitin, zur Zeit an der kanadischen McGill University, über sein in diesem Monat erschienenes Buch "This Is Your Brain on Music" (mehr Informationen auf seiner Homepage hier und bei amazon.de). Zufällig erwähnte ich dieses Buch einem Bekannten gegenüber und dieser erzählte mir, dass Professor Levitin der Sohn einer gebürtigen Berlinerin ist, die als Kind Ende der Dreißiger Jahre mit ihren Eltern in die USA emigrierte. Wie so viele damals, nicht freiwillig. Hier nun der Link zum Interview:
Radio-Interview



Dear Reader,

danke für diesen Hinweis! Mal wieder - wie so oft bei deinen Hinweisen - ein Volltreffer, für mich jedenfalls.

Ein spannendes Gespräch mit einem klugen Mann (und, übrigens, auch einer klugen Interviewerin). Ein paar kleine Anmerkungen:

  • Levitin hat immer wieder darauf hingewiesen, daß uns das interessiert, was von unseren Erwartungen abweicht - aber auch wieder nicht zu sehr. Das macht es spannend, eine bestimmte Interpretation eines schon bekannten Stücks zu hören, während eine computergenerierte Version langweilig klingt. Kommentar: Das ist ja nicht nur bei der Musik so, sondern ist so etwas wie ein Grundgesetz der Ästhetik. Und es erklärt, denke ich, warum Kunstwerke formalen Regeln gehorchen müssen: Nur aufgrund dieser Regeln können sich ja Erwartungen bilden, von denen dann - mäßig - abgewichen werden kann, um ästhetisches Vergnügen zu erzeugen. Das Sonnett, das Versmaß im klassischen Theater, die Tonalität. Bei der gegenständlichen Malerei das Motiv. - Jackson Pollock wird kein Klassiker werden; solcher extreme Formverlust ist immer nur vorübergehend.

  • Stärkere Abweichungen von Erwartungen als die, die ästhetische Freude bereiten, erzeugen oft auch Vergnügen - aber von einer anderen Art, nämlich die Lust am Witz, bis hin zur Lust am Kalauer, wenn es allzu blöd wird mit dem Abweichen.

  • Andere interessante Überlegungen von Levitin galten der Evolution der Musikalität; das ist ja sehr aktuell, nach den evolutionären Wurzeln zu fragen. Musik und Tanz haben sich paralell, nein zusammen entwickelt - und der Rhythmus ist primär, nicht die Tonalität. Ich denke, das ist sehr plausibel.

  • Warum hat der Homo Sapiens überhaupt seine Musikalität entwickelt? Da wäre meine Spekulation: Erstens als Mittel zur Brautwerbung. "Ich bin ja nur ein Troubadur ...". Zweitens als Mittel zum Stiften von Gemeinsamkeit - Musik ist ja etwas sehr ursprünglich Soziales. "Wo man singt, da laß dich ruhig nieder ...". Und drittens einfach zum Lustgewinn - Musik Hören und Tanzen wirkt stimulierend, weil der Hörnerv Kollateralen zur aktivierenden Formatio Reticularis schickt, und weil das Sichbewegen natürlich auch aktiviert. Also werden da Botenstoffe gebildet, deren Ausschüttung wir als lustvoll empfinden. "Wir machen Musik, da geht euch der Hut hoch. Wir machen Musik, da bleibt euch die Luft weg ...".



    Und noch etwas @ Sparrawohawk: Lieber Sparrow, hör dir mal an, wie gut das verlinkte Programm klingt - und mit einer Bitrate, die auch ein armer Nicht-DSLer wie ich genießen kann.

    Zum Inhaltlichen würde mich dein Kommentar natürlich auch interessieren; als sowohl des Englischen als auch der Musik Kundiger.



    Und, dear Reader, noch etwas zum Kontext deines Beitrags: Ja, es ist ja überhaupt nicht zu erfassen, was Europa und speziell Deutschland durch die jüdische Emigration - und die Ermordung der Juden - verlorengegangen ist.

    Vieles an der heutigen deutschen Provinzialität, an dem fehlenden Glanz in den Wissenschaften und Künsten hat ja viel damit zu tun, daß uns die Juden fehlen. So, wie umgekehrt ja Wissenschaften und Künste in den USA ungeheuer von der jüdischen Einwanderung profitiert haben.

    Herzlich, Zettel

  • Reader Offline



    Beiträge: 803

    30.08.2006 23:41
    #2 RE: Ein spannendes Interview über Musik Antworten

    Zitat von Zettel
    Ein spannendes Gespräch mit einem klugen Mann (und, übrigens, auch einer klugen Interviewerin).

    Ich fand das Gespräch auch faszinierend und seine Kommentare zu so außergewöhnlichen Musikern wie Frank Sinatra, Stevie Wonder und Joni Mitchel, nicht zuletzt Beethovens "Mondscheinsonate", sehr interessant. Aufhorchen ließ mich die Feststellung von Professor Levitin, dass uns die Musikindustrie gewisse Musikarten vorenthält. So hat mir das Lied "Want" von Michael Brook gefallen (gesungen von Lisa Germano kann man es anscheinend hier herunterladen) und nun frag ich mich, warum wir solche Musik nicht hören sollten. Sparrowhawk, kennst du diese Musik/er? (Lisa kommt im November auch nach Deutschland, auf dem Link gibt es auch andere interessante Hinweise sowie weiterführende Links, z. B. zu Brooks Homepage).

    Zitat von Zettel

    Und, dear Reader, noch etwas zum Kontext deines Beitrags: Ja, es ist ja überhaupt nicht zu erfassen, was Europa und speziell Deutschland durch die jüdische Emigration - und die Ermordung der Juden - verlorengegangen ist.
    Vieles an der heutigen deutschen Provinzialität, an dem fehlenden Glanz in den Wissenschaften und Künsten hat ja viel damit zu tun, daß uns die Juden fehlen. So, wie umgekehrt ja Wissenschaften und Künste in den USA ungeheuer von der jüdischen Einwanderung profitiert haben.
    Herzlich, Zettel


    Da bin ich ganz deiner Meinung.

    Allgemein finde ich die Kreativität in den USA sehr hoch. Unter anderem auch ein Produkt einer freieren Vorgangsweise bei der Ausbildung an den Colleges, meiner Meinung nach. Es gibt angehende Studenten, die wissen oder glauben zu wissen, welchen Beruf sie später ausüben wollen, andere wiederum sind noch unsicher darüber, welches Studium sie ergreifen sollten. Das Geniale am College-System ist, dass ein jeder Student die Möglichkeit hat, sich während der ersten Semester umzusehen, in viele Kurse hineinschnuppern und so seine wahren Begabungen entdecken kann.

    Zu Professor Levitin wollte ich noch fragen, ob man in Deutschland auch immer wieder auf Menschen mit so außergewöhnlichen Lebensläufen trifft. Ich kenne nur einige deutsche Juristen, die nicht bei der Juristerei geblieben sind, sondern in die ungewöhnlichsten Sparten gewechselt und Karriere gemacht haben.



     Sprung  



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