Der Text stammt von der deutschen Terroristin Inge Viett, die im August 1992 vom Oberlandesgericht Koblenz zu 13 Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde. Sie hatte 1981 in Paris auf einen Polizisten geschossen, der seither querschnittgelähmt ist.
Erschienen ist der Text vor gut einer Woche, am 11. November, im Wirtschaftsteil der "Frankfurter Rundschau" im Rahmen einer Artikelserie "Prominente aus Politik, Wirtschaft und Kultur kommentieren in der Frankfurter Rundschau die Finanzkrise".
Interessant wäre es, von der Redaktion der FR zu erfahren, ob man als Terroristin zur Gruppe der Prominenten aus der Politik, aus der Wirtschaft oder doch mehr aus der Kultur gerechnet wird.
Ich empfehle sehr, den Artikel zu lesen. Nicht weil die Redaktion der FR ohne jede redaktionelle Distanzierung einen verfassungsfeindlichen Text veröffentlicht hat. Sondern weil Inge Viett ein Beispiel dafür ist, wie wenig die RAF-Terroristen "Anarchistische Gewalttäter" gewesen sind, wie man sie damals meist nannte.
Sie waren - und manche von ihnen, wie Inge Viett und Christian Klar sind weiter - ganz normale Kommunisten. Sie waren Marxisten-Leninisten, die ihren Lenin gelesen und verstanden hatten, die also wußten, daß es am Ende um die Machtfrage gehen würde.
Aus der Sicht anderer Kommunisten haben sie mit dem Aufbau einer Roten Armee begonnen, als die Zeit dafür noch nicht reif war. Daß sie unmoralisch gehandelt hätten, daß ihre Strategie der Lehre von Marx und Lenin widersprochen hätte - das habe ich noch nie als Kritik von kommunistischer Seite gelesen.
Als Christian Klar - was die Mordtaten angeht, mit neun Morden immerhin noch ein anderes Kaliber als Inge Viett - Anfang 2007 eine Grußbotschaft an die "Rosa-Luxemburg-Konferenz" richtete, da war er damit nicht nur willkommen gewesen. Sondern wie sich danach herausstellte, war er von Seiten der Veranstalter dazu eingeladen worden. Namentlich von Heinrich ("Heiner") Fink, zeitweiliger Rektor der Humboldt-Universität.
Eine Deutung, dass manche linksradikale Kreise den Terror der RAF nicht explizit verurteilen und sogar, wenn auch nicht ausgesprochen, begrüßen und höchstens aus formalen Gründen ablehnen könnte sein, dass sie sich von Feinden umgeben fühlen. Und so wie die georgische Opposition den Mund gehalten hat gegenüber dem Regime Sarkaschwili, um nicht Russland in die Hände zu spielen, so meinen diese Leute vielleicht gegenüber der RAF den Mund halten zu müssen, um nicht den bösen Kapitalisten in die Hände zu spielen? Zumindest kommt es mir, wenn ich drüber nachdenke, normal vor dass wir Menschen gerne mal die eine oder andere Untat gönnerhaft übersehen, wenn wir der Meinung sind dass sie im Dienste einer guten Sache ausgeführt wurde.
Zitat von OmniZumindest kommt es mir, wenn ich drüber nachdenke, normal vor dass wir Menschen gerne mal die eine oder andere Untat gönnerhaft übersehen, wenn wir der Meinung sind dass sie im Dienste einer guten Sache ausgeführt wurde.
Wir werden das noch oefters erleben, wenn sich die 'Gruene-Armee-Fraktion' staerker formiert.
'Tierbefreiungen', 'Feldbefreiungen', 'CO2-Befreiungen' (gerade von mir neu erfunden, aber das 'Abfackeln von SUVs scheint in Berlin schon mal vozukommen) sind massive Eigentumsverletzungen 'im Dienste der Guten Sache'.
Der Rechtsstaat haette (ich rede da leicht) mit den RAFlern bereits bei den Kaufhausbraenden viel haerter sein muessen und ich fuerchte er wird seine Lektion gegenueber Oekoterroristen nicht gelernt haben.
Zitat von DagnyWir werden das noch oefters erleben, wenn sich die 'Gruene-Armee-Fraktion' staerker formiert.
'Tierbefreiungen', 'Feldbefreiungen', 'CO2-Befreiungen' (gerade von mir neu erfunden, aber das 'Abfackeln von SUVs scheint in Berlin schon mal vozukommen) sind massive Eigentumsverletzungen 'im Dienste der Guten Sache'.
CO2-Befreiung als Begründung ist gar nicht mal so weit daneben. In England durfte man das schon erleben, als Greenpeaceaktivisten von einem Gericht freigesprochen wurden, nachdem sie in einem Kohlekraftwerk Sachbeschädigung begangen hatten. Begründung: Der Klimwandel würde größeren Schaden anrichten, deswegen wäre das gerechtfertigt. http://www.independent.co.uk/environment...law-925561.html
Über die Verfassungsfeindlichkeit des Textes lässt es sich sicherlich trefflich streiten. Viett spricht von der "Vergesellschaftung von Produktionsmitteln" und diese steht nicht im Widerspruch zum GG.
Zitat von GGArtikel 15 Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Absatz 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
Der Artikel 14 spricht von Enteignung zum Wohle der Allgemeinheit, allerdings nicht als soziale Revolution, sondern gegen Entschädigung.
Da Frau Viett nicht weiter ausführt, wie sie sich die "soziale Revolution" vorstellt, ist die Interpretation ihrer Zeilen unserer Phantasie überlassen, allerdings gibt sie Hilfestellung:
Zitat von indymedia zitiert den TagesspiegelDass Ex-Terroristin Inge Viett mit der Polizei aneinandergeriet, ist ein weiterer Hinweis auf ihre ungebrochen linksextremistische Einstellung. Im Februar 2007 hatte sie in in der Zeitung „Junge Welt“ geschrieben, dem „Guerillakampf“ in der Bundesrepublik und „in allen imperialistischen Staaten“ wäre „verdammt mehr Erfahrung, Klugheit, Ausdauer und Unterstützung zu wünschen gewesen“. Am 1. Mai vergangenen Jahres marschierte sie bei der „Revolutionären Demonstration“ vorne mit im Schwarzen Block. Viett gilt im linksextremen Spektrum als eine Art Ikone, auch wenn die Rote Armee Fraktion schon lange nicht mehr zum Vorbild taugt und in der Szene terroristische Anschläge auf Menschen abgelehnt werden
Wir können also davon ausgehen, dass "soziale Revolution" im Sinne Vietts nicht verfassungskonform ist, allerdings sollte uns das auch nicht überraschen.
Zitat von ViettEs gibt nur eine Lösung: die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die gesellschaftliche Planung von Produktion und Verteilung. Also die Enteignung der Großeigentümer. Also die soziale Revolution. Das Problem: Die Bevölkerung sieht das noch nicht, und die Linke traut sich nicht einmal, es zu sagen und noch viel weniger es praktisch zu organisieren.
Das ist psychologisch interessant. Frau Viett hat den Glauben an die mystische Offenbarung("sieht das noch nicht") des Sozialismus für die tumbe Restbevölkerung immer noch nicht verloren, wo es doch nur eine Lösung gibt. Hinzu kommt die völlige Amnesie, was ihren Fluchtpunkt DDR angeht: Dort hat die Linke alle Möglichkeiten des Sagens und der Organisation wahrgenommen , bis ihr das Volk davongelaufen ist. Die DDR hatte keine Krise, sie war trotz oder wegen der Vergesellschaftung bankrott. Desweiteren scheint es Frau Viett entgangen zu sein, dass ausgerechnet die KfW erhebliche Verluste erlitten hat.
Zitat von ViettDie objektiv potenziellen Gegner des Kapitalismus: die Lohnabhängigen, die Gewerkschaften, das gesamte linke Spektrum, sind auf die kapitalistische Krise nicht vorbereitet. Leider.
Das ist allerdings unglaublich, wo doch die marxistische Lieratur seit über hundert Jahren von dieser Krise spricht, anscheinend hat es mal wieder niemand gelesen oder war krank.
Trotz allem, weil die Zockerei von Merckle bisher noch keinen Eingang in ZR gefunden hat, was Erbauendes von Herrn Engels:
Zitat von ViettWenn die Krisen die Unfähigkeit der Bourgeoisie zur fernern Verwaltung der modernen Produktivkräfte aufdeckten, so zeigt die Verwandlung der großen Produktions- und Verkehrsanstalten in Aktiengesellschaften, Trusts und Staatseigentum die Entbehrlichkeit der Bourgeoisie für jenen Zweck. Alle gesellschaftlichen Funktionen des Kapitalisten werden jetzt von besoldeten Angestellten versehen. Der Kapitalist hat keine gesellschaftliche Tätigkeit mehr, außer Revenueneinstreichen, Kuponsabschneiden und Spielen an der Börse, wo die verschiednen Kapitalisten untereinander sich ihr Kapital abnehmen. Hat die kapitalistische Produktionsweise zuerst Arbeiter verdrängt, so verdrängt sie jetzt die Kapitalisten und verweist sie, ganz wie die Arbeiter, in die überflüssige Bevölkerung, wenn auch zunächst noch nicht in die industrielle Reservearmee.
Das erste wäre prinzipiell verfassungskonform zu haben, das zweite (welches sich ja auf alle bezieht) nicht. Selbst die Schumacher-SPD wollte nicht alle Produktionsmittel vergesellschaften.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
Wie es nicht anders zu erwarten war, will Frau Viett natürlich alle Produktionsmittel vergesellschaften "(die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die gesellschaftliche Planung von Produktion und Verteilung").
ging mir nicht besser! Zur Steuerprogression und Staatsausgaben hier ein paar Gedanken von W.M.Briggs:
In Antwort auf:About the only thing this confiscatory tax policy will do is to take enough money from the just-rich, to make them no longer rich. Thus, more control will flow into the hands of fewer and fewer people. This is inevitable. And it’s happening at an exponential pace. The noble idea of having those with more pay for those with less guarantees that those with more will have even more, and those with less will have even less, plus they will suffer a corresponding loss of influence and control over government.
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