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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 38 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Seiten 1 | 2
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.01.2009 02:14
Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten
Es gibt Begriffe, die fast nur noch im historischen Kontext verwendet wurden und die dann unversehens wieder aktuell werden. "Geisel" und "Piraten" sind solche Begriffe. Ich schlage vor, auch den Begriff der Beschwichtigungspolitik wiederzubeleben.

Die Vorstellung, die HAMAS, deren einziges Ziel die Vernichtung Israels ist, könne à la Harry Potter abrakadabra in eine friedliche Organisation mit "Regierungsverantwortung" verzaubert werden, ist freilich noch naiver als alles, was sich die Beschwichtigungspolitik des Jahres 1938 gegenüber Hitler an Fehleinschätzungen geleistet hat.

Die Kanzlerin hat - Gorgasal hat darauf hingewiesen - klar Position bezogen. Ihr Außenminister nicht.

Dazu die heutigen Zitate des Tages.
Omni Offline



Beiträge: 255

04.01.2009 04:22
#2 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Was soll denn die Alternative sein als weiter zu hoffen, dass die Hamas irgendwann in einen Friedensprozess einwilligt? Die Hamas hat den Waffenstillstand gebrochen, also gehe ich davon aus dass die Hamas den Ausnahmezustand und das Töten braucht. Ob es da so klug ist, ihr ohne alternative Strategie genau das zu geben, was sie haben will?

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.01.2009 04:51
#3 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Zitat von Omni
Was soll denn die Alternative sein als weiter zu hoffen, dass die Hamas irgendwann in einen Friedensprozess einwilligt?

Was wäre, lieber Omni, die Alternative zu der Hoffnung gewesen, daß Hitler irgendwann auf seine Eroberungsgelüste verzichten würde? Ihm mit Gewalt entgegenzutreten, solange das noch nicht einen zweiten Weltkrieg bedeutet hätte, nicht wahr?

Hitler wäre unter keinen Bedingungen, bei keinen noch so großen Zugeständnissen dazu bereit gewesen, auf seinen Raubzug Richtung Osten zu verzichten, denn das war das Zentrum seines politischen Denkens: Deutschland kann nur groß werden, wenn seine Bevölkerung wächst. Sie kann nur wachsen, wenn sie ernährt werden kann. Sie kann nur ernährt werden, wenn Ackerland im Osten erobert wird. Nachzulesen in "Mein Kampf".

So ist es mit der HAMAS, mit den iranischen Fundamentalisten, die sie finanzieren: Ein reiches, prosperierendes islamisches Reich (das neue Kalifat) ist nur möglich, wenn Israel vernichtet ist. Das ist das zentrale Credo, das dieselbe Funktion hat wie Hitlers Entschlossenheit, den Osten zu kolonisieren.
Zitat von Omni
Die Hamas hat den Waffenstillstand gebrochen, also gehe ich davon aus dass die Hamas den Ausnahmezustand und das Töten braucht. Ob es da so klug ist, ihr ohne alternative Strategie genau das zu geben, was sie haben will?

Das ist eine berechtigte Frage. Natürlich wird sie versuchen, aus dem jetzigen Krieg (das ist es seit heute) psychologisches Kapital zu schlagen, auch wenn sie ihn militärisch verliert.

Israel hofft offensichtlich, daß die Mehrheit der Bevölkerung des Gaza-Streifens wenigstens einen Funken Vernunft hat und sieht, daß sie nur unter einer Fatah-Regierung in Frieden und allmählich auch in Wohlstand leben kann.

Ich bin auch skeptisch, daß das gelingen wird. Aber ich sehe nicht, welche Alternative Israel hat.

Herzlich, Zettel

Omni Offline



Beiträge: 255

04.01.2009 05:14
#4 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten
In Antwort auf:

Ich bin auch skeptisch, daß das gelingen wird. Aber ich sehe nicht, welche Alternative Israel hat.


Ich hab wahrscheinlich keinen ausreichenden Überblick über die dortige Sitatuion, aber ich frag mich doch:
Wieso tut Israel im Westjordanland und Ostjerusalem nicht alles in seiner Macht stehende, um so schnell wie möglich einen Palästinenserstaat unter Fatah-Verwaltung zu ermöglichen (z.Bsp. durch Räumen des Westjordanlandes)? Ob die Hamas ihren Krieg noch weiter der Zivilbevölkerung in Gaza verkaufen könnte, wenn Ostjerusalem und das Westjordanland bereits durch einen friedlichen Prozess Teil eines Palästinenserstaates mit wachsender Wirtschaft wären? Korrigieren Sie mich bitte, wenn ich damit falsch liege, aber soweit ich das bisher mitgekriegt habe macht die israelische Führung durch den Verlauf der Grenzmauer zum Westjordanland, dem bedingungslosen Anspruch auf Ostjerusalem und dem Beharren auf dem Erhalt von Siedlungen es den Palästinensern, die für Verhandlungen eintreten, es nicht grade leicht ihren eigenen Leuten eine friedliche Lösung zu verkaufen, die nicht wie eine Kapitulation vor Israel wirkt (EDIT: Womit ich nicht behaupten will, dass die Probleme bei den Verhandlungen in der Vergangenheit allein durch Israel verschuldet waren)

In Antwort auf:

Israel hofft offensichtlich, daß die Mehrheit der Bevölkerung des Gaza-Streifens wenigstens einen Funken Vernunft hat und sieht, daß sie nur unter einer Fatah-Regierung in Frieden und allmählich auch in Wohlstand leben kann.


Die Deutschen damals haben es auch nicht auf die Reihe gekriegt, ihr Regime zu stürzen - trotz Bombenteppichen auf Städte, gegen die die israelischen Angriffe auf Gaza lächerlich wirken.
Rainer Offline



Beiträge: 69

04.01.2009 07:07
#5 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Lieber Zettel,
ich kann Ihnen - wie fast immer - nur beipflichten! Aus welchem Grunde auch immer hat man in Deutschland - wie auch in weiten Teilen Westeuropas - aus dem Krieg die Lehre gezogen, dass man mit viel Geduld und lieben Worten jeden Konflikt lösen kann. Und wenn nicht, dann hat man eben nicht genug Honig um den Bart geschmiert und muss seine Kuschelbemühungen verdoppeln.
Das Problem mit der Hamas ist nun einmal, dass man mit solchen Leuten nicht in dem Sinne verhandeln kann, wie es unter zivilisierten Menschen Usus ist. Diese Leute sind Barbaren, die für die Erreichung ihrer Ziele buchstäblich über Leichen gehen. Leider begreift man dies in Europa nicht. In diesem Zusammenhang sei 9-11 genannt: Nach den Anschlägen vertraten viele "Experten" und Prominente die Ansicht, es hätte sich um eine Art "Verteidigungsschlag" gehandelt, weil wir bösen Kapitalisten die armen Terroristen beleidigt und unterdrückt hätten. Nicht anders im Israel-Konflikt: Welche andere Möglichkeit hätten die armen Terroristen, äh, "Freiheitskämpfer" denn, als Israelis umzubringen?
Nicht, dass ich Militärschläge gut heiße, aber welche Alternative haben die Israelis denn? Sollen sie sich bereitwillig abschlachten lassen? Der Hamas einen Blankoscheck über die territoriale Aufteilung ausstellen?
Aber bestimmt haben Terrorversteher auch dafür eine Lösung, die sich wunderbar über tausend Kilometer entfernt gemütlich am Computer beschreiben lässt ...

http://rainer.over-blog.de/

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

04.01.2009 10:58
#6 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Zitat von Omni
Wieso tut Israel im Westjordanland und Ostjerusalem nicht alles in seiner Macht stehende, um so schnell wie möglich einen Palästinenserstaat unter Fatah-Verwaltung zu ermöglichen (z.Bsp. durch Räumen des Westjordanlandes)?

Israel hat 2005 den Gazastreifen komplett geräumt. Seitdem ist dort nur noch ein einziger israelischer Soldat - Gilad Shalit, der vor Jahren von Palästinensern entführt wurde und von dem man seitdem nichts mehr gehört hat. Diese Räumung erfolgte nach Jahren, in denen exakt Ihre Argumentation trommelfeuerartig wiederholt wurde: "Gebt den Palästinensern ihr Land, dann werden sie ihre Wirtschaft aufbauen und mit Israel in Frieden leben!" Ein Aufblühen des Tourismus wurde prophezeit. Und Gelder (z.B. von der EU) als Wirtschaftshilfe fließen seit Jahrzehnten, pro Kopf mehr als während des Marshallplans.

Was ist passiert? Die Palästinenser haben als erstes die Synagogen und jüdischen Friedhöfe im Gazastreifen geschändet, dann die Infrastruktur zerstört, die die Israelis hinterlassen hatten (z.B. Gewächshäuser). Dann flogen die Qassams, die schon die Fatah nicht unterbunden hat. Dann wurde die Hamas gewählt. Der Rückzug aus Gaza wurde von der Hamas ausschließlich als Zeichen der Schwäche Israels gewertet.

Ich sehe wirklich nicht, warum das bei einem Rückzug Israels aus dem Rest-Westjordanland (zur Erinnerung: die Fatah kontrolliert jetzt schon den allergrößten Teil des Westjordanlandes) anders sein sollte. Wenn Sie dieser Meinung sind, dann ist das Ihr gutes Recht - aber meine Ansicht ist, dass man noch nie so gut aus der Geschichte lernen konnte wie hier.

Und: Arafat hätte schon in Oslo fast alles bekommen können, was er verlangte. Statt dessen brach er die zweite Intifada vom Zaun.

Nein, ich weiß auch nicht, wie dieser Konflikt zu lösen ist. Es wäre alles ganz einfach, wenn die Palästinenser die Hamas zum Teufel jagen und ihr Land aufbauen würden. Ich bin fest davon überzeugt, dass Israel dann nachziehen würde. Aber nachdem Israel jetzt schon dermaßen häufig den ersten Schritt gemacht hat und trotzdem noch immer die Qassams fliegen, bin ich skeptisch, dass die Palästinenser das tun.

--
The act of defending any of the cardinal virtues has to-day all the exhilaration of a vice. - Gilbert Keith Chesterton, "A Defence of Humility" (in The Defendant)

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

04.01.2009 11:01
#7 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Zitat von Zettel
Die Kanzlerin hat - Gorgasal hat darauf hingewiesen - klar Position bezogen. Ihr Außenminister nicht.

Nachdem mittlerweile auch in der wissenschaftlichen Welt wieder einmal Rufe nach einem Boycott israelischer Wissenschaftler laut werden, hat auch Frau Schavan sich geäußert:
Zitat von Ynetnews
German Education Minister Annette Schavan voiced her adamant objection to recent elements in the European academia calling to ban Israeli researchers for political reasons.

http://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-3623714,00.html

Eine deutsche Quelle habe ich allerdings leider nicht gefunden.

--
The act of defending any of the cardinal virtues has to-day all the exhilaration of a vice. - Gilbert Keith Chesterton, "A Defence of Humility" (in The Defendant)

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

04.01.2009 11:09
#8 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Zitat von Zettel
Israel hofft offensichtlich, daß die Mehrheit der Bevölkerung des Gaza-Streifens wenigstens einen Funken Vernunft hat und sieht, daß sie nur unter einer Fatah-Regierung in Frieden und allmählich auch in Wohlstand leben kann.

Mich würde interessieren, warum genau seinerzeit die Hamas anstelle der Fatah gewählt wurde. Ist es wirklich so, dass die Palästinenser mehrheitlich die Charta der Hamas unterschreiben? Oder waren das sozusagen Protestwähler - die Korruption in der Fatah ist ja legendär? Kennt da jemand Umfragen?

Natürlich ist die Fatah das kleinere Übel als die Hamas. Aber ich möchte trotzdem darauf hinweisen, dass die Fatah auch kein CDU-Ortsverein ist:
http://www.youtube.com/watch?v=pNCV33i9Caw

--
The act of defending any of the cardinal virtues has to-day all the exhilaration of a vice. - Gilbert Keith Chesterton, "A Defence of Humility" (in The Defendant)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.01.2009 18:54
#9 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Zitat von Omni
Wieso tut Israel im Westjordanland und Ostjerusalem nicht alles in seiner Macht stehende, um so schnell wie möglich einen Palästinenserstaat unter Fatah-Verwaltung zu ermöglichen (z.Bsp. durch Räumen des Westjordanlandes)?

Berechtigte Frage, lieber Omni. Ich denke, es hat zwei miteinander zusammenhängende Gründe: Erstens ist in Israel die innenpolitische Situation ja notorisch schwierig. Für einen so weitgehenden Rückzug bedürfte es eines breiten Konsensus in Israel, und den sehe ich im Augenblick nicht.

Meines Erachtens hat es selten einen politischen Mord mit so weitgehenden Konsequenzen gegeben wie den an Itzak Rabin. Damals war wirklich ein Friede mit der Fatah, vielleicht gar eine Aussöhnung, wie sie Arafat und Rabins Witwe ostentativ gezeigt haben, möglich geworden. Dazu eine massive Aufbauhilfe für den Palästinenserstaat einerseits von Israel, andererseits den USA und der EU - das hätte den Extremisten das Wasser abgraben können. Der Prozeß von Oslo hätte zum Erfolg führen können. (Glaube ich, natürlich kann man es nicht beweisen).

Nur Rabin genoß genug Vertrauen in Israel, um diesen mutigen Weg gehen zu können. Mit ihm war - so sehe ich es in der Rückschau, damals vor dreizehn Jahren war ich noch nicht so pessimsitisch - dieser Weg für lange Zeit verbaut.

Und das ist der zweite Grund: Nicht nur fehlt es in Israel an einem nationalen Konens, jetzt diesen mutigen Weg zu gehen - sondern es spricht ja vieles dafür, daß er zu einem Desaster für Israel führen könnte; die Pessimisten könnten schlicht Recht haben.

Was, wenn es einen souveränen, mit allen militärischen Möglichkeiten versehenen Staat auf der Westbank gibt und in diesem die Hamas die Macht übernimmt?

Die Lage ist eben leider ungleich schlechter als 1995. Vielleicht wird sie sich wieder bessern; wenn, dann haben wir das George W. Bush zu verdanken. Wenn sich der Irak weiter so positiv entwickelt, wie es im Augenblick der Fall zu sein scheint, dann könnte er irgendwann zum Schlüsselstaat für einen Frieden im Nahen Osten werden.

Irgendwann. Und vielleicht ist selbst das noch zu optimistisch.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

04.01.2009 19:08
#10 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Zitat von Gorgasal
Mich würde interessieren, warum genau seinerzeit die Hamas anstelle der Fatah gewählt wurde. Ist es wirklich so, dass die Palästinenser mehrheitlich die Charta der Hamas unterschreiben? Oder waren das sozusagen Protestwähler - die Korruption in der Fatah ist ja legendär? Kennt da jemand Umfragen?

Ich leider nicht, lieber Gorgasal. Und ob man dadurch die wahren Motive von Wählern herausfinden kann, ist ja auch noch eine offene Frage.

Die Fatah ist korrupt, und die Hamas ist es auch oder dürfte auf dem Weg dorthin sein. Wer von Subsidien lebt, wird zwangsläufig korrupt. Er muß ja, um etwas zu erreichen, nicht dafür arbeiten, sondern es nur geschickt deichseln, daß er an Geldzuweisungen kommt. Das verdirbt jeden Staat und jede Organisation.
Zitat von Gorgasal
Natürlich ist die Fatah das kleinere Übel als die Hamas. Aber ich möchte trotzdem darauf hinweisen, dass die Fatah auch kein CDU-Ortsverein ist

Auch Arafat hatte ja einmal "die Juden ins Meer treiben" wollen (er hat es schon als Studentenfunktionär seinem Bettgesellen Peter Rühmkorf drastisch vorgemacht, indem er, während er gegen Israel redete, diesen fast aus dem Bett geworfen hätte).

Nur gibt es meines Erachtens einen wesentlichen Unterschied zur Hamas: Die PLO - das waren säkulare Nationalisten, deren Ziel ein eigener Staat war. Zuerst in ganz Palästina, dann waren sie bereit, sich mit der Westbank und dem Gazastreifen zu begnügen. Das hätte Frieden bedeuten können.

Die Hamas ist aber religiös motiviert. Für sie ist Israel ein Staat von Ungläubigen auf heiligem Boden. Damit werden sie sich niemals abfinden; ein Kompromiß ist ausgeschlossen. Eine Hamas, die Israel anerkannt, würde sich nicht arrangieren, sondern sich ruinieren.

Deshalb sind ja alle diese Vorstellungen, man könne die Hamas via "Regierungsverantwortung" in Friedensfreunde verwandeln, so unglaublich dumm und naiv. Hitler sollte ja auch durch die Harzburger Front "eingerahmt" werden.

Herzlich, Zettel

jana Offline




Beiträge: 348

04.01.2009 21:50
#11 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Lieber Zettel,

In Antwort auf:
Nur gibt es meines Erachtens einen wesentlichen Unterschied zur Hamas: Die PLO - das waren säkulare Nationalisten, deren Ziel ein eigener Staat war. Zuerst in ganz Palästina, dann waren sie bereit, sich mit der Westbank und dem Gazastreifen zu begnügen.


aber nur Arafat & auch nur (ausschließlich!), wenn er englisch sprach. Ich kann kein Arabisch, habe aber genug Übersetzungen seiner Ansprachen zu den Palästinensern gelesen, um das mit gutem Gewissen in die Welt (bzw. in Ihr Forum) zu setzen. Leider hindert mich mein Zeitmangel daran, Belege dafür zu liefern.

Eltov Offline




Beiträge: 152

04.01.2009 21:59
#12 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Zitat von Zettel

Die Fatah ist korrupt, und die Hamas ist es auch oder dürfte auf dem Weg dorthin sein. Wer von Subsidien lebt, wird zwangsläufig korrupt. Er muß ja, um etwas zu erreichen, nicht dafür arbeiten, sondern es nur geschickt deichseln, daß er an Geldzuweisungen kommt. Das verdirbt jeden Staat und jede Organisation.


Die Hamas muss durchaus für ihre Geldzuweisungen arbeiten: Sie müssen den Konflikt mit Israel auf Teufel komm raus am Kochen halten. Von nichts kommt nichts.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.01.2009 00:35
#13 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Zitat von jana
In Antwort auf:
Nur gibt es meines Erachtens einen wesentlichen Unterschied zur Hamas: Die PLO - das waren säkulare Nationalisten, deren Ziel ein eigener Staat war. Zuerst in ganz Palästina, dann waren sie bereit, sich mit der Westbank und dem Gazastreifen zu begnügen.

aber nur Arafat & auch nur (ausschließlich!), wenn er englisch sprach. Ich kann kein Arabisch, habe aber genug Übersetzungen seiner Ansprachen zu den Palästinensern gelesen, um das mit gutem Gewissen in die Welt (bzw. in Ihr Forum) zu setzen. Leider hindert mich mein Zeitmangel daran, Belege dafür zu liefern.

Schade, liebe Jana; es würde mich interessieren.

Ich habe mal in der Wikipedia nachgesehen, was eigentlich 1993 in Oslo vereinbart worden ist. Ein Teil der Vereinbarungen wurden in Form des Austauschs von Briefen getroffen, darunter diesem
Zitat von Brief von Yassir Arafat an Yitzhak Rabin
September 9, 1993
Yitzhak Rabin
Prime Minister of Israel

Mr. Prime Minister,
The signing of the Declaration of Principles marks a new era...I would like to confirm the following PLO commitments: The PLO recognizes the right of the State of Israel to exist in peace and security. The PLO accepts United Nations Security Council Resolutions 242 and 338. The PLO commits itself...to a peaceful resolution of the conflict between the two sides and declares that all outstanding issues relating to permanent status will be resolved through negotiations...the PLO renounces the use of terrorism and other acts of violence and will assume responsibility over all PLO elements and personnel in order to assure their compliance, prevent violations and discipline violators...the PLO affirms that those articles of the Palestinian Covenant which deny Israel's right to exist, and the provisions of the Covenant which are inconsistent with the commitments of this letter are now inoperative and no longer valid. Consequently, the PLO undertakes to submit to the Palestinian National Council for formal approval the necessary changes in regard to the Palestinian Covenant.

Sincerely,
Yasser Arafat.
Chairman: The Palestine Liberation Organization.

Es ist nach meiner Erfahrung immer schwer, historische Situationen richtig zu beurteilen, wenn man weiß, was daraus geworden ist.

Heute spricht vieles dafür, daß der Oslo-Prozeß nie eine Chance hatte. Vielleicht ist das so. Damals habe ich es anders gesehen, und ich neige auch jetzt noch dieser Meinung zu: Daß damals auch Arafat bereit war, Frieden zu schließen und Präsident eines aus dem größten Teil der Westbank und Gaza bestehenden Palästina zu werden.

Er wäre dann ein geachteter Staatsmann geworden. Seine Leute hätten damit rechnen können, von allen Seiten Hilfe zu bekommen. Eine Kooperation mit Israel hätte ein prosperierendes Palästina schaffen können.

Das war, denke ich, eine attraktive Perspektive für Arafat und die PLO. Leute, die - wie nahezu der gesamte arabische Nationalismus seit den fünfziger Jahren - für sozialistische Ideen anfällig waren, aber vom Islam ungefähr so viel hielten wie ihr Vorbild Nasser und dessen Vorläufer Atatürk, also nichts.

Heute ist von diesem säkularen arabischen Nationalismus fast nichts mehr übrig, außer vielleicht in Syrien und Algerien in Restbeständen. Die Islamisten haben sich durchgesetzt; meines Erachtens vor allem deshalb, weil der Sozialismus auch in Arabien gründlich gescheitert ist. 1993 zeichnete sich das schon ab. Insofern kamen die Vereinbarungen von Oslo vielleicht fünf oder zehn Jahre zu spät.

Herzlich, Zettel


Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.01.2009 00:44
#14 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Zitat von Eltov
Die Hamas muss durchaus für ihre Geldzuweisungen arbeiten: Sie müssen den Konflikt mit Israel auf Teufel komm raus am Kochen halten. Von nichts kommt nichts.

Das ist freilich wahr, lieber Eltov. Vielleicht ist sie ja deshalb noch nicht ganz so korrupt wie die Fatah.

Die Hamas ist völlig abgängig vom Iran. Das jetzige Vorgehen Israels richtet sich insofern auch gegen das Regime in Teheran. Ich würde mich nicht wundern, wenn der Konflikt sich in diese Richtung ausweiten würde, mit dem Ziel einer Ausschaltung der iranischen Atomrüstung.

Herzlich, Zettel

jana Offline




Beiträge: 348

05.01.2009 10:15
#15 Arafat Doublespeak Antworten

In Antwort auf:
Schade, liebe Jana; es würde mich interessieren.


Lieber Zettel,

immerhin fiel mir der Ausdruck ein, der Arafat charakterisierte: Doublespeak. Schauen Sie also in Google nach, unter "arafat doublespeak" & Sie werden mehr als fündig ...

str1977 ( gelöscht )
Beiträge:

05.01.2009 11:25
#16 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten
Zitat von Zettel
Es gibt Begriffe, die fast nur noch im historischen Kontext verwendet wurden und die dann unversehens wieder aktuell werden. "Geisel" und "Piraten" sind solche Begriffe. Ich schlage vor, auch den Begriff der Beschwichtigungspolitik wiederzubeleben.

Die Vorstellung, die HAMAS, deren einziges Ziel die Vernichtung Israels ist, könne à la Harry Potter abrakadabra in eine friedliche Organisation mit "Regierungsverantwortung" verzaubert werden, ist freilich noch naiver als alles, was sich die Beschwichtigungspolitik des Jahres 1938 gegenüber Hitler an Fehleinschätzungen geleistet hat.


Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, die Appeasementpolitik habe sich als Fehleinschätzung erwiesen.

Sie zielte nämlich vor allem darauf ab, Zeit für die Aufrüstung Großbritanniens zu gewinnen, falls - was eben durchaus einkalkuliert war - Hitler nicht aufhören würde.

Das ändert natürlich im derzeitigen Fall nichts. Israel kann zwar wohl nicht viel gewinnen mit den jetzigen Angriffen, mußte aber wohl auf die unablässigen Angriffe reagieren. Mit der Hamas ist wohl - zumindest derzeit - keine Verhandlung möglich (was aber nichts damit zu tun hat, daß sie "religiös" und die Fatah "säkular" wäre - ich sage nur Al Aksa Brigade. Es ist ohnehin ein dummes Vorurteil, zu meinen, mit Religiösen könnte man weniger gut verhandeln als mit Säkularen. Auf die Ziele kommt es an und da ist der springende Punkt: siehe Hamas-Charta.)

Gruß,
str1977

Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon.
Aber beide sind aus Stein gemacht.

Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.

Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.

Eltov Offline




Beiträge: 152

05.01.2009 13:27
#17 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Zitat von str1977

Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, die Appeasementpolitik habe sich als Fehleinschätzung erwiesen.

Sie zielte nämlich vor allem darauf ab, Zeit für die Aufrüstung Großbritanniens zu gewinnen, falls - was eben durchaus einkalkuliert war - Hitler nicht aufhören würde.

Das ändert natürlich im derzeitigen Fall nichts. Israel kann zwar wohl nicht viel gewinnen mit den jetzigen Angriffen, mußte aber wohl auf die unablässigen Angriffe reagieren. Mit der Hamas ist wohl - zumindest derzeit - keine Verhandlung möglich (was aber nichts damit zu tun hat, daß sie "religiös" und die Fatah "säkular" wäre - ich sage nur Al Aksa Brigade. Es ist ohnehin ein dummes Vorurteil, zu meinen, mit Religiösen könnte man weniger gut verhandeln als mit Säkularen. Auf die Ziele kommt es an und da ist der springende Punkt: siehe Hamas-Charta.)


So zynisch das vielleicht klingen mag, aber eine gewisse Verbesserung der Lage ist bereits eingetreten: Wenn man sich die internationalen Reaktionen auf den Krieg anschaut, fällt doch auf, dass sich die früher ebenso idiotischen wie selbstverständlichen Schuldzuweisungen stark abgeschwächt haben, und dass das Selbstverteidigungsrecht Isreals mittlerweile in immer größeren Teilen der Welt akzeptiert wird.
Man kann nur hoffen das Isreal in absehbarer Zeit die Maßnahmen treffen kann, die notwendig sind, um die Bedrohung einzudämmen, die von der Hamas ausgeht. Bislang wurde der Konflikt ja als eine Art Keilerei zwischen zwei Brüdern betrachtet, bei dem Israel als der Ältere und Stärkere am Ende ohne Essen ins Bett geschickt wurde, weil das Ganze ausartete, der Tisch umgekippt ist, und Papa trotz Nachtschicht nicht schlafen konnte, weil der Kleine nach der letzten Ohrfeige stundenlang Rotz und Wasser geheult hat.

Die Situation ist doch wirklich paradox: Die Hamas ist eindeutig Kriegspartei, darf aber nicht dementsprechend behandelt werden. Die Aufenthaltsorte ihrer Anführer, die Raketenwerkstätten, die Trainingsgelände sind allgemein bekannt, doch die verschrobene Wahrnehmung des Konfliktes verhinderte bislang ein entsprechendes Handeln. Eine wirkliche Besserung der Lage ist erst dann zu erwarten, wenn klar ist, dass man sich als Warlord eben nicht abends gemütlich vor dem Fernseher räkeln kann ohne das einem das Dach auf den Kopf fällt und wenn ein Rekrut der bei seiner Vereidigung schwört den Märtyrertod anzustreben seinen Wunsch umgehend erfüllt bekommt.

Die internationale Öffentlichkeit muss endlich einsehen, dass Hamas, PFLP, Islamischer Dschihad, Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden und wie sie alle heißen eben keine kleinen Lausbengel sind, auf deren Wutausbrüche man am besten mit genervter Gelassenheit reagiert, sondern bis an die Zähne bewaffnete Mörder, deren immer wieder erklärtes Ziel ist, möglichst viele Zivilisten zu töten. Solange bei Wahlen die Partei mit den blutrünstigsten Parolen gewinnt, Zugeständnisse wie der Abzug aus Gaza ganz eindeutig als Zeichen der Schwäche und Ansporn zur Intensivierung der Angriffe verstanden werden, kann es keinen Frieden geben. Isreal muss daher zugestanden werden, alles Nötige zu unternehmen um die eigene Bevölkerung zu schützen. Ich glaube in dem Punkt hat es gewisse Fortschritte gegeben.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

05.01.2009 16:41
#18 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Gerade flattert mir der tägliche Infobrief der israelischen Botschaft in Berlin ins Haus, übrigens sehr empfehlenswert:
http://nlarchiv.israel.de/index2.htm

Darin wird beispielhaft auf einen Beitrag in Al-Aqsa TV hingewiesen, den Palestinian Media Watch in Youtube gestellt hat:

Zitat von Palästinensischer Kleriker im Hamas-Fernsehen Al-Aqsa TV, 13.07.08

Das [Koran-]Kapitel mit dem Titel ‚Juden’ oder ‚Kinder Israels’ ist beachtenswert… Es geht um die heutigen Juden, die unseres Jahrhunderts, und spricht nur von Vernichtung und dem Graben von Gräbern… Dieses Kapitel hat die Juden zur Vernichtung verurteilt, bevor überhaupt ein einziger Jude auf der Erde existierte… Das Heil Palästinas ist an die Zerstörung des Zentrums der globalen Korruption [die Juden Israels] gekoppelt, des Kopfs der Schlange. Wenn der Schlangenkopf der [globalen] Korruption abgeschnitten ist, hier in Palästina, und wenn die Tentakel des Kraken auf der ganzen Welt abgeschnitten sind, wird der wirkliche Segen mit der Vernichtung der Juden kommen, hier in Palästina, und dies ist eine der grandiosen Segnungen in Palästina.


http://www.youtube.com/watch?v=Lsvqcp4aWF8

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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.01.2009 17:55
#19 Appeasement 1938, Appeasement 2009. Fixe Ideen Antworten

Zitat von str1977
Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, die Appeasementpolitik habe sich als Fehleinschätzung erwiesen. Sie zielte nämlich vor allem darauf ab, Zeit für die Aufrüstung Großbritanniens zu gewinnen, falls - was eben durchaus einkalkuliert war - Hitler nicht aufhören würde.

Sind Sie das so sicher, lieber str1977?

Die These, die Sie vertreten, hat - das habe ich gerade der Wikipedia entnommen - als einer der ersten kein Geringerer als John F. Kennedy formuliert; damals Student in Harvard. Sein Vater, der ja als US-Botschafter in London Anhänger des Appeasement-Kurses gewesen war, sorgte dafür, daß die Ausarbeitung seines Sohns als Buch verlegt wurde. Kennedy schrieb das 1940.

Inzwischen gibt es natürlich eine riesige Literatur über die Hintergründe der Appeasement-Politik. Es stimmt sicherlich, daß das Vereinigte Königreich 1938 nicht kriegsbereit war. Aber auch Hitler gewann ja durch das Münchner Abkommen weitere Zeit für seine Rüstung und die Kriegsvorbereitungen.

Daß der Appeasement-Politik eine Fehleinschätzung Hitlers zugrundelag, scheint - soweit ich das beurteilen kann - kaum ein Historiker zu bezweifeln. Nicht nur Chamberlain glaubte Hitlers Beteuerungen, daß nach der Lösung des Sudentenland-Problems Deutschland keine weiteren Gebietsansprüche mehr haben würde. Er hatte damit in England - in der Politik ebenso wie in der Presse - eine große Mehrheit hinter sich. Churchill, der Hitler richtig einschätzte, war 1938 ein Außenseiter.

Diese 1938 weit verbreitete Fehleinschätzung Hitlers ist es, die aus meiner Sicht heute wieder die Aktualität dieses Themas ausmacht: Appeasement - der Begriff war bis 1939 ja durchaus positiv konnotiert - ist eine vernünftige Politik, wenn man es mit vernünftigen Partnern zu tun hat. Wenn aber der Kontrahent von einer fixen Idee besessen ist, dann stärkt sie ihn nur.

Würde Israel Steinmeiers Appellen, einen möglichst schnellen Waffenstillstand zu schließen, folgen, dann würde es damit die Hamas stärken. Das ist die Parallele, auf die ich in dem Artikel aufmerksam machen wollte.
Zitat von str1977
Es ist ohnehin ein dummes Vorurteil, zu meinen, mit Religiösen könnte man weniger gut verhandeln als mit Säkularen. Auf die Ziele kommt es an und da ist der springende Punkt: siehe Hamas-Charta.)

Ich kenne, lieber str1977, niemanden, der dieses Vorurteil geäußert hätte. An wen denken Sie?

Entscheidend ist, siehe oben, ob jemand eine im Grundsatz pragmatische Politik macht, die einen rationalen Interessenausgleich ermöglicht, oder ob er einer fixen Idee folgt. Einer idée fixe im Wortsinn, also einer unverbrüchlichen, unveränderlichen Idee.

Hitler hatte - man kann das in "Mein Kampf" nachlesen - zwei fixe Ideen: Daß die Juden an allem Unglück der Welt schuld seien und daß Deutschland nur groß und mächtig würde werden (und nur so würde überleben) können, wenn es "Lebensraum im Osten" erobern würde.

Das war für ihn unverbrüchlich, nicht verhandelbar, keiner Diskussion zugänglich. Diese beiden fixen Ideen haben dazu geführt, daß er den Krieg vom Zaun gebrochen und den Holocaust verübt hat.

Genau solch eine fixe Idee liegt dem Dschihad zugrunde: Die islamischen Länder werden, so lautet diese fixe Idee, erst dann aufblühen können, wenn Israel zerstört ist. Siehe den Text, den Gorgasal vorhin gepostet hat.

Das ist eine religiöse Motivation. Sie ist als solche im Unterschied zu dem, was die PLO einst wollte, eine fixe Idee. Die säkulare PLO war auch fanatisch und sie war vor allem nationalistisch; auch sie wollte anfangs Israel zerstören. Aber das war nicht eine solche fixe Idee. Es war nicht in einen ideologischen oder religiösen Kontext eingebettet wie Hitlers oder jetzt Ahmadinedschads Antisemitismus.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

05.01.2009 19:10
#20 RE: Zitate des Tages: Steinmeiers Beschwichtigungspolitik Antworten

Zitat von Eltov
Isreal muss daher zugestanden werden, alles Nötige zu unternehmen um die eigene Bevölkerung zu schützen. Ich glaube in dem Punkt hat es gewisse Fortschritte gegeben.

Ich wollte, ich könnte zustimmen, lieber Eltov.

Aber außer bei der Lame Duck George W. Bush sehe ich dafür eigentlich wenige Anzeichen.

Die deutsche Außenpolitik ist wieder einmal dadurch weitgehend gelähmt, daß Kanzlerin und Außenminister diametral entgegengesetzte Vorstellungen haben (das letzte Beispiel war der Georgien-Konflikt gewesen).

Und Frankreich? Heute Abend trifft Sarkozy sich mit der israelischen Führung. Dazu schreibt der Nouvel Observateur:
Zitat von Le Nouvel Observateur
"Je dirai au président Shimon Peres et au Premier ministre Ehud Olmert, en toute franchise, que les violences doivent cesser", a déclaré Nicolas Sarkozy aux côtés du président de l'Autorité palestinienne Mahmoud Abbas.

An der Seite des Präsidenten der palästinensischen Verwaltung, Mahmud Abbas, erklärte Nicoals Sarkozy: "Ich werden Präsident Schimon Peres und Premierminiter Ehud Olmert in aller Offenheit sagen, daß die Gewalthandlungen enden müssen"


Herzlich, Zettel

Zettel Offline




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06.01.2009 04:53
#21 Zettels Meckerecke: Kniesehnenreflex Antworten

"Knee jerk diplomacy" nennt Michael Rubin im Middle East Forum die Art, wie Sarkozy und andere auf den Ausbruch des Gaza-Kriegs mit der Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand reagieren.

Natürlich wissen sie, daß Israel darauf nicht eingehen kann. Warum also fordern sie es trotzdem? Dazu einige meckernde Anmerkungen.

Gorgasal Offline




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06.01.2009 10:26
#22 RE: Zettels Meckerecke: Kniesehnenreflex Antworten

Zwei Anmerkungen: Wenn Sarkozy und Steinmeier von Israel eine Einstellung der Kampfhandlungen fordern, Israel sich davon aber herzlich unbeeindruckt zeigt, dann untermauern sie damit in meinen Augen nicht irgendwelche Führungsansprüche ihres Landes. Sie machen nur sich selbst (und in Fortsetzung ihre Staaten) lächerlich. Aber das mag dann wieder nur meine knee jerk reaction sein...

Zweitens macht sich Obama durch sein Schweigen schon im Nahen Osten unbeliebt, wo man wohl sehr gehofft hatte, er würde sich deutlicher gegen Israel stellen:

Zitat von Simon Tisdall
Obama has remained wholly silent during the Gaza crisis. His aides say he is following established protocol that the US has only one president at a time. Hillary Clinton, his designated secretary of state, and Joe Biden, the vice-president-elect and foreign policy expert, have also been uncharacteristically taciturn on the subject.

But evidence is mounting that Obama is already losing ground among key Arab and Muslim audiences that cannot understand why, given his promise of change, he has not spoken out. Arab commentators and editorialists say there is growing disappointment at Obama's detachment - and that his failure to distance himself from George Bush's strongly pro-Israeli stance is encouraging the belief that he either shares Bush's bias or simply does not care.

The Al-Jazeera satellite television station recently broadcast footage of Obama on holiday in Hawaii, wearing shorts and playing golf, juxtaposed with scenes of bloodshed and mayhem in Gaza. Its report criticising "the deafening silence from the Obama team" suggested Obama is losing a battle of perceptions among Muslims that he may not realise has even begun.

http://www.guardian.co.uk/commentisfree/...ama-gaza-israel

Die These, dass Obama hauptsächlich die amerikanische Gesellschaft umgestalten will und dafür außen- und wirtschaftspolitisch vor allem einen freien Rücken will, kommt mir immer realistischer vor.

--
The act of defending any of the cardinal virtues has to-day all the exhilaration of a vice. - Gilbert Keith Chesterton, "A Defence of Humility" (in The Defendant)

john j Offline




Beiträge: 591

06.01.2009 19:07
#23 RE: Zettels Meckerecke: Kniesehnenreflex Antworten

"But evidence is mounting that Obama is already losing ground among key Arab and Muslim audiences that cannot understand why, given his promise of change, he has not spoken out."

und:

"Die These, dass Obama hauptsächlich die amerikanische Gesellschaft umgestalten will und dafür außen- und wirtschaftspolitisch vor allem einen freien Rücken will, kommt mir immer realistischer vor."

Obama ist der president elect, bis zur inauguration ist er also, was die Exekutive betrifft, noch gar nichts, da weiter der amtierende Praesident bis Ende Januar die Geschaefte fuehrt. Es war schon immer ueblich in den USA dass sich der president elect vor allem in Fragen von Sicherheits- und Aussenpolitik zurueckhaelt bis er tatsaechlich Praesident ist um dem Amtsinhaber und auch den Senat und den Kongress nicht in eine schwierige Lage zu bringen. Von Obama's Schweigen zur aktuellen Krise in Gaza irgendeine These erhaerten zu wollen ist also voellig verfrueht. George W Bush steht noch immer den USA vor (wenn auch nur noch fuer ein paar Tage) und Obama respektiert dies durch seine Zurueckhaltung.

Was eher sein koennte ist dass Israel diesen hiatus bewusst fuer seine Offensive gewaehlt hat, siehe dazu auch Christopher Hitchens in Slate. Falls der US-Praesident sich den Forderungen nach einem Waffenstillstand anschliessen wuerde haette Israel einen ganz schweren Stand. Und momentan ist das eben nicht zu erwarten.

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.095

06.01.2009 22:08
#24 RE: Zettels Meckerecke: Kniesehnenreflex Antworten

Zitat von john j
Obama ist der president elect, bis zur inauguration ist er also, was die Exekutive betrifft, noch gar nichts, da weiter der amtierende Praesident bis Ende Januar die Geschaefte fuehrt. Es war schon immer ueblich in den USA dass sich der president elect vor allem in Fragen von Sicherheits- und Aussenpolitik zurueckhaelt bis er tatsaechlich Praesident ist um dem Amtsinhaber und auch den Senat und den Kongress nicht in eine schwierige Lage zu bringen.

Prinzipiell haben Sie ja recht, nur:
Zitat von Simon Tisdall
Regional critics claim Obama is happy to break his pre-inauguration "no comment" rule on international issues when it suits him. They note his swift condemnation of November's terrorist attacks in Mumbai. Obama has also made frequent policy statements on mitigating the impact of the global credit crunch.

http://www.guardian.co.uk/commentisfree/...ama-gaza-israel

Wobei ich Ihnen völlig recht damit gebe, dass diese beiden Themen nur sehr entfernt etwas mit Außen- und Sicherheitspolitik zu tun haben.

Aber ich bin schon gespannt, ob die Erwartungen der Arab Street sich nach dem 20. Januar mehr erfüllen werden als jetzt.

--
The act of defending any of the cardinal virtues has to-day all the exhilaration of a vice. - Gilbert Keith Chesterton, "A Defence of Humility" (in The Defendant)

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

06.01.2009 23:46
#25 RE: Zettels Meckerecke: Kniesehnenreflex Antworten

Zitat von Gorgasal
Aber ich bin schon gespannt, ob die Erwartungen der Arab Street sich nach dem 20. Januar mehr erfüllen werden als jetzt.

Und die Erwartungen der amerikanischen Liberals, lieber Gorgasal. Für diese repräsentativ dürfte sein, was Aaron David Miller in der aktuellen Ausgabe von Newsweek unter der Überschrift "If Obama Is Serious He should get tough with Israel"
schreibt:
Zitat von Aaron David Miller
Barack Obama—as every other U.S. president before him—will protect the special relationship with Israel. But the days of America's exclusive ties to Israel may be coming to an end. (...)

The new president seems tougher and more focused than his predecessors; he's unlikely to become enthralled by either of Israel's two leading candidates for prime minister—centrist Foreign Minister Tzipi Livni, or Likudnik Benjamin Netanyahu. (...)

The Gaza crisis is a case in point. Israel has every reason to defend itself against Hamas. But does it make sense for America to support its policy of punishing Hamas by making life unbearable for 1.5 million Gazans by denying aid and economic development? The answer is no.

Ich habe die genauen Zahlen nicht in Erinnerung - aber viele amerikanische Juden haben Obama und nicht McCain gewählt. Ich vermute, daß mancher von ihnen das noch bereuen wird.

Herzlich, Zettel

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