Daß Präsident Obama sein erstes offzielles Interview einem arabischen Sender - Al-Arabyia - gegeben hat, ist groß berichtet worden. Daß die eigenartige Reihenfolge, in der er dort die Religionen aufzählt (nämlich die Moslems ganz vorn), sich in anderer Form auch schon in seiner Antrittsrede findet, ist weniger bekannt und ebenfalls Thema dieses Artikels.
Als Henry Kissinger Außenminister wurde, gab es ein großes Fragen, ob er denn als Jude überhaupt die amerikanischen Interessen gegenüber Israel vertreten könne; bei Wolfowitz wiederholte sich das.
Aber bei Obama haben nur Konservative - mehr oder weniger geschmäht von den MSM - die Frage aufgeworfen, wie denn wohl ein US-Präsident, der väterlicherseits aus einer Moslem-Familie stammt, der in Indonesien in einer moslemischen Umgebung aufgewachsen ist, sich gegenüber den islamischen Staaten, gegenüber den Moslems verhalten wird.
Jetzt, allmählich, gibt Präsident Obama das anscheinend zu erkennen.
Ich hatte ja vor, Obama erst einmal auf mich wirken zu lassen, bevor ich urteile. Aber dieses Interview macht mir Angst.
Und war nicht die allgemeine Ansicht, mit Obama würde die Bushsche Polarisierung der US-Politik aufhören? Und ein neuer Stil ins White House einziehen? Als Obama als eine seiner ersten Amtshandlungen die "Mexico City Policy" aufhob (die US-Entwicklungshilfe davon abhängig macht, dass Empfängerorganisationen Abtreibung nicht propagieren - eingeführt unter Reagan, von Clinton ausgesetzt, von Bush wieder eingeführt), dann lautete das so:
Zitat von ObamaFor too long, international family planning assistance has been used as a political wedge issue, the subject of a back and forth debate that has served only to divide us. I have no desire to continue this stale and fruitless debate.
Man kann in diesem Thema durchaus unterschiedlicher Meinung sein, aber diese Arroganz, die Diskussion einseitig für beendet zu erklären, ist nun sicher nicht dazu geeignet, Abtreibungsgegner von einem "neuen Stil" in Washington zu überzeugen.
Mein derzeitiger Eindruck: Obama arbeitet tatsächlich in Kernbereichen der Politik an einer radikalen Kursänderung, und meiner Ansicht nach nicht zum Besseren.
-- The act of defending any of the cardinal virtues has to-day all the exhilaration of a vice. - Gilbert Keith Chesterton, "A Defence of Humility" (in The Defendant)
Lieber Zettel, ich finde Ihre Analyse zwar interessant, bin aber dennoch skeptisch, ob solche Subtilitäten in einer Rede wirklich bewusst, gewollt und kontrolliert einfliessen. Ich gehe davon aus, dass Obama seine Reden nicht selbst schreibt und dass er die ihm vorgelegten Manuskripte wohl kaum Wort für Wort vergleicht mit seinen Vorreden. Dafür dürfte er auch gar keine Zeit haben. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass Obama diese Feinheiten von seinen Beratern diskret untergeschoben werden und er das gar nicht bemerkt ....
Zur Rechtschreibung: "We are a nation of Christians and Muslims, Jews and Hindus, and nonbelievers". In der US-englischen Rechtschreibung ist das Komma vor dem UND üblich, wenn die Aufzählung mehr als zwei Elemente enthält. In der UK-englischen Rechtschreibung ist dieses Komma unüblich.
Die nachfolgende Konstruktion scheint mir hingegen unglaubwürdig, umso mehr als es sich um eine Rede handelt, in der solche Feinheiten gar nicht ausgedrückt werden können. Das gilt auch für die deutsche Version. " ... nation of Christians, and Muslims, Jews, and Hindus, and unbelievers (" ... Nation von Christan, und Moslems, Juden, und Hindus, und Nichtgläubigen")
Zitat von GorgasalOh je. Ich hatte ja vor, Obama erst einmal auf mich wirken zu lassen, bevor ich urteile. Aber dieses Interview macht mir Angst.
So geht es mir auch, lieber Gorgasal. Ich hatte ja auch Reset gesagt und werde mich auch insofern daran halten, als ich über Obamas Charakter usw. vorerst nichts mehr schreiben werde.
Ich hätte auch gern, im Sinn des Reset, einen positiven Artikel über seine erste Regierungswoche geschrieben. Aber ich sehe nichts Positives.
Was den Islamismus angeht, ist seine Strategie offensichtlich - schon in der Inauguration Speech angekündigt, in dem Interview noch mal deutlich gesagt -, daß er mit den Moslems gut Freund sein, den terroristischen Islamismus aber umso härterbekämpfen will.
Sehr schön, sehr vernünftig. Nur - welcher Präsident hat denn nicht genau dieselbe Strategie verfolgt? Alle haben sie möglichst gute Beziehungen mit den Gemäßigten gesucht (Bush sen hat sie ja sogar in eine Kriegskoalition gegen Saddam bekommen). Aber diese selbst sind ja nicht frei; sie wollen sich ja nicht die Revolution ins Haus holen.
Die Araber werden jetzt vermutlich sehr freundlich zu Obama sein, um zu sehen, was sie damit herausholen können; wieweit sie ihn für ihre Interssen einspannen können.
Und alle werden sie vermutlich rätseln, nicht nur die Araber, sondern auch die Russen, die Chinesen, auch Castro und Chávez: Ist der Mann so naiv, oder ist er ein ganz Ausgekochter, der nur so tut?
Zitat von vivendiLieber Zettel, ich finde Ihre Analyse zwar interessant, bin aber dennoch skeptisch, ob solche Subtilitäten in einer Rede wirklich bewusst, gewollt und kontrolliert einfliessen. Ich gehe davon aus, dass Obama seine Reden nicht selbst schreibt und dass er die ihm vorgelegten Manuskripte wohl kaum Wort für Wort vergleicht mit seinen Vorreden. Dafür dürfte er auch gar keine Zeit haben.
Obama macht das sicher nicht. Aber diese Reden werden in der Tat intensiv und Wort für Wort durch den Stab vorab geprüft - gerade weil auch klar ist, dass jedes Wort dieser wichtigen Reden und Interviews auf die Goldwaage gelegt wird. Und Zettel hat ja nicht eine einzelne Textstelle herausgegriffen, sondern mit mehreren Stellen argumentiert, die alle in die gleiche Richtung gehen.
Zitat von vivendiEs besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass Obama diese Feinheiten von seinen Beratern diskret untergeschoben werden und er das gar nicht bemerkt ....
Man kann Obama sicher viel vorwerfen, aber dass er diese wichtigen Verlautbarungen nicht vorab selbst auf die Goldwaage legt - das glaube ich nicht. Mal ganz abgesehen davon, dass er seine Berater ja auch danach aussucht, ob sie kompatible Ansichten zu ihm haben.
-- The act of defending any of the cardinal virtues has to-day all the exhilaration of a vice. - Gilbert Keith Chesterton, "A Defence of Humility" (in The Defendant)
Zitat von ZettelUnd alle werden sie vermutlich rätseln, nicht nur die Araber, sondern auch die Russen, die Chinesen, auch Castro und Chávez: Ist der Mann so naiv, oder ist er ein ganz Ausgekochter, der nur so tut?
Was wäre sein Ziel im letzteren Fall? Dass er nur seine Wähler glücklich machen will?
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Zitat von vivendiich finde Ihre Analyse zwar interessant, bin aber dennoch skeptisch, ob solche Subtilitäten in einer Rede wirklich bewusst, gewollt und kontrolliert einfliessen. Ich gehe davon aus, dass Obama seine Reden nicht selbst schreibt und dass er die ihm vorgelegten Manuskripte wohl kaum Wort für Wort vergleicht mit seinen Vorreden. Dafür dürfte er auch gar keine Zeit haben.
Es war die Inauguration Speech. Kennedy hat in ihr seine berühmten New Frontiers propagiert und gesagt, jeder solle nicht fragen, was sein Land für ihn tut, sondern was er für sein Land tun kann. Über die beiden Inauguration Speeches von George W. Bush habe ich kürzlich bei seiner Würdigung geschrieben.
Das sind Reden für die Geschichtsbücher. Da überlegt man sich, was man sagt. (Bzw. was der Redemschreiber schreibt; üblicherweise macht dieser einen Entwurf, der dann solange überarbeitet wird, bis er dem Präsidenten gefällt).
Gerade eine solche Passage, in der die Religionen aufgezählt werden, ist natürlich etwas Kritisches.
In den USA ist "Christians and Jews" ungefähr so eine stehende Redewendung, wie wir von der "jüdisch-christlichen Kultur" sprechen. Wenn in einer so wichtigen Rede von dieser stehenden Redewendung abgewichen wird und die Moslems zuerst genannt werden, dann ist es sehr unwahrscheinlich, daß das unbeabsichtigt ist.
Zitat von vivendiZur Rechtschreibung: "We are a nation of Christians and Muslims, Jews and Hindus, and nonbelievers". In der US-englischen Rechtschreibung ist das Komma vor dem UND üblich, wenn die Aufzählung mehr als zwei Elemente enthält. In der UK-englischen Rechtschreibung ist dieses Komma unüblich.
Hier wären es ja nur zwei Elemente gewesen, und da gehört sicher eigentlich kein Komma hin.
Die normale Formulierung wäre gewesen: "... Christians, Jews, Muslims, Hindus, and nonbelievers".
Obama hat nun nicht nur die Moslems vor die Juden gesetzt, sondern ein "and" dort eingefügt, wo es in einer Aufzählung gar nicht hingehört. Auch im Englischen kommt es erst vor dem letzten Glied (und dann gelten die Regeln, die Sie genannt haben).
Das Ergebnis ist, daß drei Gruppen gebildet werden: Christen und Moslems an erster Stelle, dann Juden und Hindus, und zum Schluß die Ungläubigen.
Ich hatte diese Paarbildung dadurch zunächst in der Übersetzung verdeutlicht, daß ich ein zweites "von" eingeschoben habe, vor "Juden". Das habe ich wieder gestrichen, weil das mit der Paarbildung nicht unbedingt stimmen muß.
Denn:
Es muß nicht unbedingt so gemeint gewesen sein: Christians and Moslems, Jews and Hndus, and non-believers.
Sondern gemeint gewesen könnte auch sein: Christians and Moslems, Jews and Hindus, and non-believers.
Zitat von ZettelUnd alle werden sie vermutlich rätseln, nicht nur die Araber, sondern auch die Russen, die Chinesen, auch Castro und Chávez: Ist der Mann so naiv, oder ist er ein ganz Ausgekochter, der nur so tut?
Was wäre sein Ziel im letzteren Fall? Dass er nur seine Wähler glücklich machen will?
Der Tenor des Interviews ist ja, lieber Gorgasal, daß man nur guten Willen und gegenseitigen Respekt braucht (plus Opfer auf Seiten Israels), und dann wird es schon werden. Das meinte ich mit Naivität.
Da klingt Jeßwikänn an; und da weiß eben vermutlich noch niemand, ob er das wirklich meint.
Lieber Zettel das ist aber ein sehr scharfer Blick auf die Rede, wofür ich nur Respekt zollen kann.!
Ich denke das der Messias mit der Reihenfolge ein Teil seiner Wähler glücklich machen will, die während der von Regierung Bush angezettelten Kriege tiefe Schuldgefühle gegenüber der islamischen Welt entwickelt haben. Falls er jedoch dauerhaft bei der Reihenfolge bleiben sollte, so ist der Konflikt mit dem Judäochristentum und damit der Hauptwählermasse vorprogrammiert. Der Messias wird dann schmerzhaft lernen müssen, dass man es nicht allen recht machen kann und seine Jünger werden dann schmerzhaft lernen müssen, dass der Messias auch nur mit Wasser kocht and das dieses gelegentlich trüb ist.
Was mir während der Lektüre auch noch in den Sinn kam, berifft die These einer angeblichen Kooperation, welche der Messias bei der EU und der islamischen Welt sucht, um den Einfluss Russlands und Chinas einzudämmen. Die These habe ich unlängst irgendwo einmal aufgeschnappt, allerdings bisher aus Gründen des Zeitmangels noch nicht vertieft. Kann da jemand etwas genaueres dazu sagen?
Zitat von PeterCoyote. Was mir während der Lektüre auch noch in den Sinn kam, berifft die These einer angeblichen Kooperation, welche der Messias bei der EU und der islamischen Welt sucht, um den Einfluss Russlands und Chinas einzudämmen. Die These habe ich unlängst irgendwo einmal aufgeschnappt, allerdings bisher aus Gründen des Zeitmangels noch nicht vertieft. Kann da jemand etwas genaueres dazu sagen?
Irgendwo in der Blogosphaere habe ich das auch gelesen, eine Annaeherung an die moslemische Welt umd China und Russland.... (Churchill sagte nach dem Krieg, 'wir haben die falsche Sau geschlachtet', btw.)
Obamas Zitate sind erschreckend. Eine Annaeherung an die (radikalen) Moslems mag zwar den Terrorismus gegen den Westen beenden, aber um den Preis a) unserer Freiheit und b) Israels ??
---- Mir faellt noch etwas auf. Von den Moslems werden, so war letztens zu lesen, zwar die Christen und Juden als biblische Schriftreligion irgendwie akzeptiert, die Hindus aber nicht. Das ist es, was mich an der Passage stoert. Fuer einen Moslem koennte sich das so lesen:
Christen und Moslem - Hindus, Juden und andere unglaeubige ???
Bravo. Eine gute Sammlung von Indizien dazu, wie man zumindest skeptisch werden kann, was Obamas wirkliche Einstellung zu Religion und insbesondere den Islam angeht. Ich hasse es, so etwas zu sagen, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass in mir in den kommenden vier Jahren immer häufiger der Satz hochkommen wird: "Ich wusste es".
Erstaunlich finde ich auch, dass Obama so viel Wert darauf legt, dass die USA auch eine Nation der Ungläubigen sei. Interessanterweise verstehen sich die Amerikaner aber größtenteils immer noch als christliche Nation. Weit über 70 Prozent (ich habe die genauen Daten nicht parat) sehen sich dem Christentum zugehörig (wie auch immer das dann aussieht). Obama spricht also von einer Minderheit. Warum erwähnt er denn dann nicht auch die Linkshänder in den USA?
Wenn man dann bedenkt, dass dieser Präsident hauptsächlich deswegen Präsident wurde und hierzulande hauptsächlich deshalb so (unerträglich fanatisch) verehrt wird, weil er gut aussieht, schick laufen kann, schwarz ist und smart wirkt, ist und bleibt mir das unheimlich.
Zitat von ZettelUnd alle werden sie vermutlich rätseln, nicht nur die Araber, sondern auch die Russen, die Chinesen, auch Castro und Chávez: Ist der Mann so naiv, oder ist er ein ganz Ausgekochter, der nur so tut?
Was wäre sein Ziel im letzteren Fall? Dass er nur seine Wähler glücklich machen will?
Der Tenor des Interviews ist ja, lieber Gorgasal, daß man nur guten Willen und gegenseitigen Respekt braucht (plus Opfer auf Seiten Israels), und dann wird es schon werden. Das meinte ich mit Naivität.
Oh, die Erklärung mit der Naivität leuchtet mir ein (noch will ich sie mir nicht zu eigen machen).
Was ich nicht verstehe, ist die "ausgekocht"-Hypothese. Wenn Obama nicht naiv ist, sondern ausgekocht - was will er dann mit diesen Aussagen bezwecken? Was ist das Ziel? Das verstehe ich nicht.
Können Sie die "ausgekocht"-Hypothese ein wenig erklären? Wie gesagt, ich bin blond, bei mir dauert so etwas länger...
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Zitat von Henry KErstaunlich finde ich auch, dass Obama so viel Wert darauf legt, dass die USA auch eine Nation der Ungläubigen sei. Interessanterweise verstehen sich die Amerikaner aber größtenteils immer noch als christliche Nation. Weit über 70 Prozent (ich habe die genauen Daten nicht parat) sehen sich dem Christentum zugehörig (wie auch immer das dann aussieht).
Ihr Beitrag, lieber Henry K, hat mich motiviert, das endlich einmal nachzusehen. In der Wapedia:
Zitat von WapediaMany U.S. adult citizens identify themselves as Christians (76.5 - 78.5%). A 2001 survey found 15% of the adult population to have no religious affiliation, still significantly less than in other Western countries such as United Kingdom (44%) and Sweden (69%). According to ARIS and other studies, non-Christian religions (including Buddhism, Hinduism, Islam, Judaism, and others) collectively make up about 5.5% of the adult population. According to a 2005 poll 51% of Americans believe that God created humans in their present form, the same poll indicated that 30% of Americans believe that Humans evolved but God "guided the process" an additional 15% believe that Humans evolved on their own without God.
Mich hat daran zweierlei überrascht: Erstens hätte ich die Zahl derjenigen ohne Religionszugehörigkeit für weit niedriger gehalten (zur Adenauerzeit waren das in der Bundesrepublik, wenn ich mich recht erinnere, wenige Prozent).
Zweitens ist es schon erschreckend, wenn 81 Prozent glauben, daß Gott an der Entstehung des Menschen mitgewirkt hat. Man müßte allerdings nachsehen, wie zuverlässig diese Umfragedaten sind.
Zitat von ZettelZweitens ist es schon erschreckend, wenn 81 Prozent glauben, daß Gott an der Entstehung des Menschen mitgewirkt hat.
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Zitat von GorgasalOh, die Erklärung mit der Naivität leuchtet mir ein (noch will ich sie mir nicht zu eigen machen). Was ich nicht verstehe, ist die "ausgekocht"-Hypothese. Wenn Obama nicht naiv ist, sondern ausgekocht - was will er dann mit diesen Aussagen bezwecken? Was ist das Ziel? Das verstehe ich nicht.
Beispielsweise das, was Llarian und Dagny gerade angesprochen haben: Sich in dem heraufziehenden Hegemonialkampf zwischen den USA und China mit den islamischen Ländern verbünden und dafür notfalls Israel opfern.
Ich sage überhaupt nicht, daß er das will. Sie haben ja, lieber Gorgasal nur gefragt, was ich mit dem hypothetischen Fall "ausgekocht" gemeint habe.
So, wie man jemanden fragt, was ein Einhorn ist. Wenn er mit einer Beschreibung antwortet, sagt er ja damit nicht, daß es Einhörner gibt.
Zitat von GorgasalOh, die Erklärung mit der Naivität leuchtet mir ein (noch will ich sie mir nicht zu eigen machen). Was ich nicht verstehe, ist die "ausgekocht"-Hypothese. Wenn Obama nicht naiv ist, sondern ausgekocht - was will er dann mit diesen Aussagen bezwecken? Was ist das Ziel? Das verstehe ich nicht.
Beispielsweise das, was Llarian und Dagny gerade angesprochen haben: Sich in dem heraufziehenden Hegemonialkampf zwischen den USA und China mit den islamischen Ländern verbünden und dafür notfalls Israel opfern.
Naja, die Vorstellung, das könnte funktionieren, würde ich meinem ersten Eindruck nach ebenfalls unter "naiv" klassifizieren. Aber vielleicht sollte ich mich erst einmal näher informieren.
Wenn jemand die Blogeinträge findet, in denen diese Strategie ausgeführt wird: bitte posten!
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Im Gegensatz zu den Kommentatoren hier halte ich den Schachzug Obamas für klug und vor allem für richtig.
Durch die christlich-jüdische Majorität Amerikas ist angesichts der Formulierung in der Inauguration Speech kein Aufschrei gegangen. Obama hat also recht billig einen Aufwertung des Islam und der Muslime signalisiert.
Interessengegensätze lösen sich zwar nicht auf, wenn alle einfach ein bisschen nett zueinander sind. Allerdings ermöglicht erst eine halbwegs konstruktive Athmospäre die Feststellung ob die Interessen wirklich nicht zu einem Ausgleich zu bringen sind. Ich sehe auch nicht wie eine Annäherung an "die Muslime" gleichbedeutend mit einer Aufgabe von Freiheit oder des Staates Israel sein soll.
Den gegenwärtigen Konflikt zwischen "dem Westen" und "den Muslimen" (ich habe meine Zweifel ob diese Schablonen die gegenwärtige Lage treffend beschreiben) kann man u.a. nur dadurch entschärfen, dass man die "moderaten" bzw. "Lippenbekenntnismuslime" von den Gewaltbereiten trennt. Dazu gehört auch sie getrennt anzusprechen. Obama tut das.
mfg C.K.
edit - Nachtrag Eine Bestätigung meiner These; sanft reden, entschlossen handeln: "Mr. Obama, in his first formal interview as president, told the Arabic-language news channel al-Arabiya that he will seek to open talks with Iran. "It is important for us to be willing to talk to Iran, to express very clearly where our differences are, but where there are potential avenues for progress," Mr. Obama said in the interview that was broadcast Tuesday. "If countries like Iran are willing to unclench their fist, they will find an extended hand from us." Mrs. Clinton echoed that language.
Protests against U.S. drone attacks were held in Karachi on Tuesday, as the U.S. said it will continue its strikes against militants in Pakistan.
At the same time, Secretary of Defense Robert Gates said Tuesday the U.S. will continue to fire missiles at militants in Pakistan. And in a sign the U.S. will maintain financial pressure on Iran, Treasury Department officials have been notified that Mr. Obama will reappoint Stuart Levey, the chief architect of U.S. sanctions efforts against Tehran.
The moves suggest Mr. Obama is presenting Iranian, Pakistani and North Korean leaders with a choice: respond positively to diplomatic outreach and potentially receive American aid and recognition in return, or maintain current policies and face sanctions or military force."
die zeitgenössiche Paläoanthropologie unterstellt bei der Erforschung des Ursprungs und der Entwicklung des Menschen keinen Gott. Das dürfte sich in der auch auf diesem Gebiet federführenden USA eigentlich herumgesprochen haben.
Sehr interessant. Es sind aber auch andere Interpretationen möglich. Bei mir kommt bei diesen Formulierungen das Gefühl rüber, daß Obama seine Herkunft verwenden möchte, damit die USA mit den Arabern anders umgehen können als früher. Also erst einmal eine Vertrauensbasis zu schaffen, um dann auch Zugeständnisse erreichen zu können, die früher nicht möglich waren, weil die Adressaten zu früh abgeblockt haben.
Da sich ja derzeit in der arabischen Welt einiges ändert in den Köpfen (siehe die Reaktionen auf den Gaza-Krieg), könnte so eine Strategie Erfolg haben.
Bei so einer Strategie wäre es durchaus sinnvoll, erst einmal nur israelische Zugeständnisse zu erwähnen (daß Israel dazu bereit ist, ist ja eigentlich bekannt - kam nur bei den Arabern nicht an). Die nötigen arabischen Zugeständnisse wären dann später einzufordern, in einer Gesprächsatmosphäre, in der "einer von uns" die Sinnhaftigkeit solcher Maßnahmen erklärt, und nicht ein fremder Potentat diese zu erzwingen versucht.
Auch die Aufzählung in der Inaugurationsrede würde da reinpassen. Ich habe das intuitiv nicht als Prioritätenreihenfolge verstanden - sondern bei den ersten beiden Religionen als Verbindung von Gegensätzen. Eben weil derzeit Christen und Muslime als Antagonisten im Vordergrund stehen (und eben nicht Christen und Juden), scheint so eine Aufzählung sinnvoll. Im Sinne von "Als Präsident bin ich da für Linke und Rechte, für Arme und Reiche".
Ich weiß ja nun nicht, was Obama wirklich vorhat. Ich stehe ihm ja bisher recht skeptisch gegenüber. Und es ist genauso wahrscheinlich, daß Zettels Befürchtungen sich bewahrheiten, daß Obama für die Araber und gegen die Israelis eingestellt ist.
Aber falls er einen neuen Verhandlungsansatz im Nahen Osten, auch im Sinne Israels, vorhat, dann hätte ich ihm Formulierungen und Vorgehen wie hier dargestellt durchaus empfohlen!
Clinton hat ja bereits so ziemlich alle faschistoiden und islamistischen Gruppen mit viel $ eingespannt, wenn es um Russland und damals noch primär China ging. Von daher wäre der Messias nur ein Wahrer der "guten" Tradition der Democrats. Möglicherweise steht dem Messias aber ein wenig mehr an Kooperation mit dem Haus des Islam im Sinn. Falls die These überhaupt zutreffen sollte, halte ich das unterstellte Vorgehen schon deshalb für falsch, weil die kollektive Bedrohung China und Russland einen würde.
Apropos Schriftreligion. Falls mir meine Erinnerung keinen Streich spielt verhält sich das wie folgt: Islam einerseits und Juden- und Christentum andererseits sind aus islamischer Sicht Buchreligionen, was für den Hinduismus nicht gilt. Die Propheten haben alle das eine Buch gelesen, allerdings interpretieren es Juden- und Christen falsch, während die Muslime selbstverständlich die Deutungshoheit über die heiligen Schriften für sich gepachtet haben. Man muss den Juden- und Christen nur zum einzig wahren Glauben verhelfen und falls das nicht klappt, also bereits zu Muhamads Zeiten verkehrte sich seine ursprüngliche Toleranz gegenüber den sich verweigernden Juden schon ins Gegenteil.
Hallo zusammen. Toll, Blogs zu finden die sich auch mal kritisch mit dem neuen US - Präsidenten auseinandersetzen anstatt ihn direkt über alle Maßen zu loben. Ich hab da noch eine Anmerkung auf:
Zitat von Zettel Es muß nicht unbedingt so gemeint gewesen sein: Christians and Moslems, Jews and Hndus, and non-believers.
Sondern gemeint gewesen könnte auch sein: Christians and Moslems, Jews and Hindus, and non-believers.
Ich habe mir die Rede mal angeschaut unter http://www.whitehouse.gov/blog/inaugural-address/. Bei 14:30 ungefähr ist dass betreffende Zitat. Gerade von den Sprechpausen kommt es so rüber wie "Christians and Moslems, Jews and Hindus, and non-believers".
NBFS stellt auch schon recht nett meine Ansicht zu dem dort verlinkten Spiegel-Artikel dar . Allerdings stimmt die Aussage schon, dass die USA vor einigen Jahrzehnten ein deutlich höheres Ansehen im Nahen Osten hatten - allerdings muss man damit bis 1956 zurückgehen: http://en.wikipedia.org/wiki/Sinai_war#End_of_hostilities
Und mittlerweile wären die USA sicher froh, nur noch mit Nasser umgehen zu müssen...
Mal schauen, wie das alles weitergeht.
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