Wo der Mann politisch steht, weiß niemand. Er gleicht einem Kartenspieler, der das Blatt so eng an die Brust hält, daß er es selbt kaum sehen kann.
Aber seine freundliche Bemerkung zu den langjährigen Bürgermeistern der einstigen SED im Osten und seine abschätzige Beurteilung von "Sektierern" scheint mir doch gut mit der Biographie eines Mannes zusammenzupassen, der einmal Redakteur einer im DKP-nahen Pahl-Rugenstein-Verlag publizierten Zeitschrift war.
Soweit ich weiß, sind die sogenannten Hartz-Reformen auch auf seine Initiative zurückzuführen. Dass er als "Rechter" in der SPD gilt, liegt wohl daran, dass er sich immer bemüht hat, seinen Zielen in kleinen Schritten aber praktisch näher zu kommen, anstatt in irgendwelchen Hinterzimmern und WG-Küchen Grundsatzdiskussionen zu führen. Ich glaube, das ist es, was bei der SPD als "rechts" gilt. Davon abgesehen: Es wird schon so sein, dass man mit den ehemaligen SED-Kadern leichter eine Regierung führen kann als mit den West-Kommunisten, auch wenn erstere langfristig vielleicht gefährlicher sind.
Zitat von ChripaSoweit ich weiß, sind die sogenannten Hartz-Reformen auch auf seine Initiative zurückzuführen.
Ist das so? Soweit ich sehe, hat er als Kanzleramtsminister so geräuschlos gearbeitet, daß zumindest in der Öffentlichkeit nicht sichtbar wurde, wofür er eigentlich verantwortlich war. Irgendwie für alles (er soll ja auch der Architekt der Achse Moskau-Berlin-Paris sein), oder auch nicht.
Zitat von ChripaDass er als "Rechter" in der SPD gilt, liegt wohl daran, dass er sich immer bemüht hat, seinen Zielen in kleinen Schritten aber praktisch näher zu kommen, anstatt in irgendwelchen Hinterzimmern und WG-Küchen Grundsatzdiskussionen zu führen.
Das freilich machen die Leninisten genauso.
Zitat von ChripaEs wird schon so sein, dass man mit den ehemaligen SED-Kadern leichter eine Regierung führen kann als mit den West-Kommunisten, auch wenn erstere langfristig vielleicht gefährlicher sind.
Ja, zweifellos. Man sieht das ja in der Stadt Berlin. "Mache alles mit" ist sozusagen das Lebensmotto der Kommunisten.
Übrigens war das in den siebziger Jahren an den Unis genauso. Fragen Sie jemanden, der damals als Hochschullehrer oder Mittelbauer mit den radikalen Studenten zu tun hatte - die vom MSB Spartakus, also die DKP-Leute, waren die angenehmsten. Fleißig, zuverlässig, ohne Marotten. Mit denen konnte man sich arrangieren, mit den Maoisten selten.
Aber wie Sie sagen - gerade das macht sie natürlich gefährlich. Die Leninisten kannten den Langen Marsch durch die Institutionen schon, bevor dieser Begriff schick wurde.
der Frank-Walter Steinmeier hat doch 2009 nur eine Chance: er kommt bei der Bundestagswahl auf einen ehrenvollen zweiten Platz und darf weiter unter Frau Merkel Bundesaußenminister bleiben. Um das zu erreichen, darf er sich nicht in die Karten schauen lassen und muss sich von der PDS abgrenzen.
Ich bin ja nie in SPD-Kreisen gewesen und verwende das Wort »Sektierer« ganz unbefangen nicht nur für Linksextremisten, sondern auch für gewisse Libertäre, die sich ganz im Abstrakten ergehen;-)
Zitat von stefanolixder Frank-Walter Steinmeier hat doch 2009 nur eine Chance: er kommt bei der Bundestagswahl auf einen ehrenvollen zweiten Platz und darf weiter unter Frau Merkel Bundesaußenminister bleiben. Um das zu erreichen, darf er sich nicht in die Karten schauen lassen und muss sich von der PDS abgrenzen.
Hoffen wir's, lieber Stefanolix. Aber die Mehrheit für Schwarzgelb scheint mir doch eher wacklig zu sein.
Und was, wenn sie nicht erreicht wird? Dann wird es in der SPD und bei den Grünen eine große Diskussion geben, ob man mit den Liberalen eine Koalition versuchen soll, oder nicht doch lieber mit den Kommunisten.
Wo wird dann Steinmeier stehen? Das weiß eben niemand.
Gut, die SPD kann lange diskutieren -- die FDP wird sich darauf wohl kaum einlassen. Wenn kein Schwarz/Gelb möglich ist, dann wird es sicher auch kein Rot/Gelb/Grün geben. Rot/Grün/Dunkelrot halte ich -- mit oder ohne Steinmeier -- auch für unwahrscheinlich, das ist ja gerade erst gescheitert. Ich hoffe auf eine stabile Schwarz/Gelbe Koalition, aber ich fürchte, dass es so mit Schwarz/Rot weitergeht und dass es auch in der zweiten Auflage kein wirklich gutes Ende nimmt.
Zitat von stefanolixLieber Zettel, Ich bin ja nie in SPD-Kreisen gewesen und verwende das Wort »Sektierer« ganz unbefangen nicht nur für Linksextremisten, sondern auch für gewisse Libertäre, die sich ganz im Abstrakten ergehen;-) .
Hallo Stefan, so halte ich es auch, aber es hat schon ein anderes Gewicht, wenn Steinmeier diesen Ausdruck verwendet. Da muß ich Herrn Zettel recht geben. Es befremdet. Was mich allerdings wundert sind die im Interview erwähnten Ober-Bürgermeister der Linken. Menschen mit einer Sachsenaffinität sagen ja die Städtenamen etwas, dir natürlich auch, aber wer weiss aus den alten Bundesländer war jemals in Borna, Kamenz, Werdau und Glauchau. Bei Oybin sind dann nur noch die Sachsen im engeren Sinne informiert. Ich nur deshalb, weil da ein ehemaliger CDU Minister wohnt.
Der Berliner Bürgermeister Wolf begann seine politische Laufbahn bei den Trotzkisten, nicht bei der SED.
Zitat von stefanolixLieber Zettel, Ich bin ja nie in SPD-Kreisen gewesen und verwende das Wort »Sektierer« ganz unbefangen nicht nur für Linksextremisten, sondern auch für gewisse Libertäre, die sich ganz im Abstrakten ergehen;-) .
Hallo Stefan, so halte ich es auch, aber es hat schon ein anderes Gewicht, wenn Steinmeier diesen Ausdruck verwendet.
Und wenn er ihn, lieber Libero, in dieser speziellen Bedeutung verwendet.
Man kann ja von "Sektierern" in einem weiten Sinn sprechen, wie Stefanolix das sagt. Vielleicht gibt es bei den Sterneköchen Sektierer, die sich der südschleswigschen Küche verschrieben haben, oder unter den Modedesignern Sektierer, die zurück zur Sackmode wollen.
Aber Steinmeier verwendet den Begriff ja exakt so, wie das die Kommunisten seit Lenin tun: Als Bezeichnung für diejenigen, die sich zwar auch Kommunisten oder Sozialisen nennen, die aber nicht auf der Linie der Führung der jeweiligen leninistischen Partei sind.
Alte SED-Leute sind für Steinmeier keine Sektierer, aber junge Trotzkisten sind es. Ich denke, da hat schon der Mann gesprochen, der mal eng mit DKPlern zusammengearbeitet hat.
Zitat von Zettel Aber Steinmeier verwendet den Begriff ja exakt so, wie das die Kommunisten seit Lenin tun: Als Bezeichnung für diejenigen, die sich zwar auch Kommunisten oder Sozialisen nennen, die aber nicht auf der Linie der Führung der jeweiligen leninistischen Partei sind. Alte SED-Leute sind für Steinmeier keine Sektierer, aber junge Trotzkisten sind es. Ich denke, da hat schon der Mann gesprochen, der mal eng mit DKPlern zusammengearbeitet hat. Herzlich, Zettel
Ihr habt mich überzeugt. Aber streng genommen können alte SED-Leute eigentlich auch keine Sektierer sein;-)
Die breite Öffentlichkeit merkt von dieser Äußerung sicher nichts und ihr ist es wohl auch relativ gleichgültig. Die meisten Bürger nehmen Steinmeier als einen sehr ruhigen Vertreter der Großen Koalition wahr, kennen ihn allenfalls noch als engen Mitarbeiter Gerhard Schröders. Vermutlich traut ihm kaum jemand die Führung einer Koalition aus SPD, Grünen und Kommunisten zu.
Rund um Oybin ist eine sehr schöne Landschaft, aber die Leute dort sind aufgrund der Grenzlage ein sehr eigenes Völkchen. Sie sprechen einen eigenen Dialekt und sind Fremden oder Fremdem gegenüber sehr verschlossen. Das merkt man z.B. daran, dass sie wohl als einzige Deutsche das Wort »anders« steigern, wie in »Der ist anderscherr«. In dieser Gegend wurde neulich eine Buchlesung verhindert, weil in dem Buch eine Marienerscheinung psychologisch hinterfragt wurde. Sagen wir so: zu den Fortschrittlichsten zählen sie nicht ... Ob der (direkt gewählte) Bürgermeister aus der PDS oder aus der CDU ist, spielt in solchen kleinen Gemeinden meist keine Rolle, da geht es eher nach der Persönlichkeit des Kandidaten.
Auch Glauchau ist nach meiner Beobachtung eine Stadt, in der es eher ruhig und behäbig zugeht. Die Weltrevolution wird wohl in beiden Orten nicht ausbrechen -- mit oder ohne Sektierer;-)
Ich komme nicht umhin die Ansichten des FW Steinmeier völlig zu teilen. Zwar verbindet mich mit allerlei Sozialismen eine tiefe Abneigung und Verachtung, aber man muß nüchtern anerkennen, daß die ostdeutschen Sozialisten sich über 40+ Jahre hinweg in einem Umfeld entwickelt haben, in dem kein bürgerliches Milieu zur Verfügung stand, daß, wie etwa in Bremen, einfach mal in die Bresche springen kann um geplatzte Utopien zu retten, damit alles mal wieder von vorne losgeht. Die SED'ler mußten meistens mit dem auskommen, was sie selbst erschaffen haben und dabei haben sie, wenigstens auf der operativen Ebene, durchaus ein paar Erfolge erzielt. Siehe etwa die Bildungspolitik. Ich will das insgesamt keineswegs schönreden, aber im Vergleich zu den westdeutschen Sozialisten sind das Quantensprünge.
Die westdeutschen Sozialisten haben überhaupt nicht vorzuweisen. Die von ihnen regierten Bundesländer sind mit Abstand die dümmsten, ärmsten, am höchsten verschuldeten, am stärksten überfremdet und letztlich am wenigsten zukunftsfähig. Sie haben auf der ganzen Linie versagt, was ich auf eben die "mangelnde Erdung" mit der Realität zurückführe. Man könnte das aber auch Sektiererei nennen. Ganz wie man will.
Wenn ich etwa die Ansichten der Grünen, hier mal als Sinnbild der westlichen Linken, und die der Linken im Sinne der SED-Nachfolger vergleiche, erscheinen mir die Ansichten und Positionen der zuletzt genannten bedeutend vernünftiger, wenn auch noch lange nicht vernünftig.
Zitat von stefanolixDie breite Öffentlichkeit merkt von dieser Äußerung sicher nichts und ihr ist es wohl auch relativ gleichgültig.
Es müßten halt mehr ZR Menschen lesen!
Zitat von stefanolixDie meisten Bürger nehmen Steinmeier als einen sehr ruhigen Vertreter der Großen Koalition wahr, kennen ihn allenfalls noch als engen Mitarbeiter Gerhard Schröders. Vermutlich traut ihm kaum jemand die Führung einer Koalition aus SPD, Grünen und Kommunisten zu.
So isses, lieber Stefanolix. Das isses ja. Niemand kennt den Mann wirklich. Der klassische Mann im Hintergrund, grau in grau.
Vielleicht hat er ja seine DKP-Nähe längst hinter sich gelassen. Vielleicht auch nicht. Wer will das bei einem wissen, der vermutlich seine Gedanken sogar vor sich selbst verbirgt?
Die einzigen beiden Informationen, die ich darüber habe, wo Steinmeier in der SPD steht, sind a)seine damalige Mitarbeit bei einer kommunistisch dominierten Zeitschrift und b) jetzt seine Verwendung des Worts "Sektierer" in der bei Leninisten üblichen Bedeutung.
Das ist, ich räume es gern ein, arg wenig. Aber wetten würde ich auf gar nix, was die politische Position dieses Mannes angeht.
Zitat von stefanolixRund um Oybin ist eine sehr schöne Landschaft, aber die Leute dort sind aufgrund der Grenzlage ein sehr eigenes Völkchen. (...) Sagen wir so: zu den Fortschrittlichsten zählen sie nicht ... Ob der (direkt gewählte) Bürgermeister aus der PDS oder aus der CDU ist, spielt in solchen kleinen Gemeinden meist keine Rolle, da geht es eher nach der Persönlichkeit des Kandidaten. Auch Glauchau ist nach meiner Beobachtung eine Stadt, in der es eher ruhig und behäbig zugeht. Die Weltrevolution wird wohl in beiden Orten nicht ausbrechen -- mit oder ohne Sektierer;-)
Das will ich gern glauben, lieber Stefanolix. (Übrigens sagt man auch im Hessischen: "Des iss awwer annersder". Das ist aber keine Steigerungform, sonden heißt nur: Das ist aber anders).
Wahrscheinlich hat es ja diesen Typus des anständigen, ehrlichen Genossen, der vor der Wende seine Arbeit genauso gemacht hat wie danach, wirklich gegeben bzw. gibt es ihn. Günter de Bruyn hat solche Leute beschrieben; wobei ich mir aber nicht sicher bin, wie realistisch er das verstanden wissen wollte. Er mußte ja seine Bücher irgendwie publiziert kriegen.
Aber Steinmeier wollte ja was anderes sagen: Die PDS im Osten, die ist ganz OK. Nur die Sektierer im Westen, die verderben "Die Linke". Und das, lieber Stefanolix, finde ich schon a bisserl bedenklich.
Von ferne mag man vorwiegend die »vernünftigen« Sozialisten sehen, aus der Nähe (hier: Dresden) muss man schon differenzieren. Ich nenne diese Partei intern immer noch SED/PDS, weil es diese Bezeichnung doch am besten trifft. Innerhalb dieser Partei gibt es zweifellos Anständige, aber auch beinharte SED-Sozialisten, die am liebsten das Rad der Geschichte zurückdrehen würden.
Die Auseinandersetzungen gehen bis auf's Messer, wenn jemand wagt, ihr Bild von der DDR zu beschädigen. Uwe Tellkamp hat mit seinem Roman »Der Turm« wirklich in ein Wespennest gestochen. Da schreien sie sofort »Verunglimpfung des Andenkens«.
Meine ironische Bemerkung im letzten Kommentar bezog sich auf den Wortsinn des Begriffs »Sektierer«: da die SED eine Einheitspartei war, kann man die heute noch in der PDS aktiven Genossen nun wahrlich nicht als »Sektierer« bezeichnen. Wie nennt man eigentlich Menschen, die tief in einer Gemeinschaft verwurzelt sind und dort trotzdem eine Zelle mit sehr eigenen und sehr eigenartigen Ansichten bilden?
Zitat von HajoDie SED'ler mußten meistens mit dem auskommen, was sie selbst erschaffen haben und dabei haben sie, wenigstens auf der operativen Ebene, durchaus ein paar Erfolge erzielt. Siehe etwa die Bildungspolitik. Ich will das insgesamt keineswegs schönreden, aber im Vergleich zu den westdeutschen Sozialisten sind das Quantensprünge.
Die westdeutschen Sozialisten haben überhaupt nicht vorzuweisen. Die von ihnen regierten Bundesländer sind mit Abstand die dümmsten, ärmsten, am höchsten verschuldeten, am stärksten überfremdet und letztlich am wenigsten zukunftsfähig.
Das galt aber, lieber Hajo, aus meiner Sicht mindestens ebenso für die DDR-Sozialisten.
Haben sie wirklich eine gute oder auch nur akzeptable Bildungspoltik betrieben? Meines Erachtens nein.
Allenfalls in einem Punkt, den sie freilich nicht an die große Glocke gehängt haben: Sie haben Eliteschulen für Hochbegabte gehabt. Nicht gerade im Sinn einer egalitären Ideologie, aber eben deshalb fortschrittlich.
Ansonsten: Die Schulen waren schlecht. Ich habe mir von Leuten, die sie durchlaufen haben, sagen lassen, wie die Lehrer den Schülern gute Noten geradezu nachwarfen, weil die Lehrer ihrerseits danach beurteilt wurden, wie gut die Noten ihrer Schüler waren.
Natürlich hat man - vor allem in den Naturwissenschaften - mehr an solidem Wissen gelernt als, sagen wir, einer Geamtschule in Bremen. Aber das ist nun wahrlich kein Kunststück gewesen.
Der Geschichtsunterricht war unter jedem Niveau; es wurde Ideologie vermittelt. Der Deutschunterricht war ebenso einseitig. Russisch haben die meisten offenbar auch schlecht gelernt; von Englisch ganz zu schweigen. Moderne Kunst kam auf den Schulen nicht vor.
Und vor allem: Das Wichtigste - zu selbständigem Denken, zur eigenständigen Suche nach Informationen zu befähigen - wurde überhaupt nicht versucht, sondern die Schüler wurden im Gegenteil entmutigt, ihren Kopf selbst zu gebrauchen.
(Das ist jetzt alles mein Eindruck aufgrund der Informationen, die ich habe. Falls jemand vor allem von denen, die das selbst erlebt haben, mich korrigieren möchte, würde mich das freuen).
Dann die Unis. Da habe ich gewisse Einblicke, weil ich Kontakte zu Kollegen aus der DDR hatte, die als Reisekader in den Westen durften. Das Studium war verschult. Der Zugang zum Studium wurde willkürlich genehmigt oder verwehrt. Man mußte heucheln, daß man ein gläubiger Marxist-Leninist ist.
Und die sonstige Bildung? Ich bin, lieber Hajo, bis 1989 auch auf die Propaganda hereingefallen, wonach die DDR ein "Leseland" gewesen sei. Ein Land, in dem die Arbeiter in die Theater strömten.
Die Wahrheit ist mir erst aufgegangen, als sich zeigte, was die DDR-Bürger gern lasen, als sie die Wahl hatten: Die Super-Illu. Und was sie gern sahen, wenn sie die Wahl hatten: Nicht den "Don Karlos" im Theater, sondern die "Heimatmelodie" im TV.
Nun, immerhin hat das deutsch-demokratische Bildungssystem dem Pisa-Sieger Finnland Modell gestanden. Ebenso galten, besonders in den technischen Disziplinen, die Polytechnischen Schulen durchaus als anerkannt. Eine Bildungspolitik, die sich weniger am humanistischen oder Humboldt'schen Ideal orientiert, kann, auch wenn ich das persönlich ablehne, durchaus erfolgreich sein. Ob sie es im Fall der DDR war weiß ich ehrlich gesagt nicht. Da könnte ich, anstatt irgendwas fundiertes vorzubringen, wohl lediglich begründet mutmaßen. Das will ich wohl gerne zugeben.
Was aber den Einwurf bzgl. der Geschichte angeht, sehe ich eindeutige Parallelen hier in der BRD und Österreich. In der DDR wurden bis 89 eben die Lehren der großen Brüder aus Moskau gelehrt, während in der BRD bis zum heutigen Tag die Lehren der Brüder aus Washington und London als heilig gelten. Es ist m.E. die selbte Form des Schwarz-Weiß-Denkens. Abweichler werden hier eben nicht in den Roten Ochsen geseperrt, sondern medial exekutiert. Das mag humaner sein, aber es ändert am Prinzip nichts.
Letztlich: Was den Zugang zu Ämtern oder auch Schulen angeht, haben Sie aller Wahrhscheinlichkeit nach völlig recht. Allerdings sehe ich auch in der BRD eine Tendenz diese Unsitte wieder aufleben zu lassen. Quoten nach Geschlecht, Eigenschaften und Herkunft sind uns hier schließlich auch nicht fremd.
Zitat von HajoNun, immerhin hat das deutsch-demokratische Bildungssystem dem Pisa-Sieger Finnland Modell gestanden.
Das lese ich, lieber Hajo, zum ersten Mal. Können Sie Ihre Quelle bitte verlinken? Mich würde interessieren, wann und in welcher Hinsicht das Modell übernommen wurde.
Zitat von HajoEbenso galten, besonders in den technischen Disziplinen, die Polytechnischen Schulen durchaus als anerkannt.
Bei wem und aufgrund welcher Daten? Außerhalb der DDR hatte doch niemand, außer vielleicht der CIA , Daten über den Leistungsstand der DDR-Schüler.
Zitat von HajoEine Bildungspolitik, die sich weniger am humanistischen oder Humboldt'schen Ideal orientiert, kann, auch wenn ich das persönlich ablehne, durchaus erfolgreich sein.
Das stimmt. Das deutsche Realgymnasium, das im 19. Jahrhundert als Alternativmodell zum klassischen Humanistischen Gymnasium eingeführt wurde, war sehr erfolgreich.
Zitat von HajoWas aber den Einwurf bzgl. der Geschichte angeht, sehe ich eindeutige Parallelen hier in der BRD und Österreich. In der DDR wurden bis 89 eben die Lehren der großen Brüder aus Moskau gelehrt, während in der BRD bis zum heutigen Tag die Lehren der Brüder aus Washington und London als heilig gelten.
Das, lieber Hajo, verstehe ich jetzt nicht. Haben Sie im Geschichtsunterricht auf dem Gymnasium irgend etwas aus den USA oder GB eingetrichtert bekommen, so wie die DDR-Schüler den Historischen Materialismus als Generalerklärung für den Verlauf der Geschichte?
Und wenn ja, wessen Lehre war das? Mir fällt überhaupt auf Anhieb nur ein einziger Brite ein, der ein solches generelles Geschichtsmodell vertreten hätte, Arthur Toynbee. Ist es der, den man Ihnen eingebimst hat? Ich will es nicht ausschließen, daß es irgendwo in Deutschland eine Schule gibt, in der man so etwas macht. Repräsentativ ist es sicher nicht.
All das was Sie über die Nachteile des DDR Bildungssystems schreiben, ist durchaus zutreffend. Wieviele Menschen, die in der DDR ihre Bildung abgeschlossen haben, sind Ihnen nach 1990 begegnet? Mir einige, ich bin ja abenteuerlustig und ohnehin halber Sachse.
Ich habe den Eindruck, das die Absolventen abseits der ideologischen Fächer sehr wohl mithalten konnten und das bezieht sich nicht nur auf die Elite. Es gibt einige bemerkenswerte Unternehmen, die von solchen Absolventen gegründet wurden. Der Sachse ist ja nicht viel anders als der Schwob. Genauer gesagt ist es eher umgekehrt.
Sinnvoll, wenn auch nicht immer, war zum Beispiel die Kombination von Abitur und Ausbildung. Die gab und gibt es ja auch in einigen Privatschulen. Das gibt den Studenten, vor allem in den Naturwissenschaften und den technischen Wissenschaften, eine gewisse Erdung, die man bei jungen und unschuldigen Gymnasiasten allzu oft entbehren muß. Bei manchen bis an das Ende ihres Berufslebens.
Ach noch etwas, Duckmäuser und willfährige Anpasser ohne eigenes Profil habe ich auch bei meinem Studienweg kennengelernt. Das mich mal ein Professor beeindruckt hat, war leider die Ausnahme und nicht die Regel. Gilt auch für die meisten Naturwissenschaftler, die ich kennenlernte. 1 von 10 war bemerkenswert. Das waren die Sternstundenerlebnisse. 4 von 10 waren immerhin ehrenwert, 2 von 10 zumindest bemüht und die anderen, nun ja, deckt der Mantel der Geschichte. Es wird nicht immer der beste Kandidat Professor. Manche ziehen andere Aufgaben vor. Ich kenne einen absolut bemerkenswerten und unglaublich präsenten Forschungsleiter eines DAX Konzern. Er wäre die Zierde jeder Uni, aber seine derzeitige Arbeit macht ihm mehr Spaß.
Kabale ist dem Berufsstand des Professors nun wahrlich nicht fremd. Kennen Sie "Forschen auf Deutsch". Der Verfasser erlebte Biochemiker. Seine Beschreibung erinnerte mich an meine Erlebnisse. Bei unseren beiden promovierenden Kinder erlebe ich, wie sich bestimmte Professorentypen immer wieder regenerieren.
Zitat von ZettelDas lese ich, lieber Hajo, zum ersten Mal. Können Sie Ihre Quelle bitte verlinken? Mich würde interessieren, wann und in welcher Hinsicht das Modell übernommen wurde.
Werter Zettel, ich hoffe Sie nehmen mir die Spitze nicht übel, aber an dieser Stelle kann ich einfach nicht widerstehen :-)
Zitat von ZettelBei wem und aufgrund welcher Daten? Außerhalb der DDR hatte doch niemand, außer vielleicht der CIA , Daten über den Leistungsstand der DDR-Schüler.
Wie ich bereits ausgeführt hatte, habe ich keine belastbaren Daten über die tatsächliche Bildungsqualität der DDR. Außerdem hatte ich schon erwähnt, daß ich hier begründet mutmaße, also das wiedergebe, was sich in Gesprächen, Lektüren usw. als Eindruck verfestigt hat. Darüber brauchen wir im Prinzip nicht streiten, aber da es sich hier ja um einen Gesprächskreis und nicht eine wissenschaftliche Arbeit handelt, halte ich es für statthaft solche Eindrücke ganz einfach zu teilen.
Zitat von ZettelDas stimmt. Das deutsche Realgymnasium, das im 19. Jahrhundert als Alternativmodell zum klassischen Humanistischen Gymnasium eingeführt wurde, war sehr erfolgreich.
Ich denke Sie haben trotzdem verstanden auf was ich hinaus wollte.
Zitat von ZettelDas, lieber Hajo, verstehe ich jetzt nicht. Haben Sie im Geschichtsunterricht auf dem Gymnasium irgend etwas aus den USA oder GB eingetrichtert bekommen, so wie die DDR-Schüler den Historischen Materialismus als Generalerklärung für den Verlauf der Geschichte? Und wenn ja, wessen Lehre war das? Mir fällt überhaupt auf Anhieb nur ein einziger Brite ein, der ein solches generelles Geschichtsmodell vertreten hätte, Arthur Toynbee. Ist es der, den man Ihnen eingebimst hat? Ich will es nicht ausschließen, daß es irgendwo in Deutschland eine Schule gibt, in der man so etwas macht. Repräsentativ ist es sicher nicht. Herzlich, Zettel
Nun, womöglich hätte ich den Kontext, in dem ich meine Anmerkungen gesehen habe, etwas klarer herausstellen sollen. Ich bezog mich damit keineswegs explizit auf die Schule und ihr Umfeld oder einen philosophischen Überbau, als vielmehr auf die gesellschaftliche Ebene. Ich würde das auch gar nicht so abstrakt sehen wollen wie Sie, sondern viel konkreter. Aber wie die meisten Menschen werden auch Sie und andere Mitleser hier sicher eine begründete Meinung zu diesen Themen haben, weswegen ich es damit belassen möchte meinen Standpunkt angedeutet zu haben und vor einer weitergehenden Diskussion in dieser Richtung absehen möchte.
Nola
(
gelöscht
)
Beiträge:
04.02.2009 17:09
#18 RE: Gab es in der DDR eine gute Bildungspolitik?
In Antwort auf:Zitat Zettel: Die Wahrheit ist mir erst aufgegangen, als sich zeigte, was die DDR-Bürger gern lasen, als sie die Wahl hatten: Die Super-Illu. Und was sie gern sahen, wenn sie die Wahl hatten: Nicht den "Don Karlos" im Theater, sondern die "Heimatmelodie" im TV.
Wo, lieber Zettel, zeigte sich das. Ich konnte nichts darüber finden, ausser das Herr Köfer, der als DDR-Schauspieler sehr beliebt war, dieser Zeitung ein Interview gab. Ansonsten das Niveau der DDRler so pauschal auf Super-Illu und Heimatmelodie zu reduzieren halte ich für gewagt.
In Antwort auf:Zitat Zettel: Die Wahrheit ist mir erst aufgegangen, als sich zeigte, was die DDR-Bürger gern lasen, als sie die Wahl hatten: Die Super-Illu. Und was sie gern sahen, wenn sie die Wahl hatten: Nicht den "Don Karlos" im Theater, sondern die "Heimatmelodie" im TV.
Wo, lieber Zettel, zeigte sich das. Ich konnte nichts darüber finden, ausser das Herr Köfer, der als DDR-Schauspieler sehr beliebt war, dieser Zeitung ein Interview gab. Ansonsten das Niveau der DDRler so pauschal auf Super-Illu und Heimatmelodie zu reduzieren halte ich für gewagt.
Liebe Nola,
natürlich sind solche Aussagen nie für den Einzelnen richtig; noch nicht mal die, daß die Franzosen gern gut essen.
Aber was die Mehrheit angeht, ist mein Eindruck wie geschildert. Sehen Sie - Thema "Heimatmelodie" - sich zum Beispiel das Programm des MDR an: Das mit Abstand noch immer bildungsfernste aller Dritten. Gucken Sie sich an, welche westdeutsche Medien in der DDR nach der Wende reüssierten - nicht "Spiegel" und "Zeit", sondern eben die "Super-Illu" und die Regenbogenpresse.
Wir waren 1990 mit unseren Verwandten bei Bekannten von diesen eingeladen, die in ihrer Wohnwand Bücherregale hatten. Wir haben sie, man sucht ja Themen, auf diese Bücher angesprochen. Es stellte sich heraus, daß sie so gut nichts davon gelesen hatten. Sie hatten sie gekauft, weil an diese Bücher schwer "zu kommen" gewesen war. Also war es so etwas wie ein Statussymbol, sie zu besitzen. Es zeigte, daß man gute Beziehungen hatte. So hat es sich für mich jedenfalls aus dem Gespräch damals ergeben.
Ähnlich war es bei vielen mit dem Theaterbesuch. Man ging mit der Brigade ins Theater, ob man wollte oder nicht, und viele Alternativen gab es ja nicht.
Natürlich stehen auch in jeder Menge westdeutscher Haushalte Bücher nur als Statussymbol. Natürlich gehen manche bei uns auch nur in die Oper, weil man da den Dr. X und die Frau Direktorin Y trifft.
Aber das weiß man, das wundert nicht. Die DDR aber hatte den Anspruch gehabt, daß "unsere Menschen" nach vierzig Jahren Dauererziehung eben anders sein würden.
Und das waren sie am Ende der vierzig Jahre nicht, sondern stinknormal. In dieser Hinsicht.
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