Daß Präsident Obama seine Wahlkampf-Versprechen als sein Geschwätz von gestern behandelt, das hat sich allmählich gezeigt. Er hatte beispielsweise versprochen, mit dem Filz von Washington aufzuräumen, und dann gleich reihenweise Leute aus diesem Filz (und aus dem noch dichteren von Chicago) in seine Mannschaft berufen.
Aber was er sich jetzt leistet, ist doch noch einen Tick krasser: Im Wahlkampf hatte er gegen den Cronyism gewettert, die Unsitte, zum Beispiel verdiente Wahlkampfhelfer mit Botschafter-Posten zu belohnen. Und was macht der Präsident jetzt, der schon andere Cronies nach oben geholt hat? Er ernennt - jedenfalls besagen das seit Tagen undementierte Berichte - einen Crony zum Botschafter in London.
Die ersten hundert Tage sind noch nicht einmal zur Hälft vorbei und schon ist ein Teil der Wahlkampfversprechen gebrochen und verschoben. Wenn man Optimist ist, könnte man argumentieren, dass sich nur der politische Wind in den nächsten 50 Tagen drehen muss, um wieder auf Wahlkampflinie umzuschwenken zu können, dann passt das wieder
Nach allem, was man im Wahlkampf so von Obama gehört hat, hinsichtlich all der überragenden Fähigkeiten und Talente, die ihm allenthalben zugeschrieben wurden, sollte man meinen, dass diesem Mann eine einzige Woche genügen hätte müssen, um sämtliche Probleme und alles Leid von der Menschheit zu nehmen. Was Gott kann, müsste Obama doch eigentlich längst können. Ich merke, ich werde polemisch; aber ich kann einfach nicht anders.
Wenn die Realität den Traum einholt, stellt sich nicht selten ein Gefühl bitterster Enttäuschung ein. Nach 34 Tagen Amtszeit von einer gescheiterten Präsidentschaft zu sprechen, wäre sicherlich verfehlt. Nachdem man nunmehr über mehr als einen Monat sich ein erstes Bild machen konnte, ist es jedoch sehr wohl angebracht, all jene auf ihre Irrtümer aufmerksam zu machen, die, in hysterische Irrationalität verfallen, Obama zum Übermenschen, zum Messias persönlich stilisierten. Denn wie es aussieht, und wie auch Sie, lieber Zettel, ja schon in einigen Beiträgen gezeigt haben, vermag Obama weder Probleme so zu lösen, wie versprochen, nämlich quasi von Zauberhand, noch steht er für einen anderen, besseren Politikstil. Die Geschichte mit dem braven Spendensammler, der nun mit einem Botschafterposten belohnt wird, ist da nur eines von vielen Puzzle-Teilen.
Ich hoffe sehr, lieber Zettel, dass Sie auch die weiteren Puzzle-Teile für uns zusammensetzen werden.
Meines Erachtens, lieber Elmar, ist auch dieser neue Zeitplan völlig unrealistisch. Eine kleine Garnison der US-Truppen wird, soweit ich die Entwicklung im Irak verfolgt habe, noch über Jahre dort bleiben müssen, um z.B. Wiederaufbau-Teams zu schützen, um die irakische Armee weiter auszubilden und zu beraten, um bei eventuellen größeren Operationen Luftunterstützung zu geben, um vor allem auch Luftaufklärung und sonstige technische Aufklärung beizusteuern.
Der Krieg ist ja noch nicht gewonnen. Jetzt schon einen verbindlichen Abzugsplan anzukündigen ist ein großer Fehler, denn er wird die Kaida und die sonstigen Aufständischen in dem Glauben bestärken, sie müßten nur bis zum Abzug der USA durchhalten und hätten dann doch noch eine Chance, zu gewinnen.
Mit anderen Worten: Das, was man in einem asymmetrischen Krieg unbedingt braucht, nämlich die Überzeugung beim Gegner, daß er nicht gewinnen kann, wird weg sein, sobald der Präsident seinen Abzugsplan verbindlich mitteilt.
Und er wird ihn - darauf lege ich mich fest - nicht einhalten. Er wird 2010 finden, daß leider die Situation sich doch nicht so entwickelt hat, wie erwartet, und er wird den Plan in den Papierkorb werfen.
Genau wie den mit den 16 Monaten, den er ja selbst als Senator als Gesetzentwurf eingebracht hatte.
Zitat von PhilippWenn die Realität den Traum einholt, stellt sich nicht selten ein Gefühl bitterster Enttäuschung ein.
Damit rechne ich auch, lieber Philipp.
Obama hat, auch wenn das zynisch klingen mag, mit der Wirtschaftskrise Glück. Daß er nun nicht das ganz neue Amerika schaffen kann, das er versprochen hat, kann er vorerst damit begründen, daß er alle Hände voll zu tun hat, erst einmal das jetzige Amerika zu erhalten.
Aber das trägt keine vier Jahre. Irgendwann wird die Mehrheit der Amerikaner merken, daß das einzige, was diesen Mann zum Präsidenten qualifiziert, ein brillantes Redetalent ist.
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