Es geschieht immer wieder: Eine Minderheit sorgt für Schlagzeilen. Wenn es glimpflich ist, dann demonstriert man, wie gestern in Frankreich die Kommunisten. Wenn es weniger glimpflich abgeht, dann zündet man Autos an, wie kriminelle Banden im Herbst 2005 in Frankreich; dann wirft man Steine, wie extremistische Jugendliche kürzlich in Griechenland.
Und die Resonanz vieler Medien ist fast immer dieselbe: Die Lautstärke, der Aktionismus der betreffenden Minderheit wird als Indikator für die Meinung der jeweiligen Mehrheit genommen.
Noch eine Bemerkung: Die FAZ war einmal eine, wie man sagte, "bürgerliche" Zeitung. Die Print- Ausgabe ist das wohl auch noch. Bei FAZ.Net hat man aber manchmal den Eindruck, daß die Redakteure direkt von der taz kommen.
Lieber Zettel, der Deutschlandfunk sagte vorgestern, dass 72 % der Franzosen die Proteste unterstützen. Hier steht das auch: http://www.stern.de/politik/ausland/:Gen...ich/547003.html Die Umfrage wurde angeblich von "Les Echos" durchgeführt, ich kann nicht beurteilen, ob diese Zahlen seriös sind. Sie hatten ja schonmal was dazu geschrieben, dass die Franzosen simultan staatsgläubig und rebellisch sind. Herzlich, Chr.
Zitat von ChripaLieber Zettel, der Deutschlandfunk sagte vorgestern, dass 72 % der Franzosen die Proteste unterstützen. Hier steht das auch: http://www.stern.de/politik/ausland/:Gen...ich/547003.html Die Umfrage wurde angeblich von "Les Echos" durchgeführt, ich kann nicht beurteilen, ob diese Zahlen seriös sind. Sie hatten ja schonmal was dazu geschrieben, dass die Franzosen simultan staatsgläubig und rebellisch sind.
Durchaus möglich, lieber Chripa. Ich bin auf diese Frage absichtlich nicht eingegangen, weil sie mir für mein Argument unerheblich zu sein scheint: Allein aus den Protesten wird auf die Meinung der Mehrheit geschlossen. Hätte die FAZ getitelt "Mehrheit der Franzosen unterstützt Streiks", dann wäre das ja in Ordnung gewesen.
Dieselben Leute, die bei solch einer Umfrage "ja" antworten, können übrigens durchaus bei den nächsten Wahlen konservativ wählen. Sie haben Recht, ich habe schon darauf aufmerksam gemacht: Die Franzosen sind in ihrer Mehrheit konservativ, aber für a bisserl Rebellion allemal zu haben. Bloß, wenn es ernst wird, wie bei den Wahlen im Juni 1968, dann wählten sie wieder rechts.
die meisten Menschen lesen nur die Überschrift "Generalstreik Die Franzosen protestieren gegen die Krise". Nichts erfahren sie über die Verursacher des sogenannten "Generalstreiks".
Schon etwas weniger Menschen überfliegen wenigstens einmal den Artikel. Dort erfahren sie zweierlei, nämlich das eine "linksgerichtete" Gewerkschaft namens CGT mitmischt und zweitens das eine Steigerung der Teilnehmer von 25 % zu den Protestaktionen Ende Januar vorliegt.
Noch weniger Menschen lesen den Artikel ganz. Derart lesend sie das drei von vier Franzosen nach Umfragen die Ziele der Streikenden unterstützen und das dessen Ursache in der wachsenden Unzufriedenheit der Franzosen mit den sozialen Folgen der Wirtschaftskrise liegt. Alles löst sich dabei in die Angst der Bürger vor dem Verlust des Sozialstaats auf.
Die kritischen Geister stutzen bereits, wenn sie lesen, daß die Teilnehmeranzahl eine Gewerkschaftsangabe ist. Früher wurden zuerst die offiziellen Angaben, in diesem Fall die der französischen Polizei genannt und anschliessend dann auf die Propaganda der Veranstalter eingegangen. Nimmt man die Zahl 1,2 Millionen Teilnehmer, welche die französische Polizei angibt, so ergibt sich keine Steigerung der Teilnehmerzahl, sondern eine beträchtliche Senkung. Zusammengenommen mit der beträchtlich gesunkenen Bereitschaft, dem Streikaufruf zu folgen, ergibt sich das zum Titel der FAZ konträr liegende Bild, daß auch diese kommunistische Aktion wieder einmal ein Flopp war.
Offensichtlich übernimmt die FAZ Propagandaparolen der Veranstalter, ohne dieselben kritisch zu hinterfragen. Früher sprach man auch nicht von der "linksgerichteten" Gewerkschaft, sondern nannte die kommunistische Gewerkschaft bei Namen. Seit dem Zustandekommen der deutschen Einheit gibt es jedoch keine kommunistischen Gewerkschaften und Parteien mehr, nur noch "linksgerichtete" Linksparteien, die nur durch die Teilnahme einer verschwindend kleinen Menge weniger Extremisten, vorzugsweise aus dem Westen, dem übersensiblen Bürger gelegentlich radikal erscheinen.
Die FAZ hinterfragt auch nicht, daß das Dreiviertel der Bürger, welches angeblich die Ziele der Streikenden unterstützt, noch lange keine Wähler der Kommunisten und erst recht keine Unterstützer der "linksgerichteten" Gewerkschaft sind. Selbst Qualität und Aussagekraft der Umfrage werden nicht in Frage gestellt. Es wird noch nicht einmal ein Hinweis geliefert, wer denn die Umfrage veranstaltet hat und auf welche Höhe sich die Zahl der Befragten beziffert.
Schlussendlich wird auch nicht kritisch hinterfragt ob die Ziele der Streikenden dieselben wie die der Befragten sind. Dem CGT und mit ihm den kommunistischen Aktivisten geht es doch nicht um die wachsenden Unzufriedenheit der Franzosen mit den sozialen Folgen der Wirtschaftskrise, gegen die sie als "Alternative" doch nur die allgemeine materielle und geistige Verarmung, nebst Isolationismus und Neonationalismus, bieten können. Die angeblichen oder vermeindlichen sozialen Folgen der Wirtschaftskrise dient dem CGT genauso wie der Linkspartei doch nur als Vehikel, um die Zerstörung von Markt und Freiheit und deren Ersetzung durch Diktatur und sozialistische Mißwirtschaft zu betreiben.
In der Tat, lieber Zettel, in unserer Jugend wäre der Artikel nicht in der FAZ erschienen, sondern in irgendeinem von der sich heute Die Linke nennenden SED finanzierten Käseblättchen aus dem DKP Umfeld. Ich weiss nicht genau, was die Autoren bezwecken: Die Angst der Bürger vor dem Verlust des Sozialstaats zu schüren, das verbrauchte Thema "soziale Gerechtigkeit" aus der Mottenkiste zu zaubern, der Partei ihrer Wahl den Rücken zu stärken. Ich weiß es nicht, aber eines weiß ich genau: Keinen Cent den bundesdeutschen Printmedien. Wenn die FAZ mit solchen Artikeln ihr eigenes Grab gräbt, dann ist sie selbst dran schuld. Gott sei Dank beherrsche ich die englische Sprache und wenn ich einmal etwas aus bundesdeutscher Feder lesen will, dann lese ich Blogs, deren Autoren besser recherchieren und tiefer schürfen.
Die FAZ hat in den letzten Jahren einen rapiden Qualitätsabfall, verbunden mit einer allmählichen Richtungsänderung, erlebt. Die nach außen sichtbaren Veränderungen wie Layout, Farbfotos und Foto auf der Startseite waren offensichtlich nicht nur rein kosmetischer Natur, sondern Boten dieses Wandels.
Ich war ungefähr 20 Jahre lang Abonnent dieser Zeitung, sogar in Ländern, wo man einen solchen Service nicht vermutet hätte, aber seit ca. einem Jahr lese ich sie nur noch sporadisch und finde dabei meine Entscheidung immer wieder aufs Neue bestätigt.
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
ich hoffe meine Erinnerung spielt mir keinen Streich, jedenfalls kommt mir ein ansprechendes Werbeplakat der FAZ aus den 80ern, betitelt "Dahinter steckt immer ein kluger Kopf", in den Sinn. Wenn ich mir so manche der digitalen Artikel der heutigen FAZ vergegenwärtige, dann frage ich mich, wenn es früher einmal ein kluger Kopf war, was für ein Kopf steckt denn heutzutage dahinter?
Von ein paar ganz üblen Einbrüchen abgesehen ist die FAZ dennoch vom Niveau her weitaus höher einzustufen, als die FR. Das Niveaugefälle war immer vorhanden. Ketzerisch könnte man sagen, daß FAZ und die FR in gleichen Proportionen an Niveau verloren haben. Pikant dabei ist, daß mit dem Niveauverlust auch eine Zunahme linker Tendenzen zu verzeichnen ist. Möglicherweise löst sich damit die Frage, was für ein Kopf heutzutage hinter der FAZ steckt bzw nach Meinung der Verleger stecken soll.
Die FR ist aus meiner Sicht bereits definitiv in der Gosse angelangt. Das ist Bildzeitung auf links, geradezu obszön. Ich hoffe nicht, daß man eine weitere Niveausenkung unterstellen kann bzw. gar davon ausgehen könnte, daß sich im traurigen Zustand der heutigen FR der künftigen Zustand der FAZ andeutet.
Noch ist es jedoch nicht so weit. Auch in der digitalen Ausgabe der FAZ kann man noch interessante Überlegungen finden. So auch:
In Antwort auf:Von den 31.000 Rechtsextremen im Land wären demnach zwei Drittel 15 Jahre alt?
Es ist immer wieder interessant festzustellen, wie aktiv die SPD bzw. deren Umfeld in der Produktion nicht immer unumstrittener sozialwissenschaftlicher Forschungsergebnisse ist. Die Forderung Max Webers nach einer werturteilsfreien Wissenschaft scheint bei den Genossen auch nach mehr als 100 Jahren noch nicht angekommen zu sein. Eventuell sind die Weber'schen Ausführungen für Genossenhirne bereits zu kompliziert und zudem auch wenig attraktiv. Möglicherweise ist es auch nur die Gier verkrachter akademischer Existenzen mit und ohne deutlich erkennbaren Lücken im Lebenslauf nach Drittmitteln für neue Forschungsvorhaben, welche sich durch die Parteizugehörigkeit abzusichern beabsichtigt, denn ausserhalb der Institute droht ja schliesslich nur der soziale Abstieg.
Durchaus an Zettel adressiert Hinweise, um den Zusammenhang rasch zu erschliessen:
Zitat von PeterCoyoteich hoffe meine Erinnerung spielt mir keinen Streich, jedenfalls kommt mir ein ansprechendes Werbeplakat der FAZ aus den 80ern, betitelt "Dahinter steckt immer ein kluger Kopf", in den Sinn.
Ich sehe es vor mir, lieber PeterCoyote, würde es aber eher in die sechziger Jahre verlegen. Eine Darstellung in kontrastreichem Schwarzweiß, fast wie ein Scherenschnitt. Man sieht einen sitzenden Mann, der die Beine übereinandergeschlagen hat und der die FAZ so entfaltet hält, daß man von seinem Oberkörper und seinem Kopf nichts sieht. Das war ja der Witz.
Ich habe eben bei Google Immages nachgesehen, aber diese Anzeige leider nicht gefunden; wäre interessant, wen von uns beiden seine Erinnerung trügt.
Zitat von PeterCoyoteKetzerisch könnte man sagen, daß FAZ und die FR in gleichen Proportionen an Niveau verloren haben.
Ich lese die FAZ nur sporadisch; auf Reisen zum Beispiel, im Urlaub. Sie scheint mir immer noch die deutlich beste deutsche Tageszeitung zu sein, hat aber - da stimme ich Ihnen zu - an Niveau verloren und sich nach links bewegt.
Aber was ist die Alternative? Beim Recherchieren im Web ist mir öfter aufgefallen, daß der "Tagesspiegel" sich um eine sachliche und umfassende Berichterstattung bemüht. Aber er hat wohl nicht den Apparat an Redakteuren und Korrespondenten, um zu einer ernsthaften Konkurrenz für die FAZ zu werden.
Die Werbekampagne wurde weiter fortgesetzt, aber in den letzten Jahrzehnten als Folge von Promis, die sich hinter der aufgeschlagenen Zeitung, also kaum zu erkennen, in einem Umfeld fotografieren ließen, das in einer manchmal sehr ironischen Beziehung zu ihnen stand (z.B. Hilmar Kopper vor einem Berg von Erdnüssen sitzend). Es gab dafür auch Auszeichnungen.
Meine Alternative besteht übrigens im Verzicht auf eine Tageszeitung. Aktuelle Nachrichten bekommt man aus vielen anderen Quellen, und für das regelmäßige Versorgen mit Hintergründen hat sich der Bezug des "Economist" bewährt (wie natürlich auch die Lektüre von "Zettel's Raum" ).
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2,2 % mal 3 sind 6,6 % und nicht "knapp fünf Prozent".
Aber in der Essenz haben Sie recht. Nur ist das auch nichts neues, machen doch in den Nachrichten die ... ständig irgendwas. Sogar noch häufiger als etwas "offenbar" geschieht.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Laissez faire, laissez aller, laissez abimer.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)
In Antwort auf:Früher wurden zuerst die offiziellen Angaben.. genannt und anschliessend dann auf die Propaganda der Veranstalter eingegangen. ... Offensichtlich übernimmt die FAZ Propagandaparolen der Veranstalter, ohne dieselben kritisch zu hinterfragen.
Von den sogenannten "Ostermärschen" meiner Jugend blieb mir in Erinnerung, daß die Westniederlassung der SED namens DKP mitsamt ihrer Tarnorganisationen und vor allem das Geld das Skelett derselben bildete. So demonstrierte man höchst glaubwürdig für den "Frieden" als sowjetische Panzer den Prager Frühling niederwälzten. In Brandenburg lebt die Nomenklatura mitsamt ihrer Speichellecker hochkonzentriert. Also die Leute, die die brutale Niederwalzung des Prager Frühling begrüssten. Die FAZ hätte also auch anders berichten können. Sozusagen ein wenig kritisch hinterfragen können, wer da für was und wie glaubwürdig auf die Strasse geht.
Zu meinem Entstzen habe ich feststellen müssen, dass die FAZ zwischenzeitlich auch bekannten Linksradikalen wie Oliver Tolmein eine Plattform bietet. Tolmein hat lange Zeit für die "Konkret" geschrieben, bevor er sich mit dem Herausgeber Hermann L. Gremliza überworfen hatte.
"...Anschließend betätigte sich Tolmein vorwiegend journalistisch. Er war einer der Gründungsredakteure des Öko-Test-Magazins, wechselte dann als Parlamentskorrespondent zur taz und später als Redakteur zu konkret; auch war er in den Jahren 1994/95 Chefredakteur der Tageszeitung Junge Welt..." http://de.wikipedia.org/wiki/Oliver_Tolmein
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