Wahrscheinlich meint er es gut, der Minister Rupprecht. Aber was er laut Internetauftritt seines Ministeriums über die DDR gesagt hat, das weckt doch erhebliche Zweifel, ob er verstanden hat, worum es bei der Aufarbeitung einer totalitären Diktatur geht.
Dabei ist ja der Gedanke, die Schüler wahrheitsgetreu über das Alltagsleben in der DDR aufzuklären gar nicht mal verkehrt, wenn er denn richtig umgesetzt wird. Das könnte einige Verklärungen verhindern. Ein 14-tägiger Aufenthalt im real existierenden (DDR-)Sozialismus der 70-er Jahre hat mich seinerzeit von allen vorhandenen sozialistischen Anwandlungen gründlich kuriert.
Zitat von ElomanDabei ist ja der Gedanke, die Schüler wahrheitsgetreu über das Alltagsleben in der DDR aufzuklären gar nicht mal verkehrt, wenn er denn richtig umgesetzt wird. Das könnte einige Verklärungen verhindern. Ein 14-tägiger Aufenthalt im real existierenden (DDR-)Sozialismus der 70-er Jahre hat mich seinerzeit von allen vorhandenen sozialistischen Anwandlungen gründlich kuriert.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von ElomanDabei ist ja der Gedanke, die Schüler wahrheitsgetreu über das Alltagsleben in der DDR aufzuklären gar nicht mal verkehrt, wenn er denn richtig umgesetzt wird. Das könnte einige Verklärungen verhindern. Ein 14-tägiger Aufenthalt im real existierenden (DDR-)Sozialismus der 70-er Jahre hat mich seinerzeit von allen vorhandenen sozialistischen Anwandlungen gründlich kuriert.
Lieber Gorgasal, das Etagenklo gab es im Westen auch noch ein paar Jahre zuvor. Ich glaube auch nicht, wenn für die meisten Bewohner der DDR die Lebens-Bedingungen ähnlich waren, das das zum Verdruß geführt hätte. Im Gegenteil, man wußte wahrscheinlich ganz genau, dem Nachbarn gehts nicht wesentlich besser oder schlechter als mir. Etwa so, wie etwa Anfang der 60ziger Jahre im Westen. Verlustgefühle kamen wohl erst mit den immer mehr werdenden Westbesuchen, die sich der neuesten Errungenschaften rühmten und damit ein Bild der BRD vermittelten, in dem angeblich Milch und Honig fließt.
Die DDR hat den Blick jedes Einzelnen kontaminiert mit Sehverboten, deren Wirkung häufig bis in die Gegenwart reicht. 19 Jahre nach dem Mauerfall könnte man meinen, die Vergangenheit in unseren Köpfen müsste sich verflüchtigt haben. Tatsächlich aber wirken die mentalen Folgen der Diktatur bis heute nach, selbst bei uns, die wir 1989 noch nicht erwachsen waren. Die DDR war wie ein Vexierbild: aus dem einen Blickwinkel ein junges, vielversprechendes Mädchen, aus dem anderen eine alte Hexe.
Als ich wieder in das Grenzdorf meiner Kindheit kam, war ich erstaunt, wie gut sich die Bewohner nach der Wende dort miteinander eingerichtet hatten. Der frühere Offizier von der Grenzarmee wohnt friedlich Haus an Haus neben dem ehemaligen Bautzen-Häftling, die Zugezogenen aus dem Westen leben neben dem Stasi-IM, und lange Jahre hat der PDS-Bürgermeister, der schon vor der Wende für die SED das Dorf regierte, die Fördermittel für die Dorfsanierung beantragt.
♥lich Nola
Die wahre Verantwortung trägt der Mitläufer in jedem von uns.
Vor ein paar Jahren bin ich aus Niedersachsen nach (Ost-)Berlin gezogen; wenn man hier in manchen Gegenden durch die Straßen zieht, erkennt man noch Reste des "großen Plans"; die Plattenbauten, die Standard-Schwimmhallen alle zwei Kilometer, die angeschlossenen Geschäfte usw. "Wir kümmern uns um die Bürger", das schimmert hier an vielen Ecken und Plätzen noch durch. Vielleicht ist das ja ein Grund für so manchen Nostalgiker; vielleicht ist das mit "Alltagsleben" gemeint, ein utopisches Musterstadtviertel. Das gab es so sicher nie, aber die Idee war sichtbar und ist es noch.
Aber ich stimme voll und ganz zu, keine historische Wertung der DDR kann an Stasi, Bautzen und Mauer vorbeikommen. Und der Aufstand über diese Geschichtsverklärer ist lange, lange überfällig.
Eine Anekdote am Rande: Hier in der Nähe gab es mal ein "OSTel - das DDR-Hostel" in einem besonders hässlichen Plattenbau. Fand ich seinerzeit unglaublich geschmacklos - aber ich war wohl nicht allein; inzwischen wurde die Fassade bunt angestrichen und in "Casa Espana" oder so umfirmiert. Es gibt Hoffnung ;)
Ich beschäftige mich momentan ziemlich intensiv mit der Frage der Aufarbeitung der DDR.
Ich bin sogar dem Verfasser des Zitats dienstlich unterstellt ;-)
Meine Meinung dazu ist mehr als ambivalent und ich sehe mich außerstande hier mal eben was zum Besten zu geben. Ich möchte nur einen kleinen Denkanstoß in die Runde werfen. Ein Thesenpapier von Dr. Michael Froese, das er im Vorfeld einer Diskussion die am 22.04.09 in der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung stattfinden wird, verfasst hat. Er macht eine sozialpsychologische Perspektive auf, von der ich nicht weiß ob ich mich damit anfreunden kann, die aber doch ganz anregend ist:
Zitat von C.K.Ein Thesenpapier von Dr. Michael Froese, das er im Vorfeld einer Diskussion die am 22.04.09 in der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung stattfinden wird, verfasst hat. Er macht eine sozialpsychologische Perspektive auf, von der ich nicht weiß ob ich mich damit anfreunden kann, die aber doch ganz anregend ist: http://www.politische-bildung-brandenbur...l22_froese.html
Mir scheint, lieber C.K., daß Froese einen wesentlichen Aspekt der ostdeutschen Befindlichkeit trifft - soweit ich das beurteilen kann. Zwei Anmerkungen dazu:
1. Das Gefühl, das er beschreibt, hat ja eine Geschichte, eine sehr deutsche Geschichte. Es ist die Geschichte vom redlichen "Deutschen Michel", der von den cleveren Anderen über den Tisch gezogen wird - dem perfiden Albion, den Welschen. Auch den Juden; der Antisemtismus speist sich zum Teil aus diesem Gefühl. Ich weiß nicht, ob jemand mal untersucht hat, was seine historischen Wurzeln sind; ich vermute, sie reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück, als Deutschland seinen Status als die führende Macht Europas verlor. Und parallel dazu seine kulturelle Stellung.
2. Je älter ich werde, umso mehr halte ich es mit Alfred Adler: Kaum etwas ist für die meisten Menschen so wichtig, als daß sie auf sich stolz sein dürfen und Anerkennung erfahren. Keine Kränkung sitzt so tief wie die, die entsteht, wenn man jemandem zu verstehen gibt, daß man nichts von ihm hält.
Bis 1989 gab es wohl so etwas wie einen DDR-Stolz - man war besser als die Russen, als der ganze Ostblock. Kaum etwas hat mich bei Reisen in die DDR nach 1989 mehr überrascht als die durchgehende negative, ja herablassende Haltung gegenüber den "Freunden" und vor allem auch gegnüber den östlichen Nachbarn. Man lebte weit schlechter als der Westen, das sah man ja täglich im TV (obwohl wenige einen Begriff davon hatten, wie groß der Abstand wirklich war). Aber man lebte besser als die Russen, die Polen, die Tschechen. Das hatte man sich selbst erarbeitet, und darauf war man stolz.
Von diesem Stolz ist mit der Wiedervereinigung nichts geblieben. Was immer man geleistet hatte - es war nichts im Vergleich zum Westen; entwertet.
Mir scheint, lieber C.K., diese aktuelle Erfahrung hat sich mit der geschichtlichen Tradition dieses sehr deutschen Gefühls, zu kurz gekommen zu sein, von den anderen ausgetrickst zu werden, verbunden. Und das Ergebnis ist das, was Froese beschreibt.
Sicher nicht die ganze Story. Vor allem sicher nicht für alle Bürger zutreffend. Aber doch für das Drittel, das er glaube ich nennt.
In Antwort auf:Dabei ist ja der Gedanke, die Schüler wahrheitsgetreu über das Alltagsleben in der DDR aufzuklären gar nicht mal verkehrt, wenn er denn richtig umgesetzt wird.
ja sicher, angesichts der antidemokratischen Grundeinstellung, des nicht einmal Drittels der Bürger der NB, welche das Wort Unrechtsstaat für uneingeschränkt zutreffend halten, der Verherrlichung des Sozialismus und des SED Staats und andere, im Osten weit verbreitete Einstellungen, wäre es schon angebracht, nicht nur die Schüler wahrheitsgetreu über das Alltagsleben im Sozialismus aufzuklären.
Wenn der Gedanke denn richtig umgesetzt wird. Tja, und an dieser Stelle überlesen meine Vorkommentatoren bisweilen leider Zettels Anführungszeichen bezüglich der "Schattenseiten die DDR". Dabei kommt es genau auf die an, denn schon das Gerede von "Schattenseiten die DDR" zeigt überdeulich, daß der Gedanke bereits im Ansatz falsch umgesetzt wird.
Wo es "Schattenseiten" gibt, da gibt es nämlich auch "Lichtseiten" und da wären wir schon wieder bei dem unter den Beschönigern des Sozialismus beliebten Aufrechnen von aus dem Zusammenhang gerissenen Einzelaspekten angelangt. Klar, die Thüringer Bratwurst war auch zu Zeiten des SED Staats von exzellenter Güte, allerdings nur dann, wenn man privilegiert war und sie von privater Seite erwerben konnte. Sicher waren die Bürger sozial abgesichert, allerdings in allgemeiner materieller und kultureller Verarmung und eine Sozialgerichtsbarkeit gab es in der DDR erst gar nicht. Recht war generell was die Partei wollte. Klassenjustiz nennt man das. Typisch für den Unrechtsstaat.
Natürlich könnte man noch seitenlang solche Gegenüberstellungen einstellen, aber darum geht es nicht, sondern darum, daß, wer Einzelaspekte im Zusammenhang mit der DDR, dem Nazismus, der Sowjetunion und anderen totalitären Sozialdiktaturen aufrechnet, der beschönigt den Totalitarismus bewusst oder unbewusst und der verstreut auch Illusionen über das Machbare. Die soziale und wirtschaftliche Sicherheit, welche insbesondere im SED Staat sozialisierte Bürger vom bundesdeutschen Staat erwarten, die gibt es nicht und die kann es auch nicht geben. Man sollte in diese Gruppen gezielt hineinwirken, um das falsche Bewusstsein an der Wurzel zu packen. Über das Mögliche und Unmögliche hat Günter Bannas übrigens einen richtungsweisenden Artikel geschrieben, auf den ich hinweisen möchte: http://www.faz.net/s/Rub594835B672714A1D...n~Scontent.html
Zitat von PeterCoyoteNatürlich könnte man noch seitenlang solche Gegenüberstellungen einstellen, aber darum geht es nicht, sondern darum, daß, wer Einzelaspekte im Zusammenhang mit der DDR, dem Nazismus, der Sowjetunion und anderen totalitären Sozialdiktaturen aufrechnet, der beschönigt den Totalitarismus bewusst oder unbewusst und der verstreut auch Illusionen über das Machbare.
So sehe ich das auch, lieber PeterCoyote, und habe es in diesem Artikel zu erläutern versucht.
In der alten Bundesrepublik wimmelte es ja geradezu von "Systemvergleichen", die Punkt für Punkt aufgelistet haben, was in der DDR und was in der Bundesrepublik besser war. Das stand sogar, wenn ich micht recht erinnere, ab den siebziger Jahren so in vielen Lehrplänen.
Das Ergebnis war meist ein Unentschieden - im einen System ist eben dies besser, im anderen jenes. Und die mehr oder weniger explizit formulierte Folgerung war, daß wir einen "Dritten Weg" brauchen, der die Vorteile beider Systeme vereint.
Ich habe gewiß auch nichts dagegen, den Alltag in der DDR realistisch darzustellen (schon um diesen Nostalgien entgegenzutreten). Aber wie in dem Artikel geschrieben: Das trifft eben nicht das Wesen der kommunistischen Diktatur. Bis 1939 war der Alltag unter den Nazis ähnlich - für die meisten. Nur nicht für die aktiven Demokraten, die Juden, die Homosexuellen. Aber von deren Verfolgung bekamen die meisten Deutschen nichts mit; so wie die meisten Bürger der DDR keine Angst haben mußten, in Hohenschönhausen zu landen.
Man mußte sich in beiden Diktaturen bloß arrangieren. Was aus meiner Sicht nichts Schuldhaftes ist. Nur sollte man den Alltag der sich Arrangierenden nicht mit dem Wesen einer totalitären Diktatur verwechseln.
Meine Meinung dazu ist mehr als ambivalent und ich sehe mich außerstande hier mal eben was zum Besten zu geben.
Ja, lieber C.K., auch ich habe bestimmt eine halbe Stunde auf den Monitor gestarrt und wusste nicht, ob ich, und wenn ja, wie ich auf Zettels Furor antworten sollte. "Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust" ... mit Goethe gesprochen.
Einerseits muss ich Zettel recht geben. Die DDR war eine Diktatur, das Regime war totalitär ... da gibt es nichts schön zu reden. Wir sollten auch allen Versuchen entgegentreten, einen Unrechtsstaat zu verharmlosen. Punkt.
Andererseits hat sich die DDR auf keinen Fall so gegen die Menschheit versündigt, wie es das Dritte Reich tat ... Vergleiche dieser Art (auch was die geschichtliche Aufarbeitung nach 20 Jahren betrifft) geraten immer schief und werden größtenteils Ablehnung bei den damaligen Bewohnern (so sie nicht persönlich verfolgt wurden) hervorrufen. Ich bin da eigentlich schon froh, wenn ein Politiker überhaupt von "Schattenseiten" spricht und diese den Schülern näherbringen will. Das immerhin ist besser als die Realitätsverweigerung der 68-er Lehrerschaft und das verträumte Gefasel diverser linker Politiker von der "sozialen Gerechtigkeit"
Das Thesenpapier Dr.Froeses finde ich übrigens durchaus interessant. Muss ich mal Punkt für Punkt durchgehen.
Zitat von CalimeroAndererseits hat sich die DDR auf keinen Fall so gegen die Menschheit versündigt, wie es das Dritte Reich tat ... Vergleiche dieser Art (auch was die geschichtliche Aufarbeitung nach 20 Jahren betrifft) geraten immer schief und werden größtenteils Ablehnung bei den damaligen Bewohnern (so sie nicht persönlich verfolgt wurden) hervorrufen.
Sofern sie nicht persönlich verfolgt wurden, lieber Calimero. Und das ist eben der Punkt.
Natürlich war das Dritte Reich ungleich schlimmer als die DDR. Es war so schlimm wie die Sowjetunion vor Chruschtschow. Und die DDR war vielleicht der Franco-Diktatur vergleichbar.
Aber stellen wir uns einmal vor - Sebastian Haffner hat so etwas in seinem Buch über Hitler ausgemalt - Hitler wäre 1937 ums Leben gekommen und das Dritte Reich damit zu Ende gegangen. Dann könnte man es genauso beurteilen wie heute die DDR: Die meisten Menschen arrangierten sich, und in ihrem Alltag ging es ihnen nicht schlecht. Nur eine Minderheit wurde verfolgt; und das bekam die Mehrheit kaum mit.
"Es war nicht alles schlecht" - wie oft habe ich das aus den Generationen meiner Eltern und Großeltern gehört. Nein, es war nicht alles schlecht. Schlecht war es nur, wenn man das Pech hatte, zu den Opfern zu gehören.
Ich halte es für wenig zielführend die DDR und das 3. Reich in ihren Schrecken gegeneinander abzuwägen. Eine historische Vergleichsperspektive - je nach Fragestellung - mag erkenntnisfördernd sein, aber das ist ja nicht die HErangehensweise im öffentlichen Diskurs. Was soll der Wert einer Aussage sein, die im Kern "Es gab ein System das schlimmer war" oder "Auch die DDR war eine Diktatur, so wie das 3. Reich"" bedeutet?
Die DDR war eine Diktatur, in der auch die immer wieder beschworenen sozialen Wohltaten eben keine Bürgerrechte waren, sondern Privilegien, die im Falle des Mißverhaltens gnadenlos und ohne die Möglichkeit auf verwaltungsrechtlichem Wege dagegen vorzugehen, entzogen werden konnten. Wer in den Fängen des MfS war, war ausgeliefert. Die Gründe die dazu führten sind teilweise so grotesk, dass man es in der Rückschau kaum fassen kann. Aber so war die DDR. So ist der Sozialismus.
Allerdings haben viele Menschen es so nicht erlebt. Ob sie einfach keine Gelegenheit dazu hatten oder weggesehen haben ist irrelevant. Der Punkt ist, dass diese Menschen eine Lebenswirklichkeit hatten, die es in jeder Diktatur gibt. Wie schafft man es - im ersten Schritt als Historiker, im zweiten als Öffentlichkeit - beides zusammen zu bringen. Die Ausarbeitung hat sich lange vor allem auf Partei und Repressionsapperat konzentriert. Aber Mauer, MfS etc. waren nur ein kleiner Teil dessen, was das tägliche Leben ausgemacht hat. Wenn man nicht gerade zu den Opfern gehörte. Wenn man solchen Menschen immer mit einer zunehmend von Überzeugung entkernten Diktaturabschwörung kommt, machen die dicht. Genau so wie sie am 1. Mai das Winkelement in die Hand genommen haben, sagen sie jetzt draussen, dass die DDR verdammendwert war und im stillem Kämmerlein, oder der Parteiversammlung "Der Linken", dass ja doch nicht alles schlecht war. Mit den Leuten die nicht Opfer und vielleicht auch Täter waren, müssen wir heute einen Staat und eine Gesellschaft bilden. Dazu gehören leider auch Leute wie Gysi und Bisky und deren Gefolgschaft.
Ich weiß nicht, wie ein Diskurs aussehen soll, der beidem gerecht wird. Der Aufklärung über die Unterdrückungsmechanismen und das Unrecht und das "normale" Leben. Allerdings glaube ich, dass genau so ein Diskurs notwendig ist, um die Rattenfänger zu bekämpfen. Sicher bin ich mir aber, dass jeder alles sagen dürfen muss. Jeder hat das Recht sich lächerlich zu machen. Die Reaktion darf dann nicht sein: "Das darf man nicht sagen" oder "Wenn man in den 60er sowas über das 3. Reich gesägt hätte", sondern man muss den Menschen mit Sachargumenten begegnen, die eben der Komplexität der DDR gerecht wird, ohne die Weichspülnummer zu fahren.
Hier noch ein Link, zu einem brillianten Aufsatz (als PDF) von Martin Sabrow, für den er m.E. sehr zu Unrecht gescholten wurde. Er legt hier seine Version von Aufarbeitung dar. Sehr anregend. http://www.zzf-pdm.de/Portals/_Rainbow/D...%20Sinnwelt.pdf (edit) der Server des ZZF scheint down zu sein. Der Aufsatz heißt "Sozialismus als Sinnwelt" von Martin Sabrow.
ich meine, ihre Ansichten zu kennen ... und, ja sie entsprechen auch den meinen. Nur betrachten sie das zu untersuchende Objekt quasi von außen, währenddessen ich hier seit meiner Geburt mittendrin bin. Ich habe Eltern, Verwandte, Freunde, die hier aufgewachsen sind ... ich kenne die Sprüche vom "Sozialismus, der an sich gut ist, nur schlecht ausgeführt wurde" zur Genüge. Es hat Jahre gebraucht um aus mir einen Sozialismusverächter werden zu lassen und dazu bedurfte es nicht nur Zeit, sondern auch persönlichem Interesse am Thema (Mediennutzung, Bücher, Nachdenken ... und auch Blogs wie ihrer).
Es ist m.E. nicht hilfreich, über einen Politiker herzufallen, der wenigstens die "Schattenseiten" an diesem totalitären Staat aufzeigen möchte, während die linksgrüne Intelligenzja diese ungestraft durchs Rost fallen lässt.
Man kann vom intellektuellen Elfenbeinturm (westlich der Elbe) trefflich über Wortwahl und Bestimmtheit einer Aussage urteilen, ob sie nun der reinen Lehre entspricht ... aber solche Spitzfindigkeiten (wo Schatten, da auch Licht) treffen hier nicht unbedingt auf fruchtbaren Boden. Sogar ich, der ich mich für einen durchaus kritischen, liberalen Geist halte, musste ja erstmal eine Weile überlegen, wie ich auf den Eröffnungstext antworte (wie gesagt, zwei Seelen...).
Ich weiß nicht, wieviele Millionen Eltern/Großeltern ihrem Nachwuchs "ostalgisches Gedankengut" mit auf den Lebensweg geben. Ich weiß nicht, wieviele dieser Kinder das Ganze unreflektiert ins Erwachsenenleben mitnehmen. Aber ich bin froh über jeden Versuch der unternommen wird, um einer nachträglichen Verklärung der DDR Einhalt zu gebieten.
Herzlich, Calimero
P.S. Mit den Opfern haben sie natürlich recht, nur habe ich damals keines gekannt, wie vermutlich die meisten DDR-Bürger nicht. Erst Jahre später hat sich mir gegenüber eine Arbeitskollegin offenbart, der "versuchte Republikflucht" vorgeworfen wurde und die darum für zwei Monate im Gefängnis saß. Die "Wende" brachte ihr glücklicherweise die Freiheit. Ich war angesichts ihrer Schilderungen entsetzt.
Zitat von Calimeroich meine, ihre Ansichten zu kennen ... und, ja sie entsprechen auch den meinen. Nur betrachten sie das zu untersuchende Objekt quasi von außen, währenddessen ich hier seit meiner Geburt mittendrin bin.
Ich habe Eltern, Verwandte, Freunde, die hier aufgewachsen sind ... ich kenne die Sprüche vom "Sozialismus, der an sich gut ist, nur schlecht ausgeführt wurde" zur Genüge. Es hat Jahre gebraucht um aus mir einen Sozialismusverächter werden zu lassen und dazu bedurfte es nicht nur Zeit, sondern auch persönlichem Interesse am Thema (Mediennutzung, Bücher, Nachdenken ... und auch Blogs wie ihrer).
Sie haben Recht, lieber Calimero, ich sehe das von außen. Deshalb bemühe ich mich ja auch, niemanden für die Art zu kritisieren, wie er sich in der DDR verhalten, wie er sich an das angepaßt hat, was nun mal das Land war, in dem er leben mußte. Er hatte ja noch nicht mal die Alternative, zu gehen, ohne sein Leben zu riskieren, mindestens Jahre im Gefängnis. Vielleicht ist es mir gelungen, diese Position in der Diskussion über Angela Merkel deutlich zu machen, der man und die sich überhaupt nichts vorzuwerfen hat.
Also, ich bin ein "Außenstehender". Trotzdem bin ich aus zwei Gründen auch persönlich involviert:
Erstens, weil ich jetzt zum zweiten Mal eine "Aufarbeitung" erlebe; und die des Dritten Reichs - die Diskussionen und vor allem die Nicht-Diskussionen mit meinen Eltern - stehen mir jetzt wieder vor Augen. Mit genau denselben Argumenten: Ihr habt das nicht selbst erlebt, ihr könnt es nicht beurteilen. Was hätten wir denn machen sollen? Es war nicht alles schlecht usw.
Zweitens gehöre ich ja selbst auch zu denen, die ein absolut falsches Bild von der DDR hatten.
Ich habe das in den siebziger, teils noch in den achtziger Jahren so gesehen, wie es Rupprecht jetzt sagt: Die DDR hatte "Schattenseiten". Aber vieles war eben auch gut, so schien es mir. Wie Sellering es kürzlich bekräftigt hat.
Meine Informationen bezog ich aus dem "Spiegel", aus den Sendungen der ARD und des ZDF, vor allem aus der "Zeit", die mir damals sehr seriös zu berichten schien.
Aber Marlies Menge, deren Korrespondentin in Ostberlin, hat ein völlig falsches, ein geradezu grotesk falsches Bild von der DDR gezeichnet. Mit unseren Verwandten hatten wir Briefkontakt; etwas anderes ging ja nicht. Und da haben sie sich natürlich angesichts der mitlesenden Stasi gehütet, die Wahrheit zu schreiben.
Trotzdem hätte ich es besser wissen können. Es gab auch ehrliche Berichte über die DDR, zum Beispiel die von Gerhard Löwenthal und Fritz Schenk (er war selbst einmal SED-Funktionär gewesen) im "ZDF-Magazin". Aber ich hielt das damals für antikommunistische Propaganda. Die meisten Liberalen hielten es dafür.
Also, ich habe mich geirrt; und ich finde, man muß das sagen und die Gründe analysieren. Ich finde, das muß auch jemand wie Rupprecht tun. Wenn er sagt, er sei "feige" gewesen, dann klingt das so, als hätte er eigentlich das Regime abgelehnt und nur nicht den Mut zum Widerstand gehabt. Hat er es wirklich abgelehnt?
Zitat von CalimeroEs ist m.E. nicht hilfreich, über einen Politiker herzufallen, der wenigstens die "Schattenseiten" an diesem totalitären Staat aufzeigen möchte, während die linksgrüne Intelligenzja diese ungestraft durchs Rost fallen lässt.
Man kann vom intellektuellen Elfenbeinturm (westlich der Elbe) trefflich über Wortwahl und Bestimmtheit einer Aussage urteilen, ob sie nun der reinen Lehre entspricht ... aber solche Spitzfindigkeiten (wo Schatten, da auch Licht) treffen hier nicht unbedingt auf fruchtbaren Boden. Sogar ich, der ich mich für einen durchaus kritischen, liberalen Geist halte, musste ja erstmal eine Weile überlegen, wie ich auf den Eröffnungstext antworte (wie gesagt, zwei Seelen...).
Mir ist das beim Schreiben auch durch den Kopf gegangen, lieber Calimero. Während ich geschrieben habe, ist der Text polemischer geworden, als ich es eigentlich vorgehabt hatte.
Aber ich bleibe dabei: Es ist keine angemessene Aufarbeitung der Diktatur, von Schattenseiten zu sprechen und sich zu wünschen, daß Schüler mehr vom Alltagsleben erfahren. Vielleicht bin ich deshalb so engagiert, weil ich eben die analogen Diskussionen (zu wenige) mit meinen Eltern hatte. Ich wollte ja gar nicht, daß sie eine "Schuld" eingestehen, die sie wirklich nicht hatten. Ich wollte aber, daß sie einsehen würden, welches der Charakter dieses Systems gewesen ist. Daß sie sich geirrt hatten, wenn sie darin auch Gutes gesehen haben.
Mag sein, daß ich dieses Thema, das mich seit Jahrzehnten beschäftigt - seit fast einem halben Jahrhundert, kann man sagen - nicht mit der persönlichen Polemik gegen Rupprecht hätte verbinden sollen. Insofern ist der Artikel vielleicht nicht geglückt.
Zitat von C.K.Ich halte es für wenig zielführend die DDR und das 3. Reich in ihren Schrecken gegeneinander abzuwägen. Eine historische Vergleichsperspektive - je nach Fragestellung - mag erkenntnisfördernd sein, aber das ist ja nicht die HErangehensweise im öffentlichen Diskurs. Was soll der Wert einer Aussage sein, die im Kern "Es gab ein System das schlimmer war" oder "Auch die DDR war eine Diktatur, so wie das 3. Reich"" bedeutet?
In jenem öffentlichen Diskurs gibt es, lieber C.K., nicht nur bei den Politikern der Partei, die sich jetzt "Die Linke" nennt, das Bestreben, die offenkundigen Gemeinsamkeiten zwischen beiden Spielarten des Totalitarismus zu leugnen. Weil das so ist, betone ich sie. Man muß meines Erachtens, auch wenn man nur die schwachen Möglichkeiten eines Bloggers hat, gegen diesen Versuch angehen, ein politisches Koordinatensystem zu etablieren, in dem auf der einen Seite die "Neoliberalen" sind und auf der anderen diejenigen, die für Solidarität usw. eintreten - einschließlich natürlich der Kommunisten selbst.
In diesem Koordinatensystem befinden sich natürlich die beiden Spielarten des Totalitarismus an entgegengesetzen Polen der Hauptdimension des Politischen. Da sind sie aber nicht. Die Gemeinsamkeiten liegen auf der Hand. Also weise ich auf sie hin. Die Herrschaftssysteme waren weitgehend identisch; von der Staatspartei und der für alle verbindlichen Staatsideologie über die Existenz von Massenorganisationen, die Durchdringung des ganzen Lebens (Gleichschaltung nannten es die Nazis) mit von der Partei abhängigen Organisationen bis hin zur Geheimpolizei, zu willkürlichen Verhaftungen usw.
Bis in die Ästhetik gehen die Gemeinsamkeiten. Die Ablehnung der Moderne bei allen Kunstformen, eine grobschlächtige Trivialästhetik, der Kult des Proleten usw.
Wenn man nun auf diese Gemeinsamkeiten hinweist, dann kommen von linken, auch vielen liberalen Gesprächspartnern drei Standard-Einwände:
Erstens hätten die Nazis vieles von den Kommunisten geklaut - die Aufmärsche, die Jugendorganisationen usw. Das stimmt natürlich; Hitler hat es ja in "Mein Kampf" beschrieben. Aber das macht die Sache ja nicht besser.
Zweitens wird argumentiert, was bei den Nazis aus ihrer Ideologie entspringe, sei bei den Kommunisten Abweichung, Entartung, halt der böse Stalinismus gewesen. Ich halte das für ganz falsch. Marx hatte keine Blaupause für die sozialistische Gesellschaft. Diese ist von Lenin und Stalin geformt worden. Sie haben das, was Marx vage als die Diktatur des Proletariats bezeichnet hat, mit Inhalten gefüllt. Marx selbst hat sich, von ein paar Bemerkungen in seinen Frühschriften und den Randglossen zur Kritik des Gothaer Programms abgesehen, überhaupt nicht für den Sozialismus interessiert.
Und drittens kommt unweigerlich das Argument, die DDR hätte keinen Krieg angefangen und in ihr habe es keinen Holocaust gegeben. Und das ist, lieber C.K., der Grund, warum ich mir angewöhnt habe, die Unterscheidung vorzunehmen, von der Sie schreiben, sie sei "nicht zielführend".
Aus meiner Sicht dient sie dem Ziel, diesem dritten Argument entgegenzutreten. Denn mit Hitlers Regime sollte man nicht die DDR vergleichen, sondern das Regime Stalins - und da kann man durchaus darüber streiten, welches verbrecherischer war und welcher der beiden Diktatoren mehr Menschen auf dem Gewissen hat.
Die DDR existierte unter anderen Bedingungen. Bedingungen, die denen des Franco-Regimes in den fünfziger und sechziger Jahren vergleichbar sind. Deshalb sollte man diesen Vergleich ziehen. Und wieder geht er nicht zugunsten der kommunistischen Variante aus.
Herzlich, Zettel
PS: Sie haben völlig Recht - auf einer wissenschaftlicher Ebene bewegen sich solche Überlegungen natürlich nicht. Da wären die Herrschaftssysteme im einzelnen zu analysieren. Mich würde zB ein Vergleich zwischen Gestapo und Stasi interessieren. Mein Eindruck ist, daß die Gestapo mehr auf Denunzianten setzte, die Stasi mehr auf Spitzel; daß die Gestapo ungleich brutaler war, die Stasi weitaus mehr darauf bedacht, den ganzen Staat lückenlos zu überwachen und ja auch weitgehend zu kontrollieren. Also - falls das schon jemand wissenschaftlich aufgearbeitet hat - das zum Beispiel würde mich interessieren.
Nola, ich kann Dir da nur zustimmen. Die erste Wohnung unserer kleinen Familie hatte auch noch ein Etagenklo. Um Komfort ging es mir nicht, als ich 1989 auf die Straße ging. Es ging mir wirklich um Grundrechte wie Gedankenfreiheit und freien Zugang zu Informationen. Man sollte nie vergessen: die DDR war ein Land, in dem man nur wegen eines West-Buchs oder eines kopierten DDR-kritischen SPIEGEL-Artikels seinen Studienplatz verlieren konnte.
Ja, ich habe die Kohlen aus dem Keller ins Dachgeschoss geschleppt und ich habe unsere Wohnung ein Vierteljahr lang saniert. Na und? Es gab einfach noch nicht überall die technischen Möglichkeiten für eine Gas-Etagenheizung in jedem alten Gebäude. Aber ich hatte kein Problem mit den Kohlen oder der Eigeninitiative beim Sanieren, sondern ein Problem mit der Unterdrückung der freien Meinung.
Zitat von stefanolixNola, ich kann Dir da nur zustimmen. Die erste Wohnung unserer kleinen Familie hatte auch noch ein Etagenklo. Um Komfort ging es mir nicht, als ich 1989 auf die Straße ging. Es ging mir wirklich um Grundrechte wie Gedankenfreiheit und freien Zugang zu Informationen. Man sollte nie vergessen: die DDR war ein Land, in dem man nur wegen eines West-Buchs oder eines kopierten DDR-kritischen SPIEGEL-Artikels seinen Studienplatz verlieren konnte.
Ja, ich habe die Kohlen aus dem Keller ins Dachgeschoss geschleppt und ich habe unsere Wohnung ein Vierteljahr lang saniert. Na und? Es gab einfach noch nicht überall die technischen Möglichkeiten für eine Gas-Etagenheizung in jedem alten Gebäude. Aber ich hatte kein Problem mit den Kohlen oder der Eigeninitiative beim Sanieren, sondern ein Problem mit der Unterdrückung der freien Meinung.
Das kann ich gut verstehen, lieber Stefanolix. Und genau das hatte ich auch gemeint. Als junge Familie 1972 bezogen wir unsere erste eigene Wohnung, in welcher das Etagenklo gerade in die Wohnung renoviert worden war. Allerdings ist das einer der wenigen Altbauten aus 1934 gewesen, die den Krieg überstanden hatten.
Wer niemals so wie Du und andere Mitschreiber hier, das DDR-System gelebt hat, kann vermutlich kaum nachempfinden, wie schlimm das wirklich war. Wirtschaftliche Nachteile, wie gesagt, hätte ich wohl ganz gut kompensiert, aber ohne Meinungsfreiheit hätte mir sicherlich schlimmes bevorgestanden, sozusagen als Querulant.
♥lich Nola
Die wahre Verantwortung trägt der Mitläufer in jedem von uns.
Ich wäre der letzte, der die "Schattenseiten" der DDR auf Etagenklos reduziert.
Ich fürchte nur, dass Meinungsfreiheit für manche Mitbürger ein zu abstraktes Gut ist. Bei denen hätte vielleicht ein simpler Vergleich der Lebensbedingungen Ost-West mehr Aussicht, Denkprozesse anzuregen. Aber da mag ich mich auch irren...
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von GorgasalIch wäre der letzte, der die "Schattenseiten" der DDR auf Etagenklos reduziert. Ich fürchte nur, dass Meinungsfreiheit für manche Mitbürger ein zu abstraktes Gut ist. Bei denen hätte vielleicht ein simpler Vergleich der Lebensbedingungen Ost-West mehr Aussicht, Denkprozesse anzuregen. Aber da mag ich mich auch irren...
Lieber Gorgasal, was mich mit am meisten zum Nachdenken gebracht hat, das war ein Besuch im Haus am Checkpoint Charly.
Wenn Menschen sich diese unendliche Mühe machen, alle diese Fluchtapparate zu bauen und Fluchtmöglichkeiten zu ersinnen - wie muß es dann in dem Staat ausgesehen haben, der sie gefangen hielt?
Es waren ja ganz normale Bürger, die das gemacht, die ihr Leben riskiert haben, nur um raus zu kommen aus diesem Staat. Ich finde, das sagt mehr über die Lebensbedingungen in der DDR als alle Details über den Alltag.
Die NZZ scheint eine Serie mit um 20 Jahre zeitversetzten Artikeln zu bringen:
Zitat von NZZ, 31.3.1989 Vor allem aber liess sich die notorisch devisenhungrige DDR Lockerungen des Reise-Regimes jeweils von der Bundesrepublik fürstlich versilbern. So wurden über die Jahre hinweg immer mehr Reisen von DDR-Bürgerinnen und -Bürgern nach Westdeutschland erlaubt, wenn auch unter strengen Einschränkungen. Für diese «Westbesuche» kamen – abgesehen von den sogenannten Reisekadern des Regimes – nur Rentner und Einzelpersonen für Verwandtenbesuche in Frage. Letztere mussten ihre Familien zurücklassen, so dass sichergestellt war, dass sie, wie die SED-Machthaber hofften, auch wieder in die DDR zurückkehrten. ...
Immerhin waren vor dem Bau der Mauer im Jahre 1961 pro Monat fast 20 000 Menschen, zumeist gut ausgebildete, aus der DDR geflüchtet – ein Aderlass, der darauf hinwies, dass das Land in einem offenen politischen System nicht überlebensfähig war.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von NZZ, 31.3.1989Immerhin waren vor dem Bau der Mauer im Jahre 1961 pro Monat fast 20 000 Menschen, zumeist gut ausgebildete, aus der DDR geflüchtet – ein Aderlass, der darauf hinwies, dass das Land in einem offenen politischen System nicht überlebensfähig war.
Das gilt, lieber Gorgasal, ja für jedes sozialistische Land, aus dem es Fluchtmöglicheiten gibt.
Würde Cuba die Ausreise gestatten, dann wären innerhalb weniger Wochen die meisten Cubaner - jedenfalls die hinreichend jungen - in Florida. Würde Nordkorea seine Grenze öffnen, dann gäbe es eine Völkerwanderung nach Südkorea.
"Abstimmung mit den Füßen" haben das vor allem CDU-Politiker wie Rainer Barzel damals genannt. Eine treffende Bezeichnung, die von der SPD freilich vermieden wurde. Wie überhaupt die westdeutsche Linke (einschließlich der "Linksliberalen") ein "vernünftiges" Verhalten der DDR-Bevölkerung befürwortete. Was bedeutete, sie sollte gefälligst da bleiben, wo das Schicksal sie nun einmal hingestellt hatte.
Es wäre interessant, mal in der "Zeit" der Jahre vor dem Mauerbau zu lesen. Vielleicht nehme ich mir mal den einen oder anderen der damaligen "Spiegel"-Bände vor.
Zitat von Zettel"Abstimmung mit den Füßen" haben das vor allem CDU-Politiker wie Rainer Barzel damals genannt. Eine treffende Bezeichnung, die von der SPD freilich vermieden wurde. Wie überhaupt die westdeutsche Linke (einschließlich der "Linksliberalen") ein "vernünftiges" Verhalten der DDR-Bevölkerung befürwortete.
Richtig. Und das gilt bis heute. Wenn es um den Mauerbau geht, akzeptieren die Linken bis heute die Argumentation, die DDR hätte sich legitimerweise gegen das "Ausbluten" wehren müssen. Da wird maximal Kritik an der gewählten Methode geübt.
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