Gabor Steingart hat in "Spiegel- Online" fundamentale Kritik am G-20-Gipfel geübt.
Seine Argumentation erscheint mir schlüssig, aber ich kann sie nicht genügend beurteilen, um dazu in ZR etwas zu schreiben. Die Meinung derer, die mehr von Ökonomie verstehen als ich, würde mich aber sehr interessieren.
naja, bei Steingart war's natürlich wieser Bush, der fiskalisch sicher ein Sünder war, aber der hat die Vergabe von Krediten an Leute, die sonst keine bekommen hätten, ja nicht erfunden. Aber alle haben zugesehen, wie Banken ihre Leverage mit computerisierten Risikoberwertungen in die Höhe geschraubt haben, bis der Housing Market einknickte und die Computerprogramme plötzlich ganz anderes ergaben und die Banken plötzlich ohne Eigenkapitaldeckung dastanden. Deshalb trauen sie sich ja auch nicht mehr, denn keiner weiß, wieviele Leichen die andere Bank noch im Keller hat. Und ich kann einbfach nicht erkennen, was gegen die Ursachen der Krise unternommen wird: o Keine Eindämmung der Staatsverschuldung, im Gegenteil! o Die Ratingaganturen, die Faules wohlriechend gemacht haben, sind immer noch am Markt o Die Bankenaufsichten, die die irrsinigen Ausgründungen zuließen und die Computermodelle akzeptierten sind noch da o Die Aufsichtsräte aus allen Bereichen der Politik müssen nichts verantworten o Die Vorstände, die die Incentives zugelassen (erfunden?) haben, die zu saublöden 'Optimierungen' führten, sind noch da Was ich erkennen kann, ist, daß wieder mal internationale nicht rechenschaftsprlichtige Intitutionen mit sagenhaftem geld ausgestattet werden und auch sonst wieder mal jeder sein Lieblingsstecknpferd, nun zur Bewältigung der Krise, reitet und sich das von den Steuerzahlern finazieren läßt.
Nein, kein Grund zum Optimismus aber eine Menge Grund zur Kritik!
In Antwort auf:Im Kampf gegen die Wirtschaftskrise wird nach wie vor mehr und mehr Geld eingesetzt. Wohin das führen kann, wissen Ökonomen nur allzu gut: Die Staaten verschulden sich und wälzen diese Last früher oder später auf ihre Bürger ab. Die sind es schließlich, die eigentlich das Geld haben. Es folgen Steuererhöhungen und - eine vielfach unterschätzte Gefahr: die Rückkehr der Inflation.
Zitat von Thomas Pauli Aber alle haben zugesehen, wie Banken ihre Leverage mit computerisierten Risikoberwertungen in die Höhe geschraubt haben, bis der Housing Market einknickte und die Computerprogramme plötzlich ganz anderes ergaben und die Banken plötzlich ohne Eigenkapitaldeckung dastanden.
Was ich mich immer wieder gefragt habe - und hier ja auch immer wieder als Frage "an die Runde" gestellt habe -, ist:
Was steckte hinter diesem äußeren Ablauf, daß die Krise so ernst werden konnte? Oder steckte gar nichts dahinter, flatterte da einfach nur ein Schmetterling im Himalaya?
Wenn ich Steingart richtig verstehe, dann sieht er die Immobilienkrise nur als den Auslöser an. Die eigentliche Ursache war, daß es eine weltweite Kreditblase gab - daß Geld da war, dem keine Gegenwerte entsprachen. Und zwar auf allen Märkten, nicht nur dem für Immobilien. Und weltweit, nicht nur in den USa, obwohl diese es am dollsten getrieben haben.
Steingart hat übrigens das Platzen der seinerzeitigen Internet-Blase wenige Monate zuvor vorhergesagt, als die meisten noch der Überzeugung waren, der Dax werde immer weiter klettern.
Wenn er Recht hat, dann ist die jetzige Therapie ja geradezu gegenindiziert. Wie bei einem Alkoholiker, der eine Flasche Schnaps gegen den Kater trinkt.
Die Kreditblase wird bekämpft, indem man sie weiter aufbläht.
Wenn denn Steingart Recht hat; und das kann ich halt nicht beurteilen. Wie bei der globalen Erwärmung fällt es mir schwer zu glauben, daß die Fachleute sich unisono irren.
Vielleicht könnte man noch das aus den Meiden ganz verschwundene US-Außenhandelsdefizit in die Runde werfen? Die USA haben mit frisch gedrucktem Geld finanziert und davon gelebt, daß die halbe Welt diese Dollars auf den Konten geparkt hat. Das ist eine versteckte Inflation. Das heißt sehr geringe Zinsen bei konservativen, auf Sicherheit gebauten Geldanlagen. Eine wichtige Sichehrheitsanlage sind Staatsanleihen. Die verlieren ihren Weiterverkaufswert, wenn der Staat überschuldet und den Markt damit überschwemmt. Allgemein hat sich besonders in den USA eine Kultur des Schuldenmachens eingebürgert. Man studiert auf Schulden, und zahlt diese anschließend auf Kreditkarte zurück. Kauft sich gleichzeitig auf Schulden ein tolles Haus und dann ein großes Auto (sportlicher Familientruck) und dann ein Boot zum Designersurfboard und, und und. Abgezahlt wird i.d.R. nie. Es wird immer nur umgeschuldet auf immer neue Kreditkarten. Zwischendurch wird man vielleicht mal krank oder arbeitslos und ist glücklich, ein paar Kreditkarten auf Vorrat zu haben. Und all diese Kredite, hinter denen keine stabilen, schon gar keine wachsenden, Werte stehen wurden natürlich von den Gläubigern natürlich als Sicherheiten für eigene Verschuldung genutzt. Aber wenn man ein Auto zwanzigmal weiterverpfändet, rostet es ja trotzdem nicht langsamer. Also meine unfachmännische These ist die: Viel von den schönen Zahlen, die als "Geld" um die Welt gewandert sind, waren einfach Fantastilliarden. Das meiste war eingebildeter Wohlstand, zusammenphantasiertes Vermögen, daß man eifrig weiterverliehen hat. Wenn da eine wichtige Säule wie die Immobilienblase wegkracht, platzen dann halt die Tilgungsraten entlang der ganzen schönen Traumkette. Und alle kapieren plötzlich, daß sie ja seit Jahrzehnten gar kein Geld mehr im Tresor haben sondern nur Schulden und Tilgungsversprechen. Für die Realwirtschaft bricht da mehr weg als Konsumlaune und Bankeninvestitionen. Alle sind es inzwischen gewohnt, daß eine Fabrik neue Maschinen nicht mehr aus ihren Gewinnen bezahlt, sondern mit geborgten Geld kaufen muß. Kein Eigenkapital, keine Kriegskasse, nichts. Sparen hat sich nicht gelohnt. Sollte sich auch nicht lohnen. Eigenkapitalbildung wurde doch immer als Konjunkturhindernis begriffen. Die große Geldausschüttung soll helfen, die Schulden zu bedienen und die Realwirtschaft mit Investitionen zu versorgen. Aber erstens baut viel davon auf Schulden, und die Anleihen muß erstmal jemand kaufen wollen, und zweitens bringt das große Gelddrucken und Zinsensenken letztlich eine Entwertung der Fantastilliarden, die bei den Werkbänken der Welt aufgelaufen sind. Peking scheint schon ziemlich sauer zu sein.
Klug und fleißig - Illusion Dumm und faul - das eher schon Klug und faul - der meisten Laster Dumm und fleißig - ein Desaster The Outside of the Asylum
Wenn ich das richtig verstehe, lieber Califax, dann sind das alles Belege für Steingarts These.
Nur - wenn das so eindeutig ist, warum pumpen dann alle Staaten weiteres Geld in die Wirtschaft?
Vermutlich, weil sie dazu keine Alternative sehen. Wobei in den USA diese kurzfristige Behebung der schlimmsten Probleme im Vordergrund zu stehen scheint, während die Europäer, vor allem die Kanzlerin, längerfristig denken. Das ist ja auf dem G-20-Gipfel deutlich geworden.
Steingart scheint ja auch kein eigenes Rezept anbieten zu können.
Zitat von ZettelWenn ich das richtig verstehe, lieber Califax, dann sind das alles Belege für Steingarts These.
Nur - wenn das so eindeutig ist, warum pumpen dann alle Staaten weiteres Geld in die Wirtschaft?
Weil es der Karrieretod eines jeden Politikers wäre, jetzt kein Geld in die Wirtschaft zu pumpen?
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von ZettelWenn ich das richtig verstehe, lieber Califax, dann sind das alles Belege für Steingarts These. Nur - wenn das so eindeutig ist, warum pumpen dann alle Staaten weiteres Geld in die Wirtschaft?
Weil es der Karrieretod eines jeden Politikers wäre, jetzt kein Geld in die Wirtschaft zu pumpen?
Aber vielleicht auch der Kollaps der Weltwirtschaft?
Mir geht immer wieder dieser Gesichtspunkt durch den Kopf, den ich schon einmal erwähnt habe: Komplexe Systeme sollten, um stabil zu sein, modular aufgebaut sein. So macht man es beim Programmieren, so ist das Gehirn trotz seiner immensen Komplexität funktionsfähig.
Die Weltwirtschaft war das bis vor einigen Jahrzehnten, weil sie aus nationalen Wirtschaften bestand. Mit der Globalisierung schwindet diese relative Abschottung dahin. Mit dem Effekt, daß sich jeder Fehler irgendwo im System über das ganze System ausbreitet.
Schiffe haben Schotten, so daß eingedrunges Wasser nicht gleich das ganze Schiff füllt. Ob man nicht vielleicht in der Weltwirtschaft wieder solche Schotten brauchte?
Welche Möglichkeiten es dazu gibt, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht geht es doch gar nicht. Aber wie kann man dann ein so komplexes System stabil bekommen?
In Antwort auf:What the Obama administration is doing is far worse than nationalization: it is ersatz capitalism, the privatizing of gains and the socializing of losses. It is a “partnership” in which one partner robs the other. And such partnerships — with the private sector in control — have perverse incentives, worse even than the ones that got us into the mess.
So what is the appeal of a proposal like this? Perhaps it’s the kind of Rube Goldberg device that Wall Street loves — clever, complex and nontransparent, allowing huge transfers of wealth to the financial markets. It has allowed the administration to avoid going back to Congress to ask for the money needed to fix our banks, and it provided a way to avoid nationalization.
Und eine gute Analyse der Analyse findet sich hier und hier.
Die "Rube Goldberg Devices" dienen wohl am ehesten der Irreführung der Öffentlichkeit!
Zitat von ZettelWie bei der globalen Erwärmung fällt es mir schwer zu glauben, daß die Fachleute sich unisono irren.
Und wie bei der globalen Erwärmung sind die Fachleute in keinster Weise "unisono" für Stimuli der aktuell diskutierten Art. Beispiel: "A Microeconomist's Protest" von Mario Rizzo, Associate Professor an der NYU: http://www.thefreemanonline.org/uncatego...omists-protest/
Dazu sollte man sagen, dass Rizzo ein Vertreter der Österreichischen Schule ist, also sicherlich nicht tief im Mainstream.
Der Link kommt hierher:
Zitat von Don BoudreauxMario articulates far better than I have been able to do a point that I've tried to make for several months now -- as I put it (unhelpfully), "fiscal stimulus is an attempt to re-create the bubble conditions." Mario says it much better.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Nunja, momentan ist ja zuwenig Geld im Umlauf. Es wird gehortet. Was man jetzt versucht, ist quasi den Karren solange zu treten, bis er wieder ins Rollen kommt. Sobald er rollt, müßte man sofort Gas wegregeln und sogar die Bremse treten. Chokeprinzip.
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Nola
(
gelöscht
)
Beiträge:
07.04.2009 19:21
#12 RE: Gabor Steingarts Kritik - was ist davon zu halten?
Huch, lieber Califax, das Chokeprinzip ist ja schon ein bißchen länger her, daß werden die meisten kaum noch kennen. Aber wie oft bin ich damit fröhlich durch die Gegend gefahren und vergaß den Choke wieder zurück zu stellen.
♥lich Nola
Die wahre Verantwortung trägt der Mitläufer in jedem von uns.
Zitat von NolaAber wie oft bin ich damit fröhlich durch die Gegend gefahren und vergaß den Choke wieder zurück zu stellen.
Konnte mir nicht passieren. Mir ging's dann mit dem Opel Kabinett und erst recht mit dem Lada Samara wie der Wirtschaft: Allmählich drehte der Motor laut und heiß hoch, und dann soff er ab.
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