In vergangenen Jahrhunderten gab es den Arzt sozusagen in zweierlei Ausführung: Den akademischen Arzt, den Medicus, der auf einer Universität studiert hatte, und den handwerklichen Arzt - den Bader, den Feldscher.
Jetzt soll diese Trennung wiederbelebt werden. Ich wünsche Ihnen gute Gesundheit!
Ist denn wirklich geplant Bachelorärzte auf die Allgemeinheit los zu lassen? Ich hatte bislang im Stillen gehofft das es ähnlich geregelt wird wie beim reformierten Lehramtsstudium: Der Bachelor ist für die fachliche Grundqualifikation zuständig, und für das Lehramt muss zwingend ein Master Of Education oder wie man das ganze in Neusprech nennen wird erforderlich. Für mich klang das bislang eigentlich recht nachvollziehbar, da die Studenten so mit dem Bachelor schon eine gewisse Qualifikation haben, ohne auf Teufel komm raus auf das Lehramt festgelegt zu sein.
Ich sehe das überhaupt gar nicht als Problem. Erstens den Bachelor allgemein: Ich studiere selber auf einen Bachelorabschluss hin. Durch die häufigen, Abschlusszensurrelevanten Prüfungen deutlich anspruchsvoller, ist ausserdem noch eine Re-Strukturierung des Lehrstoffes hinzugekommen. Dadurch - behaupte ich - ist die Situation beim Abschluss nach 6 Semestern deutlich anders als sie ein Diplomer nach 6 Semestern empfunden hat. Grundsätzlich habe ich also gegen die gestuften Abschlüsse nichts einzuwenden - immmerhin gibt es in den angelsächsischen Ländern das System schon deutlich länger, und so wirklich schlecht ist das Hochschulsystem der USA oder UK nicht - im Vergleich mit Deutschland vielleicht sogar eher noch überlegen. Eine andere Frage ist nun, ob auch Mediziner mit einem ersten Abschluss nach 6 Semestern geholfen wäre. Ich behaupte auch hier ja. Immerhin gibt es gerade auch in Krankenhäuser eine größere Anzahl von Routine-Untersuchungen und -Aufgaben, die wahrscheinlich auch nach einem 6-Semestrigen Studium durchführbar wären. Dadurch könnte man die tatsächlichen Leistungsträger entlasten, ähnlich wie heute die absoluten Routine-Aufgaben bereits von Krankenschwestern erledigt werden. Dieses Prinzip würde ausgeweitet werden. Man könnte übrigens sogar soweit gehen und dies bereits als erster Schritt in Richtung unregulierter Zugang zum Arzt-Arbeitsmarkt interpretieren, wie er z.B. von Milton Friedman (Capitalism & Freedom, Kapitel 9) gefordert wird, um das Kartell der Ärzteschaft zu durchbrechen.
Zitat von EltovIst denn wirklich geplant Bachelorärzte auf die Allgemeinheit los zu lassen? Ich hatte bislang im Stillen gehofft das es ähnlich geregelt wird wie beim reformierten Lehramtsstudium: Der Bachelor ist für die fachliche Grundqualifikation zuständig, und für das Lehramt muss zwingend ein Master Of Education oder wie man das ganze in Neusprech nennen wird erforderlich.
Das ist wohl, soweit ich den Artikel der beiden Mediziner verstehe, eine der Varianten, die diskutiert werden; der "Bachelor en passant". Diejenige, auf die ich mich in meinem Artikel bezogen habe, ist die dritte, eben der Schmalspurmediziner.
Zitat von EltovFür mich klang das bislang eigentlich recht nachvollziehbar, da die Studenten so mit dem Bachelor schon eine gewisse Qualifikation haben, ohne auf Teufel komm raus auf das Lehramt festgelegt zu sein.
Da leuchtet es ja auch ein, lieber Eltov - sie können zB Journalist werden; da braucht man sowieso nichts gelernt zu haben.
Aber wenn ich einen Arzt auf mich loslasse, wäre mir schon ganz recht, wenn er etwas länger als sechs Semester studiert hätte.
Übrigens ist ja das deutsche Medizinstudium seit dem 19. Jahrhundert in vier Teile gegliedert: Das naturwissenschaftliche Propädeutikum, das zum Vorphysikum führt; das Studium der Grundlagenfächer, vor allem Anatomie und Physiologie, das mit dem Physikum endet; das Klinische Studium und schließlich viertens der praktische Teil unter wechselnden Bezeichnungen - Assistenzarzt, Arzt im Praktikum usw. Das, was englisch Internship heißt. Erst nach diesem vierten Teil erhält man die Approbation.
Was passiert jetzt, wenn man nach sechs Semestern abbricht bzw. abschließt? Ein Arzt ohne klinische Ausbildung kann ja nicht gut herauskommen. Also muß dort, wo man früher auf das Vorphysikum und das Physikum studiert hat, irgendwie ein bißchen Klinik reingequetscht werden; auf Heilpraktiker- oder Krankenpflegerniveau.
Bei den Zahnärzten gab es mal eine Schmalspurvariante, den Dentisten. Die hat man in, glaube ich. den siebziger Jahren abgeschafft. Bei den Lehrern gab es mal eine Schmalspurvariante, den Absolventen einer Pädagogischen Hochschule. Ebenfalls abgeschafft. Und jetzt wird das alles wieder eingeführt.
Zitat von hallelujaIch sehe das überhaupt gar nicht als Problem. Erstens den Bachelor allgemein: Ich studiere selber auf einen Bachelorabschluss hin. Durch die häufigen, Abschlusszensurrelevanten Prüfungen deutlich anspruchsvoller, ist ausserdem noch eine Re-Strukturierung des Lehrstoffes hinzugekommen.
Dann gratuliere ich Ihnen! Ich habe den Übergang aus der Perspektive des Lehrenden erlebt; und es war grauslich.
Ich hatte zB seit Jahren eine bestimmte Vorlesung gehalten, die viel Zulauf hatte - zwischen 100 und 200 Hörer. Sie waren immer freiwillig gekommen, weil sie der Stoff interessierte; ohne einen Schein als Gegenleistung. Denen sollte ich jetzt auf einmal Credit Points geben. Und zwar den einen soundsoviele, den anderen soundsoviele, weil die Vorlesung in verschiedene Bachelor-Studiengänge aufgenommen worden war, mit unterschiedlichen Punktezahlen.
Sollte ich jetzt diese Vorlesung in handliche Häppchen zerlegen, deren Wissen man per Quiz abfragen kann? Oder sollte ich jedem seine Punkte geben, der sich in eine Anwesenheitsliste eintrug - auch wenn er vielleicht während der Vorlesung schlief, wenn nicht gar die Freundin den Eintrag in die Liste vorgenommen hatte?
Es blieb mir nichts übrig, als ein kompliziertes Verfahren zu entwickeln, bei dem es gestaffelte Leistungen gab, die mit unterschiedlich vielen Punkten belohnt wurden. Dazu gehörten mündliche Prüfungen, so daß ich das Vergnügen hatte, am Semesterende eine Woche lang täglich ungefähr acht Stunden zu prüfen - allein für diese eine Vorlesung!
Die Haltung der Studierenden, liebe(r) hallelujah, änderte sich völlig. Etwas holzschnittartig gesagt: Zuvor hatten sie sich für den Stoff interessiert und danach ihre Lehrveranstaltungen ausgesucht. Jetzt war die erste Frage bei jedem Seminar, wieviele Punkte man denn innerhalb des jeweiligen Studiengangs würde bekommen können. Meine Mitarbeiter haben ihre Lehrveranstaltungen weitgehend auf Paukkurse umgestellt, in denen Lehrbücher "durchgenommen" wurden.
Zitat von hallelujaDadurch - behaupte ich - ist die Situation beim Abschluss nach 6 Semestern deutlich anders als sie ein Diplomer nach 6 Semestern empfunden hat.
Ja, der war ja noch mitten im Studium; hatte vermutlich gerade sein Vordiplom gemacht.
Damals war das so: Während des Studiums war man weitgehend frei. Man suchte sich das aus, woran man Interesse hatte und verwendete seine Zeit darauf, Hausarbeiten zu schreiben, Referate auszuarbeiten usw. Dann kam die Zwischenprüfung, und nun verwendete man ein Semester (oft weniger) darauf, den Stoff noch einmal durchzugehen, zu "lernen"; sich eben auf die Prüfung vorzubereiten. Dann hatte man wieder ein paar Semester zur eigenen Gestaltung, und am Schluß wiederholte sich das noch einmal für die Abschlußprüfung.
Jetzt gibt es die studienbegleitenden Prüfungen. Eine freie Aneignung selbst gewählten Stoffs ist gar nicht mehr möglich, weil man ständig auf Prüfungen hin studiert. Man ist im Dauer-Prüfungsstress. Oder, wenn man so will, eigentlich nie im Prüfungsstress. Denn diese Phasen intensiven Lernens entfallen (die ich aus meinem Studium als sehr produktiv in Erinnerung habe - täglich acht oder zehn Stunden nur Pauken; man merkt, wie das Wissen von Tag zu Tag immer sicherer, immer umfangreicher wird).
Zitat von hallelujaGrundsätzlich habe ich also gegen die gestuften Abschlüsse nichts einzuwenden - immmerhin gibt es in den angelsächsischen Ländern das System schon deutlich länger, und so wirklich schlecht ist das Hochschulsystem der USA oder UK nicht - im Vergleich mit Deutschland vielleicht sogar eher noch überlegen.
Das stimmt. Aber unter ganz anderen Voraussetzungen: Ein durchgegliedertes Curriculum, in dem jeder Kurs seine Nummer und seinen Platz hat. Ein Lernen nach Lehrbuch, wie es in Deutschland nicht üblich war. Und vor allem ein ungleich besseres Verhältnis von Lehrenden zu Lernenden. Als ich einem amerikanischen Kollegen erzählte, daß ich einen "Kurs" mit fast 200 Teilnehmern halten soll, hat der das für einen Witz gehalten.
Zitat von hallelujaEine andere Frage ist nun, ob auch Mediziner mit einem ersten Abschluss nach 6 Semestern geholfen wäre. Ich behaupte auch hier ja. Immerhin gibt es gerade auch in Krankenhäuser eine größere Anzahl von Routine-Untersuchungen und -Aufgaben, die wahrscheinlich auch nach einem 6-Semestrigen Studium durchführbar wären. Dadurch könnte man die tatsächlichen Leistungsträger entlasten, ähnlich wie heute die absoluten Routine-Aufgaben bereits von Krankenschwestern erledigt werden. Dieses Prinzip würde ausgeweitet werden.
Für die meisten Ärzte ist bisher aber die Tätigkeit an einer Klinik nur eine Zwischenstation auf dem Weg zur eigenen Praxis. Nur diejenigen, die eine Chefarzt-Position anstreben oder sich mit der eines Oberarztes auf Dauer zufriedengeben, bleiben an der Klinik.
Die Stellen derer, die bisher vorübergehend an der Klinik sind, würden durch diese Schmalspur-Ärzte besetzt werden, jedenfalls zum Teil. Diese hätten aber gar keine Alternative, da sie ja keine Approbation haben und sich nicht niederlassen können. Sie würden also auf Hilfspositionen altern; ähnlich wie jene traurigen Gestalten, die man manchmal an den Unis als Lebenszeit-Mittelbauern findet.
Da ich in einem Bachelorstudium bin, erlaube ich mir ein paar Anmerkungen.
In Antwort auf:Man ist im Dauer-Prüfungsstress. Oder, wenn man so will, eigentlich nie im Prüfungsstress. Denn diese Phasen intensiven Lernens entfallen (die ich aus meinem Studium als sehr produktiv in Erinnerung habe - täglich acht oder zehn Stunden nur Pauken; man merkt, wie das Wissen von Tag zu Tag immer sicherer, immer umfangreicher wird).
Idealerweise, sollte der Stoff über das ganze Semester verteilt gelernt werden. Das tun aber die wenigsten Studenten. Kurz vor Prüfungen gibt es für manche tatsächlich Prüfungsstress, oder auch nicht, da meines Erachtens der Stoff sehr überschaubar bleibt. Was eigentlich schade ist, da viel mehr ins Hirn hineingehen würde. Am Stressigsten sind meiner Meinung nach Projekte, wo eine mehr oder weniger komplizierte Aufgabe, mit einem gegeben Programmierwerkzeug gelöst werden soll, aber auch nur weil Alles am letzten Drücker gemacht wird.
Als Jura-Student an der Fernuni Hagen, Ziel Bachelor und später Master of Laws, mal ein paar Beobachtungen dazu: Ich kann mit diesen Abschlüssen nicht als Rechtsanwalt/Richter/Staatsanwalt arbeiten, da hierfür jeweils das 2. Staatsexamen nötig ist. Mit dem LL.M. liege ich dann ungefähr auf dem Niveau des 1. Examens, aber das ist mit dieser Ausbildung gar nicht intendiert.
In meinem Studiengang geht es um Wirtschaftsrecht; demnach habe ich darin eingeschlossen ein Grundstudium BWL, Rhetorik, Vertragsgestaltung, Mediation - alles Dinge, die bei der klassischen Juristenausbildung kaum angesprochen werden. Man kann mich ohne schlechtes Gewissen als Schmalspurjuristen bezeichnen, denn so manche Aspekte der Juristenausbildung sind klar gekürzt: Ich lerne eher die Ergebnisse, nicht die Methodenstreitereien, was wohl unter "verschult" fallen dürfte. Aber das finde ich gar nicht so schlimm, denn wie gesagt: Das Ziel der Ausbildung ist nicht der klassische Volljurist als Spezialist, sondern ein Wirtschaftsrechtler als Generalist. (Und meinen späteren Chef wird das nicht die Bohne interessieren, was Savigny mal gesagt hat, der will Ergebnisse hören ;)
Was die Mediziner angeht: Ich habe mal gelesen, dass immer mehr Ärzte direkt in die Forschung gehen. Was wäre denn so verkehrt daran, den ersten Teil des Studiums, also den Bachelor, stärker danach auszurichten, also i.E. das Physikum zu verlängern? Dann können nach sechs Semestern diejenigen, die eine Forscherkarriere anstreben, aus dem Studium heraus und in den Beruf einsteigen; weitere Fortbildung geschieht ja eh berufsbegleitend. Der Master könnte dann eher die praktische Seite behandeln, und ganz am Ende zeichnet (nur!) der Dr. med. die behandelnden jungen Mediziner aus, die in keinem Fall schlechter ausgebildet sein müssen, als die heutigen.
Ich habe von Freunden allerdings auch gehört, dass viele Universitäten nach der Umstellung auf die Bologna-Abschlüsse einfach alten Wein in neuen Schläuchen verkaufen und die neuen Bezeichnungen den alten Studiengängen überstülpen. Dass es dann zu idiotischen Ergebnissen kommt - wie dieser von Ihnen beschriebene Blödsinn mit den Tests - wundert mich nicht. Aber die Umstellung bietet Chancen, wenn sie vernünftig genutzt werden.
Es sieht nicht so aus, lieber Zettel, das wir aus dieser Nummer noch rauskommen.
Der Bologna-Prozess modernisiert die Hochschulen auf ihrem Weg zu einem gemeinsamen Europäischen Hochschulraum (EHR). Deutschland hat sich gemeinsam mit 45 anderen europäischen Staaten verpflichtet, bis 2010 die Ziele der Bologna-Erklärung von 1999 umzusetzen und sich an dem Aufbau eines Europäischen Hochschulraums zu beteiligen. Die entsprechenden politischen Weichen werden auf der Ministerkonferenz gestellt, die im April in Leuven stattfindet. Dort werden die für Hochschulbildung zuständigen Ministerinnen und Minister der Bologna-Signaturstaaten eine europäische Agenda zur Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses im kommenden Jahrzehnt ("Bologna 2020") beraten und beschließen.
Zur Überprüfung, ob die vereinbarten Ziele in den verschiedenen Teilnehmerstaaten auch erreicht werden, wurde bereits in der Bologna-Erklärung beschlossen, alle zwei Jahre die erzielten Fortschritte auf gesonderten Konferenzen zu bilanzieren. Die erste Nachfolgekonferenz zu Bologna fand mit bereits 33 europäischen Unterzeichnerstaaten am 19. Mai 2001 in Prag statt. Auf der zweiten Folgekonferenz, die am 18. und 19. September 2003 in Berlin durchgeführt wurde, wurden sieben weitere europäische Staaten aufgenommen. Die dritte Folgekonferenz fand am 19./20. Mai 2005 in Bergen (Norwegen) statt, die vierte vom 17. bis 18. Mai 2007 in London. Zentrale Ziele und Vereinbarungen zwischen den Beteiligten werden jeweils in den Kommuniqués der Ministertreffen festgehalten.
18. Mai 2007, Londoner Kommuniqué Auf dem Wege zum Europäischen Hochschulraum: Antworten auf die Herausforderungen der Globalisierung
1. Einführung 1.1 Wir, die Hochschulministerinnen und -minister der am Bologna-Prozess beteiligten Länder, sind in London zusammengekommen, um eine Bilanz der seit Bergen 2005 erzielten Fortschritte zu ziehen. (...)
Dass die Österreicher so ungern deutsche Studenten an ihren Unis sehen, liegt daran, dass die selten kommen, weil ihnen Österreich so gut gefällt, sondern weil sie dort keine Gebühren zahlen müssen und weil die Aufnahmekriterien weniger streng sind. Wer in Österreich beispielsweise Medizin studieren will, muss keine Spitzennoten haben, sondern nur einen Wissenstest bestehen. Harald Sammer hat nach seinem deutschen Fachabi am Abendgymnasium in Salzburg die Matura nachgeholt, die österreichische Hochschulreife. Die ist nicht schlecht, aber auch nicht richtig gut ausgefallen; an deutschen Unis hätte er um einen Studienplatz zittern müssen. Nicht so in Österreich.
♥lich Nola
Die wahre Verantwortung trägt der Mitläufer in jedem von uns.
Ich kann mir viele Verwendungszwecke für einen Medizin-Bachelor vorstellen. Hier mal ein Brainstorming:
- Teil einer gehobenen Apotheker-Ausbildung (z.B. eines Krankenhaus-Apothekers). - Teil der Ausbildung eines medizinischen Forschers (der daneben z.B. einen Chemie-Abschluss hat). - Teil der Ausbildung eines Rettungssanitäters. Oder eines Rotkreuz-Ausbilders für Erste Hilfe-Kurse. Oder einer Krankenschwester (deren Einsatzgebiet sich dadurch erweitert). - Vielleicht sogar als Vereinfachung der Zahnarzt-Ausbildung. - Einsatzgebiet als Journalist für medizinische Themen. - Teil der Ausbildung eines Krankenhausmanagers (der selbst kein Mediziner sein muss, aber bitteschön ein Grundverständnis haben sollte. Damit er zumindest weiß, für was man die teure Maschine braucht, die im OP immer "Pling" macht. - Gleiches gilt für anderes Verwaltungspersonal im Medizin-Bereich. Vom Abteilungsleiter einer Krankenkasse über den Vorstand eines Pharma-Konzerns bis zum Staatssekretär im Gesundheitsministerium. - Teil der Ausbildung eines Entwicklers medizinischer Spezialtechnik (der daneben z.B. Informatiker oder Maschinenbauingeneur ist).
Natürlich brauchen die Leute in diesen Beispielen jeweils wahrscheinlich immer noch zusätzlich Vollmediziner im Team. Aber die Wirksamkeit z.B. des Informatikers im letzten Beispiel ist sicher deutlich besser, wenn er die medizinsiche Fachsprache des beteiligten Mediziners versteht.
Und natürlich muss mein Hausarzt auch weiterhin eine vollwertige medizinische Ausbildung haben.
Aber wenn man eine breitere Auffächerung des Medizin-Studiums hätte, dann könnte man Leute im "Randbereich" der Medizin ggf. deutlich besser qualifizieren.
da vermischen Sie jetzt aber eine ganze Menge sehr verschiedener Sachen.
Da ist erst einmal der Bologna-Prozeß, der eine gewisse Vergleichbarkeit von Hochschulstudiengängen und damit vor allem bessere Möglichkeiten von internationalen Studienwechseln ermöglichen soll. Das halte ich grundsätzlich für sehr positiv - ich hatte einige Jahre mit Einstellungen zu tun, da kamen Absolventen aus der ganzen Welt, und es war grauslich, sich mit den Zeugnissen zurecht zu finden.
Dann gibt es zweitens die Folgerung, das Vordiplom aus einer inner-universitären Zwischenstufe in einen echten Abschluß namens Bachelor umzuwandeln. Das ist völlig harmlos und in vielen Fällen nützlich.
Da ist drittens der bürokratische Murks, mit dem viele Hochschulen diese beiden Reformen umsetzen. Wie halt schon mehrere Jahrzehnte lang Änderungen bürokratisch vermurkst umgesetzt wurden. Das hat halt mit den grundsätzlichen Organisationsschwächen des deutschen Hochschulwesens zu tun und wäre eine gesonderte Diskussion wert.
Da wäre viertens das Phänomen, daß manche Studenten lieber auf die leichte Erreichbarkeit von Noten oder Abschlüssen schauen als sich inhatlich für den Stoff zu interessieren. Das hat es immer gegeben und wird es bei jeder Studienorganisation immer geben. Ich kann nicht beurteilen, ob das in den letzten Jahren zugenommen hat - aber das wird bestimmt nichts mit Bologna etc. zu tun haben.
Und dann letztlich die Frage der Bachelor-Ärzte. Das sehe ich völlig entspannt.
In diesem wie in anderen Fächern gab es doch schon vorher keine direkte Kopplung zwischen Abschluß und beruflicher Verwendbarkeit. Sieht man doch daran, daß es letztlich ein mehrstufiger Prozeß bis hin zur Vollapprobation ist, der akademische Abschluß ist ohnehin nur eine Zwischenstufe.
Ähnlich ist es bei den Juristen, wo erst nach dem eigentlichen Studienabschluß das zweite Staatsexamen der echte Berufsdurchbruch ist.
Oder es gibt die Chemiker, wo man ohne Promotion kaum Berufschancen hat - ein einfacher Dipl.-Chem. macht keine Karriere.
Umgekehrt gibt es Fächer, wo man schon nach BA-Abschluß, FH-Abschluß bzw. Uni-Vordiplom recht brauchbare Arbeit leisten kann.
Ob nun ein Bachelor-Arzt nur in einigen Berufsnischen eingesetzt werden kann und die meisten weiterstudieren - oder ob es da wirklich einen größeren Bedarf gibt, kann ich nicht beurteilen. Die Gefahr einer zweitklassigen Versorgung sehe ich aber überhaupt nicht. Auch weiterhin wird wohl jeder im Medizinbetrieb nur die Sachen machen, für die seine Ausbildung reicht.
In Antwort auf:Sie würden also auf Hilfspositionen altern; ähnlich wie jene traurigen Gestalten, die man manchmal an den Unis als Lebenszeit-Mittelbauern findet.
Ich finde nichts Schlimmes an solchen Abstufungen. Und es macht ja auch in der Wirtschaft nicht jeder Karriere.
Irgendwann muß man halt mal im Leben feststellen und akzeptieren, daß man eine gewisse Stufe erreicht hat und wohl nicht weiterkommt. Man ist dann halt akademischer Oberrat und wird nie Professor, man ist halt Bachelorarzt und wird nie Oberarzt, man ist halt Systementwickler und wird nie Abteilungsleiter, man ist halt Buchhalter und wird nie CFO.
Zur traurigen Gestalt wird man da nur, wenn man seine eigenen Grenzen nicht sehen oder akzeptieren kann. Wenn sich zum Gespött macht, weil man sich so benimmt, als hätte man den Sprung doch geschafft.
Nur leuchtet mir bei keinem der Beispiele, die Sie nennen, ein, daß es dafür einen speziellen Studiengang mit eigenem Abschluß braucht.
Die Betreffenden sollten medizinische Lehrveranstaltungen besuchen. (Was schon immer möglich war; ich habe als Nicht-Medizinstudent, aber ein naturwissenschaftliches Fach studierend, in den sechziger Jahren die komplette Anatomie und Physiologie gehört, dazu am experimentellen Praktikum Physiologie teilgenommen und das Hypnotisieren gelernt. Also, ich kann noch heute einen Frosch fachgerecht dekapitieren und Sie vermutlich notfalls in Hypnose versetzen ).
Man kann das alles im Nebenfach studieren. Das war nie anders.
Außerdem gibt es ja längst an einigen deutschen Unis die Ausbildung zum Gesundheitswissenschaftler; teils sogar eine entsprechende Fakultät. Dagegen ist ja auch überhaupt nichts zu sagen. Nur sollten die Absolventen eines solchen Zugangs sich nicht Arzt nennen und vor allem keine Berechtigung haben dürfen, therapeutisch tätig zu werden.
Auch Krankenpfleger brauchen natürlich medizinische Kenntnisse; auch Heilpraktiker brauchen sie. Aber sie werden damit eben nicht zu Ärzten.
Was mit dieser Sauce Bolognese angerichtet wird, lieber Florian, ist, die Einebnung des Unterschieds zwischen einer Fachausbildung und einem akademischen Studium.
Man kann natürlich fragen, wozu der spätere Gynäkologe die Namen der Hirnnerven auswendig lernen muß. Die Hebamme braucht das ja auch nicht.
Wozu muß der Pfarrer Griechisch und Hebräisch können, um später die Leute unter die Erde zu bringen? Wozu muß der Psychologe Prüfstatistik lernen, wenn er im Beruf dann doch nur Paare therapiert? Wozu braucht der Jurist römische Rechtsgeschichte, wenn er später Verkehrssünder verteidigt?
Das akademisches Studium kennzeichnet es eben, daß man das Fach umfassend erlernt, weit über das unmittelbar praktisch Notwendige hinaus. Dadurch erwirbt man die Souveränität, die Entscheidungsfähigkeit, die eine Schmalspur-Fachausbildung nicht mit sich bringt.
Zitat von R.A.Da ist erst einmal der Bologna-Prozeß, der eine gewisse Vergleichbarkeit von Hochschulstudiengängen und damit vor allem bessere Möglichkeiten von internationalen Studienwechseln ermöglichen soll.
Das Gegenteil ist eingetreten: Es wird seltener im Ausland studiert. Sie können das in dem Artikel in der FAZ nachlesen.
Der Grund ist einfach: In einem verschulten Studium können Sie nicht einfach mal ein Semester wo anders hingehen. Sie sind in ein Curriculum eingebunden, das genau vorschreibt, was Sie wann zu hören haben. Nein, "hören" heißt das ja nicht mehr. In welchen Kursen Sie welche Punkte zu erwerben haben.
Ein Wechsel ist jetzt nur nach dem B.A. oder B.Sc. oder was immer sinnvoll - und dann mit dem Ziel, im Ausland den Masters zu machen. Das ist eine ganz andere Art von Auslandsstudium als früher, als man vielleicht einmal für zwei Semester nach Frankreich oder GB ging.
Zitat von R.A. ... ich hatte einige Jahre mit Einstellungen zu tun, da kamen Absolventen aus der ganzen Welt, und es war grauslich, sich mit den Zeugnissen zurecht zu finden.
Das ist jetzt nicht weniger grauslich. Denn die akademischen Grade sind zwar vereinheitlicht (so viele verschiedene gab es früher auch nicht), aber was sich hinter einem B.Sc. oder einem M.A. verbirgt, ist völlig unterschiedlich. Nicht nur jedes Land, sondern jede Uni bietet andere Studiengänge an.
Zitat von R.A.Dann gibt es zweitens die Folgerung, das Vordiplom aus einer inner-universitären Zwischenstufe in einen echten Abschluß namens Bachelor umzuwandeln. Das ist völlig harmlos und in vielen Fällen nützlich.
Das ist leider überhaupt nicht harmlos. In den meisten Diplomstudiengängen gab es ein Grund- und ein Hauptstudium. Das Grundstudium war, wie der Name sagt, auf Grundlagenforschung hin orientiert; das Hauptstudium auf berufliche Anwendungen. Berufsqualifiziernd konnte man bei der Umstellung auf Bologna das Grundstudium erst dadurch machen, daß man den gesamten Studiengang völlig umbaute.
Zitat von R.A.Da ist drittens der bürokratische Murks, mit dem viele Hochschulen diese beiden Reformen umsetzen. Wie halt schon mehrere Jahrzehnte lang Änderungen bürokratisch vermurkst umgesetzt wurden. Das hat halt mit den grundsätzlichen Organisationsschwächen des deutschen Hochschulwesens zu tun und wäre eine gesonderte Diskussion wert.
Zu neunzig Prozent basieren diese Schwierigkeiten nach meiner Erfahrung auf zwei Faktoren:
Erstens fehlendem Personal. Die bisherigen Massenvorlesungen hatten immerhin den Vorteil, daß sie dem schlechten (zahlenmäßigen) Verhältnis von Lehrenden zu Studierenden gerecht wurden. Wenn alles auf Kurse umgestellt wird, braucht man zunächst einmal mindestens ein Drittel mehr Lehrpersonal. Oder dei Unis begrenzen eben den Zugang gemäß der Zahl der Studierenden, die sie verkraften können, wie es an amerikanischen Privatunis üblich ist.
Der zweite Faktor ist die Schwäche der akademischen Selbstverwaltung. Eine Fakultät entspricht von der Größe her einem kleinen mittelständischen Unternehmen. Aber sie wird geführt wie ein Kaninchenzüchterverein.
Zitat von R.A.Da wäre viertens das Phänomen, daß manche Studenten lieber auf die leichte Erreichbarkeit von Noten oder Abschlüssen schauen als sich inhatlich für den Stoff zu interessieren. Das hat es immer gegeben und wird es bei jeder Studienorganisation immer geben.
Aber es gab immer auch die Möglichkeit, sein Studium anspruchsvoller zu gestalten. Ich habe einmal eine Uni nach einem Semester wieder verlassen, weil ich das dortige Studium zu verschult fand. Heute wäre es ein Paradies akademischer Freiheit.
Zitat von R.A.Und dann letztlich die Frage der Bachelor-Ärzte. Das sehe ich völlig entspannt. In diesem wie in anderen Fächern gab es doch schon vorher keine direkte Kopplung zwischen Abschluß und beruflicher Verwendbarkeit. Sieht man doch daran, daß es letztlich ein mehrstufiger Prozeß bis hin zur Vollapprobation ist, der akademische Abschluß ist ohnehin nur eine Zwischenstufe.
Ja, richtig. Aber bis zu dieser Stufe erwirbt der Medizinstudent eben das umfangreiche Wissen, auf dem er in der Praxis aufbauen kann.
Zitat von ZettelDas Gegenteil ist eingetreten: Es wird seltener im Ausland studiert.
Und wer beweist, daß das am Bologna-Prozeß liegt? Ich kann hier nicht widersprechen, bin aber bei solchen Aussagen erst einmal skeptisch.
In Antwort auf:Sie sind in ein Curriculum eingebunden, das genau vorschreibt, was Sie wann zu hören haben.
Ist das wirklich Bologna? Oder nur die Übertreibung einer speziellen Umsetzung einer Uni?
Ich habe das so verstanden, daß man a) bis zur Prüfung eine gewisse Anzahl Punkte sammeln muß (wie früher eine gewisse Menge Scheine), dabei b) diverse Einzelveranstaltungen Pflicht sind, andere frei aussuchbar (wie früher auch) und daß man c) irgendwann auch mal zur Prüfung antreten sollte (was auch immer die Idee war, mit mehr oder weniger Sanktionen für Langzeitbummelanten).
Bei den Studenten, mit denen ich derzeit zu tun habe, scheint mit der Studienverlauf eigentlich nicht wirklich anders zu sein als zu meiner Zeit (vor 30 Jahren). Insbesondere sind da immer wieder Semester mit sehr wenig Ertrag dabei - da hätten die Betreffenden auch locker mal ein Auslandssemester machen können, vielleicht sogar mit mehr Punkten dort.
In Antwort auf:Das ist jetzt nicht weniger grauslich. Denn die akademischen Grade sind zwar vereinheitlicht (so viele verschiedene gab es früher auch nicht), aber was sich hinter einem B.Sc. oder einem M.A. verbirgt, ist völlig unterschiedlich.
Sicher - aber man kann wenigstens etwas einschätzen, was gemeint ist. Die Unterschiede zwischen den Unis und Fachbereichen bekommt man ohnehin nie weg. Note 2 in Soziologie an Fachbereich X ist eine Flachpfeife und Note 3 in Maschinenbau an Uni Z eine respektable Leistung - das muß man als Personaler einschätzen lernen.
Aber ich hatte da schon Beispiele, die konnte ich nicht einmal vage einschätzen. Was würden Sie von einem Absolventen halten, in dessen Schlußzeugnis statt einer Note steht: "Hat von 20 Prüfungen 3 bestanden"?
In Antwort auf:Berufsqualifiziernd konnte man bei der Umstellung auf Bologna das Grundstudium erst dadurch machen, daß man den gesamten Studiengang völlig umbaute.
Das handhaben die Unis wohl sehr unterschiedlich. Ein befreundeter Professor sagte mir, daß sie am Fachbereich eigentlich nur das Wort "Vordiplom" gegen "Bachelor" ausgetauscht hätten. Weil ein Grundstudium ihrer Meinung nach schon immer berufsqualifizierend genug sei - etwa mit dem Hintergrund, den Sie vorhin beschrieben haben: Es geht ohnehin darum, einen akademischen Überblick zu bekommen.
In Antwort auf:Erstens fehlendem Personal.
Ist das wirklich so? Deutschland mag pro Student etwas weniger Geld ausgeben als andere Länder, aber so groß ist der Unterschied doch nicht. Ist vielleicht die Organisation des Personaleinsatzes schlecht?
In Antwort auf:Der zweite Faktor ist die Schwäche der akademischen Selbstverwaltung.
Auf jeden Fall. Wobei mir manche Schilderungen von US-Unis auch nicht so viel besser erscheinen.
In Antwort auf:Aber es gab immer auch die Möglichkeit, sein Studium anspruchsvoller zu gestalten.
Und wieso sollte das heute nicht mehr gehen? Man muß seine Punkte zusammenkriegen - ok. Wie früher eben das Pflichtprogramm. Aber sonst stehen einem doch nach wie vor alle Veranstaltungen offen, kann man fast nach Belieben in Fächer reinhören.
Zitat von ZettelDas Gegenteil ist eingetreten: Es wird seltener im Ausland studiert.
Und wer beweist, daß das am Bologna-Prozeß liegt? Ich kann hier nicht widersprechen, bin aber bei solchen Aussagen erst einmal skeptisch.
Beweisen kann man so etwas natürlich nie. Ich habe Ihnen ja den wahrscheinlichen Grund genannt: Man kann aus einem Curriculum nicht einfach einmal für ein oder zwei Semester aussteigen.
Nachweisbar ist jedenfalls, daß das Auslandsstudium mit der Einführung der Bachelor-Studiengänge nicht zugenommen hat.
Zitat von R.A.
In Antwort auf:Sie sind in ein Curriculum eingebunden, das genau vorschreibt, was Sie wann zu hören haben.
Ist das wirklich Bologna? Oder nur die Übertreibung einer speziellen Umsetzung einer Uni?
Das ist Bologna, lieber R.A. An der Uni, an der ich das im Wortsinn mitgemacht habe, hat man so wenig umzusetzen versucht, wie möglich war.
Die Bachelor - Studiengänge müssen zertifiziert werden. Dazu muß ein genaues Curriculum eingereicht werden, in dem für jedes Semster festgelegt ist, welche Kurse zu besuchen sind und wieviele Punkte jeweils zu erwerben sind. Ich habe mir die Protokolle der Sitzungen der Kommission angesehen, die das bei uns ausarbeiten mußte; die armen Kollegen waren Semester lang mit fast nichts anderem beschäftigt.
Es stimmt, das es Wahlpflichtveranstaltungen gibt. Aber angesichts der beschränkten Lehrkapazität ist die Auswahl in der Regel gering. Das ist allerdings von Fach zu Fach und von Uni zu Uni verschieden.
Das aus meiner Sicht Entscheidende, lieber R.A., ist das veränderte Verhalten der Studierenden, das diese "Reform" hervorgebracht hat.
Davor kamen Studenten zu mir in die Sprechstunde, die mir ihre Interessen schilderten und mich dann um Rat baten, wie sie ihr Studium am besten aufbauen sollten.
In den Bachelor-Studiengängen baut niemand mehr sein Studium auf. Er wird eingeschult und durchläuft die einzelnen Klassen, genannt Semester, bis er seinen Abschluß in der Tasche hat.
Man hat vor Jahrzehnten die Oberstufe der Gymnasien "reformiert" und sie dem Undergraduate-Studium in den USA angenähert. Jetzt hat man das Universitätsstudium dem Undergraduate-Studium in den USA angenähert. Es unterscheidet sich in der Bachelor-Phase kaum noch von der gymnasialen Oberstufe.
"Man kann aus einem Curriculum nicht einfach einmal für ein oder zwei Semester aussteigen."
Richtig. Und ich frage mich warum man aus einem Studium einfcah mal fuer ein paar Semester "aussteigen" koennen sollte - ohne dass zwingende Gruende dafuer vorliegen. Und die einfcahe tatsache dass man mal ein oder zwei Semester im Ausland studiert hat sagt ja noch nichts daruber aus ob das nun sinnvoll und erfolgreich war oder nicht. Sihe die beruechtigten Erasmus-Semester in der Vergangenheit.
"Es stimmt, das es Wahlpflichtveranstaltungen gibt."
Schon das Wort "Wahlpflichtveranstaltungen" finde ich bemerkenswert: Hat man nun die Wahl oder ist es Pflicht? Oder die Pflicht zur Wahl?
"Er wird eingeschult und durchläuft die einzelnen Klassen, genannt Semester, bis er seinen Abschluß in der Tasche hat."
So war in der BRD eigentlich schon immer in bspw den Ingenieurswissenschaften. Bis eben auf ein paar "Wahlpflichtveranstaltungen".
"Jetzt hat man das Universitätsstudium dem Undergraduate-Studium in den USA angenähert. Es unterscheidet sich in der Bachelor-Phase kaum noch von der gymnasialen Oberstufe."
Naja, nicht ganz. Aber selbst wenn, was ist daran falsch? Learn from the best - und die weltbesten Unis stehen nun mal in den USA. Und die Bachelor-Aerzte dort (ihr Wort, nicht meins), die machen in der Regel einen ganz guten Job, siehe Mayo oder Johns Hopkins, zu denen es kaum Aequivalente in der BRD gibt. Und wenn man sich bspw mal die Liste der Nobelpreistraeger in Medizin der, sagen wir, letzten 20 Jahre ansieht, der wird feststellen dass die USA ueberpropotional vetreten sind, besonders im Vergleich zur BRD. Wer sich also im Ausland behandeln laesst wie sie in ihrem Artikel als Schlussatz schreiben, der kann wenn es sich um die USA, GB, CDN, AU etc handelt, ziemlich sicher sein dass die Aerzte dort einen ganz guten Job machen - trotz (oder wegen?) des Bachelors den sie im Lauf ihres Studiums ja auch erwerben mussten.
Abschliessend: Warum eigentlich muss/soll der Staat bei jedem zukuenftigen Mediziner oder Juristen die Pruefung an der Uni abnehmen? Traut man den deutschen Unis so wenig zu?
Zitat von john jSchon das Wort "Wahlpflichtveranstaltungen" finde ich bemerkenswert: Hat man nun die Wahl oder ist es Pflicht? Oder die Pflicht zur Wahl?
Nein, lieber John. Gemeint ist, daß - sagen wir - ein Student der Biologie in seinem 2. Semester ein Praktikum belegen muß. Er kann aber wählen, ob es ein Mikroskopierkurs ist oder ein Sezierkurs.
Zitat von john jLearn from the best - und die weltbesten Unis stehen nun mal in den USA.
Ich habe ja viel für das US-System übrig. Nur entspricht dort das Undergraduate-Studium (auch vom Alter her) eben unserer gymnasialen Oberstufe. Dem bisherigen deutschen Universitätsstudium entsprechen viel eher die Masters Programs und die Doctoral Programs.
Die Universitäten haben in der Regel ein Undergraduate College, das auch organisatorisch getrennt ist. In Deutschland hat es einmal einen Versuch gegeben, so etwas einzurichten; das Oberstufenkolleg in Bielefeld. Es war der Universität angegliedert und existiert meines Wissens noch immer. Aber dieses Modell ist - wieder meines Wissens - nirgendwo sonst in Deutschland übernommen worden.
Zitat von john j Und die Bachelor-Aerzte dort (ihr Wort, nicht meins), die machen in der Regel einen ganz guten Job, siehe Mayo oder Johns Hopkins, zu denen es kaum Aequivalente in der BRD gibt.
Sind das wirklich Ärzte, die nichts als einen Bachelor haben? Ehrlich gesagt, ich wußte gar nicht, daß es das überhaupt gibt. Alle amerikanischen Ärzte, die ich kenne oder von denen ich erfahren habe, hatten einen M.D.
"Ich habe ja viel für das US-System übrig. Nur entspricht dort das Undergraduate-Studium (auch vom Alter her) eben unserer gymnasialen Oberstufe. Dem bisherigen deutschen Universitätsstudium entsprechn viel eher die Masters Programs und die Doctoral Programs."
Nun ja. Wenn sich das G8 bundesweit durchsetzt und die Wehrpflicht endlich faellt duerfte altersmaessig kein Unterscheid mehr bestehen. Und was spricht sonst gegen das zweistufige Bachelor-Master-Modell? Und wenn die deutschen Oberstufler so gut sind (was ich bezweifle, denn es kommt vor allem auf das Bundesland an) dann ist es ja ok dass sie in nur 6 Semestern zum Bachelor kommen, sie haben ja schon mindestens ein Jahr Undergraduate Studies in der Oberstufe hinter sich...
"Sind da wirklich Ärzte, die nichts als einen Bachelor haben? Ehrlich gesagt, ich wußte gar nicht, daß es das überhaupt gibt. Alle amerikanischen Ärzte, die ich kenne oder von denen ich erfahren habe, hatten einen M.D."
Klar, nur haben alle diese Aerzte auch im Rahmen ihrer Ausbildung/Studiums einen Bachelor gemacht. Und ich denke nur darum geht es hier. Dass man niemand in 6 Semestern zu einem Arzt machen kann ist jedem klar. Dass es (leider) auch weiterhin das Staatsexamen als Zulassung zum Arzt-Beruf geben wird ist auch klar. Auch den beiden Professoren die ihre wohl eher generelle Kritik an Bologna oder Bachelor/Master halt an diesem Beispiel festmachen wollen.
Milton Friedman hat in "Kapitalismus und Freiheit" das Problem gar nicht gesehen. Soll doch sich als Arzt niederlassen können, wer will. Dazu müssten natürlich die meisten Standesregeln verschwinden, die dafür sorgen, dass wenig Transparenz über die Leistungen der Mediziner herrscht. Aber wenn die Patienten wissen, dass sie vorher genau hinschauen müssen, dann werden sich zig Angebote finden, ihnen dabei zu helfen. Und dann werden die Guten Patienten haben und die Schlechten eben nicht.
Auch ein abgeschlossenes Medizinstudium heutiger Prägung mit anschließendem "Diplom-Doc" verhindert ja nicht, dass man als Patient immer vor dem Risiko steht, "die Katze im Sack zu kaufen".
-- L'État, c'est la grande fiction à travers laquelle tout le monde s'efforce de vivre aux dépens de tout le monde. (Frédéric Bastiat)
Zitat von RaysonMilton Friedman hat in "Kapitalismus und Freiheit" das Problem gar nicht gesehen. Soll doch sich als Arzt niederlassen können, wer will. Dazu müssten natürlich die meisten Standesregeln verschwinden, die dafür sorgen, dass wenig Transparenz über die Leistungen der Mediziner herrscht. Aber wenn die Patienten wissen, dass sie vorher genau hinschauen müssen, dann werden sich zig Angebote finden, ihnen dabei zu helfen.
Als ich, lieber Rayson, vor Jahrzehnten die Kolumne von Milton Friedman in Newsweek regelmäßig gelesen habe, war ich damals oft unsicher, ob das nicht Satire ist. Inzwischen habe ich Friedman schätzen gelernt - aber bei solchen Ideen packt mich doch immer noch eine Mischung aus Lachen und kaltem Grausen.
Wie soll das denn funktionieren? Ich kriege einen Herzinfarkt, und dann konsultiere ich erst mal die Testberichte und suche mir dann für die Operation einen Arzt aus, der gute Bewertungen hat?
Nein, lieber Rayson - was Qualifikation für Berufe angeht, brauchen wir klare Standards. Ich möchte auch nicht in einen Flieger steigen, dessen Pilot (wie ich dann vielleicht später den Testberichten entnehme) sich das Fliegen selbst beigebracht hat.
Zitat von ZettelDas Gegenteil ist eingetreten: Es wird seltener im Ausland studiert.
Und wer beweist, daß das am Bologna-Prozeß liegt? Ich kann hier nicht widersprechen, bin aber bei solchen Aussagen erst einmal skeptisch.
Beweisen kann man so etwas natürlich nie. Ich habe Ihnen ja den wahrscheinlichen Grund genannt: Man kann aus einem Curriculum nicht einfach einmal für ein oder zwei Semester aussteigen.
Ich habe noch eine andere Theorie: Durch den Bachelor haben sich auch der Sozialraum Hochschule dem der Schule angenähert: Die Studenten haben praktisch ausschließlich Kontakte innerhalb ihres Jahrgangs, so dass eine "Auszeit" im Ausland praktisch dem Sitzenbleiben gleichkommt: Man fängt im Jahrgang darunter wieder von ganz vorne an, mit dem Unterschied das sich diesmal schon alle kennen. Keine all zu angenehme Sache. Auch hier fordert die Verschulung wieder ihr Tribut: Da die jeweiligen Veranstaltungen nur noch einmal pro Jahr angeboten werden, und die Prüfungen dieses Semesters Teilnahmevorausetzung für die Veranstaltungen des nächsten Semesters sind, kostet ein Auslandssemester automatisch ein ganzes Jahr, und damit 1000€ Studiengebühren, den Verlust der eingespielten Lerngruppe und so weiter und so fort.
Zitat von ZettelDas Gegenteil ist eingetreten: Es wird seltener im Ausland studiert.
Und wer beweist, daß das am Bologna-Prozeß liegt? Ich kann hier nicht widersprechen, bin aber bei solchen Aussagen erst einmal skeptisch.
Beweisen kann man so etwas natürlich nie. Ich habe Ihnen ja den wahrscheinlichen Grund genannt: Man kann aus einem Curriculum nicht einfach einmal für ein oder zwei Semester aussteigen.
Ich habe noch eine andere Theorie: Durch den Bachelor haben sich auch der Sozialraum Hochschule dem der Schule angenähert: Die Studenten haben praktisch ausschließlich Kontakte innerhalb ihres Jahrgangs, so dass eine "Auszeit" im Ausland praktisch dem Sitzenbleiben gleichkommt: Man fängt im Jahrgang darunter wieder von ganz vorne an, mit dem Unterschied das sich diesmal schon alle kennen. Keine all zu angenehme Sache. Auch hier fordert die Verschulung wieder ihr Tribut: Da die jeweiligen Veranstaltungen nur noch einmal pro Jahr angeboten werden, und die Prüfungen dieses Semesters Teilnahmevorausetzung für die Veranstaltungen des nächsten Semesters sind, kostet ein Auslandssemester automatisch ein ganzes Jahr, und damit 1000€ Studiengebühren, den Verlust der eingespielten Lerngruppe und so weiter und so fort.
Das leuchtet sehr ein, lieber Eltov. Danke, daß du darauf hinweist, denn das ist ein zentraler Punkt, den ich noch gar nicht erwähnt hatte: Es gibt kaum noch Lehrveranstaltungen, die gemeinsam von Studenten unterschiedlichen Semesters besucht werden.
Das aber habe ich als Student und dann auch aus der Perspektive des Lehrenden immer sehr fruchtbar gefunden. Man lernt ja nicht nur vom Dozenten; in Seminaren lernt man vor allem auch von den anderen. Wenn ein jüngeres Semester eine Frage hatte, habe ich diese oft an die Fortgeschritteneren weitergegeben, statt sie selbst zu beantworten. Denn auch indem man etwas erklärt, lernt man ja.
Das fällt in den Bachelor-Studiengängen weitgehend weg. Man steckt, wie du sagst, in einem Klassenverband und durchwandert gemeinsam die Semester.
Lieber Zettel, mir ging es bei der Lektüre der Texte Friedmans anfangs ähnlich, aber ich fand letztlich keine mich überzeugenden Argumente, warum er unrecht haben sollte.
Zitat von Zettel Wie soll das denn funktionieren? Ich kriege einen Herzinfarkt, und dann konsultiere ich erst mal die Testberichte und suche mir dann für die Operation einen Arzt aus, der gute Bewertungen hat?
Wenn du ein Volltrottel bist, vielleicht ;-) Bist du keiner, sorgst du vor. Dann informierst du dich, welcher Arzt, welches Krankenhaus in deiner Nähe einen guten Ruf in solchen Notfällen hat und teilst das deiner Umgebung mit. Wäre eine Variante. Aber natürlich wäre es auch ein Irrtum anzunehmen, der Ärzte-Markt befände sich in einem ewigen Transformationsprozess. Denn bei Freigabe der Zulassung würden ja die Unfähigen verschwinden und im Zweifel zum Zeitpunkt deines Notfalls gar nicht mehr anzutreffen seien. Und darüber hinaus gäbe es ja auch bei völliger Freigabe noch Krankenkassen, die für den Patienten den Job der Informationsbeschaffung übernehmen und im Fall des Falles den "richtigen" Arzt nennen könnten.
Schlimmer als das heutige Glücksspiel, das es durch die Fiktion der Gleichrangigkeit von Abschlüssen geworden ist, kann ein solches System wirklich nicht sein.
Nichts gegen Standards, aber die Standards, die wir brauchen, erzeugt der Markt.
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Ja, und ich zum Mond fliegen. Uns beiden dürften dazu aber sowohl die Kenntnisse als auch die Mittel fehlen. Aber wo wir schon dabei sind: Welches Privatunternehmen hat nochmal Tschernobyl betrieben?
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