Zitat von LlarianZum einen glaube ich nicht an die automatische Richtigkeit demokratischer Entscheidungen.
Ich ja auch nicht, lieber Llarian. Kein Modus der Entscheidungsfindung ist automatisch richtig. Die Überlegenheit der Demokratie über jede andere Staatsform entspringt daraus, daß es eine freie Diskussion gibt und daß in der Regel eine Entscheidung resultiert, mit der die meisten leben können und die auch die Belange der Minderheit respektiert. Das muß nicht so sein, ist aber die Regel.
Nur selten versucht eine Partei oder Koaltion, während die Bürger ihr die Macht anvertraut haben, sich brutal durchzusetzen. In der Bundesrepublik hat das nur einmal eine Regierung versucht, die rotgrüne mit ihrem Anspruch auf die "ökologische Umgestaltung" unserer Gesellschaft.
Zitat von LlarianZum anderen glaube ich schon lange nicht mehr an die Absolutheit des Rechtsstaates BRD, dafür ist vielzuviel Unrecht jahrelang geduldet worden und wird noch geduldet
. Auch ich glaube nicht an die "Absolutheit" unseres Rechtsstaats, wenn Sie damit meinen, daß dieser Staat kein Unrecht zuläßt. Natürlich geschieht Unrecht. Aber in der Verbindung von Rechtsstaat und Demokratie weitaus weniger als in allen (bisher real existierenden) Staatsformen.
Zitat von Llarian
In Antwort auf:Aber ich halte es nicht nur für falsch, sondern auch für - entschuldigen Sie, ich sehe es nun mal so - unverantwortlich, die Grenze zwischen Demokratie und Diktatur, zwischen Rechts- und Unrechtsstaat zu verwischen.
Die brauche ich nicht zu verwischen, die war nie scharf. Kein Mensch kann definieren, wo der Rechtsstaat genau anfängt. Da wird dann von Verfassungen geredet (die Unrecht enthalten können), da wird von demokratischer Kontrolle gesprochen (die sehr unterschiedlich aussehen kann), vom Verwaltungsgerichtsweg (über Richter, die vom Staat eingesetzt werden) und so weiter und so fort. Aber nichts für sich macht einen Rechtsstaat aus, nicht einmal die Anwesenheit von alledem.
Die Anwesenheit von alledem (und einigem anderen, wie einer unabhängigen Richterschaft, einer freien Presse, vor allem auch einem freien Unternehmertum) macht den demokratischen Rechtsstaat aus.
Natürlich gibt es Staaten, die auf dem Weg in die Diktatur sind, wie zB Rußland oder Venezuela. Da verschwindet dann eines nach dem anderen der konstitutiven Elemente des demokratischen Rechtsstaats. Das sind aber nach allen historischen Erfahrungen instabile Übergangsformen. Denn wenn erst einmal die demokratischen und rechtsstaatlichen Kontrollen geschwächt sind, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Herrschenden sie ganz beseitigen. Chávez ist auf diesem Weg schon weit; Putin läßt sich Zeit.
Zitat von Llarian
In Antwort auf:Ehrlich gesagt, lieber Llarian - ich wünsche jedem, der den Unterschied nicht erkennen kann, mal ein Jahr in der DDR gelebt zu haben. Ich bin überzeugt, er wäre danach nicht mehr dieser Meinung.
Zum einen, lieber Zettel, würde ich vermuten, dass ich die DDR besser kenne als Sie. So oder so ist ein solcher Hinweis nicht hilfreich für Leute, die die DDR auch erlebt haben. Zum anderen finde ich diese Legitimation über grösseres Unrecht immernoch nicht im Ansatz richtig. Ist ein Dieb kein Krimineller, weil es den Mörder gibt ? Wird die BRD zu einem Rechtsstaat, weil es die DDR gab ? Wir ein Paragraph 175 rechtsstaatlich, weil man nach 45 die Homosexuellen nicht mehr in KZs warf ? Sie gehen hier auf reichlich dünnem Eis, lieber Zettel, denn so legitimiert sich eine ganze Menge. Vielzuviel um es harmlos zu sagen.
Wenn ich auf diesem Eis ginge, wäre ich längst eingebrochen, lieber Llarian. Denn ich argumentiere ja nicht, daß die Bundesrepublik ein demokratischer Rechtsstaat ist, weil die DDR keiner war, oder daß irgend etwas in der Bundesrepublik durch das legitimiert werden würde, was in der DDR der Fall war.
Sondern ich bitte um den Vergleich nur deshalb, weil er verdeutlicht, welcher himmelweite Unterschied zwischen einem demokratischen Rechtsstaat mit allen seinen Mängeln und einer Diktatur besteht, selbst wenn es dort angeblich "gute Seiten" gab. (Am Sonntag hat das wieder mal ein Linker namens Maurer bei Anne Will darzulegen versucht; er vergaß zu erwähnen, daß der Führer die Autobahnen gebaut hat).
Aber lassen Sie uns doch bitte noch einmal zum Ausgangspunkt kommen: Wenn ich Sie recht verstehe, dann behalten Sie sich vor, Gesetze nur dann zu befolgen, wenn diese mit Ihrem "inneren ethischen Kompaß" übereinstimmen. Ich setze dagegen, daß ein Gemeinwesen zugrundegeht, wenn sich alle Bürger so verhalten.
Meine Frage: Würde das denn nicht gerade in einem perfekten demokratischen Rechtsstaat gelten, wie Sie ihn bei uns augenscheinlich nicht realisiert sehen? Wie soll denn ein solcher Staat Bestand haben, wenn jeder nach Belieben die Gesetze einhält oder sie bricht?
In Antwort auf:und daß in der Regel eine Entscheidung resultiert, mit der die meisten leben können und die auch die Belange der Minderheit respektiert. Das muß nicht so sein, ist aber die Regel.
Halte ich eher für Zufall. Wenn es denn überhaupt passiert, was ja auch erstmal zu beweisen wäre. Es gibt eine ganze Reihe von Minderheiten, deren Interessen ständig unter die Räder kommen. Aber das möchte ich an der Stelle nicht vertiefen, weil wir sonst vom weit wichtigeren Thema abkommen. Und genau wie Sie, halte ich es auch für imminent wichtig.
In Antwort auf:Wenn ich Sie recht verstehe, dann behalten Sie sich vor, Gesetze nur dann zu befolgen, wenn diese mit Ihrem "inneren ethischen Kompaß" übereinstimmen.
Ziemlich absolut. Ich könnte und wollte kein (wichtiges) Gesetz befolgen, dass ich von grundauf als unethisch emfinde. Wobei ich, wie ja auch einige angemerkt haben, natürlich auch eine Nutzenabschätzung im Hinterkopf vornehme, was es mich an der Stelle kostet, mich gegen das Gesetz zu entscheiden. Nehmen wir ein ganz krasses Beispiel, lieber Zettel. Nach dem Gesetzesstand dieses Landes kann ich zwangsverpflichtet werden eine Waffe in die Hand zu nehmen und auf jemand anders zu schiessen, der mir nichts getan hat. Ich kann mir nicht vorstellen einem solchen Gesetz zu gehorchen.
In Antwort auf:Wie soll denn ein solcher Staat Bestand haben, wenn jeder nach Belieben die Gesetze einhält oder sie bricht?
Genau wie das heute auch schon geschieht. Durch ein gemeinsames Wertesystem und ein gemeinsames ethisches Verständnis. Das misst sich aber nicht am "Gesetzgeber" Staat, sondern an eigenen, persönlichen Erfahrungen. Und das wird so lange gut gehen, wie Menschen etwas ähnliches für richtig und etwas ähnliches für falsch halten. Ich möchte das gerne noch ein bischen (wenn Sie Interesse haben) vertiefen, mir fehlt aber heute und morgen die Zeit. Gerne würde ich noch einmal Ende der Woche darauf zurückommen (so ungefähr wenn die Linke am Freitag wieder ihre Friedfertigkeit durch Steine unter Beweis stellt).
In Antwort auf:und daß in der Regel eine Entscheidung resultiert, mit der die meisten leben können und die auch die Belange der Minderheit respektiert. Das muß nicht so sein, ist aber die Regel.
Halte ich eher für Zufall. Wenn es denn überhaupt passiert, was ja auch erstmal zu beweisen wäre.
Meines Erachtens, lieber Llarian, liegt es im Wesen des demokratischen Rechtsstaats.
Wer starke und extreme politische Überzeugungen hat - die Grünen sind ein Beispiel, Obama scheint mir zunehmend ein Beispiel zu sein, auch die christlichen Konservativen zur Adenauer-Zeit waren es; von Kommunisten und Neonazis spreche ich in diesem Zusammenhang nicht -, der ist in Versuchung, sie zu implementieren, wenn er es an die Macht geschafft hat.
Aber in der Regel passiert das nicht. Zum einen, weil in einem gut konstruierten demokratischen Rechtsstaat die Checks and Balances das verhindern. Zum anderen aber auch, weil die Verantwortlicheren der Politiker wissen, daß das ja nicht funktionieren kann: Sie werden irgendwann abgewählt werden. Und je radikaler sie alles in ihrem Sinn ideologisch umzugestalten versucht haben, umso radikaler wird nach einem Machtwechsel wieder zurückgesteuert werden. Also bringt das doch nichts.
Es gab dennoch solche Versuche. Die drei Spektakulärsten waren der Versuch der Labour-Regierung unter Attlee, in Großbritannien den Sozialismus einzuführen; der Versuch der sozialistisch-kommunistischen Regierungen nach der Wahl von Mitterand, Anfang der achtziger Jahre in Frankreich dasselbe zu tun; der schon genannte Versuch der Rotgrünen zur "ökologischen Umgestaltung" der deutschen Gesellschaft.
Alle drei Versuche sind schmählich gescheitert. Attlee hat GB auf einen Kurs des Niedergangs gebracht, den erst Maggie Thatcher gestoppt hat. Mitterand hat schon nach wenigen Jahren das Handtuch geworfen, weil Frankreich auf dem Weg nicht in den Sozialismus, sondern auf dem Weg in den Staatsbankrott war. Rotgrün ist so vollständig gescheitert, daß Schröder nicht einmal mehr die zweite Legislaturperiode durchstehen konnte.
Zitat von Llarian Nehmen wir ein ganz krasses Beispiel, lieber Zettel. Nach dem Gesetzesstand dieses Landes kann ich zwangsverpflichtet werden eine Waffe in die Hand zu nehmen und auf jemand anders zu schiessen, der mir nichts getan hat. Ich kann mir nicht vorstellen einem solchen Gesetz zu gehorchen.
Können Sie das bitte erläutern? Ich kenne kein solches Gesetz in der Bundesrepublik. Einen Staat, der Menschen gegen ihr Gewissen zwingt, auf andere zu schießen, würde ich in der Tat nicht als demokratischen Rechtsstaat ansehen. Sogar die DDR kannte ja den "Bausoldaten".
Aber bevor ich genauer antworte, müßte ich wirklich erst einmal wissen, welchen Fall Sie im Auge haben.
Zitat von Llarian
In Antwort auf:Wie soll denn ein solcher Staat Bestand haben, wenn jeder nach Belieben die Gesetze einhält oder sie bricht?
Genau wie das heute auch schon geschieht. Durch ein gemeinsames Wertesystem und ein gemeinsames ethisches Verständnis. Das misst sich aber nicht am "Gesetzgeber" Staat, sondern an eigenen, persönlichen Erfahrungen. Und das wird so lange gut gehen, wie Menschen etwas ähnliches für richtig und etwas ähnliches für falsch halten.
Man kann doch aber, lieber Llarian, diesen Zustand weder erwarten noch gar herbeizwingen. Wir werden immer in Gesellschaften leben, in denen die einzelnen Menschen, die einzelnen Religionen und Weltanschauungen sehr unterschiedliche ethische Vorstellungen haben.
Das können wir doch nicht ändern; noch nicht einmal die Nazis und die Kommunisten konnten mit allen ihren verbrecherischen Methoden die Menschen zwingen, so zu denken, wie sie das wollten.
Also müssen wir mit einer Pluralität von Weltanschauungen und Religionen leben. Aber der Staat kann deshalb - und gerade deshalb - niemandem zugestehen, sich im Zweifel an seine Weltanschuung, an seinen "Kompaß" zu halten, statt an die geltenden Gesetze.
Ich halte es für vollkommen indiskutabel, daß Moslems das Recht haben sollten, auch nur interne Streitigkeiten nach der Scharia zu regeln; ganz zu schweigen von Straftaten. Sie haben sich an die Gesetze dieses Staats zu halten wie jeder Bürger, oder sie müssen dieses Land verlassen.
Ebenso ist es für mich indiskutabel, daß Sie, lieber Llarian, ein solches Recht für sich in Anspruch nehmen (treten Sie auch dafür ein, daß es Moslems haben?).
Ein solches Zerfallen des Staats in Communities führt nicht zu einem freien und harmonischen Zusammeleben, sonder es führt in den Bürgerkrieg. Das ist meine feste Überzeugung.
Zitat von ZettelMan kann doch aber, lieber Llarian, diesen Zustand weder erwarten noch gar herbeizwingen. Wir werden immer in Gesellschaften leben, in denen die einzelnen Menschen, die einzelnen Religionen und Weltanschauungen sehr unterschiedliche ethische Vorstellungen haben.
Das können wir doch nicht ändern; noch nicht einmal die Nazis und die Kommunisten konnten mit allen ihren verbrecherischen Methoden die Menschen zwingen, so zu denken, wie sie das wollten.
Das ist zweifellos richtig. Das entscheidende aber ist, dass es gerade die Totalitaristen auf beiden Seiten waren und sind, die versucht haben die "inneren Kompasse", die es in Form von Religion und Familie gab und gibt, aufzulösen. Das ist kein Zufall. Fehlt den Bürgern der innere Kompass existiert Freiraum für den Staat. Natürlich können sie jetzt sagen,"der Bürger soll sich der Unsinnigkeit und ggfs Illegitimität des Gesetzes schon bewusst sein - nur befolgen soll er trotzdem. Und in dem Moment, in dem Staat aufhört Rechtsstaat zu sein, darf der Bürger nicht Eichmann spielen und muss sich gewissen Gesetzen verweigern". Das können sie verlangen, aber es ist ziemlich unrealistisch. Durch Formalismus lässt sich effizient der Bürokrieg in einer Verwaltung umgehen, aber ein ganzer Staat lässt sich damit nicht machen.
In Antwort auf: Also müssen wir mit einer Pluralität von Weltanschauungen und Religionen leben. Aber der Staat kann deshalb - und gerade deshalb - niemandem zugestehen, sich im Zweifel an seine Weltanschuung, an seinen "Kompaß" zu halten, statt an die geltenden Gesetze.
Das kann er in der Tat nicht akzeptieren. Aber daraus folgt ja nicht, dass es der einzelne nicht soll tun dürfen.
Zitat von dirkDas entscheidende aber ist, dass es gerade die Totalitaristen auf beiden Seiten waren und sind, die versucht haben die "inneren Kompasse", die es in Form von Religion und Familie gab und gibt, aufzulösen. Das ist kein Zufall. Fehlt den Bürgern der innere Kompass existiert Freiraum für den Staat.
Dem stimme ich vollständig zu. Ich bin ja auch überhaupt nicht gegen den "inneren Kompaß"; wie könnte ich das als Kantianer sein? Ich bin nur der Meinung, daß in einem demokratischen Rechtsstaat die Berufung auf den "inneren Kompaß" es nicht rechtfertigen kann, die Gesetze zu brechen.
In einem totalitären Staat ist das anders; da kann es selbstverständlich nicht nur erlaubt, sondern geboten sein, seinem Gewissen zu folgen und gegen staatliche Gesetze zu handeln.
Zitat von dirk Natürlich können sie jetzt sagen,"der Bürger soll sich der Unsinnigkeit und ggfs Illegitimität des Gesetzes schon bewusst sein - nur befolgen soll er trotzdem. Und in dem Moment, in dem Staat aufhört Rechtsstaat zu sein, darf der Bürger nicht Eichmann spielen und muss sich gewissen Gesetzen verweigern".
Sie nehmen mir die Antwort ab.
Zitat von dirkDas können sie verlangen, aber es ist ziemlich unrealistisch. Durch Formalismus lässt sich effizient der Bürokrieg in einer Verwaltung umgehen, aber ein ganzer Staat lässt sich damit nicht machen.
Das verstehe ich nicht, lieber Dirk. Wo sehen Sie den Formalismus? Ich verstehe auch den Vergleich mit Bürokratie nicht.
Zitat von dirk
In Antwort auf: Also müssen wir mit einer Pluralität von Weltanschauungen und Religionen leben. Aber der Staat kann deshalb - und gerade deshalb - niemandem zugestehen, sich im Zweifel an seine Weltanschuung, an seinen "Kompaß" zu halten, statt an die geltenden Gesetze.
Das kann er in der Tat nicht akzeptieren. Aber daraus folgt ja nicht, dass es der einzelne nicht soll tun dürfen.
Aber der Staat ist doch nichts als wir Bürger. Wenn es alle nicht tun dürfen, dann darf es doch auch der einzelne nicht tun.
Das ist aus meiner Sicht, lieber Dirk, das zentrale Merkmal des demokratischen Rechtsstaats: Daß er dem Bürger nicht als etwas Eigenständiges entgegentritt oder gar über ihn herrscht; sondern der Staat ist nichts als eine Agentur - oder eine Reihe von Agenturen -, die wir Bürger uns aussuchen und die wir dafür bezahlen, daß sie für uns Dienstleistungen erbringen.
Das ist der fundamentale Unterschied zum Totalitarismus. In der DDR hatte der Staat seine Bürger ("unsere Menschen"). In der Bundesrepublik haben wir Bürger unseren Staat.
In Antwort auf:Jurors accepted defence arguments that the six had a "lawful excuse" to damage property at Kingsnorth power station in Kent to prevent even greater damage caused by climate change. The defence of "lawful excuse" under the Criminal Damage Act 1971 allows damage to be caused to property to prevent even greater damage – such as breaking down the door of a burning house to tackle a fire.
(...) Wenn Frau Anschütz das Tür-Beispiel zitiert, ist das durchaus ein Hinweis darauf. Sie dürfte sich aber verrechnen, da es in Deutschland keine Jury gibt, wie in England, die man so leicht übertölpeln kann.
"Übertölpeln" trifft es, lieber Daddeldu. Denn derartige Gesetze à la Notfall oder Lawful Excuse beziehen sich ja immer nur auf den Fall, daß keine andere Abhilfe möglich ist.
Daß, falls die Bedenken gegen die grüne Gentechnologie zu Recht bestehen, es die Abhilfe gibt, gegen diese gerichtlich vorzugehen, liegt ja auf der Hand.
Es handelt sich beim Vorgehen von Frau Anschütz und allen diesen "Feldbefreiern", "Tierbefreiern", Hochstandsägern usw. nicht um die Behebung eines Notstands gemäß Paragraph 228 BGB, sondern schlicht um Selbstjustiz.
Putzig finde ich es, daß ausgerechnet diese Leute, die sich benehmen, als befänden wir uns im rechtlosen Wilden Westen, den Amerikanern eine Wildwest-Mentalität vorwerfen.
Zitat von RaysonKann es sein, lieber Zettel und lieber Dirk, dass es hier mittlerweile um Zettels diesjährige Osterfrage geht?
Vielleicht, obwohl ich keinen offenkundigen Zusammenhang sehe.
Meine Frage bezog sich auf das Verhältnis zwischen Religion und Moral. Jetzt scheint es mir um das Verhältnis zwischen (individueller) Moral und staatlichem Recht zu gehen.
Der gemeinsame Nenner, lieber Rayson, könnte allerdings so etwas wie Verbindlichkeit sein. Was sehe ich als für mich verbindlich an?
In Antwort auf:Können Sie das bitte erläutern? Ich kenne kein solches Gesetz in der Bundesrepublik. Einen Staat, der Menschen gegen ihr Gewissen zwingt, auf andere zu schießen, würde ich in der Tat nicht als demokratischen Rechtsstaat ansehen. Sogar die DDR kannte ja den "Bausoldaten".
Bleiben wir bei der BRD. Die kennt den Zivildienstleistenden aus "Gewissensgründen". Man muss glaubhaft machen, dass man keinen Menschen töten kann. Dumm nur, wenn man das kann, aber das nicht für den Staat tun will. Das ist nämlich kein legitimer Verweigerungsgrund. Rein rechtlich muss man auf Menschen schiessen, wenn man nicht ein grundsätzliches Problem mit dem Töten hat. Und das ist ziemlich unethisch. Ich für meinen Teil töte nicht auf Befehl. Ich kanns mir unter bestimmten Umständen vorstellen, aber nicht für den Staat und nicht an einem Menschen, der mir nichts getan hat. Und damit kollidiere ich an der Stelle ganz erheblich mit unserer Rechtsordnung. Die in diesem Zusammenhang ziemlich unethisch ist.
In Antwort auf:Wir werden immer in Gesellschaften leben, in denen die einzelnen Menschen, die einzelnen Religionen und Weltanschauungen sehr unterschiedliche ethische Vorstellungen haben.
Ganz ehrlich, lieber Zettel, das wollen wir nicht hoffen. Und ich glaube es auch nicht, zumindest nicht was die Vergangenheit angeht. Denn alle Staaten, die dieses Problem aufwiesen, sind zerbrochen, unabhängig von jeder Gesetzlage, von demokratischen, juristischen oder anderen Aspekten. Denn Menschen mit unterschiedlichen Wertesystemen KÖNNEN nicht zusammen leben. Damit sind Sie auf den Kern gekommen, warum ich die Masseneinwanderung von Muslimen in Deutschland und Europa so verheerend finde. Nicht primär deshalb, weil ich die Wertevorstellungen des Islam ablehne, sondern weil ich mir klar darüber bin, dass eine solche Mischgesellschaft nicht funktionieren kann und wird. Wenn Sie sich erfolgreiche Gesellschaften ansehen, zum Beispiel die deutsche Nachkriegsgeschichte, den japanischen Aufstieg, den koreanischen Erfolg, die letzten 100 Jahre der Amerikaner, dann stellen Sie fest, dass das Gesellschaften mit gemeinsamen Wertevorstellungen sind. Nicht unbedingt die selben, aber gemeinsam in sich. Diese Werte haben einen erheblich höheren normativen Character als das Gesetz, sie sind das eigentliche Fundament einer Gesellschaft.
In Antwort auf:Ich halte es für vollkommen indiskutabel, daß Moslems das Recht haben sollten, auch nur interne Streitigkeiten nach der Scharia zu regeln; ganz zu schweigen von Straftaten.
Recht haben ist eine moralische Forderung. Das Recht nehmen ist eine faktische Ausführung. Die Moslems werden Sie und mich nicht fragen, ob Sie das tun dürfen. Sie tuns einfach, weil eben Wertevorstellungen höher stehen als die Achtung des Gesetzes. Das gilt übrigens gerade für religiöse Menschen. Ist auch naheliegend, denn wie sollte ich, wenn ich an irgendeine Art von Paradies glaube, das "irdische" Gesetz dem göttlichen vorziehen ? Wir können lange darüber diskutieren, ob das richtig, moralisch, ethisch oder sonstwas ist, es passiert sowieso. Und die Forderung, dass sie sonst das Land verlassen müssen, sehe ich auch so, wird aber nicht passieren. Denn wer hätte die Macht, das durchzusetzen ? Erinnern Sie sich, was in DIESEM Forum hier, passierte, als ich das auch nur angedeutet habe ? Ich erinnere mich, dass der Begriff Deporatation noch das Harmloseste war, was da kam.
In Antwort auf:Ebenso ist es für mich indiskutabel, daß Sie, lieber Llarian, ein solches Recht für sich in Anspruch nehmen
Ich glaube das das die meisten Menschen tun. Es fällt nur nicht auf, weil die Gesetze ja im Groben die Abbildung der meisten Wertvorstellungen sind. Es ist leicht nicht gegen das Gesetz gegen Mord zu verstossen, weil unsere Werte uns den Mord von vorneherein verbieten. Problematisch wirds einzig da, wo es eine Diskrepanz zwischen Gesetz und Wert gibt. Und dann fangen die Bürger an, gegen die Gesetze zu verstossen. Sei es bei der Steuer, sei es beim Runterladen von Musik oder, um um ein extremeres Beispiel zu nehmen, beim Eingehen gleichgeschlechtlicher Beziehungen (ich finde es ohnehin schade, dass Sie meine beiden Einwürfe über die Rassendiskriminierung in den Staaten und den Paragraphen 175 in Deutschland einfach links liegen liessen).
Ich persönlich KANN mich nicht anders verhalten. Das ist mit meinem ganzen Wesen und allem was ich für richtig halte, verbunden. Für mich haben weder Gesetze noch Demokratie einen ethischen Character (allenfalls einen normativen): Wenn 90% der Menschen eines Landes beschliessen, die anderen 10% auszurauben, ist das demokratisch. Aber falsch. Da kann ich nicht gegen, egal ob diese 90% sich 100.000 Gesetze machen, die ihnen das erlauben. Es ist und bleibt falsch. Die DDR würde nicht weniger totalitaristisch, wenn 70% ihrer Bürger sie gut und richtig gefunden hätten. Hitler wäre nicht besser gewesen, wenn ihn 60% statt 30% gewählt hätten. Demokratie ist NICHT automatisch ethisch. Noch weniger sind es Gesetze. Beispiele habe ich genannt. Und das durchaus auch in Rechtsstaaten.
Wenn ich abschliessend dazu etwas bemerken darf, ich glaube Sie überschätzen die Bedeutung des Staates als normatives Instrument. Für mich hört sich das an, als brauche es den Staat und seine Gesetze, dass sich Menschen richtig verhalten. Und genau das glaube ich so nicht. Gesetze sind (im Idealfall) präzise Formulierungen eines Teis unserer Wertevorstellungen, was auch deshalb nützlich ist, weil Werte immer ein bissel schwammig sein können. D.h. sie bilden etwas ab, was wir ohenhin für richtig halten (jedenfalls meistens). Aber WAS wir für richtig halten, entscheiden wir als Gesellschaft, nicht die Justiz, nicht die Politik, nicht der Staat.
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