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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 57 Antworten
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 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
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Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.03.2009 07:46
Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Wären wir in den USA, dann wären wir jetzt schon ein halbes Jahr im Wahlkampf. Aber dort gibt es einen Vorwahlkampf innerhalb der Parteien; das entfällt bei uns. Dennoch - ein halbes Jahr vor einer Bundestags wahl geht es auch in Deutschland los.

Die SPD hat den Wahlkampf vor drei Wochen eröffnet. Sie war damit der CDU nicht nur zeitlich voraus, sondern ist es auch in allen relevanten Aspekten; behaupte ich in diesem ersten Artikel der Serie, die, wenn alles wie geplant geht, am 28. September zu Ende gehen wird.

Mr.Moe Offline




Beiträge: 12

30.03.2009 08:40
#2 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

In Antwort auf:
Der Wahlkampf hat begonnen. Ich werde ihn mit Artikeln in ZR begleiten

Ich bitte zu entschuldigen, dass ich nicht zur Diskussion beitragen werde, aber: Hurra!

{line}
{url=http://zeitungfuerdeutschland.wordpress.com}Zeitung für Schland{/url}

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

30.03.2009 12:49
#3 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Eigentlich bin ich Optimist.
Und gehe deswegen auch mit Zuversicht in die Bundestagswahl - irgendwie mag ich nicht glauben, daß die Deutschen so blöde sein werden, die völlig abgehalfterte SPD in eine Schlüsselposition zu wählen.

Aber leider kann ich den Argumenten in diesem Beitrag wenig entgegensetzen. Die SPD macht in der Tat schon jetzt professionellen Wahlkampf, die Union schwurbelt rum.

In Antwort auf:
Und wer wird Angela Merkel unterstützen? Annette Schavan, sie bestimmt. Und Ursula von der Leyen.

Und wenn dann noch die unsägliche Mutterkreuztante die wesentliche Unterstützung ist, wird es wohl eng.

Numpy Offline



Beiträge: 113

30.03.2009 14:10
#4 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Aber ist nicht das eigentliche Problem dieser Attacken, daß sie auf wahre Begebenheiten beruhen? Das, was Müntefering und Konsorten in ihren Kritiken aufführen entspricht doch der Wirklichkeit. Merkel hat keine Führungskompetenz - vorallem nicht in der Öffentlichkeit. Merkel entspricht nicht der Person, die sich so mancher wünscht. Merkel ist Opportunist, sie stellt ihr Fähnchen immer in den Wind, denn sie verbreitet kein Image der eigenen Meinung - eher die Meinung ihres Beraterstabes.

Dies sollte eigentlich kein Grund für eine Wahl der SPD sein, aber sie wird es leider doch werden.

Sorgen machen mir bei der Wahl auch nicht die linken in der Partei, wie Nahles beispielsweise. Die Gefahr liegt eher bei Steinbrück, weil er jemand ist, der auch das Zentrum dazu bewegen kann, die SPD zu wählen. Er wirkt wie ein integer Politiker, was in diesen Zeiten wertvoll sein kann. Und obwohl seine Aussagen oftmals von populistischer und nichtswissender Natur sind, so ist es doch merkbar das es seine eigene Meinung ist - ein elementarer Vorteil im Vergleich zu Merkel.

Das Gegenteil davon, nämlich die Gewinnung von "linken" Wählerstimmung durch die CDU ist beinahe Null, da die CDU eine Mannschaft von erzkonservativen und law-and-order Politikern aufgestellt hat.
Der positive Aspekt Steinbrück ist im umgekehrten Falle der negative Aspekt Schäuble. Deshalb wird dieser meiner Meinung nach den Ball flach halten müssen bis zum Wahltag.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.03.2009 14:41
#5 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Zitat von Numpy
Aber ist nicht das eigentliche Problem dieser Attacken, daß sie auf wahre Begebenheiten beruhen? Das, was Müntefering und Konsorten in ihren Kritiken aufführen entspricht doch der Wirklichkeit. Merkel hat keine Führungskompetenz - vorallem nicht in der Öffentlichkeit.

Das Letztere würde ich unterstreichen, lieber Numpy. Sie führt ihrer Führung nicht vor, wenn Sie mir den Kalauer gestatten.

Schröder trat vor die Mikrofone und sagte: Das habe ich so entschieden. Merkel verhandelt und erreicht dasselbe Ziel, sagt dann aber: Es ist vernünftig, das so und so zu machen, und deshalb machen wir es.

Das Perfide an Münteferings Vorwürfen ist ja, daß die SPD seit dreieinhalb Jahren darauf pocht, daß sie ein gleichberechtigter Partner ist und die Kanzlerin deshalb eben nicht das Recht hat, zu führen. "Gleiche Augenhöhe", wir erinnern uns. Und jetzt wird just das gegen die Kanzlerin ausgespielt.

That's politics, aber Merkel kann da nicht mit.
Zitat von Numpy
Merkel entspricht nicht der Person, die sich so mancher wünscht. Merkel ist Opportunist, sie stellt ihr Fähnchen immer in den Wind, denn sie verbreitet kein Image der eigenen Meinung - eher die Meinung ihres Beraterstabes.

Opportunismus kann ich bei ihr überhaupt nicht sehen. Wenn es darum geht, Haltung zu zeigen - Stichwort Solidarität mit Israel, Stichwort Menschenrechte - war sie immer das Gegenteil eines Opportunisten; sehr im Unterschied zu Steinmeier.

Berater hat und braucht jeder. Der Eindruck, daß Merkel sich nicht durchsetzt, entsteht dadurch, daß sie sich eben leise durchsetzt. In geduldigen Gesprächen. Ein Musterbeispiel war die Art, wie sie Horst Köhler als Bundespräsidenten durchgesetzt und dabei auch einen Guido Westerwelle ausmanövriert hat.
Zitat von Numpy
Sorgen machen mir bei der Wahl auch nicht die linken in der Partei, wie Nahles beispielsweise. Die Gefahr liegt eher bei Steinbrück, weil er jemand ist, der auch das Zentrum dazu bewegen kann, die SPD zu wählen. Er wirkt wie ein integer Politiker, was in diesen Zeiten wertvoll sein kann. Und obwohl seine Aussagen oftmals von populistischer und nichtswissender Natur sind, so ist es doch merkbar das es seine eigene Meinung ist - ein elementarer Vorteil im Vergleich zu Merkel.

Das stimmt. Er ist ein eigenständiger Mann; mir übrigens nicht unsympathisch. Einer der wenigen in der SPD, denen ich noch abnehme, daß sie denken, was sie sagen (zu erwarten, daß jemand sagt, was er denkt, wäre blauäugig).
Zitat von Numpy
Das Gegenteil davon, nämlich die Gewinnung von "linken" Wählerstimmung durch die CDU ist beinahe Null, da die CDU eine Mannschaft von erzkonservativen und law-and-order Politikern aufgestellt hat.

Wen denn? Lieber Numpy, hier im Forum ist ja ausgiebig beklagt worden, daß die CDU praktisch keinen konservativen Flügel mehr hat.

Herzlich, Zettel

Numpy Offline



Beiträge: 113

30.03.2009 15:10
#6 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Also meiner Meinung nach vertreten sowohl von der Leyen als auch Schäuble die konservative Seite ausgezeichnet.
Es ist natürlich offen zur Diskussion, ob denn "law-and-order" ein Aspekt konservativer Politik ist. Fakt ist jedoch, daß Schäuble eher kein Grund ist, die CDU zu wählen. Jedenfalls nicht für mich.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.03.2009 15:26
#7 Law and Order Antworten

Zitat von Numpy
Es ist natürlich offen zur Diskussion, ob denn "law-and-order" ein Aspekt konservativer Politik ist. Fakt ist jedoch, daß Schäuble eher kein Grund ist, die CDU zu wählen. Jedenfalls nicht für mich.

Da sind wir verschiedener Meinung, lieber Numpy; ich weiß freilich, daß ich mit meiner Meinung unter Liberalen zu einer kleinen, radikalen Minderheit gehöre.

Aus meiner Sicht ist Law and Order nicht nur kein Gegensatz zur Freiheit, sondern im Gegenteil eine Voraussetzung für Freiheit.

Nirgends ist man weniger frei als dort, wo das Gesetz und die von ihm vorgesehende Ordnung gebrochen werden. Frei sind die gesetzestreuen Bürger dort, wo das Gesetz regiert.

Ich habe es deshalb nie verstanden, wieso der Begriff "Law and Order" in einem abwertenden Sinn verwendet werden kann; daß natürlich Rechtsbrecher (im politischen Raum also vor allem Extremisten) nichts vom Recht halten, versteht sich.



Eine ganz andere Frage ist es, welche Gesetze wir denn brauchen. Meines Erachtens so wenige wie möglich. Und schon gar keine schärferen, soweit gesetzestreue Bürger betroffen sind. Deshalb bin ich zum Beispiel entschieden gegen eine Verschärfung des Waffenrechts. Sie würde Millionen Bürger in ihrer Freiheit einschränken; so wie das "Umweltzonen" und ähnliche Gängelungen tun.

Aber seltsam - just diejenigen, die Schäuble vorwerfen, daß er für Recht und Gesetz ist, wenn es um die Bekämpfung der Kriminalität geht, finden oft nichts dabei, Gesetze zu verschärfen, die den gesetzestreuen Bürger gängeln. Sie verteidigen die Rechte von Terroristen und anderen Kriminellen, lassen aber die von uns allen gern einschränken.

Ich habe dieses Denken, lieber Numpy, nie nachvollziehen können Es kommt mir vor wie Verkehrte Welt.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.03.2009 15:28
#8 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Lieber Mr. Moe,

ersetzen Sie in Ihrer Signatur die geschweiften Klammern bitte durch eckige?

Herzlich, Zettel

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

30.03.2009 15:32
#9 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Zitat von Numpy
Also meiner Meinung nach vertreten sowohl von der Leyen als auch Schäuble die konservative Seite ausgezeichnet.
Es ist natürlich offen zur Diskussion, ob denn "law-and-order" ein Aspekt konservativer Politik ist. Fakt ist jedoch, daß Schäuble eher kein Grund ist, die CDU zu wählen. Jedenfalls nicht für mich.


Es wäre mir neu, dass Ursels Eltern-Gängelpolitik und Brutpolitik konservativ wäre. Sie hat doch eher einen alten Programmpunkt der Sozis verwirklicht.

Zitat von Zettel
Und wer wird Angela Merkel unterstützen? Annette Schavan, sie bestimmt. Und Ursula von der Leyen.


Koch. Hat er zumindest die letzten Jahre in meinen Augen loyal getan.

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.03.2009 15:37
#10 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Zitat von R.A.
Eigentlich bin ich Optimist. Und gehe deswegen auch mit Zuversicht in die Bundestagswahl - irgendwie mag ich nicht glauben, daß die Deutschen so blöde sein werden, die völlig abgehalfterte SPD in eine Schlüsselposition zu wählen.

Ihr Wort in Gottes Ohr. Das Fatale ist ja, daß die SPD ruhig (im Vergleich zu 2005) miserabel abschneiden kann, und dennoch den Kanzler stellen. Sie hat drei potentielle Partner, die Union nur einen.

Wir haben uns, lieber R.A., darüber ja schon unterhalten und ich fürchte, daß ich jedenfalls in diesem Punkt mit meinem Pessimismus schon Recht behalten habe: Die FDP ist augenscheinlich nicht bereit, sich vor den Wahlen verbindlich festzulegen, daß sie nicht in eine Ampel gehen wird.

Also wird sie es tun, wenn es zu Schwarzgelb nicht reicht. Und zu Schwarzgelb hat es in den Umfragen immer nur knapp und nur manchmal gereicht.

Also wird der Wahlkampf entscheiden, und in dem hat die SPD die bessere Ausgangsposition.

Als ich den Artikel fertig hatte, habe ich überlegt, ob ich ihn nicht irgendwie mit einem positiven Schlenker abschließen kann. Aber mir ist nichts eingefallen.

Jetzt eben dies: Die CDU-Vorsitzende würde zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, wenn sie Pofalla durch einen Erzkonservativen ersetzen würde, der so ein harter Hund ist wie Müntefering und Heil. Nur ist erstens Pofalla ja gewählt und nicht Generalsekretär von Merkels Gnaden, und zweitens - wo einen solchen Mann herkriegen?

Herzlich, Zettel


Kallias Offline




Beiträge: 2.300

30.03.2009 15:42
#11 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Um hier etwas Optimismus beizusteuern!

Die Probleme der SPD sind noch größer als die der CDU. Das negative campaigning gegen die Kanzlerin ist riskant, die harmoniebedürftigen Deutschen mögen sowas nicht. Außerdem bietet es der CDU eine offene Flanke: Merkel führungsschwach, soso? Wann und wo hätte Steinmeier je geführt?

Zitat von Zettel
Sie wird umso schlechter, je mehr es von ihr verlangt ist, Emotionen anzusprechen, Anhänger zu mobilisieren, Gegner zu attackieren, kurz: Stimmung zu machen.
Das konnte Kohl auch nicht besonders gut. Erinnern Sie sich an die Wahl 1994? Ende 1993 ging es Kohl erkennbar schlecht, das Gesicht aufgedunsen, die Gesten fahrig, die Diktion einsilbig und unwirsch. Der Mann war out. Dann baute ihn Peter Radunski zum lächelnden beliebten Volkskanzler auf. Kaum war er wiedergewählt, sanken die Beliebtheitswerte wieder ab.

Merkel war jahrelang sehr populär. Da kann die CDU ansetzen: alles in den Mittelpunkt rücken, was das geneigte Wahlvolk an der Kanzlerin gut findet. Man muß nicht selber Stimmung machen, ein Radunski tut's auch.

Steinmeier unterscheidet sich wenig von Merkel - was wie schon gesagt der Anti-Merkel-Kampagne Grenzen setzt. Alle ihre Schwächen hat er auch. Sie aber ist Kanzlerin; daher müsste er als Herausforderer irgendetwas aufbieten, womit er Merkel überlegen ist. Was könnte das nur sein? Die SPD hat das größere Problem mit ihrem Kandidaten.
Zitat von Zettel
Müntefering, Wowereit, Nahles
Die Nebenfiguren dürfen nicht zu stark auftreten (das gilt auch für Steinbrück, auf den Numpy hinwies). Sonst geht es Steinmeier wie einst Scharping, der offenbar von beiden Seiten durch Lafontaine und Schröder gestützt werden mußte, um nicht umzukippen.


Sowohl die CDU als auch die SPD müssen auf eine Koalition mit der FDP zusteuern, was für die CDU-Anhängerschaft nicht weiter schlimm ist, aber alles, was ein bißchen links fühlt, hasst die FDP mehr als die Nazis. Aus SPD-Sicht gibt es zwei mögliche Wahlergebnisse: eine weitere große Koalition mit der SPD als zweiter Geige wie gehabt oder die Ampel, von der niemand wonniglich träumt. Beides läßt sich nicht als "Projekt" verkaufen, und für eines von beidem reicht es bestimmt, also wozu wählen gehen?

Auf der anderen Seite schlägt dagegen der Ernst der Lage zu Buche. Der Linken spielt der Etatismus, von dem jetzt auch die CDU meint, er sei unvermeidlich, in die Hände. Bei der CDU läßt sich aber immer noch hoffen, daß sie es nicht zu weit damit treibt. Das könnte die Freunde der Marktwirtschaft mobilisieren, ohne daß es im Wahlkampf laut ausgesprochen werden muß.


Gruß,
Kallias

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.03.2009 15:57
#12 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Zitat von FTT_2.0
Es wäre mir neu, dass Ursels Eltern-Gängelpolitik und Brutpolitik konservativ wäre. Sie hat doch eher einen alten Programmpunkt der Sozis verwirklicht.

Es ist ja interessant, lieber FTT, daß sie von den einen als konservativ angesehen wird und von den anderen als das Gegenteil.

Aus meiner Sicht ist sie konservativ, insofern sie dem Ziel dient, daß es wieder mehr intakte Familie (also Vater, Mutter, Kinder - das muß man ja heute schon erläutern ) gibt. Sie ist liberal, insofern sie das nicht an die traditionelle Rollenverteilung knüpft.
Zitat von FTT_2.0
Zitat von Zettel
Und wer wird Angela Merkel unterstützen? Annette Schavan, sie bestimmt. Und Ursula von der Leyen.

Koch. Hat er zumindest die letzten Jahre in meinen Augen loyal getan.

Ja, stimmt. Koch gehört wie Merkel zu den Politikern, die viel leisten, es aber schlecht verkaufen können. Bei Merkel liegt es an ihrer Kühle, ihrer mangelnden Fähigkeit to connect with people. Bei Koch ist es seine Unverblümtheit, sein Sarkasmus. Bei beiden das Problem, daß sie andere Menschen spüren lassen, wie intellektuell überlegen sie ihnen sind.

Beide sind der Typ des Musterschülers, jeder auf seine Art. Von Merkel weiß ich es, daß sie in der Schule herausragend war, von Koch vermute ich es.

Herzlich, Zettel

FTT_2.0 Offline



Beiträge: 537

30.03.2009 16:15
#13 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten
Zitat von Zettel
Es ist ja interessant, lieber FTT, daß sie von den einen als konservativ angesehen wird und von den anderen als das Gegenteil.

Aus meiner Sicht ist sie konservativ, insofern sie dem Ziel dient, daß es wieder mehr intakte Familie (also Vater, Mutter, Kinder - das muß man ja heute schon erläutern ) gibt. Sie ist liberal, insofern sie das nicht an die traditionelle Rollenverteilung knüpft.


Aus meiner Sicht ist es und bleibt es sozialdemokratische Familienpolitik, den Eltern nicht die Wahlfreiheit und Verantwortung zu überlassen, sondern Milliarden in ein Elterngeld mit Lenkungswirkung hin zu einem Leitbild mit zwei Ernährern (mehr Geld, wenn beide eine "Auszeit" nehmen; generelle Herabsetzung nicht-erwerbstätiger Frauen; Kindertagesstätten; Ganztagsschulen). Liberaler wäre beispielsweise eine krasse Erhöhung des Steuerfreibetrags gewesen.

Seitdem mir in Nanterre einmal erklärt wurde, dass der grenzenlose Neoliberalismus in Tschetschenien überhaupt erst Krieg und Terror gebracht habe, messe ich dem Befund, dass Leute bisweilen Etiketten grotesk falsch verteilen, nur noch bedingt Bedeutung bei. Nanterre kann manchmal sehr instruktiv sein, wenn auch wahrscheinlich nicht mehr so wie damals, als Dany le Rouge noch dort wirkte.
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.03.2009 16:21
#14 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Zitat von Kallias
Um hier etwas Optimismus beizusteuern!

Ja, das tut gut. Dennoch muß ich einwenden - hier stehe ich, ich kann nicht anders.
Zitat von Kallias
Die Probleme der SPD sind noch größer als die der CDU.

Objektiv vielleicht. Aber in der Außendarstellung nicht mehr, seit Müntefering das Heft wieder in der Hand hat. Ich habe den Mann lange unterschätzt; er hat wirklich viel von einem zweiten Wehner, wie Nola einmal bemerkt hat,
Zitat von Kallias
Das negative campaigning gegen die Kanzlerin ist riskant, die harmoniebedürftigen Deutschen mögen sowas nicht.

Im engeren Sinn ist es ja kein negative campaigning. Sie wird nicht angeschwärzt, es wird ihr nichts angehängt. Sondern fast schon mitleidig sagt man: Schade, aber sie kann's nicht. Ich fürchte, daß das nicht auf die Ablehnung stößt, die ein eigentliches negative campaigning in Deutschland vermutlich hervorrufen würde.
Zitat von Kallias
Außerdem bietet es der CDU eine offene Flanke: Merkel führungsschwach, soso? Wann und wo hätte Steinmeier je geführt?

Vom Außenminister erwartet man das nicht. Seine eigentliche offene Flanke oder vielmehr seine beiden sind seine dunkle Vergangenheit in der Nähe der DKP und das, was er als Kanzleramtsminister zu verantworten hatte (Agenten in Bagdad usw.). Aber beide Themen hochzufahren wäre echtes negative campaigning, und auf diese Ebene werden sich Merkel und Berater sehr wahrscheinlich nicht begeben.
Zitat von Kallias
Zitat von Zettel
Sie wird umso schlechter, je mehr es von ihr verlangt ist, Emotionen anzusprechen, Anhänger zu mobilisieren, Gegner zu attackieren, kurz: Stimmung zu machen.
Das konnte Kohl auch nicht besonders gut. Erinnern Sie sich an die Wahl 1994? Ende 1993 ging es Kohl erkennbar schlecht, das Gesicht aufgedunsen, die Gesten fahrig, die Diktion einsilbig und unwirsch. Der Mann war out. Dann baute ihn Peter Radunski zum lächelnden beliebten Volkskanzler auf.

Ja, das stimmt. Den Namen hatte ich schon vergessen. So einen wie Radunski brauchte die CDU jetzt.
Zitat von Kallias
Merkel war jahrelang sehr populär. Da kann die CDU ansetzen: alles in den Mittelpunkt rücken, was das geneigte Wahlvolk an der Kanzlerin gut findet. Man muß nicht selber Stimmung machen, ein Radunski tut's auch.

Ja, ich habe mir auch überlegt, wie eine Image-Kampagne für Merkel aussehen müßte: Klaren Kopf bewahren in gefährlichen Zeiten. Die ruhige Klare aus dem Norden. Jetzt in der Krise zählen Vertrauen und Verläßlichkeit. Das internationale Ansehen der Kanzlerin, das uns Deutschen jetzt zunutzen kommt. Mitten in rauher See wechselt man nicht den Kapitän. (Wie wär's mit der Kanzlerin am Ruder und dazu "Klaren Kurs halten"?). -

Und dagegen Steinmeier, der einst mit der DKP verbandelt war und jetzt den Staatsmann gibt. Der offiziell gegen den Irak-Krieg auftrat und heimlich mit seinen Agenten den Amis half. Der für die Agenda 2010 mitverantwortlich war, sich aber immer im Hintergrund hielt.

Nur kann ich dergleichen nicht sehen. Das Konrad-Adenauer-Haus hat bisher auf die Kampagne der SPD völlig hilflos reagiert.
Zitat von Kallias
Zitat von Zettel
Müntefering, Wowereit, Nahles

Die Nebenfiguren dürfen nicht zu stark auftreten (das gilt auch für Steinbrück, auf den Numpy hinwies). Sonst geht es Steinmeier wie einst Scharping, der offenbar von beiden Seiten durch Lafontaine und Schröder gestützt werden mußte, um nicht umzukippen.

Ja, das stimmt. Das ist eine Gefahr für ihn. Hier müßte die Union ansetzen. Und, wie gesagt, mit einem Slogan wie "Wofür steht dieser Mann eigentlich?" oder "Kennen Sie Steinmeier wirklich?"
Zitat von Kallias
Aus SPD-Sicht gibt es zwei mögliche Wahlergebnisse: eine weitere große Koalition mit der SPD als zweiter Geige wie gehabt oder die Ampel, von der niemand wonniglich träumt. Beides läßt sich nicht als "Projekt" verkaufen, und für eines von beidem reicht es bestimmt, also wozu wählen gehen?

Ja, das wäre eine perfide Strategie. Denn sie würde, wenn sie funktioniert, die linken Wähler in die Arme der Kommunisten treiben.
Zitat von Kallias
Auf der anderen Seite schlägt dagegen der Ernst der Lage zu Buche. Der Linken spielt der Etatismus, von dem jetzt auch die CDU meint, er sei unvermeidlich, in die Hände. Bei der CDU läßt sich aber immer noch hoffen, daß sie es nicht zu weit damit treibt. Das könnte die Freunde der Marktwirtschaft mobilisieren, ohne daß es im Wahlkampf laut ausgesprochen werden muß.

Ja, aber es würde sie wahrscheinlich für die FDP mobilisieren.

Letzten Endes kann es andererseits egal sein, wie stark die FDP wird, sofern sie nur mit der Union zusammen eine Mehrheit hat. Denn dann wird es keine Ampel geben, logischerweise.

Insofern wäre es rational, selbst dann die FDP zu wählen, wenn sie die Ampel nicht ausschließt. Ich werde mich wohl dennoch nicht dazu entschließen können, weil mir die Vorstellung, mit meiner Stimme dazu beizutragen, daß Steinmeier Kanzler und daß Trittin Minister wird, Übelkeit verurstacht.

Dann lieber in Gottes Namen noch vier Jahre Große Koalition unter Merkel.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.03.2009 16:32
#15 Dany le Rouge Antworten

Zitat von FTT_2.0
Seitdem mir in Nanterre einmal erklärt wurde, dass der grenzenlose Neoliberalismus in Tschetschenien überhaupt erst Krieg und Terror gebracht habe, messe ich dem Befund, dass Leute bisweilen Etiketten grotesk falsch verteilen, nur noch bedingt Bedeutung bei. Nanterre kann manchmal sehr instruktiv sein, wenn auch wahrscheinlich nicht mehr so wie damals, als Dany le Rouge noch dort wirkte.

Off topic zu Dany le Rouge: Vor ein paar Tagen gab er im Sender LCP zwei oder drei Journalisten ein längeres Interview. Ich habe ihn zum ersten Mal längere Zeit französisch sprechend erlebt.

Das Verblüffende war, daß er völlig anders wirkte, als wenn er deutsch spricht. Da erscheint er (jedenfalls mir) immer pathetisch, aufdringlich, oft auch ungesteuert, mit leerer Rhetorik.

In dieser französischen Umgebung wirkte er überhaupt nicht so. Die Gesten paßten zu den Worten. Er genoß Sprachwitze (zum Beispiel bezeichnete er sich als den héraut von irgendwas (ich glaube, Europas) und erläuterte lachend, nein, nicht der héros. (Nicht für Sie, lieber FTT, aber für Mitleser, die vielleicht weniger firm im Französischen sind: Das eine ist der Herold, das andere der Held; beides wird identisch ausgesprochen).

Da ist mir klar geworden, daß Cohn-Bendit doch viel eher ein Franzose ist, der in Deutschland lebt, als ein Deutscher, der in Frankreich aufgewachsen ist.

Herzlich, Zettel

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.03.2009 16:41
#16 Familienpolitik Antworten

Zitat von FTT_2.0
Aus meiner Sicht ist es und bleibt es sozialdemokratische Familienpolitik, den Eltern nicht die Wahlfreiheit und Verantwortung zu überlassen, sondern Milliarden in ein Elterngeld mit Lenkungswirkung hin zu einem Leitbild mit zwei Ernährern (mehr Geld, wenn beide eine "Auszeit" nehmen; generelle Herabsetzung nicht-erwerbstätiger Frauen; Kindertagesstätten; Ganztagsschulen). Liberaler wäre beispielsweise eine krasse Erhöhung des Steuerfreibetrags gewesen.

Mag sein, lieber FTT. Wie schon früher geschrieben, kenne ich mich in der Familienpolitik nicht aus.

Soweit ich die allgemeine gesellschaftliche Entwicklung beurteilen kann, geht sie in die Richtung, daß Frauen genauso gut ausgebildet sein werden wie Männer (ich müßte jetzt die genauen Zahlen nachsehen, abe beim Abitur liegen glaube ich Mädchen schon fast gleichauf mit Jungen und haben die besseren Noten, auch an den Unis stellen sie in vielen Fächern schon die Mehrheit).

Also, das ist nun mal so, ob man es gut findet oder nicht. Und wenn es so ist, werden diese gut ausgebildeten Frauen nun einmal auch eine normale berufliche Karriere haben wollen. Ohne eine jahrzehntelange Auszeit zum Aufziehen von Kindern.

Bisher war die Konsequenz, daß viele keine Kinder mehr bekommen. Bei Akademikerinnen erschreckend viele (während in den unteren Schichten, vor allem bei Einwanderern, die Fertilität hoch ist).

Die Konsequenz war eben nicht, daß die alte Hausfrauen-Familie erhalten bleibt; und diese wird sich nicht erhalten lassen. Also muß man unter den gegebenen Umständen dafür sorgen, daß auch Akademikerinnen vermehrt zugleich Mutter sein können.

Das scheint mir das zentrale Ziel von der Leyens zu sein. Ob man das nun konservativ nennt oder nicht, erscheint mir nicht so wichtig.

Herzlich, Zettel

Kallias Offline




Beiträge: 2.300

30.03.2009 17:30
#17 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Zitat von Zettel
Im engeren Sinn ist es ja kein negative campaigning.
Stimmt. In dieser subtileren Variante könnte es funktionieren. Das besiegt sich nicht selber, dagegen müsste die CDU vorgehen.
Zitat von Zettel
Vom Außenminister erwartet man das nicht.
Das meinte ich nicht. Er hat niemals irgendwo geführt, weder eine Gemeinde, noch eine Landesregierung, noch eine Parteigliederung, noch eine Parlamentsfraktion. Er war immer nur rechte Hand von irgendwem. Dieses Jahr kandidiert er erstmals für ein Parlamentsmandat. (Da soll er sich mal bewähren.)
Zitat von Zettel
Ja, ich habe mir auch überlegt, wie eine Image-Kampagne für Merkel aussehen müßte [...] (Wie wär's mit der Kanzlerin am Ruder und dazu "Klaren Kurs halten"?)
Neinein, niemand schreibt ihr doch einen klaren Kurs zu. Einfach die Kritik an ihr zu dementieren, wie Schavan das neulich tat, kann nicht funktionieren. Diese Kritik ist ja da; man müsste auf das Positive setzen, das auch da ist.

Sie gilt als Analytikerin, als gute Verhandlerin und man sagt ihr nach, daß sie im kleinen Kreis witzig und aufgeräumt sein kann. Auf den Plakaten könnte man also zeigen, wie sie gerade mit wichtigen Leuten zusammensteht und "verhandelt". In den Reden soll sie "Analysen" bringen, - umso besser, wenn's keiner versteht -, aufgelockert durch intelligente Scherze. Muß aber alles echt wirken.

(Laienhaftes Gerede, aber was soll's. )
Zitat von Zettel
Insofern wäre es rational, selbst dann die FDP zu wählen, wenn sie die Ampel nicht ausschließt.
Das verstehe ich nicht. Merkels Chancen fördert man am besten indem man CDU/CSU wählt. FDP wählen, wenn man einen CDU-Kanzler wollte, ergab früher einen Sinn, als die 5%-Hürde die FDP bedrohte.


Gruß,
Kallias

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.03.2009 17:49
#18 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Zitat von Kallias
Zitat von Zettel
Insofern wäre es rational, selbst dann die FDP zu wählen, wenn sie die Ampel nicht ausschließt.

Das verstehe ich nicht. Merkels Chancen fördert man am besten indem man CDU/CSU wählt. FDP wählen, wenn man einen CDU-Kanzler wollte, ergab früher einen Sinn, als die 5%-Hürde die FDP bedrohte.

Ich hätte schreiben sollen "... für einen Liberalen ...".

Ich bin eigentlich FDP-Wähler und habe nur dann die CDU gewählt, wenn es dazu einen besonderen Anlaß gab - zum Beispiel bei den NRW-Landtagswahlen diesen Flyer von Möllemann. Für mich stellt sich also die Frage, ob es einen Grund gibt, diesmal nicht FDP zu wählen. Und der wäre, daß die FDP nicht bindend erklärt, daß sie nicht mit der SPD und den Grünen koalieren wird.

Wie es jetzt aussieht, wird sie nach allen Seiten offen sein. Also werde ich die CDU wählen. Und hoffentlich dann viele andere auch, mit begründender Mail an das Thomas-Dehler-Haus.

Herzlich, Zettel

Daddeldu Offline



Beiträge: 30

30.03.2009 18:25
#19 Klimakanzlerin Merkel nicht opportunistisch? Antworten

In Antwort auf:
Opportunismus kann ich bei ihr [Merkel] überhaupt nicht sehen. Wenn es darum geht, Haltung zu zeigen [...] war sie immer das Gegenteil eines Opportunisten;

Heißt das, die Physikerin Merkel glaubt ehrlich,
dass die Klimaerwärmung von menschengemachtem Kohlendioxid herrührt,
dass es nach der bisherigen Erwärmung von 0,8°C nun zu einer weiteren von bis zu 4°C bis 2100 kommen wird,
dass dies katastrophale Folgen, insbesondere einen gigantischen Meeresspiegelanstieg haben kann und
dass sich dies verhindern lässt, indem man weniger industrielles Kohlendioxid in die Atmosphäre entlässt?

Kurz: Die Klimakanzlerin Merkel in Grönland war nicht nur eine opportunistische Show?

Fragt
Daddeldu

Mr.Moe Offline




Beiträge: 12

30.03.2009 18:36
#20 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten
@Zettel:
Hatte mich schon gewundert, warum das so aussah Danke für den Hinweis



Zeitung für Schland

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

30.03.2009 19:16
#21 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Zitat von Kallias
Zitat von Zettel
Vom Außenminister erwartet man das nicht.
Das meinte ich nicht. Er hat niemals irgendwo geführt, weder eine Gemeinde, noch eine Landesregierung, noch eine Parteigliederung, noch eine Parlamentsfraktion.

Spontane Assoziation: das war auch ein Hauptargument gegen Obama.

--
Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

30.03.2009 19:20
#22 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Zitat von Zettel
Zitat von FTT_2.0
Es wäre mir neu, dass Ursels Eltern-Gängelpolitik und Brutpolitik konservativ wäre. Sie hat doch eher einen alten Programmpunkt der Sozis verwirklicht.

Es ist ja interessant, lieber FTT, daß sie von den einen als konservativ angesehen wird und von den anderen als das Gegenteil.

Aus meiner Sicht ist sie konservativ, insofern sie dem Ziel dient, daß es wieder mehr intakte Familie (also Vater, Mutter, Kinder - das muß man ja heute schon erläutern ) gibt.

Sie weisen immer wieder darauf hin, dass Sie sich in der Familienpolitik nicht sonderlich gut auskennen, deswegen will ich Sie hier gar nicht festnageln (anderenorts tue ich das viel lieber ). Dennoch die Frage: wo sehen Sie bei von der Leyens Politik einen Wirkmechanismus, der zu mehr intakten Familien führen würde? Gibt es irgendwo einen Anreiz, die Scheidung zu vertagen und es doch noch einmal miteinander zu versuchen? Ich habe redlich nachgedacht und finde da nichts.

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Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

Gorgasal Offline




Beiträge: 4.021

30.03.2009 19:30
#23 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Zur Merkelkonservatismusdebatte ein Denkanstoß - Merkel zur Frage, warum Deutschland keinen (ganz) so großen stimulus wie die USA will:

Zitat von Economist
Zitat von Merkel
Over the next decade we will undergo a massive demographic change, and, therefore, borrowing is a greater burden for the future than in a country with a much more continuously growing population, as in the United States of America...

... Germany's hands aren't tied here. It has the luxury of being able to set its population growth rate; Germany lets in far fewer immigrants than would like to come.

What Ms Merkel is saying, then, is that in Germany's view fiscal stimulus is not worth the cost of a larger foreign-born population. The decision isn't about prudence. It's about the acceptance of a certain trade-off.

http://www.economist.com/blogs/freeexcha..._dog_to_pas.cfm

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Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009

PeterCoyote ( Gast )
Beiträge:

30.03.2009 21:51
#24 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten
so leid es mir tut, lieber Zettel, sie stellen die Frage bereits völlig falsch. Ursache ist eine nicht zielführende analytische Verengung ihrerseits, denn Merkel gewinnt nicht nur dann die Wahlen, wenn Schwarzgelb zustandekommen sollte. Ebenfalls nicht zielführend ist die Überbewertung von Rotrotgrün als Alternative zu den beiden Merkel Koalitionensoptionen, denn 2009 werden die Verantwortlichen der SPD keine selbstmörderische Koalition mit den Kommunisten bundesweit zulassen.

Merkel hat durchaus Interesse am Fortbestand der jetzigen Koalition. Etwas besseres kann ihr gar nicht geschehen. Deshalb hat sie kein Problem damit, daß nicht wenige vormals treue Konservative abspringen und damit eine Schwarzgelbe Koalition bereits arithmetisch unmöglich sein wird. An der Seite der Sozialdemokraten gefällt sich die aus einer systemkonformen Familie stammende Karrieristin aus dem Osten mit kompromittierender FDJ Biographie, der ja selbst bewusst ist, daß es ihr an konservativer Substanz und noch mehr an Integrationskraft fehlt, einfach besser.

Auch zur Durchsetzung ihres Interesses an der Umwandlung der bisherigen Partei in eine "moderne" CDU, hat die machtfixierte Politikerin aus dem Osten dann die gesamte Sozialdemokratie an ihrer Seite und nicht allein ein paar isolierte Einzelkämpfer der jetzigen Union. Merkel-2 kann auch nicht glaubwürdig wieder zu Merkel-1 werden, was für die Koalition mit den Liberalen allerdings notwendig ist. Die Koalition mit den Liberalen würde die entscheidungsschwache Kanzlerin auch schlichtweg überfordern. Wer Merkel-1 war und was Merkel-2 ist und weshalb sie entscheidungsschwach ist und mit höheren Verantwortungspositionen prinzipiell überfordert ist, entnehmen sie bitte den Ausführungen von Gabor Steingart in "Die Machtfrage", welche auch wunderbar geeignet sind, zu einer etwas differenzierteren Betrachtung von Person und Wirken der Machtpolitikerin Angela Merkel zu gelangen.

Die Koalition von FDP, SPD und den Grünen ist möglich. Sie wird schwierig werden, da die Expansion der Liberalen zum guten Teil auf dem Zulauf enttäuschter wirtschaftsliberaler CDU Wähler beruht. Diese ehrenwerten Bürger sozusagen in eine erweiterte rotgrüne Koalition erfolgreich zu führen, wird uns sehr schwer fallen. Zudem fehlen auch die gemeinsamen Schnittmengen mit den beiden linksgewendeten Parteien weitgehend. Die vernünftige angebotsorientierte rotgrüne Wirtschaftspolitik zu Zeiten Schröders und Fischers fiel im liberalen Urteil deutlich attraktiver aus. Die Zeiten sind allerdings vergangen. In beiden möglichen Koalitionspartner spielen mittlerweile realitätsverlustige Staatsfetischisten und Salonsozialisten eine zu bedeutende Rolle, als das man sie noch übersehen könnte. Zudem werden in der FDP bereits Stimmen laut, die unter den gegebenen Umständen die Oppositionsrolle bevorzugen. Ich kann das gut nachvollziehen, ohne damit allerdings irgendjemandem nahe legen zu wollen, eine vergleichbare Entscheidung für sich zu fällen.

Aller Voraussicht nach wird Merkel also die Wahl gewinnen. Im einen Fall wird es FDP und CDU zerreissen und im anderen Fall nur die CDU. Die Fortsetzung der jetzigen Koalition ist nicht unwahrscheinlich. Sie wird enden in der weiteren innerlichen Zerrüttung und äusserlichen Beschädigung der wohl bedeutensten demokratischen Kraft in der Geschichte der BRD. Die Frage lautet also nicht "Kann Angela Merkel die Wahlen noch gewinnen?", sondern "Kann Angela Merkel die Wahlen überhaupt noch verlieren?"!
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

30.03.2009 22:16
#25 RE: Wahlen '09 (1): Merkels Chancen Antworten

Zitat von Gorgasal
Sie weisen immer wieder darauf hin, dass Sie sich in der Familienpolitik nicht sonderlich gut auskennen, deswegen will ich Sie hier gar nicht festnageln (anderenorts tue ich das viel lieber ). Dennoch die Frage: wo sehen Sie bei von der Leyens Politik einen Wirkmechanismus, der zu mehr intakten Familien führen würde? Gibt es irgendwo einen Anreiz, die Scheidung zu vertagen und es doch noch einmal miteinander zu versuchen? Ich habe redlich nachgedacht und finde da nichts.

Es sollen - soweit ich das bei meinen geringen Kenntnissen verstehe - Anreize geschaffen werden, Beruf und Kinder miteinander zu verbinden. Ich glaube, das heißt Erziehungsgeld und soll es Frauen wie Männern ermöglichen, vorübergehend im Beruf kürzer zu treten und sich eben den Kindern zu widmen. Ich habe auch mal gehört, daß das Erziehungsgeld vom Einkommen abhängig sein soll, also endlich, anders als das Kindergeld, auch ein Anreiz für Akademikerinnen sein könnte. Oder eben Akademiker, wenn der Mann sich lieber um die Kinder kümmern will (was meines Erachtens ein Ausnahmefall bleiben wird).

Alles ohne Gewähr, denn ... (s.o.)

Jedenfalls wird das von einigen als so familienfreundlich wahrgenommen, daß sie es mit Mutterkreuz assoziieren. Und das nun wieder weiß ich.

Herzlich, Zettel

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