Es gab Zeiten, in denen in Deutschland Unternehmer und Professoren in hohem Ansehen standen. Heute dürfte zu "Unternehmer" oder gar zu "Manager" den meisten Deutschen als Primärassoziation "gierig" einfallen; und auch mit der Hochschätzung des Gelehrtenstandes ist es nicht mehr viel.
Da passen dann Meldungen wie die aktuelle, daß es an der Uni Göttingen "Schwindel" und "Fälschung" gegeben habe. Dazu eine Mahnung zu Vernunft und Augenmaß.
Zitat von SpiegelPrüfer der DFG und der Uni gehen auch der Frage nach, ob die bisher schon bewilligten Forschungsgelder richtig eingesetzt wurden. Dem SPIEGEL vorliegende E-Mails und Sitzungsprotokolle legen den Verdacht nahe, dass mindestens 200.000 Euro für andere Aufgaben abgezweigt worden sein könnten.
Das ist auch nett. Soweit ich den Umgang mit Forschungsmitteln kenne, hat er häufig nur sehr wenig mit dem Antrag zu tun, für den die Gelder ursprünglich bewilligt wurden ("Aus welchem Topf sollen wir das hier bezahlen?" "Weiß nicht, wo ist denn noch Geld drin?"). Liegt daran, dass jeder Postdoc oder Professor seine Gelder selbst verwaltet (oder sogar die Lehrstuhlsekretärin) und Budgets unbekannt sind.
Würde einmal ein externer Prüfer die Mittelverwendung an deutschen Hochschulen anschauen, er bekäme das kalte Grausen.
PS. Wollten Sie wirklich einen Thread namens "Falschungsskandal?" öffnen?
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
Zitat von SpiegelPrüfer der DFG und der Uni gehen auch der Frage nach, ob die bisher schon bewilligten Forschungsgelder richtig eingesetzt wurden. Dem SPIEGEL vorliegende E-Mails und Sitzungsprotokolle legen den Verdacht nahe, dass mindestens 200.000 Euro für andere Aufgaben abgezweigt worden sein könnten.
Das ist auch nett. Soweit ich den Umgang mit Forschungsmitteln kenne, hat er häufig nur sehr wenig mit dem Antrag zu tun, für den die Gelder ursprünglich bewilligt wurden ("Aus welchem Topf sollen wir das hier bezahlen?" "Weiß nicht, wo ist denn noch Geld drin?"). Liegt daran, dass jeder Postdoc oder Professor seine Gelder selbst verwaltet (oder sogar die Lehrstuhlsekretärin) und Budgets unbekannt sind.
Es geht doch gar nicht anders, lieber Gorgasal. Es ist ja nicht so, daß die Forschung an, sagen wir, einem Lehrstuhl, fein säuberlich in das DFG-Projekt X und den SFB Y und die sonstige, aus Unimitteln finanzierte Forschung zerfallen würde. Derselbe Mitarbeiter, der aus einem Projekt bezahlt wird, betreut auch Diplom- oder Masterarbeiten. Dieselbe Versuchsapparatur wird für Experimente innerhalb unterschiedlicher Projekte benutzt usf.
Oder nehmen Sie das Beispiel der studentischen Hilfskräfte, der Hiwis: Man braucht sie; die Tätigkeit nützt ja auch ihnen selbst für ihr Studium. Im Projekt A hat man vielleicht mehr Hiwi-Mittel bewilligt bekommen, als man erwartet hatte. Die Uni-Mittel für Hiwis sind aber vielleicht gekürzt worden. Also ist es doch nur vernünftig, daß man umschichtet und die Mittel aus dem Topf nimmt, in dem genug ist.
Zitat von GorgasalWürde einmal ein externer Prüfer die Mittelverwendung an deutschen Hochschulen anschauen, er bekäme das kalte Grausen.
Er würde ganz überwiegend sehen, wie trotz aller bürokratischen Beschränkungen vernünftig mit den Geldern umgegangen wird. Übrigens hat sich auch bürokratisch jedenfalls in bestimmten Bundesländern viel verbessert. Die Uni-Mittel sind dort inzwischen gegenseitig deckungsfähig; dh man kann zB. eingesparte Sachmittel auch für eine Hilfskraft ausgeben.
Herzlich, Zettel
Zitat von GorgasalPS. Wollten Sie wirklich einen Thread namens "Falschungsskandal?" öffnen?
Zitat von ZettelEs geht doch gar nicht anders, lieber Gorgasal. Es ist ja nicht so, daß die Forschung an, sagen wir, einem Lehrstuhl, fein säuberlich in das DFG-Projekt X und den SFB Y und die sonstige, aus Unimitteln finanzierte Forschung zerfallen würde. Derselbe Mitarbeiter, der aus einem Projekt bezahlt wird, betreut auch Diplom- oder Masterarbeiten. Dieselbe Versuchsapparatur wird für Experimente innerhalb unterschiedlicher Projekte benutzt usf.
Die Beispiele, die ich erlebt habe, waren anders. Da liefen mehrere klar abgegrenzte Projekte parallel, die auch unterschiedlich finanziert wurden. Und Anschaffungen, Hiwis oder Verbrauchsmaterial wurden eben aus dem Topf bezahlt, in dem gerade noch Geld war.
Ich will ja gar nicht behaupten, das sei böswillig, das ist es sicherlich fast nie. Aber ich würde unterstellen, dass das auch viele Fehler nicht sind, die KPMG bei Mandanten findet und korrigiert.
Zitat von ZettelIm Projekt A hat man vielleicht mehr Hiwi-Mittel bewilligt bekommen, als man erwartet hatte. Die Uni-Mittel für Hiwis sind aber vielleicht gekürzt worden. Also ist es doch nur vernünftig, daß man umschichtet und die Mittel aus dem Topf nimmt, in dem genug ist.
Mehr Hiwi-Mittel vielleicht, weil ein Doktorand gekürzt worden ist. Und dann sind diese Mittel für ein Projekt bewilligt, und es mag sinnvoll sein, diese Mittel statt dessen etwa für die Betreuung von gänzlich anderen Übungsgruppen einzusetzen - legal ist es so sicher nicht. Gedacht mag es natürlich auch sein, auch die Reviewer kennen die Zustände an deutschen Universitäten.
Aber wenn ich einem Kunden ein Projekt mit 20 Manntagen verkaufe und dann davon 5 Manntage auf ein anderes Projekt verwende, weil es da gerade knapp wird, dann sollte der Kunde das tunlichst nicht erfahren.
-- Ultramontan – dies Wort beschreibt vorzüglich die katholische Mentalität: mit einem kleinen Teil des Bewusstseins nicht Deutscher, nicht Zeitgenosse, nicht Erdenbürger zu sein. - Martin Mosebach, Spiegel 7/2009
"Es ist ja nicht so, daß die Forschung an, sagen wir, einem Lehrstuhl, fein säuberlich in das DFG-Projekt X und den SFB Y und die sonstige, aus Unimitteln finanzierte Forschung zerfallen würde."
Warum nicht? Im Antrag fuer die Drittmittel fuer das Forschugsprojekt steht's ja auch so drin...
"Er würde ganz überwiegend sehen, wie trotz aller bürokratischen Beschränkungen vernünftig mit den Geldern umgegangen wird."
Wirklich? Weiter oben beschreiben sie noch einen typischen slush fund: Undefinierte, unbudgetierte Gelder die keiner externen Kontrolle unterliegen und praktisch fuer alles eingesetzt werden koennen.
Was Goettingen und den SFB dort betrifft: Aus eigener Erfahrung weiss ich dass vor allem an SFBs, die ja finanziell in der Regel viel besser ausgestattet sind als "normale" Forschungsbereiche, das finanzielle Management oft unglaublich ist. An dem SFB einer deutschen "Elite-Uni" den ich persoenlich kennenlernen durfte, waren Unterschlagung und Veruntreuung von Drittmitteln geradezu gang und gaebe - und zugleich wurden Datenreihen gefaelscht und Druck auf die Forscher (Doktoranden und postdocs) ausgeuebt damit Publikationen rauskamem...u.a. damit der Status des SFB erhalten blieb. Von daher wundern mich die Vorfaelle in Goettingen gar nicht. Ich will niemanden vorveruteilen, aber ein Forscher an einem SFB muss schon mal genug wissen um den Status einer Publikation korrekt beschreiben zu koennen (ist ja nicht schwer) - wenn nicht ist er/sie einfach nicht fuer den Posten geeignet. Und es waere sehr interessant sich mal eingehend mit den Daten in den Publiktaionen dieses SFB zu befassen...
Nach allem, was ich hier so in Erfahrung bringen konnte, ist es tatsächlich so, wie Sie vermutet haben. Die Forstwiss. haben zum Zeitpunkt des Antrages einige Papers als "submitted" deklariert in der Annahme, daß sie diese Papers in kürzester Zeit fertigstellen können würden. Das hat sich dann aber verzögert und nun haben die den Salat. Daten wurden nicht gefälscht oder erfunden. Das war nicht in Ordnung, was die da gemacht haben, aber es ist auch nicht so dramatisch, wie der Spiegel das gerne darstellt. Die Konsequenz ist halt, daß der SFB nicht weitergeführt wird, obwohl ursprünglich damit gerechnet wurde.
Zum Vorwurf der unzweckmäßigen Verwendung von Fördermitteln desselben Artikels. Das liegt, meiner Meinung nach, in der Natur der Sache - jedem ist klar, daß der Wissenschaftsbetrieb so unvorhersagbar ist, daß die meisten Förderanträge schon nach einem Jahr das Papier nicht mehr wert sind auf dem sie gedruckt wurden. Es reicht schon aus, daß konkurrierende Arbeitsgruppen neue Erkenntnisse publizieren oder daß Experimente nicht so funktionieren wie gedacht oder ein Doktorand braucht ein halbes Jahr länger oder wird krank oder oder oder oder: dann nimmt man halt das bewilligte Geld und reagiert auf die veränderte Situation. Jedem ist das bewußt und Betrug ist das schon lange nicht. Solange solide Erkenntnis, i.e. Publikationen, aus dem geförderten Projekt entsteht, sind alle zufrieden, und das zurecht.
Zitat von john j"Es ist ja nicht so, daß die Forschung an, sagen wir, einem Lehrstuhl, fein säuberlich in das DFG-Projekt X und den SFB Y und die sonstige, aus Unimitteln finanzierte Forschung zerfallen würde."
Warum nicht? Im Antrag fuer die Drittmittel fuer das Forschugsprojekt steht's ja auch so drin...
Nein, das steht nicht so drin, lieber John. Man beschreibt in dem Antrag, welche Experimente man zu machen beabsichtigt oder welche theoretischen Artikel man schreiben will, man begründet das und beantragt Mittel. Daß die Forschung für dieses Projekt isoliert von dem stattfindet, was sonst an dem betreffenden Lehrstuhl oder in dem betreffenden Institut stattfindet, wird weder von der DFG erwartet, noch steht es in dem Antrag.
Es wäre ja auch widersinning. Denn zumindest der Erstantrag muß sich ja auf eigene Vorarbeiten stützen, die in der Regel nicht ihrerseits schon einem DFG-Projekt entstammten. Und daß das Ganze eingebettet ist in den allgemeinen Forschungszusammenhang in dem betreffenden Arbeitsbereich, ist von der DFG durchaus gewollt. Geräte zum Beispiel gegen nach Abschluß eines Projekts in der Regel in den Besitz der jeweiligen Uni über.
Man darf sich das nicht so vorstellen, als würde die DFG eine Arbeit in Auftrag geben, so wie vielleicht ein Industriebetrieb einen Forschungsauftrag in eine Uni vergibt. Die DFG ist eine Einrichtung zur Forschungsförderung. Diese findet in verschiedenen Formen statt - als Einzelprojekt, innerhalb von Schwerpunktprogrammen und Sonderforschungsbereichen, in Wissenschaftlergruppen usw. Damit soll allgemein die Forschung gefördert werden; in enger Verzahnung mit der von den Unis, von den Wissenschaftsministerien usw. geförderten Forschung. Und zugleich dient das Ganze der Nachwuchsförderung.
Zitat von john j"Er würde ganz überwiegend sehen, wie trotz aller bürokratischen Beschränkungen vernünftig mit den Geldern umgegangen wird."
Wirklich? Weiter oben beschreiben sie noch einen typischen slush fund: Undefinierte, unbudgetierte Gelder die keiner externen Kontrolle unterliegen und praktisch fuer alles eingesetzt werden koennen.
Ja, auch die DFG-Gelder sind gegenseitig deckungsfähig. Es kann sich zB herausstellen, daß man weniger Geld für Hiwis braucht, aber noch ein Gerät anschaffen muß. Oder man spart an den Reisen zu Kongressen und stellt dafür einen Hiwi mehr ein.
Diese Flexibilität ist unerläßlich. Mit externer Kontrolle hat das aber nichts zu tun. Jeder ausgegebene Pfenning muß abgerechnet werden; es wird ein genauer Verwendungsnachweis verlangt.
Zitat von john jWas Goettingen und den SFB dort betrifft: Aus eigener Erfahrung weiss ich dass vor allem an SFBs, die ja finanziell in der Regel viel besser ausgestattet sind als "normale" Forschungsbereiche, das finanzielle Management oft unglaublich ist. An dem SFB einer deutschen "Elite-Uni" den ich persoenlich kennenlernen durfte, waren Unterschlagung und Veruntreuung von Drittmitteln geradezu gang und gaebe - und zugleich wurden Datenreihen gefaelscht und Druck auf die Forscher (Doktoranden und postdocs) ausgeuebt damit Publikationen rauskamem...u.a. damit der Status des SFB erhalten blieb. Von daher wundern mich die Vorfaelle in Goettingen gar nicht.
Das ist freilich ein anderes Kaliber.
Können Sie, ohne zuviel zu sagen, worin zB die Unterschlagungen und Veruntreuungen bestanden? Es ist, wie gesagt, normal, daß innerhalb eines Arbeitsbereichs dort, wo auch die Arbeit der Gesamtforschung zugute kommt, die Gelder nach Bedarf ausgegeben werden, also zwischen den "Töpfen" getauscht wird. Das ist keine Unterschlagung und keine Veruntreuung und wird übrigens auch von den Universitäts- und Fakultätsverwaltungen nicht beanstandet. (Wenn ich einen Mitarbeiter einstellte, dann fragte der Chef der Fako-Verwaltung immer: "Und aus welchem Topf soll der bezahlt werden?")
Etwas ganz anderes ist es, wenn Gelde zweckentfremdet werden - also für private Zwecke oder für Zwecke ausgegeben werden, die nicht der Forschung dienen. Das habe ich in mehr als vierzig Jahren an deutschen und ausländischen Unis nie erlebt.
Was das Fälschen von Daten angeht - da darf es kein Pardon geben. Wer Daten fälscht, dessen wissenscahftliche Karriere ist beendet. Da Sie, lieber John, davon erfuhren, werden es ja auch andere erfahren haben; ich nehme also an, daß der oder die Schuldige längst entlarvt ist und aus der Forschung flog.
Zitat von john jIch will niemanden vorveruteilen, aber ein Forscher an einem SFB muss schon mal genug wissen um den Status einer Publikation korrekt beschreiben zu koennen (ist ja nicht schwer) - wenn nicht ist er/sie einfach nicht fuer den Posten geeignet. Und es waere sehr interessant sich mal eingehend mit den Daten in den Publiktaionen dieses SFB zu befassen...
Diskus hat das ja inzwischen erläutert, wie es vermutlich war. Natürlich sollte man darauf achten, daß so etwas nicht passiert. Aber daraus einen "Fälschungsskandal" zu machen, ist mindestens drei Hutnummern zu groß.
Zitat von DiskusNach allem, was ich hier so in Erfahrung bringen konnte, ist es tatsächlich so, wie Sie vermutet haben. Die Forstwiss. haben zum Zeitpunkt des Antrages einige Papers als "submitted" deklariert in der Annahme, daß sie diese Papers in kürzester Zeit fertigstellen können würden. Das hat sich dann aber verzögert und nun haben die den Salat. Daten wurden nicht gefälscht oder erfunden. Das war nicht in Ordnung, was die da gemacht haben, aber es ist auch nicht so dramatisch, wie der Spiegel das gerne darstellt.
Ja, so ungefähr dachte ich es mir. Es gibt da übrigens auch so etwas wie ein psychologisches Moment: Man schreibt so etwas in den Antrag, während man daran arbeitet, um sich (und vor allem die Mitautoren) unter Druck zu setzen, das Ms rechtzeitig fertigzumachen. Natürlich muß man aber notfalls noch an dem Tag, an dem der Antrag an die DFG abgeschickt wird, das "submitted" in "in preparation" ändern, wenn man es eben nicht geschafft hat.
Zitat von DiskusDie Konsequenz ist halt, daß der SFB nicht weitergeführt wird, obwohl ursprünglich damit gerechnet wurde.
Wenn die Qualität der Forschung gut war, dann erscheint mir das reichlich formalistisch. Man hätte die Antragsteller ja auch auf den Fehler aufmerksam machen können; sie hätten ihn in einem Brief an die DFG korrigieren können.
Nach meiner Erfahrung werden solche formalen Einwände meist von Gutachtern erhoben, die ohnehin negativ urteilen. Der Ablauf ist ja der, daß die DFG mehrere Gutachten einholt, davon eines in der Regel vom gewählten Fachgutachter. Sin die Gutachten einhellig, dann schließt sich der Senat der DFG (der das letzte Wort hat) ihnen im allgemeinen an. Widersprechen sie sich aber, dann könen solche formalen Gesichtspunkte den Ausschlag geben.
Und natürlich können auch inneruniversitäre Konflikte eine Rolle spielen. Ob man an einer Uni, noch dazu einer so traditionsreichen wie Göttingen, mit großem Aufwand ausgerechnet die Randgebiete des tropischen Regenwalds in Indonesien erforschen muß, darüber kann man ja in der Tat geteilter Meinung sein.
Zitat von DiskusZum Vorwurf der unzweckmäßigen Verwendung von Fördermitteln desselben Artikels. Das liegt, meiner Meinung nach, in der Natur der Sache - jedem ist klar, daß der Wissenschaftsbetrieb so unvorhersagbar ist, daß die meisten Förderanträge schon nach einem Jahr das Papier nicht mehr wert sind auf dem sie gedruckt wurden. Es reicht schon aus, daß konkurrierende Arbeitsgruppen neue Erkenntnisse publizieren oder daß Experimente nicht so funktionieren wie gedacht oder ein Doktorand braucht ein halbes Jahr länger oder wird krank oder oder oder oder: dann nimmt man halt das bewilligte Geld und reagiert auf die veränderte Situation. Jedem ist das bewußt und Betrug ist das schon lange nicht.
Ich habe das, lieber Diskus, gerade John J. geantwortet: Die DFG-Mittel sind ausdrücklich gegenseitig deckungsfähig. Kleinere Umschichtungen werden ohne Rücksprache akzeptiert. Wenn man eine größere Umschichtung vornehmen will, dann telefoniert man mit dem zuständigen Referenten in Godesberg und läßt sich das genehmigen. Der DFG geht es darum, daß das Geld für gute Forschung ausgegeben wird; nicht, daß alles so ausgegeben wird, wie es im Antrag vorgesehen war. Das wäre, wie Sie schreiben, weltfremd.
Problematischer wird es, wenn die Grenze zwischen dem Projekt und sonstiger Forschung unscharf wird. Auch das ist aber, wie ich schon in Antwort auf Gorgasal geschrieben habe, unvermeidlich, weil eben oft die Projekte miteinander verzahnt sind. Was wiederum ausdrücklich von der DFG gewünscht wird; Stichwort Synergie.
Zitat von DiskusSolange solide Erkenntnis, i.e. Publikationen, aus dem geförderten Projekt entsteht, sind alle zufrieden, und das zurecht.
Exakt so ist es. Die DFG ist weit weniger bürokratisch als, nach meiner Erfahrung, manche Uni-Verwaltung.
"Können Sie, ohne zuviel zu sagen, worin zB die Unterschlagungen und Veruntreuungen bestanden?"
Nicht ohne moeglicherweise Rueckschluesse auf den SFB um den es sich handelt, zuzulassen. Nur soviel: Es wurden Scheinbestellungen bei Firmen aufgegeben, jeder Flug irgendwohin fuer einen der Profs war First Class, und es wurden Gelder an nicht-Angehoerige des SFB gezahlt ohne dass eine Leistung oder gar irgendeine Forschung dafuer erkennbar waren.
"Etwas ganz anderes ist es, wenn Gelde zweckentfremdet werden - also für private Zwecke oder für Zwecke ausgegeben werden, die nicht der Forschung dienen. Das habe ich in mehr als vierzig Jahren an deutschen und ausländischen Unis nie erlebt."
Ich schon, an deutschen Unis zumindest. Und ich habe dort keine 40 Jahre verbracht.
"...ich nehme also an, daß der oder die Schuldige längst entlarvt ist und aus der Forschung flog."
Nicht wirklich. Wer bspw rausflog war ein Doktorand der sich weigerte ein paper (das auch laengst angekuendigt war in der Publikationsliste) mit offensichtlich falschen Daten zu veroeffentlichen.
Zitat von john j"Können Sie, ohne zuviel zu sagen, worin zB die Unterschlagungen und Veruntreuungen bestanden?" Nicht ohne moeglicherweise Rueckschluesse auf den SFB um den es sich handelt, zuzulassen. Nur soviel: Es wurden Scheinbestellungen bei Firmen aufgegeben, jeder Flug irgendwohin fuer einen der Profs war First Class, und es wurden Gelder an nicht-Angehoerige des SFB gezahlt ohne dass eine Leistung oder gar irgendeine Forschung dafuer erkennbar waren. "Etwas ganz anderes ist es, wenn Gelde zweckentfremdet werden - also für private Zwecke oder für Zwecke ausgegeben werden, die nicht der Forschung dienen. Das habe ich in mehr als vierzig Jahren an deutschen und ausländischen Unis nie erlebt." Ich schon, an deutschen Unis zumindest. Und ich habe dort keine 40 Jahre verbracht. "...ich nehme also an, daß der oder die Schuldige längst entlarvt ist und aus der Forschung flog." Nicht wirklich. Wer bspw rausflog war ein Doktorand der sich weigerte ein paper (das auch laengst angekuendigt war in der Publikationsliste) mit offensichtlich falschen Daten zu veroeffentlichen.
Das kommt mir, so wie Sie es schildern, schlicht kriminell vor. Etwas völlig anderes als das, was jetzt den Göttingern vorgeworfen wird.
Wenn ich jemals von solchen Machenschaften Kenntnis bekommen hätte, dann hätte ich dafür gesorgt, daß die Betreffenden vor Gericht kommen.
Lieber Zettel, als eine Person, die über die Vorgänge im SFB vergleichsweise gut unterrichtet ist, kann ich nur sagen: Sie haben zu den Fehlern in den Publikationslisten eine frühe, erstaunlich zutreffende Ferndiagnose gestellt. Alle fälschlich als eingereicht angekündigten, aber nicht rechtzeitig fertig gestellten Publikationen sind tatsächlich (wenn auch verspätet) eingereicht worden. Keine der befassten internen und externen Untersuchungsgremien hat auch nur ansatzweise in Bezug auf die Publikationslisten Betrug oder Fälschung festgestellt oder den Vorwurf erhoben, es sei versucht worden Fördermitteln zu "erschleichen".
Hierzu ein bislang öffentlich nicht bekanntes Detail. In den DFG-Antragshinweisen heißt es "Zur Publikation eingereichte Manuskripte können nur aufgeführt werden, wenn sie mit dem Datum der Einreichung versehen der Prüfungsgruppe zur Einsicht verfügbar sind (z.B. durch Beifügung zum Antrag auf CD oder Angabe der Fundstelle auf einem Preprint-Server)". Anstatt eines Tag-genauen Datums waren die beanstandeten Manuskripte im Antrag jedoch nur mit dem damals grob geplanten Einreichungsmonat versehen worden (meist November oder Dezember 2008). Bekanntlich wurden viele Manuskripte aber erst im Januar 2009 oder kurz vor der Begutachtung im Februar fertig. Einige wenige auch erst nach der Begutachtung. Mein Punkt ist der, dass jeder beteiligte Forscher davon ausgehen musste, dass Abweichungen zwischen Antrag und Realität selbstverständlich im Rahmen der Begutachtung im Februar 2009 bekannt werden würden. Meinem Eindruck nach war das auch der Fall. Nur wegen der als minimal eingeschätzten Bedeutung der Angaben zum Einreichungsdatum hat das niemanden besorgt. Das war eine ziemliche Fehleinschätzung.
Insgesamt wird den SFB-Forschern, von denen viele mittlerweile eine "schriftliche Rüge" von der DFG erhalten haben, meiner Meinung nach zu Recht vorgeworfen, gegen die hohen Redlichkeitspflichten bei Forschungsanträgen verstoßen zu haben. Auch wenn falsche Angaben zu lediglich eingereichten Manuskripten keinen Gutachter je nennenswert beeindrucken werden, müssen sich die Gutachter doch darauf verlassen können, dass alle Angaben in der Publikationsliste wirklich stimmen. Das war einfach nicht der Fall. Und die Sache ist schon wichtig, da ohne Verlässlichkeit auch an solchen Stellen die Vertrauensbasis für peer review-Begutachtungen überhaupt abbröckelt. Bloß für einen großen Skandal taugt die Sache nicht.
Man muß meines Erachtens auch sehen, daß es in einem SFB oder einem Schwerpunktprogramm anders ist als bei Einzelanträgen.
Bei einem Einzelantrag steht man in der Regel nicht unter Zeitdruck. Im SFB und im Schwerpunktprogramm gibt es Termine. Ich habe manchmal Tag und Nacht mit meinen Mitarbeitern zusammengesessen, um einen Antrag termingerecht fertigzustellen.
"Zur Publikation eingereichte Manuskripte können nur aufgeführt werden, wenn sie mit dem Datum der Einreichung versehen der Prüfungsgruppe zur Einsicht verfügbar sind (z.B. durch Beifügung zum Antrag auf CD oder Angabe der Fundstelle auf einem Preprint-Server)"
Diese Göttingen-Sache hat dazu geführt, dass bei einem anderen SFB am Tagei der Begehung durch die Prüfer geradezu panische Druck- und Kopierorgien ausgebrochen sind, um die entsprechenden Ordner zusammenzustellen.
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