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ZETTELS KLEINES ZIMMER

Das Forum zu "Zettels Raum"



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Dieses Thema hat 13 Antworten
und wurde 1.439 mal aufgerufen
 Kommentare/Diskussionen zu "Zettels Raum"
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

01.06.2009 22:59
Zitat des Tages: Was ist Gerechtigkeit? Antworten
In der ständischen Gesellschaft gab es kein gleiches Recht für alle; jeder Stand hatte sein eigenes Recht, sogar die Studenten. Daß die Justiz blind ist, das ist eine der großen Errungenschaften der Aufklärung.

Ist sie jetzt in Gefahr? In den USA ja, wenn man der Analyse von Charles Krauthammer folgt, aus der das Zitat des Tages stammt.

Aber auch in Deutschland scheint mir diese Gefahr zu bestehen. Kein Geringerer als der ehemalige Bundesrichter Winfried Hassemer hat kürzlich zum Thema "Ehrenmorde" erklärt, bei solchen Taten müsse "auch der soziale Kontext und die Sozialisation des Täters bedacht werden. Er lebt vermutlich nach anderen sozialen Mustern".

Ja, vermutlich.

Wenn die Justiz nicht mehr allein nach dem Gesetz urteilt, sondern nach "sozialen Mustern", dann sind wir freilich in Deutschland auf dem Weg, den offenbar die Richterin Sotomayor einschlagen möchte: Auf dem Weg zwar nicht zurück zum Standesrecht, aber zum je eigenen Recht für Gruppen, Ethnien, Rassen.
Calimero Offline




Beiträge: 3.280

02.06.2009 00:37
#2 RE: Zitat des Tages: Was ist Gerechtigkeit? Antworten

Zitat von Zettel

Wenn die Justiz nicht mehr allein nach dem Gesetz urteilt, sondern nach "sozialen Mustern", dann sind wir freilich in Deutschland auf dem Weg, den offenbar die Richterin Sotomayor einschlagen möchte: Auf dem Weg zwar nicht zurück zum Standesrecht, aber zum je eigenen Recht für Gruppen, Ethnien, Rassen.


Sind wir da nicht schon, lieber Zettel? Wie sonst ist zu erklären, das junge "Intensivtäter" mit Migrationshintergrund auch nach der -zigsten Straftat weiterhin unsere Innenstädte terrorisieren dürfen? Dass Rechtsbrüche für eine vermeintlich "gute (z.B. grüne) Sache", wenn überhaupt, nur mit lächerlichen Minimalstrafen geahndet werden?
Und wer, meinen sie, würde bei gleichem Tatbestand eher die volle Härte des Gesetzes spüren ... ein hellhäutiger, deutscher Mann mit zu versteuerndem Einkommen, oder ein(e) Angehörige(r) irgendeiner vermeintlich diskriminierten Minderheit?

Wir sind doch schon längst einer "empathischen Justiz" unterworfen, Obama zieht nur nach.

Herzlich, Calimero

Florian Offline



Beiträge: 3.136

02.06.2009 01:57
#3 RE: Zitat des Tages: Was ist Gerechtigkeit? Antworten

Ich kenne die Details des Ricci-Gerichtsurteils nicht.
Aber nach dem was ich aus Zettels Beitrag weiß, hätte ich genauso entschieden.

Denn: Wo kommen wir hin, wenn man eine Beförderung vor Gericht einklagen kann?

Eine Beförderung beinhaltet definitionsgemäß eine Änderung des bestehenden Arbeitsvertrags zu Gunsten des Arbeitnehmers.
Für eine Vertragsänderung braucht es 2 übereinstimmende Willenserklärung.
Und wenn auf Seiten des Arbeitgebers der Wille nicht da ist, dann hat der Arbeitnehmer halt Pech gehabt.
Ein "Recht" auf Vertragsänderung hebelt dieses zivilrechtliche Grundprinzip aus.

(Im übrigen gibt es viele legitime Aspekte, die ein Arbeitgeber bei einer Beförderungsentscheidung berücksichtigen kann. Und nicht nur die Punktzahl in einem Test. Auch schwierig objektiv zu fassende Eigenschaften wie "Charisma" oder "Führungsstärke". Vielleicht sogar "exotische" Aspekte wie zum Beispiel: Wo wohnt der Arbeitnehmer und wie schnell kann er im kurzfristigen Notfall seinen Arbeitsplatz erreichen?)


Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.06.2009 08:02
#4 RE: Zitat des Tages: Was ist Gerechtigkeit? Antworten

Zitat von Florian
Ich kenne die Details des Ricci-Gerichtsurteils nicht.
Aber nach dem was ich aus Zettels Beitrag weiß, hätte ich genauso entschieden.
Denn: Wo kommen wir hin, wenn man eine Beförderung vor Gericht einklagen kann?
Eine Beförderung beinhaltet definitionsgemäß eine Änderung des bestehenden Arbeitsvertrags zu Gunsten des Arbeitnehmers.
Für eine Vertragsänderung braucht es 2 übereinstimmende Willenserklärung.
Und wenn auf Seiten des Arbeitgebers der Wille nicht da ist, dann hat der Arbeitnehmer halt Pech gehabt.
Ein "Recht" auf Vertragsänderung hebelt dieses zivilrechtliche Grundprinzip aus.
(Im übrigen gibt es viele legitime Aspekte, die ein Arbeitgeber bei einer Beförderungsentscheidung berücksichtigen kann. Und nicht nur die Punktzahl in einem Test. Auch schwierig objektiv zu fassende Eigenschaften wie "Charisma" oder "Führungsstärke". Vielleicht sogar "exotische" Aspekte wie zum Beispiel: Wo wohnt der Arbeitnehmer und wie schnell kann er im kurzfristigen Notfall seinen Arbeitsplatz erreichen?)

Stimmt alles, lieber Florian. Aber in diesem Fall ging es in dem Prozeß nur um die Frage, ob die Entscheidung der Stadt "race biased" war, also aus einer Ungleichbehandlung der Rassen hervorging. Das ist nach amerikanischem Recht nicht erlaubt.

Hier ist ein Protokoll des Prozesses. Interessanterweise kommt Frau Sotomayor darin gar nicht vor; sie scheint während der Verhandlung eher passiv gewesen zu sein.

Herzlich, Zettel


conrad Offline



Beiträge: 89

02.06.2009 09:28
#5 RE: Zitat des Tages: Was ist Gerechtigkeit? Antworten
Lieber Florian,

wenn ich den Sachverhalt richtig verstanden habe, war es so, dass 8 Leutnantsstellen zu vergeben waren, und bisher war es immer so gewesen, dass die Besten dieser Prüfung diese Stellen bekamen. Frank Ricci war übrigens der Sechstbeste. Nun war es halt so, das die acht Besten aus sieben Weissen und einem Latino bestanden. Es war kein einziger Schwarzer dabei. Die Feuerwehrverwaltung befürchtete, dass dies üngünstige Auswirkungen auf die Beziehungenen zur schwarzen Gemeinde haben könnte, und hat daraufhin die Prüfung annulliert. Es sollte die Prüfung wiederholt werden, in der Hoffnung dass beim nächsten Mal ein Schwarzer die Prüfung bestehen würde.

Das heisst, es gab klare Regelungen gegen die aus rein rassistischen Gründen verstossen wurde. Ich denke so etwas berechtigt schon zu einer Klage. Wären die acht Besten ausschliesslich Schwarze gewesen, wären sie auf jeden Fall befördert worden.

Dazu übrigens ein Kommentar von Pat Buchanan:

"Jim Crow Liberalism "
http://www.humanevents.com/article.php?id=31785
conrad Offline



Beiträge: 89

02.06.2009 09:34
#6 RE: Zitat des Tages: Was ist Gerechtigkeit? Antworten
Ein Nachtrag:

Es ging um eine Beförderung im öffentlichen Dienst (Feuerwehr). Im öffentlichen Dienst, der ja aus Steuergeldern finanziert wird, gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Gegensatz zur freien Wirtschaft, wo es zumindest theoretisch Vertragsfreiheit gibt.
Jorad Offline



Beiträge: 45

02.06.2009 09:38
#7 RE: Zitat des Tages: Was ist Gerechtigkeit? Antworten

Ich würde da auch zustimmen, dass eine Beförderung nur zwischen Arbeitgeber und -nehmer abläuft. Da es allerdings andersrum eindeutig ein positives Urteil gegeben hätte, halte ich das schon für zulässig.

Es gab ja da besonders in den ersten Jahren von affirmative action so Fälle wo Studenten mit einem A- Durchschnitt eine Absage erhielten, aber schwarze Studenten auch noch mit C Durchschnitt zugelassen wurden. Das führt dann zu so tollen Situationen, dass Leute absichtlich nicht zu einem schwarzen Doktor gehen weil sie Angst haben er pfuscht und nicht aus purem Rassismus.

Ich weiß nicht ob das mittlerweile verändert wurde (vermutlich nicht), aber man muss als Arbeitgeber in den USA auch beweisen dass diese Fähigkeiten notwendig sind, wenn man z.b. einen Highschool-Abschluss von Bewerbern fordert. Nämlich weil weniger Schwarze einen Highschoolabschluss schaffen.

Deshalb sind diese Arten von Tests auch immer in Kritik (das war nicht der erste Fall genau dieser Art): Schwarze schneiden im Durchschnitt schlechter ab bei schriftlichen Tests als Weiße, also sind diese Tests rassistisch. Vielleicht trifft das sogar auf den Arbeitgeber manchmal zu wenn er sich für diese Art entscheidet - aber es kommt mir so vor als schießt man sich so als Bürgerrechtler ins eigene Bein. ("Die Tests sind rassistisch weil Schwarze dabei schlecht abschneiden!")

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.06.2009 10:01
#8 RE: Zitat des Tages: Was ist Gerechtigkeit? Antworten

Zitat von Jorad
Deshalb sind diese Arten von Tests auch immer in Kritik (das war nicht der erste Fall genau dieser Art): Schwarze schneiden im Durchschnitt schlechter ab bei schriftlichen Tests als Weiße, also sind diese Tests rassistisch. Vielleicht trifft das sogar auf den Arbeitgeber manchmal zu wenn er sich für diese Art entscheidet - aber es kommt mir so vor als schießt man sich so als Bürgerrechtler ins eigene Bein. ("Die Tests sind rassistisch weil Schwarze dabei schlecht abschneiden!")

Das, lieber Jorad, ist wohl in der Tat der springende Punkt. Es ging in dem Prozeß zentral um den sogenannten disparate impact: Diskriminierung liegt hiernach auch dann vor, wenn der Arbeitgeber scheinbar rassenneutrale Auswahlverfahren einsetzt, die aber faktisch Schwarze benachteiligen.

Wenn man nun argumentiert, daß jeder Test Schwarze benachteiligt, in dem Schwarze im statistischen Schnitt schlechter abschneiden als Weiße, dann ist das natürlich eine klassischen petitio principii; ein begging the question. Intelligenztests wären dann diskriminierend, denn in ihnen schneiden (amerikanische) Schwarze fast durchweg schlechter ab als Weiße.

(Nur um Mißverständnisse zu vermeiden: Über die Frage, ob es Rassenunterschiede in der Intelligenz gibt, sagt dieser Sachverhalt überhaupt nichts aus).

Herzlich, Zettel

Gilbert Offline



Beiträge: 70

02.06.2009 11:06
#9 Das ist aber die Verhandlung vor dem supreme court Antworten
dem Sotomayor ja noch gar nicht angehört.

(Das Gericht wird nicht ausdrücklich erwähnt, ich hab's an den Namen der Richter erkannt.)
Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.06.2009 11:52
#10 RE: Das ist aber die Verhandlung vor dem supreme court Antworten

Zitat von gelegentlicher Besucher
dem Sotomayor ja noch gar nicht angehört.
(Das Gericht wird nicht ausdrücklich erwähnt, ich hab's an den Namen der Richter erkannt.)

Und Sie haben Recht! Vielen Dank für die Richtigstellung. Ich hatte es dem Blogeintrag nicht angesehen und gedacht, es sei die Verhandlung vor dem Second Circuit.

Hier ist das vollständige Protokoll des Supreme Court.

Es ist doch gut, einen gelegentlichen Besucher zu haben (von dem man sich glatt weniger gelegentliche, also häufigere Besuche wünschen würde. )

Herzlich, Zettel

Daniel Offline



Beiträge: 3

02.06.2009 13:36
#11 Ist das Problem wirklich Empathie? Antworten

Hi Leute,

also, ich verstehe die ganze "Empathie"-Debatte nicht wirklich. Das Problem ist doch nicht Empathie, sondern das, was der Ami als "judicial activism" bezeichnen würde, also seine Poltikpräferenz in den Gesetzestext hineinzulesen ... Das gefällt einem natürlich nicht, wenn die hineingelesenen Meinungen nicht mit der eigenen übereinstimmen und ich nehme nicht an, daß Frau Sotomayor und ich auf Grund ihrer Urteile noch große Freunde werden.

Aber: das Grundproblem bleibt doch, wie wende ich allgemeine Spielregeln auf konkrete Fälle an? Ich meine, die ganze "Original Intent"-Debatte ist doch genau die gleiche Geschichte: da versuchen halt ein paar Leute durch kaffeesatzähnliche Verfahren, den "eigentlichen Willen" der Gründungsväter der USA wieder zusammenzubasteln und die meisten Leute, die dieser Gesetzesinterpretation anhängen sind eben recht konservativ eingestellt, fällen also eher Urteile, die eher meinen Präferenzen entsprechen -- deswegen muß ich deren Methode ja nicht unbedingt gut finden (und die linken original-intent-Argumente sind auch nicht so doof).

Damit wäre im Schritt (1) schon mal geklärt, dass es alleine schon im Gesetzestext großen Interpretationsspielraum gibt. Im Schritt (2) erkennt man dann, das auch meistens der Fall nicht komplett klar wird: denn es ist oft schwierig, überhaupt festzustellen, was passiert ist. Und selbst wenn es möglich wäre, dann wird jeder Richter auf Grund seiner selektiven Wahrnehmung einzelne Fakten als Problem erkennen, die ein anderer für gar kein Problem halten würde. Die Gewichtungsfaktoren einzelner Tatsachen sind in indviduell sehr verschieden und ergeben sich vermutlich aus Sozialisierung, Umgebung, Erfahrung, moralisches Korsett usw. Empathie, also die Fähigkeit, sich in seinen Gegenüber hineinzuversetzen, ist eben einer dieser Einflußfaktoren, den man IMHO brücksichtigen sollte.

Ein Rechtsfindungsprozess ist eben keine Maschine, die die "objektive Wahrheit" kennt und die präzisen Regeln, was zu passieren habe. Darum haben wir einen Richter, der, naja, eben *richtet*. Dabei ist es schwer zu vermeiden, das seine Wahrnehmung und Interpretationen eine Rolle spielen. Die "blinde Justiz" ist doch eine Illusion.

Das soll jetzt kein Plädoyer dafür sein, das Gesetz einfach komplett zu ignorieren.

Aber wenn jemand wie Hassemer sagt, der "soziale Kontext" solle mit betrachtet werden, dann finde ich das schon richtig. Aber wenn im StGB eben steht "Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft." dann ist dem Rechnung zu tragen (gerade das StGB liest sich ja wie ein Handbuch), daran besteht doch gar kein Zweifel. Ich bin der letzte, der da sagen würde "hach, naja, so ist das bei denen eben, machen wir einfach nichts". Aber es gibt eben einen gewissen Ausgestaltungsrahmen, das sollte man schon anerkennen.

Es gab ja im englischen Common Law auch etwas, was sich "judgement by peers" nennt: man landet vor einer Jury, die im wesentlichen aus der Lebenswirklichkeit des Angeklagten entstammt und seine Situation halbwegs verstehen kann. Man bekommt nämlich vermutlich "schlechte" Urteile, wenn man einen Adeligen oder reichen Industriellen vor einem Bauerngericht anklagt und man kann genau so wenig ein gerechtes Urteil erwarten, wenn man einen hungerleidenden Bauern vor einer Gruppe von Adeligen verhandelt. Die Kernidee, die dahintersteckt, ist letztlich Empathie. Man versetzt sich in die Lage des Täters hinein und versucht, ihn zu verstehen um dann im Rahmen der Gesetze ein gerechteres Urteil zu gelangen. Das ist mir jedenfalls lieber, als die Anti-Empathie, die aktuell von einigen Konservativen Pundits gefordert wird: ein Richter müsse jeweils so urteilen, daß es ihm selbst fast schon weh tut. Er soll den moralischen Konflikt erkennen und das Urteil schweren Herzens treffen. Ist das wirklich besser?

Ich finde, das muß man schon alles in Betracht ziehen, bevor man über Empathie und Rechtsstaatlichkeit herzieht. Wenn man sich darüber aufregt, das Frau Sotomayor die Affirmative-Action-Regelungen vor Gericht akzeptiert hat, tja, dann sagt das für mich weniger über Frau Sotomayor, als über die Affirmative-Action-Regelungen. Dann sollte man die Gesetze ändern und nicht die Richter.

So wie ich die Debatte über Frau Sotomayor aktuell lese, hätten die Republikaner bei jeder Normierung herumgeheult und das Geseiere erinnert stark an die unwürdige Ernennung von Clarence Thomas (ein konservativer Supreme-Court-Richter, für alle, die die Debatte nicht so mitlesen). Mir scheint sogar, sie ist eine recht moderate Demokratin, also so ziemlich das beste, was man von Obama erwarten konnte. Man muß schon mit sehr verschlossenen Augen durch die Welt gehen, wenn man meint, er hätte jemals, sagen wir, Posner nominiert.


Just my 2 cents.

http://www.freiheit.blog.lc/

Zettel Offline




Beiträge: 20.200

02.06.2009 14:06
#12 RE: Ist das Problem wirklich Empathie? Antworten

Lieber Daniel,

danke für dieses wuchtige und kenntnisreiche Plädoyer!

Haben Sie dieses Gerichtsprotokoll gelesen, von dem ich dachte, es stamme aus dem Second Circuit, während es in Wahrheit aus dem laufenden Verfahren vor dem Supreme Court war?

Da wird die Variante durchgespielt, wie sich die Stadt wohl verhalten hätte, wenn in dem Test nur Schwarze bestanden hätten, kein Weißer. Hätte man dann auch den Test annuliert?

Das beleuchtet, denke ich, den Kern des Problems. Es geht darum, ob gleiches Recht für alle gilt. Was Krauthammer mit Empathie meint, das ist Einfühlung in Abhängigkeit davon, ob man als Richter einer ethnischen oder rassischen Gruppe nahesteht oder nicht.

Herzlich, Zettel

R.A. Offline



Beiträge: 8.171

02.06.2009 15:13
#13 RE: Ist das Problem wirklich Empathie? Antworten

Zitat von Daniel
man landet vor einer Jury, die im wesentlichen aus der Lebenswirklichkeit des Angeklagten entstammt und seine Situation halbwegs verstehen kann.

Richtig.
Was übrigens sehr oft dazu führt, daß der Angeklagte strenger angefaßt wird.

Daniel Offline



Beiträge: 3

02.06.2009 15:52
#14 RE: Ist das Problem wirklich Empathie? Antworten

Hi Zettel,

ich hab es eben nachgelesen (Seite 28 ff.), aber das ist eben eine Spekulation, "was passiert wäre, wenn" und der Anwalt der Regierung sagt ja auch im wesentlichen "ja, wir hätten das genau so gemacht" (die Argumentationsstrategie der Regierung ist übrigens interessant). Das kann man glauben oder auch nicht.
Daß die Anreize, die durch Title-VII-Regelung vorgegeben werden, etwas kaputt sind, darüber brauchen wir, denke ich, nicht zu diskutieren.

Das eigentlich witzige an dem Fall ist ja, dass tatsächlich nicht nur gegen Weiße diskriminiert wurde, sondern auch gegen andere Minderheiten, allenvoran Latinos.

Aber das ist eben ein recht kontroverser Fall, wie man ja auch an den Einwürfen der unterschiedlichen Richter sieht. Das erwartete Urteil des Supreme Courts soll ja recht knapp werden und die Trennungslinie werden klar zwischen den konservativen und den links-"liberalen" Richtern verlaufen. Und vermutlich fällt Kennedy auf die Seite der Konservativen. Ist das Argument gegen Sotomayor wirklich, daß sie eher zu den "liberals" gehört? Ich kann es mir ja nicht vorstellen, daß das ein Weltuntergang wäre oder eine zentrale Aufgabe von rechtsstaatlichen Prinzipien. Es sitzen ja schon einige von ihrer Sorte im Supreme Court.


Um was es eigentlich geht, ist doch wieder nur Affirmative Action und dessen Beziehung zum Gleichheitsgrundsatz: der besagt meiner Meinung nach, daß man über alle Charakteristiken, die für den Fall irrelevant sind, hinwegsieht, sei es das Einkommen, die Religion, die sexuelle Orientierung oder die Hautfarbe. Das ist ein wichtiges Prinzip, aber Affirmative-Action-Gesetze sind ja eben gegen solche Fälle gerichtet, wo sie eben eine Rolle spielen, eben weil bestimmte Minderheiten mehr oder weniger stark von der Gesellschaft diskriminiert werden (etwas, was ich absolut nicht beurteilen kann: ich bin weiß, jung, männlich, komme aus halbwegs wohlhabenden Verhältnissen ... ich wurde nie diskriminiert) und man dieses Defizit gerichtlich wieder auszugleichen versucht, was ein Ziel ist, daß ich teilen würde. Ich denke nicht, daß die Gesetze in der Praxis dieses Ziel besonders gut erreicht haben, aber das ist eine längere Diskussion, in der man auch die Frage anschneiden sollte, welche Institutionen der Zivilgesellschaft sich gegen Diskriminierung stellen (die offensichtlichste ist natürlich der Markt, der Diskriminierungen teurer macht).

Aber von Affirmative Action bishin zu komplettem Reletivismus ("ach, es ist okay das die Menschen essen") ist einfach noch ein riesiger Unterschied, das ist keine "Slippery Slope", sondern eine ganz andere Welt denke ich (ich mag da falsch liegen, aber mich stört an AA eher die Ineffizienz und das reduzieren von Menschen auf ihre Minderheitenqualitäten, nicht so sehr der Gleichheitsgrundsatz. Für Forderungen dazu, Ehrenmörder anders als sonstige Mörder zu behandeln hab ich überhaupt kein Verständnis.). Nicht nur der Schritt vom Zivilrecht zum Strafrecht, auch die Qualität der Forderungen ist eine ganz andere, finde ich.

Ciao

http://www.freiheit.blog.lc/

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