Mit Leo Brawand ist einer der letzten Gründungsredakteure des "Spiegel" gestorben. Schon 1947 tauchte er im Impressum als Mitglied des "Redaktionsstabs" auf, damals noch als Claus Leo Brawandt. Mir ist er vor allem aus der Zeit der Spiegelaffäre in Erinnerung; mit ihr also verknüpfe ich in dieser Marginalie die Erinnerung an ihn.
str1977
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10.06.2009 13:51
#2 RE: Marginalie: Leo Brawand und die Spiegelaffäre
Damals, 1962, wandelte sich die Bundesrepublik durch den durchaus unrechtmäßig handelnden FJS von einer Demokratie in eine Pressokratie, mit jenseits jedweder Verantwortung stehenden Jornalisten.
Damals setzte sich der Spiegel in seinem aus völlig persönlichen und niedersten Motiven stammenden Kreuzzug gegen einen Minister vorläufig durch.
Zusammen mit der 68er-Bewegung entstand so die Malaise, die wir jetzt haben.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)
Zitat von str1977Damals, 1962, wandelte sich die Bundesrepublik durch den durchaus unrechtmäßig handelnden FJS von einer Demokratie in eine Pressokratie, mit jenseits jedweder Verantwortung stehenden Jornalisten.
Also, das war, lieber str1977, so gewesen (ich schreibe das jetzt aus der Erinnerung):
Strauß ist zunächst vom "Spiegel" ausgesprochen wohlwollend beurteilt worden. Der "Spiegel" war ja alles andere als links. Es gab Redakteure aller politischen Couleurs, außer rechtsextremen. Nach angelsächsischem Vorbild schrieb man nicht aus politischem Kalkül, sondern so, wie die Redaktion jeweils einen Sachverhalt beurteilte.
Ein schön gemaltes Titelbild von Artzybasheff, auch das nach dem Vorbild von Time Magazine, zeigte im Januar 1957 Franz-Josef Strauß. Mit einer freundlichen Titelgeschichte. Man war auch persönlich gut miteinander bekannt.
Und dann gab es jenen legendären Besuch von Strauß im Haus von Augstein, zu dem auch verschiedene Redakteure eingeladen waren. Es wurde kräftig getrunken, und Strauß äußerte sich - nach den Aussagen dieser Zeugen - derart polternd und unbeherrscht, daß es Augstein angst und bange wurde. Seit dieser Nacht quälte ihn der Gedanke, daß dieser Mann einmal Kanzler werden konnte.
Der "Spiegel" hat dann eine Affäre nach der anderen aufgedeckt. Ja, er hat eine Kampagne gegen Strauß geführt, und dieser hat mit einem Prozeß nach dem anderen zurückgeschlagen.
Das rechtfertigte natürlich nicht die Polizeiaktion gegen den "Spiegel". Diese basierte auf der Titelgeschichte "Bedingt abwehrbereit", mit der der "Spiegel" angeblich Landesverrat begangen hatte. In dem späteren Prozeß gelang dem "Spiegel" der Nachweis, daß alle beanstandeten Fakten auch schon anderswo publiziert gewesen waren. Übrigens hatte sich der Autor Ahlers bei dem damaligen Verteidigungsexperten der SPD, einem gewissen Helmut Schmidt, abgesichert. Dieser hatte die eine oder andere Streichung empfohlen, was Ahlers auch befolgte.
Die Aktion war also in keiner Weise gerechtfertigt. Sie wurde möglich, weil ein von der Staatsanwaltschaft angefordertes Gutachten aus dem Verteidigungsministerium den "Spiegel" belastet hatte. Auch sonst erwies es sich, daß Strauß hinter den Kulissen die Fäden gezogen und zB durch eine Anweisung verhindert hatte, daß der Justizminister (!) Stammberger eingeweiht wurde.
Also, lieber str1977, das war wirklich eine üble Sache. Aber die Öffentlichkeit, aber das Parlament hielten stand. Vor allem die FDP hat bei der Aufklärung eine herausragende Rolle gespielt.
Danach war die Bundesrepublik ein anderer Staat. Solche Affären wirken halt manchmal wie Katalysatoren, die historisch fällige Prozesse in Gang bringen.
Lieber Zettel, ich kenne diese Geschichte nicht im Einzelnen. Aber so wie ich das mitbekomme, wird der historische Hintergrund, eben die Kuba-Krise, doch zu stark ausgeblendet. Damals war man ja nun wirklich ziemlich dicht dran an einem Krieg. Ich finde es verständlich, dass die Regierung die Unfähigkeit der Armee, das Land zu verteidigen nicht hinausposaunt haben wollte.
Dagegen kann man ja wieder viel argumentieren (Pressefreiheit, der KGB wird ohnehin informiert gewesen sein über Schwächen der Bundeswehr usw). Aber es mutet trotzdem seltsam an, wie wenig solche Motive auch nur beachtet werden.
Zitat von Chripaich kenne diese Geschichte nicht im Einzelnen. Aber so wie ich das mitbekomme, wird der historische Hintergrund, eben die Kuba-Krise, doch zu stark ausgeblendet. Damals war man ja nun wirklich ziemlich dicht dran an einem Krieg. Ich finde es verständlich, dass die Regierung die Unfähigkeit der Armee, das Land zu verteidigen nicht hinausposaunt haben wollte. Dagegen kann man ja wieder viel argumentieren (Pressefreiheit, der KGB wird ohnehin informiert gewesen sein über Schwächen der Bundeswehr usw). Aber es mutet trotzdem seltsam an, wie wenig solche Motive auch nur beachtet werden.
Sie haben Recht, lieber Chripa. Im deutschen Wikipedia-Artikel kommt dieser Aspekt zum Beispiel überhaupt nicht vor.
Ich muß allerdings sagen, daß auch in meiner Erinnerung der Zusammenhang nicht sehr eng ist. Ich glaube, er wurde von den meisten damals gar nicht gesehen.
Das mag am zeitlichen Ablauf liegen. Ich habe das eben noch einmal nachgesehen:
* Die Titelgeschichte erschien am 10. Oktober, nachdem Ahlers wochenlang für sie recherchiert hatte. Damals gab es noch keine Cuba-Krise. Man kann also dem "Spiegel" nicht den Vorwurf machen, in der Krise verantwortungslos gehandelt zu haben.
* Für die Öffentlichkeit begann die Cuba-Krise erst am 22. Oktober mit der Ankündigung der Rede Kennedys. Zuvor hatte es hektische Aktivitäten in der US-Regierung gegeben, die aber erfolgreich geheim gehalten worden waren. Auch sie begannen aber erst am 14. Oktober, als die ersten Raketen entdeckt worden waren.
* Die Anzeige von der Heydtes gegen den "Spiegel" erfolgte unmittelbar nach dem Erscheinen des Hefts, am 11. Oktober. Auch sie hatte also mit der Cuba-Krise nichts zu tun. Das Ermittlungsverfahren führte zu Haftbefehlen und Durchsuchungsanordnungen, die am 23. Oktober ausgefertigt wurden. Auch das kann also schwerlich etwas mit der Cuba-Krise zu tun haben.
* Diese dauerte - soweit sie von der Öffentlichkeit wahrnehmbar war - ja nur wenige Tage. Bereits am 28. Oktober erklärte Chruschtschow den Abbau der Raketen.
* Die Polizeiaktion in Hamburg am 26. Oktober fand also in der Tat auf dem Höhepunkt der Krise statt. Aber ihre Vorbereitung lag vor der Krise. Es kann natürlich sein, daß das Verteidigungsministerium schon vor der Öffentlichkeit eingeweiht war; wieweit da die amerikanische Geheimhaltung ging, weiß ich nicht. Aber auch die US-Regierung hatte von der Stationierung der Raketen erst am 14. Oktober erfahren.
In der öffentlichen Wahrnehmung spielte sich die Spiegel-Affäre erst in den Wochen nach der Polizeiaktion ab. Da war die Cuba-Krise längst vorbei. Wahrscheinlich ist das der Grund dafür, daß sich auch in meiner Erinnerung die beiden Ereignisse kaum miteinander verbinden.
Herzlich, Zettel
str1977
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10.06.2009 17:28
#6 RE: Marginalie: Leo Brawand und die Spiegelaffäre
Zitat von str1977Damals, 1962, wandelte sich die Bundesrepublik durch den durchaus unrechtmäßig handelnden FJS von einer Demokratie in eine Pressokratie, mit jenseits jedweder Verantwortung stehenden Jornalisten.
Zitat:Strauß ist zunächst vom "Spiegel" ausgesprochen wohlwollend beurteilt worden. Der "Spiegel" war ja alles andere als links.
Das ist er bis heute nicht und ist es auch nie gewesen. Der Spiegel hat seine ganze eigene, sehr seltsame Sicht auf die Welt. Kurz gesagt: er ist das Produkt all der kleinen und großen Vorurteile und Meinungen des Herrn Augstein.
In Antwort auf:Und dann gab es jenen legendären Besuch von Strauß im Haus von Augstein, zu dem auch verschiedene Redakteure eingeladen waren. Es wurde kräftig getrunken, und Strauß äußerte sich - nach den Aussagen dieser Zeugen - derart polternd und unbeherrscht, daß es Augstein angst und bange wurde. Seit dieser Nacht quälte ihn der Gedanke, daß dieser Mann einmal Kanzler werden konnte.
Nun, so mögen das Spiegelhagiographen im Nachhinein hindrehen wollen. Nur wenn man sich mal das Ereignis im O-Ton anschaut - und dies auch aus dem Mund besagter Spiegelredakteure und dem vor einiger Zeit gelaufenen Straß-Zweiteiler entnommen - dann waren es die Spiegelredaktere die damals mit ihren ihren Sprüchen tiefer und tiefer gingen. FJS machte erst munter mit, hat dann einen Redakteur dann aber brüsk und für diesen überraschend abgebügelt. Das wollten sich die Redakteure nicht bieten lassen und haben beschlossen, Strauß fertig zu machen. Was ihnen dann ja auch vorerst gelungen ist.
In Antwort auf:Der "Spiegel" hat dann eine Affäre nach der anderen aufgedeckt. Ja, er hat eine Kampagne gegen Strauß geführt, und dieser hat mit einem Prozeß nach dem anderen zurückgeschlagen.
Ja, wie halt solche "Affären" immer aussehen, damals wie heute. Die wirklich illegalen Dinger (Waffenlieferungen nach Israel) sind damals aber nicht rausgekommen.
Natürlich rechtfertigt das nicht die Polizieaktion - damit ist FJS dem Spiegel voll ins Messer gelaufen. Und seither baut der Spiegel und ähnliche Blätter ihre quasi-übergesetzliche Stellung mit der Spiegelaffäre.
Ja, es war eine üble Sache. Aber lange her. Die Spiegelherrschaft dauert an. Ja, danach war die BRD ein anderer Staat. Aber nicht unbedint ein besserer.
Nachtrag:
Der Film, den ich meinte, ist "Franz Josef Strauß: Der Aufsteiger", immer noch in der ZDF-Mediathek zu finden. Die betreffende Passage findet sich ab Minute 32.
Gruß, str1977
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Zitat von ZettelIch muß allerdings sagen, daß auch in meiner Erinnerung der Zusammenhang nicht sehr eng ist. Ich glaube, er wurde von den meisten damals gar nicht gesehen.
Das mag am zeitlichen Ablauf liegen. Ich habe das eben noch einmal nachgesehen: ...
Hier widerlegen Sie, Zettel, sehr detailiert eine Aussage, die niemand gemacht hat.
Es geht nicht darum, das Vorgehen der Regierung gegen den Spiegel sei von der Kuba-Crise verursacht oder bedingt.
Aber die Kuba-Crise geschah ja nicht in einem Vakuum sondern auf dem Hintergrund des Kalten Krieges und da paßt die von Chripa angeführte Motivationslage auch sehr gut rein. Und ebenso die Kaltschnäuzigkeit der Spiegelschreiber.
Gruß, str1977
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Verfassungsfeinde ... in den Tschad!!!
Pentas
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10.06.2009 17:47
#8 RE: Marginalie: Leo Brawand und die Spiegelaffäre
Zitat von ChripaIch finde es verständlich, dass die Regierung die Unfähigkeit der Armee, das Land zu verteidigen nicht hinausposaunt haben wollte.
Was angesichts der Übungsannahme von "Fallex 62", einem atomaren Erstschlag der Sowjetunion, gefolgt von dem Einfall von zig Divisionen, nicht weiter verwundern dürfte.
Hallo, danke für die Erklärung. Das wusste ich wie gesagt nicht. Strauß soll, als es Spitz auf Knopf stand, ja auch betrunken im Park des Kanzleramtes gelegen haben, war also selber auch nicht unbedingt ein Vorbild an Verantwortungsbewusstsein und Nervenstärke. Viele Grüße, Chripa
Zitat von ChripaStrauß soll, als es Spitz auf Knopf stand, ja auch betrunken im Park des Kanzleramtes gelegen haben, war also selber auch nicht unbedingt ein Vorbild an Verantwortungsbewusstsein und Nervenstärke.
Über diesem Empfang auf Schloß Brühl gibt es unterschiedliche Versionen. Der "Spiegel" schrieb am 31.10.1962:
Zitat von Der SpiegelBis in die frühen Morgenstunden sprach er den angebotenen Getränken zu und, rempelte sozialdemokratische Parlamentarier an: "Ihr seid doch nur der verlängerte Arm des SPIEGEL".
- Zu SPD-MdB Kahn-Ackermann, der im Rundfunk die Bundeswehr kritisiert hatte: "Wenn Sie Ihre Immunität nicht hätten, kämen Sie wegen Beieidigung der Bundeswehr für ein halbes Jahr ins Kittchen."
- Über den sozialdemokratischen Fibag-Untersucher MdB Gerhard Jahn: So etwas wie ihn müßte man "eigentlich aufhängen".
Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier stand auf und verließ den Ort der Handlung. SPD-Mdb Kahn-Ackermann erklärte milde: "Strauß hat das alles sicher nur scherzhaft gemeint, denn er war wirklich sehr stark angeheitert."
Es war die Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag, in der sowjetische Frachter dem amerikanischen Blockadering mit Volldampf entgegenfuhren.
Strauß selbst erinnert sich anders und schrieb das in einem Brief an Henri Nannen vom 24. November 1962:
Zitat von Franz Josef StraußEs ist unrichtig, daß ich anläßlich eines Empfangs auf Schloß Brühl am 24. Oktober 1962 infolge des Genusses alkoholischer Getränke aktionsunfähig und meiner Sinne nicht mehr mächtig gewesen bin. Richtig ist vielmehr, daß ich mich infolge der mit der Kuba-Krise verbundenen Überarbeitung in einem Zustand der Übermüdung und allgemeinen physischen Überlastung befand, die in Verbindung mit der nervlichen Hochspannung der letzten Monate sowie mit den Folgen eines seit mehreren Jahren in ärztlicher Behandlung stehenden Kriegsleidens zu einem Augenblick der physischen Schwäche nach Verlassen des Empfangs führte.
Jedenfalls sprach Strauß dem Alkohol gern und reichlich zu. Er war halt ein barockes Mannsbild.
Damals habe ich ihn negativ gesehen. Heute sehe ich mehr auch seine Intelligenz, seine analytische Begabung, seine Lebensleistung. Als Bundeskanzler wäre er aber eine Katastrophe gewesen. Daß er das nicht geworden ist, ist wesentlich ein Verdienst Augsteins.
Ich hab gerade nachgesehen, was wikipedia zu der Falex-62 Sache eigentlich schreibt, sprich was "bedingt abwehrbereit" eigentlich bedeutet:
In Antwort auf: für Westdeutschland einer Katastrophe gleichgekommen. Bereits in den ersten Tagen wären zivile Verluste in zweistelliger Millionenhöhe zu beklagen gewesen, die Bundeswehr wäre nach den schweren Verlusten durch einen nuklearen Erstschlag der UdSSR nicht mehr in der Lage gewesen, den Vormarsch der Truppen des Warschauer Pakts mit konventionellen Mitteln aufzuhalten, geschweige denn die sowjetische Invasion zurückzuwerfen. Dies hätte einen umfassenden atomaren Gegenschlag der NATO bedingt, um die Truppen des Warschauer Vertrages noch aufzuhalten, was die Verwüstung Mitteleuropas nochmals verstärkt hätte.[...] denn eine Schlussfolgerung des Manövers war die dringende Notwendigkeit, die konventionelle Stärke der Bundeswehr und ihrer Verbündeten heraufzuschrauben, während Strauß die (billigere und prestigeträchtigere) Option einer nuklearen Bewaffnung der Bundeswehr bevorzugt hatte.
Kann die Diskussion, welche der beiden Strategien (starkes konventionelles Heer oder nukleare Bewaffnung) man verfolgt überhaupt in einer Demokratie "Staatsgeheimnis" sein?
Zitat von Chripa Strauß soll, als es Spitz auf Knopf stand, ja auch betrunken im Park des Kanzleramtes gelegen haben, war also selber auch nicht unbedingt ein Vorbild an Verantwortungsbewusstsein und Nervenstärke. Chripa
"Dummheit frist, Intelligenz säuft" hab ich mal gehört. - Wie viele Flaschen Whisky hat Churchill wohl in dem Krieg gegen den antialkoholoker, vegetarier Hitler konsumiert?
Zitat von ZettelJedenfalls sprach Strauß dem Alkohol gern und reichlich zu. Er war halt ein barockes Mannsbild.
Damals habe ich ihn negativ gesehen. Heute sehe ich mehr auch seine Intelligenz, seine analytische Begabung, seine Lebensleistung. Als Bundeskanzler wäre er aber eine Katastrophe gewesen. Daß er das nicht geworden ist, ist wesentlich ein Verdienst Augsteins.
Man kann ja von FJS denken was man will (und ich bin schon biographisch, aus einem der Bayern-SPD anhängigen Elternhaus kommend, kein Strauß-Verehrer - mir wurde er zuerst als "der Halslose" vorgestellt).
Er war ein hochintelligenter und hochambitionierter Mann, hatte aber auch seine Charakterfehler. Was man aber auch über andere große Männer sagen kann (Brandt, Wehner, Schmidt, Kohl) und auch für heutige PolitikerInnen und -Außen.
Nur kann das niemals dazuführen, das Augstein'sche Verhalten auch nur ansatzweise positiv zu beurteilen. Augstein und sein Spiegel haben hier (aus welchen Gründen auch immer - und ich wiederhole: es waren völlig unpolitische Gründe persönlicher Verägerung - lange vor Brühl 1962) einen Mann zum Feind erklärt und beschlossen, ihn zu vernichten.
In einem freien Lande wäre es ist nicht die Aufgabe eines Augstein, einen Kanzler Strauß zu verhindern. Die Staatsgewalt geht vom Volk aus, nicht vom Spiegel.
Es ist genau diese jornalistische Arroganz, die - obwohl die damalige Polizeiaktion natürlich unberechtigt war - in einem den Wunsch aufkommen läßt, damals wäre der gesamte Spiegel (und dazu noch die Zeit) wäre damals eingesperrt und niemals wieder freigekommen. Ja, es ist eine Reaktion aus dem Bauch und letztlich setzt sich dann doch der Kopf wieder durch. Aber dennoch ... so schaut es aus.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)
Zitat von DagnyIch hab gerade nachgesehen, was wikipedia zu der Falex-62 Sache eigentlich schreibt, sprich was "bedingt abwehrbereit" eigentlich bedeutet:
In Antwort auf: für Westdeutschland einer Katastrophe gleichgekommen. Bereits in den ersten Tagen wären zivile Verluste in zweistelliger Millionenhöhe zu beklagen gewesen, die Bundeswehr wäre nach den schweren Verlusten durch einen nuklearen Erstschlag der UdSSR nicht mehr in der Lage gewesen, den Vormarsch der Truppen des Warschauer Pakts mit konventionellen Mitteln aufzuhalten, geschweige denn die sowjetische Invasion zurückzuwerfen. Dies hätte einen umfassenden atomaren Gegenschlag der NATO bedingt, um die Truppen des Warschauer Vertrages noch aufzuhalten, was die Verwüstung Mitteleuropas nochmals verstärkt hätte.[...] denn eine Schlussfolgerung des Manövers war die dringende Notwendigkeit, die konventionelle Stärke der Bundeswehr und ihrer Verbündeten heraufzuschrauben, während Strauß die (billigere und prestigeträchtigere) Option einer nuklearen Bewaffnung der Bundeswehr bevorzugt hatte.
Kann die Diskussion, welche der beiden Strategien (starkes konventionelles Heer oder nukleare Bewaffnung) man verfolgt überhaupt in einer Demokratie "Staatsgeheimnis" sein?
Ich habe, liebe Dagny, jetzt den Artikel von Ahlers noch einmal (naja, das erste Mal vor 46 Jahren ) gelesen.
Es ist ein langer, detailreicher Artikel. Das "bedingt abwehrbereit" ist eigentlich nur einer seiner Aspekte. (Das war die unterste Nato-Kategorie für die Einsatzbereitschaft einer Streitmacht).
Der Hintergrund war eine komplexe strategische Lage (manches davon ist übrigens auch heute noch aktuell; siehe Raketenstationierung in Polen/Tschechien). Der Osten war der Nato konventionell hoffnungslos überlegen. Der Versuch, gleichzuziehen, wäre wegen der enormen Kosten politisch nicht durchsetzbar gewesen. Also setzte man auf Atomwaffen,und zwar auf zwei ganz unterschiedlichen Ebenen:
Erstens die strategische Abschreckung. Wer als erster schießt, stirbt als zweiter. Dazu dienten Interkontinentalraketen und zB die Polaris auf UBooten.
Zweitens aber auf atomare Gefechtsfeldwaffen (taktische Atomwaffen), die Adenauer zu Recht (und er ist dafür gescholten worden) eine "Weiterentwicklung der Artillerie" genannt hatte.
Dadurch sollte mit weniger Soldaten dieselbe Feuerkraft erreicht werden. Strauß wollte zB die taktische Atomrakete "Davy Crockett" haben (Reichweite bis 10 km) und rechnete vor, wieviel Artillerie dadurch eingespart werden könnte.
Die Amerikaner, allen voran der Verteidigungsminister McNamara, wollten aber eine deutsche konventionelle Aufrüstung haben. Und zwar unter anderem, um die nukleare Schwelle anzuheben. Man befürchtete eine Eskalation: Jeder antwortet auf den Einsatz von Atomwaffen mit dem Einsatz stärkerer Atomwaffen, bis man am Ende bei den strategischen Bomben angekommen ist und beim all out war.
Die Amerikaner waren aber natürlich daran interessiert, einen eventuellen Krieg nach einem Angriff der Kommunisten auf Europa zu beschränken.
So ungfähr, liebe Dagny. Es war eine so schwierige Situation, daß sich auch das deutsche Militär uneins war. Die Führungsspitze der Bundeswehr tendierte mehr zur atomaren Bewaffnung, die des Heeres zur konventionellen.
Zitat von DagnyKann die Diskussion, welche der beiden Strategien (starkes konventionelles Heer oder nukleare Bewaffnung) man verfolgt überhaupt in einer Demokratie "Staatsgeheimnis" sein?
Gegenfrage: Kann es in einer Demokratie überhaupt Staatsgeheimnisse geben?
Wenn ja, wer entscheidet darüber?
Wenn nein, wollen wir in so einem System leben?
Ich wüßte nicht, warum in einem demokratischen Staat alles öffentlich bekannt sein müßte.
Ich für meinen Teil befürworte die FDGO, so wie sie in unserer Verfassung festgeschrieben ist, nicht irgendwelche theoretisch-abstrakten Konzepte wie "die Demokratie". Ich für genau so viel Demokratie, wie sie im Grundgesetz steht. Mehr wagen will ich gar nicht!
Nach diesem Bekenntnis, noch eine interessante Ergänzung:
<blockquote><font size="1">Zitat von ZettelDer Osten war der Nato konventionell hoffnungslos überlegen. Der Versuch, gleichzuziehen, wäre wegen der enormen Kosten politisch nicht durchsetzbar gewesen. Also setzte man auf Atomwaffen,und zwar auf zwei ganz unterschiedlichen Ebenen:[/quote]
Ja, das stimmt. Ein konventionelles Gleichziehen war auch gar nicht gewünscht.
Es wird oft die Abschiedsrede Eisenhowers mit seiner Warnung vor dem "militärisch-industriellen Komplex" zitiert. Dieser Gedanke kam Eisenhower aber nicht als Folge seiner Erfahrungen im Amt, er hatte ihn schon bevor er überhaupt Kandidat war, in Reaktion auf die amerikanische Sicherheitspolitik.
Das Containment der Trumandoktrin war zunächst nicht als militärisches Engagement gedacht und auch als er dies wurde (Koreakrieg) hielt Truman noch einen Deckel auf den Militärausgaben. Als der Koreakrieg beinahe verloren ging, ließ Truman alle finanzielle Vorsicht fallen und begann die militärisch notwendige Rüstung ohne Rücksicht auf die Kosten.
Dagegen wandte sich Eisenhower, der meinte, dies müsse darin enden, daß alle Energie der Volkswirtschaft in die Rüstung fließen würde (wie es ja im Osten ohnehin der Fall war), womit dann aber die Freiheit (sowohl politisch wie auch vom Zivilleben her die es zu verteidigen galt, schon verloren sei. Genau deshalb entwickelten er und Dulles den "new look" (der sich aber bald als Papiertiger herausstellte), genau deshalb setzten die beiden auf nukleare Abschreckung.
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
The business of Progressives is to go on making mistakes. The business of the Conservatives is to prevent the mistakes from being corrected. (G.K. Chesterton)
Zitat von str1977<blockquote><font size="1">Zitat von Zettel
Wie lange soll dieses Problem eigentlich noch bestgehen bleiben?
Gruß, str1977
Faschismus und Antifaschismus sind nicht dasselbe, genausowenig wie Libanon und Antilibanon. Aber beide sind aus Stein gemacht.
Liberalismus ist die Ideologie, die, wenn etwas zu verderben droht, nicht nur nichts unternimmt, sondern auch anderen von Gegenmaßnahmen abrät, um anschließend das verfaulte Resultat zum Ideal zu erklären.
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